Verbundene Rechtssachen C-266/04 bis C-270/04, C‑276/04 und C‑321/04 bis C‑325/04
Distribution Casino France SAS, früher Nazairdis SAS, u. a.
gegen
Caisse nationale de l’organisation autonome d’assurance vieillesse des travailleurs non salariés des professions industrielles et commerciales (Organic)
(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal des affaires de sécurité sociale Saint‑Étienne)
„Begriff der Beihilfe – Abgabe auf die Verkaufsfläche – Zwingender Zusammenhang zwischen der Abgabe und der Verwendung des Aufkommens aus der Abgabe“
Schlussanträge der Generalanwältin C. Stix-Hackl vom 14. Juli 2005
Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 27. Oktober 2005
Leitsätze des Urteils
1. Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Verbot der Durchführung vor der abschließenden Entscheidung der Kommission – Tragweite – Pflichten der nationalen Gerichte
(Artikel 87 Absatz 1 EG und 88 Absätze 2 und 3 EG)
2. Staatliche Beihilfen – Bestimmungen des Vertrages – Anwendungsbereich – Abgaben – Ausschluss außer für Abgaben, mit denen eine Beihilfe finanziert wird – Abgabe mit Befreiungen, die angeblich eine Beihilfe darstellen – Kein zwingender Verwendungszusammenhang zwischen einer Abgabe und dem Vorteil aus der Befreiung von dieser Abgabe – Ausschluss
(Artikel 87 Absatz 1 EG und 88 Absatz 3 EG)
3. Staatliche Beihilfen – Begriff – Durch eine angeblich rechtswidrige Abgabe finanzierte Maßnahmen – Fehlen eines zwingenden Verwendungszusammenhangs zwischen dieser Abgabe und den betroffenen Maßnahmen – Ausschluss – Einzelfall
(Artikel 87 Absatz 1 EG und 88 Absatz 3 EG)
1. Nach Artikel 88 Absatz 3 EG ist die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen zu unterrichten. Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG ein; der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat. Eine Beihilfemaßnahme im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG, die unter Verstoß gegen die sich aus Artikel 88 Absatz 3 EG ergebenden Verpflichtungen durchgeführt wird, ist rechtswidrig. Es ist Sache der nationalen Gerichte, die Rechte des Einzelnen gegen eine mögliche Verletzung des Verbots der Durchführung der Beihilfen durch die staatlichen Stellen zu schützen und entsprechend ihrem nationalen Recht daraus alle Folgerungen sowohl für die Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der fraglichen Beihilfemaßnahmen als auch für die Wiedereinziehung der gewährten finanziellen Unterstützung zu ziehen.
(vgl. Randnrn. 29-30)
2. Abgaben fallen nicht in den Anwendungsbereich der Vorschriften des EG‑Vertrags über staatliche Beihilfen, es sei denn, dass sie die Art der Finanzierung einer Beihilfemaßnahme darstellen, so dass sie Bestandteil dieser Maßnahme sind. Stellt eine Abgabe tatsächlich einen Bestandteil einer Beihilfemaßnahme im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG dar, so wirkt die Verletzung der sich aus Artikel 88 Absatz 3 EG ergebenden Verpflichtungen durch die nationalen Behörden sich nicht nur auf die Rechtmäßigkeit der Beihilfemaßnahme, sondern auch auf diejenige der Abgabe aus, die die Art der Finanzierung der Abgabe darstellt.
Als Voraussetzung dafür, dass eine Abgabe als Bestandteil einer Beihilfemaßnahme angesehen werden kann, muss nach der einschlägigen nationalen Regelung zwischen der Abgabe und der Beihilfe ein zwingender Verwendungszusammenhang in dem Sinne bestehen, dass das Aufkommen aus der Abgabe notwendig für die Finanzierung der Beihilfe verwendet wird. Besteht ein solcher Zusammenhang, so beeinflusst das Aufkommen aus der Abgabe unmittelbar den Umfang der Beihilfe und folglich die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt. Diesen Zusammenhang gibt es zwischen einer Abgabe und der Befreiung von dieser Abgabe zugunsten einer Gruppe von Unternehmen nicht, denn es besteht kein zwingender Zusammenhang zwischen einer Abgabe und einer solchen Befreiung. Die Anwendung einer Abgabenbefreiung und deren Umfang hängen nämlich nicht vom Aufkommen aus der Abgabe ab. Die Schuldner einer Abgabe können sich somit nicht darauf berufen, dass die Befreiung anderer Unternehmen eine staatliche Beihilfe darstelle, um sich der Zahlung dieser Abgabe zu entziehen. Selbst unter der Annahme, dass die Steuerbefreiung für bestimmte Unternehmen eine Beihilfemaßnahme im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG darstellt, könnte die eventuelle Rechtswidrigkeit der Beihilfe folglich die Rechtmäßigkeit der Abgabe als solche nicht berühren, so dass die Unternehmen, die die Abgabe schulden, sich vor den nationalen Gerichten nicht auf die eventuelle Rechtswidrigkeit der Befreiung berufen können, um sich der Zahlung dieser Abgabe zu entziehen oder um deren Erstattung zu erlangen.
(vgl. Randnrn. 34-35, 40-44)
3. Der zwingende Zusammenhang zwischen einer Abgabe und den mit ihr finanzierten Maßnahmen, ohne den diese Abgabe nicht als Bestandteil einer staatlichen Beihilfe angesehen werden kann, fehlt bei einer bestimmten Wirtschaftsteilnehmern gezahlten Abgangsentschädigung, da der aus diesem Grund tatsächlich gezahlte Betrag nicht vom Aufkommen aus der Abgabe abhängt, sondern gemäß einem Dekret in den durch eine Ministerialverordnung festgelegten Grenzen nach den Merkmalen, die die Lage des jeweiligen Antragstellers kennzeichnen, und insbesondere nach dem Stand seiner Mittel und seiner Belastungen festgesetzt wird. Er fehlt in gleicher Weise bei der Finanzierung der Systeme der Basisaltersversicherung bestimmter Berufsgruppen, da aufgrund der Modalitäten, nach denen der Beitrag der Abgabe zu dieser Finanzierung festgesetzt wird, das Aufkommen aus dieser sich nicht unmittelbar auf den Umfang der Vergünstigungen auswirkt, die den begünstigten Systemen, die im Übrigen keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, gewährt werden. Er fehlt gleichfalls, was die Verwendung eines Teils des Aufkommens aus der Abgabe für einen Interventionsfonds und für einen Berufsausschuss angeht, da diese Einrichtungen und die zuständigen Minister über ein Ermessen in Bezug auf diese Verwendung verfügen.
(vgl. Randnrn. 46, 48-49, 54-56)
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Erste Kammer)
27. Oktober 2005(*)
„Begriff der Beihilfe – Abgabe auf die Verkaufsfläche – Zwingender Zusammenhang zwischen der Abgabe und der Verwendung des Aufkommens aus der Abgabe“
In den verbundenen Rechtssachen C‑266/04 bis C‑270/04, C‑276/04 und C‑321/04 bis C‑325/04
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Tribunal des affaires de sécurité sociale Saint-Étienne (C‑266/04 bis C‑270/04 und C‑276/04) und von der Cour d’appel Lyon (C‑321/04 bis C‑325/04) (Frankreich), mit Entscheidungen vom 5. April 2004 und 24. Februar 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 24., 25. und 29. Juni 2004 sowie am 27. Juli 2004, in den Verfahren
Nazairdis SAS, jetzt Distribution Casino France SAS (C‑266/04),
Jaceli SA (C‑267/04),
Komogo SA (C‑268/04 und C‑324/04),
Tout pour la maison SARL (C‑269/04 und C‑325/04),
Distribution Casino France SAS (C‑270/04),
Bricorama France SAS (C‑276/04),
Distribution Casino France 3 SAS (C‑321/04),
Société Casino France, Rechtsnachfolgerin der IMQEF SA, Rechtsnachfolgerin der JUDISSA (C‑322/04),
Dechrist Holding SA (C‑323/04)
gegen
Caisse nationale de l’organisation autonome d’assurance vieillesse des travailleurs non salariés des professions industrielles et commerciales (Organic)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer K. Schiemann in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts (Berichterstatter), E. Juhász und M. Ilešič,
Generalanwältin: C. Stix-Hackl,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juni 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Nazairdis SAS, der Jaceli SA, der Komogo SA, der Tout pour la maison SARL, der Distribution Casino France SAS, der Distribution Casino France 3 SAS, der Société Casino France, Rechtsnachfolgerin der IMQEF SA, Rechtsnachfolgerin der JUDIS SA, und der Dechrist Holding SA, vertreten durch E. Meier und C. Cassan, avocats,
– der Bricorama France SAS, vertreten durch B. Geneste, O. Davidson und C. Medina, avocats,
– der Caisse nationale de l’organisation autonome d’assurance vieillesse des travailleurs non salariés des professions industrielles et commerciales (Organic), vertreten durch R. Waquet, avocat,
– der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und S. Ramet als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Giolito als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. Juli 2005
folgendes
Urteil
1 Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Artikel 87 EG und 88 EG.
2 Sie ergehen im Rahmen von Verfahren, in denen die Rechtmäßigkeit der französischen Abgabe zur Unterstützung des Handels und des Handwerks in Frage gestellt wird.
Nationaler rechtlicher Rahmen
Die Abgabe zur Unterstützung des Handels und des Handwerks
3 Durch Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes Nr. 72-657 vom 13. Juli 1972 zur Einführung von Maßnahmen zugunsten bestimmter Gruppen von älteren Kaufleuten und Handwerkern (JORF vom 14. Juli 1972, S. 7419) wird eine Abgabe zur Unterstützung des Handels und des Handwerks (taxe d’aide au commerce et à l’artisanat; im Folgenden: TACA) eingeführt.
4 Die TACA ist eine progressive Abgabe, mit der in Frankreich gelegene Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche von über 400 m2 und einem Jahresumsatz von über 460 000 Euro unmittelbar belastet werden. Die Abgabensätze sind progressiv gemäß dem Jahresumsatz pro m2.
5 Zu der für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit wurde die TACA von der Caisse nationale de l’organisation autonome d’assurance vieillesse des travailleurs non salariés des professions industrielles et commerciales (im Folgenden: Organic) erhoben.
Die Zweckbindung des Aufkommens aus der TACA
Die Abgangsentschädigung
6 Nach den Artikeln 8 bis 10 des Gesetzes Nr. 72‑657 ist das Aufkommen aus der TACA zunächst zur Finanzierung einer besonderen Ausgleichsbeihilfe zugunsten bestimmter Kaufleute und Handwerker bestimmt.
7 Durch Artikel 106 des Gesetzes Nr. 81‑1160 vom 30. Dezember 1981 (JORF vom 31. Dezember 1981, S. 3539) über das Haushaltsgesetz für 1982 in der durch das Gesetz Nr. 95‑95 vom 1. Februar 1995 (JORF vom 2. Februar 1995, S. 1742) und durch das Gesetz Nr. 2002‑1575 vom 30. Dezember 2002 (JORF vom 31. Dezember 2002, S. 22025) geänderten Fassung wurde diese besondere Ausgleichsbeihilfe durch eine Abgangsentschädigung ersetzt. Dieser Artikel bestimmt:
„Mindestens 15 Jahre lang den Systemen der Altersversicherung für Handwerks‑, Industrie‑ und Handelsberufe angehörende Kaufleute und Handwerker können auf Antrag, wenn ihr Einkommen eine durch Dekret festgesetzte Grenze unterschreitet, eine Unterstützung erhalten, die von den Kassen der genannten Systeme ab folgendem Alter gezahlt wird:
a) vollendetes 60. Lebensjahr, wenn sie endgültig jegliche Erwerbstätigkeit aufgeben;
…“
8 Artikel 6 des Dekrets Nr. 82‑307 vom 2. April 1982 (JORF vom 4. April 1982, S. 1035) in der durch das Dekret 91-1155 vom 8. November 1991 (JORF vom 10. November 1991) geänderten Fassung legt die Voraussetzung für die Gewährung der Abgangsentschädigung fest. Nach dieser Vorschrift setzt der örtliche Ausschuss die Höhe der Entschädigung in der durch Ministerialverordnung festgelegten Grenzen nach „den Merkmalen fest, die die Lage des jeweiligen Antragstellers kennzeichnen, insbesondere nach dem Stand seiner Mittel und seiner Belastungen“.
9 Artikel 10 der Ministerialverordnung vom 13. August 1996 (JORF vom 29. August 1996, S. 12940) in der durch die Verordnung vom 3. September 2001 über die Anpassung des Eurowerts bestimmter in Franc ausgedrückter Beträge (JORF vom 11. September 2001, S. 14495) geänderten Fassung bestimmt, dass „der Entschädigungsbetrag für einen Haushalt zwischen 3 140 Euro und 18 820 Euro und für einen Alleinstehenden zwischen 2 020 Euro und 12 100 Euro liegen muss“.
Die anderen Zweckbestimmungen der TACA
10 Seit der Einführung der TACA hat sich das Aufkommen aus dieser Abgabe wegen der Entwicklung des Marktanteils des Großabsatzes und des Anwachsens der Flächen der Handelsbetriebe in Frankreich beträchtlich erhöht.
11 Der Überschuss aus dem Aufkommen aus der TACA wurde für die Systeme der Basisaltersversicherung für Selbständige der Handwerksberufe und für Selbständige der Industrie‑ und Handelsberufe, den Interventionsfonds für den Schutz des Handwerks und des Handels (Fonds d’intervention pour la sauvegarde de l’artisanat et du commerce; im Folgenden: Fisac) und für den Berufsausschuss für den Vertrieb von Kraftstoffen (Comité professionnel de la distribution des carburants, im Folgenden: CPDC) verwendet.
– Verwendung für die Altersversicherungssysteme
12 Durch Artikel 40‑II des Gesetzes Nr. 96‑1160 vom 27. Dezember 1996 über die Finanzierung der Sozialversicherung für 1997 (JORF vom 29. Dezember 1996, S. 19369) wurde Artikel L. 633‑9 des Sozialversicherungsgesetzbuchs durch einen Absatz 6 ergänzt, der vorsieht, dass ein Teil des Aufkommens aus der TACA zur Finanzierung der Systeme der Basisaltersversicherung der Selbständigen der Handwerksberufe und der Selbständigen der Industrie‑ und Handelsberufe verwendet wird. Der Betrag wird anteilig zwischen der Organic und der Nationalkasse der Altersversicherung der Handwerker (Caisse nationale d’assurances vieillesse des artisans; im Folgenden: Cancava) nach Maßgabe von deren rechnerischem Defizit aufgeteilt.
13 Der Teil der TACA, der zur Finanzierung der in Frage stehenden Versicherungssysteme verwendet wird, wird jährlich durch eine interministerielle Verordnung festgesetzt.
14 Diese Finanzierungsregelung für die Systeme der Basisaltersversicherung wurde durch Artikel 35‑IV des oben genannten Gesetzes Nr. 2002‑1575 aufgehoben.
– Verwendung für den Fisac
15 Artikel 2 des Dekrets Nr. 95‑1140 vom 27. Oktober 1995 über die Verwendung des Überschusses aus dem TACA‑Aufkommen (JORF vom 29. Oktober 1995, S. 15808) sieht vor, dass ein Teil des Überschusses des Aufkommens aus der TACA einem Sonderkonto des Fisac zufließt.
16 Nach Artikel 1 dieses Dekrets finanziert der Fisac zum einen Gemeinschaftsaktionen mit dem Ziel, die Erhaltung und die Anpassung von Handel und Handwerk zu fördern, um die Lebendigkeit des Gewerbes in bestimmten geografischen Gebieten oder Berufssektoren und die dem gesellschaftlichen Leben zuträgliche Nahversorgung zu gewährleisten, und zum anderen Aktionen der Übertragung und der Umstrukturierung, die für Handels‑ und Handwerksunternehmen mit Jahresumsätzen unterhalb der Beträge bestimmt sind, die durch Verordnung des für den Handel und das Handwerk verantwortlichen Ministers festgesetzt werden.
17 Nach Artikel 8 dieses Dekrets werden „die Entscheidungen [zur Zuteilung von Unterstützung] von dem für den Handel und das Handwerk verantwortlichen Minister nach Stellungnahme [einer] Kommission erlassen“, die durch das genannte Dekret eingeführt wird.
– Verwendung für das CPDC
18 Das CPDC wurde durch das Dekret Nr. 91‑284 vom 19. März 1991 (JORF vom 20. März 1991, S. 3874), geändert durch das Dekret Nr. 98‑132 vom 2. März 1998 (JORF vom 7. März 1998, S. 3515) und durch das Dekret Nr. 2001-1048 vom 12. November 2001 (JORF vom 13. November 2001, S. 18016, im Folgenden: Dekret Nr. 91-284) geschaffen. Nach Artikel 2 des Dekrets Nr. 91‑284 ist das CPDC damit beauftragt,
„1. Aktionsprogramme zur Gestaltung des Verteilungsnetzes für die Kraftstoffe, zur Verbesserung von dessen Produktivität, zur Modernisierung seiner Vermarktungs- und Verwaltungsbedingungen und zur Erhaltung einer ausgewogenen Versorgung im gesamten nationalen Hoheitsgebiet aufzustellen und durchzuführen;
2. den betroffenen Unternehmen seine Unterstützung zu gewähren, um ihnen die Durchführung der beschlossenen Programme zu erleichtern, und zu diesem Zweck alle sachdienlichen Untersuchungen vorzunehmen;
3. die zu den oben genannten Zwecken beitragenden Informationen zu sammeln und innerhalb des Wirtschaftszweigs zu verteilen“.
19 Artikel 8 dieses Dekrets bestimmt, dass die Entscheidungen des CPDC durch dessen Verwaltungsrat getroffen werden, dass sie dem Regierungskommissar („commissaire du gouvernement“) und dem Staatskontrolleur („contrôleur d’État“) mitzuteilen sind und dass sie vollziehbar werden, wenn keiner von diesen innerhalb von 14 Tagen sein Veto eingelegt hat.
20 Durch das Dekret Nr. 98-132 wurden die Mittel des CPDC in der Weise verstärkt, dass seine Einnahmen durch einen Teil des Überschusses aus der TACA ergänzt wurden. Dazu wurde Artikel 9 des Dekrets Nr. 91-284 geändert und durch einen Buchstaben g ergänzt, wonach „durch eine gemeinsame Verordnung des Ministers für die Industrie, des Ministers für den Handel und das Handwerk sowie des Ministers für den Haushalt … jedes Jahr der Höchstbetrag der im Rahmen des Berufsausschusses für den Vertrieb von Kraftstoffen zu verwendenden Mittel festgesetzt“ wird.
Die Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfragen
21 Am 11. April 2001 erhoben die Klägerinnen der Ausgangsverfahren in den Rechtssachen C‑321/04 bis C‑325/04 jeweils Klage gegen die Organic beim Tribunal des affaires de sécurité sociale Saint-Étienne. Diese Klagen waren darauf gerichtet, die Erstattung der Beträge zu erlangen, die die Klägerinnen in den Jahren 1999 und/oder 2000 als TACA entrichtet hatten. Sie vertraten die Ansicht, dass die TACA unter Verstoß gegen die Artikel 87 Absatz 1 EG und 88 Absatz 3 EG eingeführt worden sei.
22 Mit Urteilen vom 27. Januar 2003 wies das Tribunal des affaires de sécurité sociale Saint-Étienne diese Klagen ab. Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren legten daraufhin Berufung bei der Cour d’appel Lyon ein.
23 Am 7. April 2003 erhob die Klägerin des Ausgangsverfahrens in der Rechtssache C‑276/04 beim Tribunal des affaires de sécurité sociale Saint-Étienne Klage gegen die Organic mit dem Ziel, die Erstattung der Beträge zu erwirken, die sie in den Jahren 2000 bis 2002 als TACA entrichtet hatte.
24 Am 11. April 2003 erhoben die Klägerinnen der Ausgangsverfahren in den Rechtssachen C‑266/04 bis C‑270/04 bei diesem Gericht fünf gesonderte Klagen gegen die Organic mit dem Ziel, die Erstattung der Beträge zu erwirken, die sie für das Jahr 2001 als TACA entrichtet hatten.
25 Die vorlegenden Gerichte in den vorliegenden Rechtssachen stellen sich die Frage, ob die TACA unter Verstoß gegen die Artikel 87 Absatz 1 EG und 88 Absatz 3 EG eingeführt worden ist.
26 Daher hat die Cour d’appel Lyon mit Beschlüssen vom 24. Februar 2004 (Rechtssachen C‑321/04 bis C‑325/04) jeweils das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof um Entscheidung darüber ersucht, ob die von den Klägerinnen gezahlte TACA eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 EG darstellt.
27 Mit Beschlüssen vom 5. April 2004 (Rechtssachen C‑266/04 bis C‑270/04 und C‑276/04) hat das Tribunal des affaires de sécurité sociale Saint-Étienne jeweils das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Artikel 87 EG dahin auszulegen, dass die staatlichen finanziellen Beiträge, die Frankreich im Rahmen des CPDC, des Fisac, der Abgangsbeihilfe für Handwerker und Kaufleute und der Zuwendungen an die Rentenversicherung der Selbständigen in Berufen in Industrie und Handel und die der Selbständigen in handwerklichen Berufen leistet, staatliche Beihilfen darstellen?
28 Durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 24. September 2004 sind die vorliegenden Rechtssachen verbunden worden.
Zu den Vorabentscheidungsfragen
Vorbemerkungen
29 Nach Artikel 88 Absatz 3 EG ist die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen zu unterrichten. Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG ein; der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.
30 Eine Beihilfemaßnahme im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG, die unter Verstoß gegen die sich aus Artikel 88 Absatz 3 EG ergebenden Verpflichtungen durchgeführt wird, ist rechtswidrig (siehe Urteil vom 21. November 1991 in der Rechtssache C‑354/90, Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires und Syndicat national des négociants et transformateurs de saumon, Slg. 1991, I‑5505, Randnr. 17). Es ist Sache der nationalen Gerichte, die Rechte des Einzelnen gegen eine mögliche Verletzung des Verbots der Durchführung der Beihilfen durch die staatlichen Stellen zu schützen und entsprechend ihrem nationalen Recht daraus alle Folgerungen sowohl für die Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der fraglichen Beihilfemaßnahmen als auch für die Wiedereinziehung der gewährten finanziellen Unterstützung zu ziehen (vgl. Urteil vom 27. November 2003 in den Rechtssachen C‑34/01 bis C‑38/01, Enirisorse, Slg. 2003, I‑14243, Randnr. 42).
31 Selbst wenn – wie die Generalanwältin in den Nummern 29 bis 33 ihrer Schlussanträge zu Recht unterstrichen hat – die Vorlageentscheidungen nur einige summarische Angaben über den tatsächlichen rechtlichen Rahmen der Ausgangsverfahren bieten, geht aus diesen Entscheidungen klar hervor, dass alle Verfahren vor den nationalen Gerichten Klagen auf Erstattung der als TACA gezahlten Beträge betreffen.
32 Außerdem geht aus den dem Gerichtshof übermittelten Akten hervor, dass die Klägerinnen der Ausgangsverfahren in den Verfahren vor den nationalen Gerichten die Auffassung vertreten haben, dass die TACA rechtswidrig sei, da sie einen Zusammenhang mit den unter Verstoß gegen Artikel 87 Absatz 1 EG und Artikel 88 Absatz 3 EG gewährten Beihilfen aufweise.
33 Die Vorabentscheidungsfragen gehen somit im Wesentlichen dahin, ob die Artikel 87 Absatz 1 EG und Artikel 88 Absatz 3 EG der Erhebung einer Abgabe wie der TACA entgegenstehen.
34 Nach ständiger Rechtsprechung fallen Abgaben nicht in den Anwendungsbereich der Vorschriften des EG‑Vertrags über staatliche Beihilfen, es sei denn, dass sie die Art der Finanzierung einer Beihilfemaßnahme darstellen, so dass sie Bestandteil dieser Maßnahme sind (Urteil vom 13. Januar 2005 in der Rechtssache C‑174/02, Streekgewest, Slg. 2005, I‑85, Randnr. 25).
35 Stellt eine Abgabe tatsächlich einen Bestandteil einer Beihilfemaßnahme im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG dar, so wirkt die Verletzung der sich aus Artikel 88 Absatz 3 EG ergebenden Verpflichtungen durch die nationalen Behörden sich nicht nur auf die Rechtmäßigkeit der Beihilfemaßnahme, sondern auch auf diejenige der Abgabe aus, die die Art der Finanzierung der Abgabe darstellt (vgl. Urteil Enirisorse, Randnrn. 43 bis 45).
36 Es ist also zu prüfen, ob eine Abgabe wie die TACA als Bestandteil einer oder mehrerer Beihilfemaßnahmen im Sinne der zitierten Rechtsprechung angesehen werden kann.
37 Die angeblichen Beihilfemaßnahmen, die im Rahmen der bei den nationalen Gerichten anhängigen Verfahren beanstandet werden und die sich nach Auffassung dieser Gerichte auf die Rechtmäßigkeit der TACA im Zusammenhang mit den Vorschriften des Vertrages über staatliche Beihilfen auswirken können, sind zum einen die Befreiung von der TACA zugunsten der Einzelhandelsgeschäfte, die über eine Verkaufsfläche von weniger als 400 m2 verfügen oder die einen Jahresumsatz von weniger als 460 000 Euro erzielen (im Folgenden: kleine Verkaufsflächen) und zum anderen die verschiedenen aus dem Aufkommen der TACA finanzierten Maßnahmen.
38 Diese verschiedenen Maßnahmen sind getrennt zu prüfen.
Die Befreiung von der TACA zugunsten der kleinen Verkaufsflächen
39 Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren vertreten die Auffassung, die Befreiung von der TACA zugunsten der kleinen Verkaufsflächen stelle eine Beihilfemaßnahme im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG dar. Es handele sich um eine selektive Vergünstigung, die aus staatlichen Mitteln gewährt werde und die den Wettbewerb und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen könne. Da die Abgabe mit der Befreiung von ihr ein untrennbares Ganzes darstelle, sei sie Bestandteil der Beihilfe.
40 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass als Voraussetzung dafür, dass eine Abgabe als Bestandteil einer Beihilfemaßnahme angesehen werden kann, nach der einschlägigen nationalen Regelung zwischen der Abgabe und der Beihilfe ein zwingender Verwendungszusammenhang in dem Sinne bestehen muss, dass das Aufkommen aus der Abgabe notwendig für die Finanzierung der Beihilfe verwendet wird. Besteht ein solcher Zusammenhang, so beeinflusst das Aufkommen aus der Abgabe unmittelbar den Umfang der Beihilfe und folglich die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt (Urteil Streekgewest, Randnr. 26).
41 Jedoch besteht kein zwingender Zusammenhang zwischen einer Abgabe und der Befreiung von dieser Abgabe zugunsten einer Gruppe von Unternehmen. Die Anwendung einer Abgabenbefreiung und deren Umfang hängen nämlich nicht vom Aufkommen aus der Abgabe ab (vgl. Urteil Streekgewest, Randnr. 28).
42 So hat der Gerichtshof entschieden, dass die Schuldner einer Abgabe sich nicht darauf berufen können, dass die Befreiung anderer Unternehmen eine staatliche Beihilfe darstelle, um sich der Zahlung dieser Abgabe zu entziehen (vgl. Urteil vom 20. September 2001 in der Rechtssache C‑390/98, Banks, Slg. 2001, I‑6117, Randnr. 80).
43 Selbst unter der Annahme, dass die Steuerbefreiung für die kleinen Verkaufsflächen eine Beihilfemaßnahme im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG darstellt, könnte die eventuelle Rechtswidrigkeit der Beihilfe die Rechtmäßigkeit der TACA nicht berühren.
44 Aus dem Vorstehenden ergibt sich daher, dass die eventuelle Rechtswidrigkeit der Befreiung von der TACA zugunsten der kleinen Verkaufsflächen die Rechtmäßigkeit der Abgabe selbst nicht berühren kann, so dass die Unternehmen, die die TACA schulden, sich vor den nationalen Gerichten nicht auf die eventuelle Rechtswidrigkeit der Befreiung berufen können, um sich der Zahlung dieser Abgabe zu entziehen oder um deren Erstattung zu erlangen.
Die verschiedenen Verwendungszwecke des Aufkommens aus der TACA
45 Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren sind der Auffassung, dass die verschiedenen Verwendungen des Aufkommens aus der TACA sämtlich staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 EG Absatz 1 EG darstellten, die unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG gewährt worden seien.
46 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob die verschiedenen mit der TACA finanzierten Maßnahmen staatliche Beihilfen darstellen, im Rahmen der Ausgangsverfahren, die sämtlich Klagen auf Erstattung der angeblich im Hinblick auf die Artikel 87 Absatz 1 EG und 88 Absatz 3 EG angeblich rechtswidrigen Abgaben betreffen, nur erheblich wäre, sofern nachgewiesen wäre, dass ein zwingender Verwendungszusammenhang zwischen der Abgabe und den betroffenen Maßnahmen besteht (vgl. Urteil Streekgewest, Randnr. 26).
47 Nach Auffassung der Klägerinnen der Ausgangsverfahren besteht zwischen der TACA und den mit dieser Abgabe finanzierten Maßnahmen ein solcher zwingender Zusammenhang. Das Aufkommen aus der TACA werde nämlich nicht der Staatskasse zugeführt. Vielmehr sei die Regelung, durch die die TACA eingeführt werde, spezifisch darauf gerichtet, Unterstützungsmaßnahmen zugunsten bestimmter Gruppen von Kaufleuten zu finanzieren, die sich gegenüber den Abgabenpflichtigen in einem Wettbewerbsverhältnis befänden.
48 Was zunächst die Abgangsentschädigung (siehe Randnrn. 6 bis 9 des vorliegenden Urteils) angeht, ist festzustellen, dass die Finanzierung dieser Maßnahme nach den streitigen nationalen Rechtsvorschriften durch die TACA erfolgt. Entgegen dem, was die Klägerinnen der Ausgangsverfahren behaupten, lässt der nationale Regelungsrahmen jedoch keinen zwingenden Verwendungszusammenhang zwischen der TACA und der Abgangsentschädigung erkennen.
49 Dabei ist festzustellen, dass die Höhe der Abgangsentschädigung, die Kaufleuten und Handwerkern gewährt wird, die ihre Tätigkeit endgültig aufgeben, wie in Randnummer 9 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, „für einen Haushalt zwischen 3 140 Euro und 18 820 Euro und für eine Alleinstehenden zwischen 2 020 Euro und 12 100 Euro“ liegt. Die Höhe der tatsächlich gezahlten Entschädigung hängt nicht vom Aufkommen aus der Abgabe ab, sondern wird gemäß Artikel 6 des Dekrets Nr. 82-307 „durch den örtlichen Ausschuss“ in den durch eine Ministerialverordnung festgelegten Grenzen nach „den Merkmalen, die die Lage des jeweiligen Antragstellers kennzeichnen, und insbesondere nach dem Stand seiner Mittel und seiner Belastungen“ festgesetzt.
50 Die im Ausgangsverfahren streitige nationale Regelung unterscheidet sich somit von der Regelung, die in der Rechtssache geprüft worden ist, die Anlass zu dem Urteil vom 25. Juni 1970 in der Rechtssache 47/69 (Frankreich/Kommission, Slg. 1970, 487, Randnr. 20) gegeben hat und die vorsah, dass die durch sie eingeführte Beihilfe „mit der Zunahme des Ertrags der Abgabe“ anstieg.
51 Auch nach der nationalen Regelung, die in der Rechtssache im Streit war, die Anlass zum Urteil Enirisorse gegeben hat, hatte das Aufkommen aus der Abgabe unmittelbar Einfluss auf den Umfang der gewährten wirtschaftlichen Vergünstigung. In jener Rechtssache sah diese Regelung nämlich ausdrücklich vor, dass zwei Drittel des Ertrags aus der Abgabe an ein spezifisches Hafenunternehmen gezahlt werden sollten.
52 Dagegen besteht in den Ausgangsverfahren kein Zusammenhang zwischen dem Aufkommen aus der TACA und der Höhe der Abgangsentschädigung, die Kaufleuten und Handwerkern gewährt wird, die ihre Tätigkeit endgültig aufgeben. Die streitige nationale Regelung legt die Höhe der Abgangsentschädigung nämlich unabhängig von dem Aufkommen aus der Abgabe zwischen einem Mindestwert und einem Höchstwert fest. Es ist dann Sache des örtlichen Ausschusses, die Höhe der Abgangsentschädigung allein nach der persönlichen Lage der betroffenen Kaufleute und Handwerker zu bestimmen. Da das Aufkommen aus der TACA keinen Einfluss auf den Umfang der den Kaufleuten und den Handwerkern als Abgangsentschädigung gewährten Vergünstigung hat, fehlt es an einem zwingenden Zusammenhang – im Sinne der in Randnummer 40 des vorliegenden Urteils zitierten Rechtsprechung – zwischen der TACA und der Abgangsentschädigung.
53 Die eventuelle Rechtswidrigkeit der Abgangsentschädigung im Hinblick auf die Vorschriften des Vertrages über staatliche Beihilfen kann damit die Rechtmäßigkeit der TACA nicht berühren.
54 Was sodann die Verwendung eines Teils des Aufkommens aus der TACA für die Systeme der Basisaltersversicherung der Selbständigen der Handwerksberufe und der Selbständigen der Industrie‑ und Handelsberufe angeht (siehe Randnrn. 12 bis 14 des vorliegenden Urteils), ist festzustellen, dass die begünstigten Kassen (Organic und Cancava) eine Tätigkeit der Verwaltung eines Basissystems der sozialen Sicherheit ausüben, das auf einem Mechanismus der Solidarität beruht. Da die von den betroffenen Kassen ausgeübte Tätigkeit keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt (Urteil vom 16. März 2004 in den Rechtssachen C‑264/01, C‑306/01, C‑354/01 und C‑355/01, AOK-Bundesverband u. a., Slg. 2004, I‑2493, Randnr. 47), fällt die Finanzierung dieser Tätigkeit nicht unter Artikel 87 Absatz 1 EG.
55 Darüber hinaus schafft die in Frage stehende nationale Regelung auf jeden Fall in keiner Weise einen zwingenden Verwendungszusammenhang zwischen der TACA und den Altersversicherungssystemen der Handwerker und der Kaufleute. Nach Artikel 40‑II des Gesetzes Nr. 96‑1160 wird der zur Finanzierung dieser Versicherungssysteme verwendete Betrag der TACA nämlich jedes Jahr durch eine gemeinsame Verordnung der zuständigen Minister festgesetzt. In Anbetracht des Ermessens, über das diese Minister verfügen, kann nicht angenommen werden, dass das Aufkommen aus der TACA sich unmittelbar auf den Umfang der den begünstigten Kassen gewährten Vergünstigungen auswirkt (vgl. Urteil vom 13. Januar 2005 in der Rechtssache C‑175/02, Pape, Slg. 2005, I‑127, Randnr. 16). Im Übrigen geht aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten hervor, dass der der Organic und der Cancava zugewiesene Betrag unabhängig vom Aufkommen aus der TACA jedes Jahr unverändert auf 45 730 000 Euro festgesetzt wird.
56 Schließlich ergibt sich auf der Grundlage der Angaben in den dem Gerichtshof vorgelegten Akten auch nicht, dass ein zwingender Verwendungszusammenhang zwischen der TACA und den Maßnahmen besteht, die vom Fisac (siehe Randnrn. 15 bis 17 des vorliegenden Urteils) und vom CPDC (siehe Randnrn. 18 bis 20 des vorliegenden Urteils) finanziert werden. Das Ermessen, über das der Fisac und das CPDC sowie die zuständigen Minister aufgrund der Artikel 8 des Dekrets Nr. 95‑1140 bzw. 4 des Dekrets Nr. 91‑284 bei der Verwendung der aus dem Aufkommen aus der TACA herrührenden Mittel verfügen, schließt auch das Bestehen eines solchen Verwendungszusammenhangs aus (vgl. Urteil Pape, Randnr. 16).
57 Daher könnte unter der Annahme, dass der Fisac und das CPDC Maßnahmen finanzieren, die als staatliche Beihilfen qualifiziert werden können, die eventuelle Rechtswidrigkeit dieser Beihilfen die Rechtmäßigkeit der TACA im Hinblick auf die Vorschriften des Vertrages über staatliche Beihilfen nicht berühren.
58 Nach alledem sind die Artikel 87 Absatz 1 EG und 88 Absatz 3 EG dahin auszulegen, dass sie der Erhebung einer Abgabe wie der TACA nicht entgegenstehen.
Kosten
59 Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei den vorlegenden Gerichten anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieser Gerichte. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Die Artikel 87 Absatz 1 EG und 88 Absatz 3 EG sind dahin auszulegen, dass sie der Erhebung einer Abgabe wie der französischen Abgabe zur Unterstützung des Handels und des Handwerks nicht entgegenstehen.
Unterschriften.
* Verfahrenssprache: Französisch.