Schlußanträge des Generalanwalts

Schlußanträge des Generalanwalts

I – Einleitung

1. Mit dem vorliegenden Verfahren wendet sich die Kommission gegen einen weiteren Mitgliedstaat wegen unzureichender Ausweisung von besonderen Schutzgebieten für Vögel (im Folgenden: BSG) gemäß der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten(2) (im Folgenden: Vogelschutzrichtlinie). Wegen gleichartiger Verstöße hat sie bereits die Verurteilung der Niederlande,(3) Frankreichs,(4) Finnlands(5) und Italiens(6) erwirkt. Anhängig sind auch Verfahren gegen Griechenland(7) und Irland(8) . Ein weiteres Verfahren gegen Portugal bereitet die Kommission vor.(9)

2. Die zentrale Frage dieser Verfahren ist jeweils der Nachweis, dass ein Mitgliedstaat noch nicht alle auszuweisenden Gebiete als besondere Schutzgebiete ausgewiesen hat. Die Kommission stützt sich vorliegend auf eine Liste vogelkundlich wichtiger Gebiete in Spanien, die von der spanischen ornithologischen Gesellschaft (Sociedad Española de Ornitología, im Folgenden: SEO/BirdLife) im Jahr 1998 veröffentlicht wurde (im Folgenden: IBA 98, IBA steht für Important Bird Area [wichtiges Vogelgebiet] oder Important Bird Areas [wichtige Vogelgebiete]).(10) Die Qualität dieses Verzeichnisses wird von Spanien in Zweifel gezogen.

II – Rechtlicher Rahmen

3. Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie regelt, welche Flächen die Mitgliedstaaten als BSG ausweisen sollen, Abs. 3 die Information der Kommission über die Ausweisung:

„(1) Auf die in Anhang I aufgeführten Arten sind besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.

In diesem Zusammenhang ist folgendes zu berücksichtigen:

a) vom Aussterben bedrohte Arten,

b) gegen bestimmte Veränderungen ihrer Lebensräume empfindliche Arten,

c) Arten, die wegen ihres geringen Bestands oder ihrer beschränkten örtlichen Verbreitung als selten gelten,

d) andere Arten, die aufgrund des spezifischen Charakters ihres Lebensraums einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.

Bei den Bewertungen werden Tendenzen und Schwankungen der Bestände der Vogelarten berücksichtigt.

Die Mitgliedstaaten erklären insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind.

(2) Die Mitgliedstaaten treffen unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung bei.

(3) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle sachdienlichen Informationen, so dass diese geeignete Initiativen im Hinblick auf die erforderliche Koordinierung ergreifen kann, damit die in Absatz 1 und die in Absatz 2 genannten Gebiete ein zusammenhängendes Netz darstellen, das den Erfordernissen des Schutzes der Arten in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, Rechnung trägt.“

4. Der neunte Erwägungsgrund erläutert diese Regelung:

„Schutz, Pflege oder Wiederherstellung einer ausreichenden Vielfalt und einer ausreichenden Flächengröße der Lebensräume ist für die Erhaltung aller Vogelarten unentbehrlich; für einige Vogelarten müssen besondere Maßnahmen zur Erhaltung ihres Lebensraums getroffen werden, um Fortbestand und Fortpflanzung dieser Arten in ihrem Verbreitungsgebiet zu gewährleisten; diese Maßnahmen müssen auch die Zugvogelarten berücksichtigen und im Hinblick auf die Schaffung eines zusammenhängenden Netzes koordiniert werden.“

5. Art. 10 der Vogelschutzrichtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die ornithologische Forschung fördern:

„(1) Die Mitgliedstaaten fördern die zum Schutz, zur Regulierung und zur Nutzung der Bestände aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten notwendigen Forschungen und Arbeiten.

(2) Den Forschungen und Arbeiten betreffend die in Anhang V aufgeführten Themen wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle notwendigen Informationen, damit sie entsprechende Maßnahmen im Hinblick auf die Koordinierung der in diesem Artikel genannten Forschungen und Arbeiten ergreifen kann.“

6. Anhang V nennt einzelne Forschungsbereiche, denen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden soll.

7. Gemäß Art. 3 Abs. 1 zweiter Unterabs. der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen(11) (im Folgenden: Habitatrichtlinie) schließt das durch diese Richtlinie geschaffene Netz „Natura 2000“ auch die von den Mitgliedstaaten aufgrund der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesenen BSG ein.

III – Vorverfahren und Anträge

8. Mit Datum vom 26. Januar 2000 richtete die Kommission eine Aufforderung zur Stellungnahme gemäß Art. 226 des Vertrags (Mahnschreiben) an die spanische Regierung. Die Kommission warf Spanien vor, zu wenige BSG gemäß Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesen zu haben. Zu diesem Zeitpunkt hatte Spanien nach Angaben der Kommission 175 Gebiete mit einer Fläche von 33 582 Quadratkilometern ausgewiesen.

9. Zum Nachweis der unzureichenden Ausweisung von BSG stützte sich die Kommission auf IBA 98. In diesem Verzeichnis sind 391 Gebiete aufgeführt mit einer Fläche von 15 862 567 Hektar, entsprechend 31,5 % der spanischen Landfläche.

10. Im Verlauf des Jahres 2000 widersprach Spanien dem Vorwurf der Kommission, wies aber zugleich weitere BSG aus.

11. Die begründete Stellungnahme mit Datum vom 31. Januar 2001 nannte daher für Spanien 262 BSG mit einer Fläche von 53 674 Quadratkilometern. In dieser begründeten Stellungnahme setzte die Kommission Spanien eine letzte Frist von zwei Monaten, um die darüber hinaus geforderten Ausweisungen vorzunehmen. Auf Antrag der spanischen Regierung verlängerte die Kommission diese Frist bis zum 3. Mai 2001. Im März 2001 teilte Spanien der Kommission 13 weitere BSG mit einer Fläche von 402 272 Hektar mit.

12. In den folgenden Jahren erhöhte Spanien in mehreren Schritten die Zahl der BSG auf 427, die eine Fläche von etwa 79 778 Quadratkilometern, entsprechend 15,8 % des spanischen Territoriums, abdeckten.

13. Der Kommission reichten diese Fortschritte nicht. Sie erhob daher am 4. Juni 2004 Klage.

14. Die Kommission beantragt,

1. festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten verstoßen hat, dass es zahlen- und flächenmäßig nicht genügend Gebiete zu besonderen Vogelschutzgebieten erklärt hat, um allen in Anhang I der Richtlinie aufgezählten Vögeln sowie den nicht durch Anhang I erfassten Zugvogelarten Schutz zu bieten;

2. dem Königreich Spanien die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

15. Das Königreich Spanien beantragt,

1. die Klage abzuweisen und

2. der klagende Institution die Kosten aufzuerlegen.

16. Obwohl sich der Klageantrag auf Spanien insgesamt bezieht, beschränkt sich die Begründung auf die autonomen Gemeinschaften Andalusien, Balearen, Estremadura, Kanaren, Kastilien-La Mancha, Katalonien, Galizien und Valencia.

17. Seit der Klageerhebung hat sich die Zahl der spanischen BSG auf 512 erhöht. Sie erfassen etwa 91 803 Quadratkilometer. Die terrestrischen BSG entsprechen 18,2 % der spanischen Landfläche. Daneben enthalten 20 BSG marine Anteile mit einer Fläche von 574 Quadratkilometern.(12)

18. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission ihre Klage hinsichtlich der autonomen Gemeinschaft Estremadura zurückgenommen.

IV – Würdigung

19. Die Kommission wirft Spanien vor, zu wenige BSG ausgewiesen zu haben. Der Gegenstand der Klage wird allerdings auf sieben der spanischen autonomen Gemeinschaften beschränkt.(13)

A – Zu den rechtlichen Grundlagen der Ausweisungspflicht

20. Die rechtlichen Grundlagen der Ausweisungspflicht sind zwischen den Parteien nicht umstritten.

21. Nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 4 der Vogelschutzrichtlinie erklären die Mitgliedstaaten die für die Erhaltung der Arten des Anhangs I zahlen- und flächenmäßig am besten geeigneten Gebiete zu BSG. Dabei sind die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geographischen Meeres- und Landgebiet zu berücksichtigen, in dem diese Richtlinie Anwendung findet. Diese Verpflichtung kann nicht durch den Erlass anderer besonderer Schutzmaßnahmen umgangen werden.(14)

22. Die Mitgliedstaaten treffen nach Art. 4 Abs. 2 entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs‑, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete, vor allem international bedeutsamer Feuchtgebiete, besondere Bedeutung bei.

23. Art. 4 Abs. 3 und dem neunten Erwägungsgrund der Vogelschutzrichtlinie ist zu entnehmen, dass die BSG ein zusammenhängendes Netz darstellen sollen, das den Erfordernissen des Schutzes der Arten in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem die Richtlinie Anwendung findet, Rechnung trägt.

24. Gemäß ständiger Rechtsprechung verfügen die Mitgliedstaaten zwar bei der Auswahl der besonderen Schutzgebiete über einen gewissen Ermessensspielraum, doch ist über die Ausweisung und Abgrenzung dieser Gebiete ausschließlich anhand der in der Richtlinie festgelegten ornithologischen Kriterien zu entscheiden. Andere Erwägungen, insbesondere wirtschaftlicher und sozialer Art, dürfen bei der Gebietsausweisung keine Rolle spielen.(15)

25. Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass Spanien der Verpflichtung zur Ausweisung von BSG zum Zeitpunkt des Beitritts, d. h. zum 1. Januar 1986, vollständig hätte nachkommen müssen.(16) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Verstoßes im vorliegenden Verfahren ist dagegen bekanntlich die Frist, welche die Kommission in der begründeten Stellungnahme gesetzt hat.(17) Da die Kommission diese nachträglich bis zum 3. Mai 2003 verlängert hat, ist zu prüfen, ob Spanien zu diesem Zeitpunkt ausreichend BSG ausgewiesen hatte.

B – Zum teilweisen Anerkenntnis des Klagevorwurfs

26. Spanien bestreitet den Vorwurf zwar intensiv, insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung des Verzeichnisses IBA 98 für die Beurteilung der Ausweisungspflicht. Gleichwohl hat Spanien seit dem 3. Mai 2003 in Andalusien, auf den Balearen, in Kastilien-La Mancha, in Katalonien, in Galizien und in Valenci a weitere BSG ausgewiesen bzw. bestehende BSG erweitert. Für die Kanaren teilt Spanien keine neue Ausweisung seit diesem Zeitpunkt mit, doch erkennt Spanien in seinen Schriftsätzen für diese Inselgruppe zumindest die Notwendigkeit der Ausweisung 16 weiterer BSG und die Notwendigkeit der Erweiterung von 11 bestehenden BSG an. Auch in Andalusien, Katalonien, Galizien und Valencia sollen noch weitere BSG ausgewiesen bzw. BSG erweitert werden.

27. In einigen früheren Verfahren hat der Gerichtshof solche Umstände herangezogen, um eine zum maßgeblichen Zeitpunkt unzureichende Gebietsausweisung festzustellen.(18) Ein Mitgliedstaat erkennt nämlich mit der Ausweisung eines BSG an, dass dieses Gebiet zu den am besten für den Vogelschutz geeigneten Gebieten gehört.(19) Man könnte somit der Meinung sein, Spanien habe durch die Ausweisung weiterer Vogelschutzgebiete nach Ablauf der Frist in der begründeten Stellungnahme anerkannt, zur Ausweisung weiterer Vogelschutzgebiete verpflichtet zu sein.

28. Allerdings traten in allen Fällen Umstände hinzu, welche das Versäumnis besonders schwerwiegend erscheinen ließen. Im Fall Frankreichs waren für sechs Arten des Anhangs I überhaupt keine Gebiete zu BSG erklärt worden,(20) im Fall Finnlands waren überhaupt nur fünfzehn BSG ausgewiesen worden, was unstreitig nicht ausreichte,(21) und Italien hat zugestanden, dass bei der Gebietsauswahl wirtschaftliche und freizeitbedingte Gründe berücksichtigt wurden.(22) Außerdem stand fest, dass die italienischen Ausweisungen weit hinter IBA 89 zurückblieben.(23) Daher stünde eine Verurteilung Spaniens allein aufgrund der zwischenzeitlich ausgewiesenen BSG auf einem vergleichsweise schmalen Fundament.

29. Vor allem aber würde ein Urteil auf dieser Basis dem fortdauernden Streit zwischen den Parteien nicht gerecht. Die Klage hat sich nämlich mit den zwischenzeitlichen Ausweisungen und Ankündigungen nicht erledigt. Spanien bestreitet, zu weiteren Ausweisungen auf der Basis von IBA 98 verpflichtet zu sein, die Kommission ist aber offensichtlich mit den bisherigen Zugeständnissen noch nicht zufrieden. Der Streit darüber, inwieweit weitere Gebiete ausgewiesen werden müssen, würde bei einer Verurteilung Spaniens auf Basis der Ausweisungen und Ankündigungen ungelöst in das Verfahren nach Art. 228 EG getragen und könnte in diesem Rahmen den Gerichtshof möglicherweise erneut erreichen.(24)

30. Diese Ungewissheit ginge im Wesentlichen zu Lasten Spaniens, da die Reichweite seiner Verpflichtung aus einem etwaigen Urteil unklar bliebe, es aber befürchten müsste, in einem weiteren Verfahren zur Zahlung von Zwangsgeld und/oder einem Pauschalbetrag verurteilt zu werden. Dieser Nachteil wäre insbesondere deshalb unangemessen, unberechtigt und unverdient, weil eine Verurteilung auf Grundlage seiner zwischenzeitlichen Ausweisungen bzw. Ausweisungsankündigungen, allein darauf beruhen würde, dass Spanien sich während des Vertragsverletzungsverfahrens um die Erfüllung seiner Verpflichtungen bemühte.

31. Daher ist es geboten, auch den verbleibenden Streit zwischen den Parteien zu entscheiden.(25)

C – Zum verbleibenden Streit zwischen den Parteien

32. Die Kommission stützt sich zum Nachweis ihres Vorwurfes vor allem darauf, dass die spanischen Ausweisungen in den genannten autonomen Gemeinschaften große Teile der in IBA 98 genannten Gebiete nicht abdecken, aber auch darauf, dass nicht alle Feuchtgebiete ausgewiesen worden seien, die Spanien als Gebiete im Sinne des Übereinkommens von Ramsar (Iran) über Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung(26) anerkannt habe, sowie auf die unzureichende Abdeckung besonders schützenswerter Arten nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie.

33. Den unzureichenden Schutz besonders schutzwürdiger Arten trägt die Kommission wiederholt vor, doch fehlt es fast überall an einer ausdrücklichen Begründung. Die bei allen autonomen Gemeinschaften zu findende Aufzählung betroffener Arten und die teilweise Nennung betroffener Lebensräume (Steppe, Feuchtgebiete oder Berge) reichen jedenfalls nicht aus, um einen unzureichenden Schutz schlüssig vorzutragen. Die einzige, implizite Begründung dieses Vorwurfs ist in IBA 98 zu finden, das noch nicht ausgewiesene Gebiete benennt, die für den Schutz dieser Arten am besten geeignet sind. Folglich enthält dieser Vorwurf kein gegenüber der Berufung auf IBA 98 neues Argument, sondern trägt nur zu der Erläuterung seiner Beweiskraft für eine unzureichende Ausweisung bei. Folglich ist es nicht notwendig, diese Argumentation separat zu würdigen.

34. Was die sogenannten Ramsargebiete angeht, so erwähnt die Kommission in der Klage zwei andalusische Gebiete und eines in Galizien, die zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht als BSG ausgewiesen gewesen seien. Da Spanien dem nicht widerspricht, ist dieser Punkt zugestanden.

35. Folglich kann sich die Prüfung auf den Beweiswert von IBA 98 beschränken.

36. Die Kommission trägt vor, IBA 98 sei das von allen verfügbaren am besten dokumentierte und genaueste Referenzgutachten für die Bestimmung der für die Erhaltung und insbesondere für das Überleben und die Vermehrung der wichtigen Arten am besten geeigneten Gebiete. Dieses Verzeichnis sei auf ausgewogene ornithologische Kriterien gestützt, die es ermöglichten, anzugeben, welche Orte am zweckmäßigsten seien, um die Erhaltung aller in Anhang I genannten Arten und sonstiger Zugvogelarten sicherzustellen, und weise die vorrangig auszuweisenden Vogelschutzgebiete in Spanien aus.

37. Der Vergleich der Daten von IBA 98 mit den vom Königreich Spanien bestimmten besonderen Vogelschutzgebieten lasse, sowohl was das gesamte spanische Hoheitsgebiet angehe als auch bei einer nach autonomen Gemeinschaften im einzelnen aufgeschlüsselten Untersuchung, den Schluss zu, dass die als besondere Vogelschutzgebiete qualifizierten Gebiete zahlen- und flächenmäßig hinter den Gebieten zurückblieben, die nach wissenschaftlicher Erkenntnis am besten geeignet seien, um einen angemessenen Schutz der durch Art. 4 der Richtlinie erfassten Vögel zu bieten.

38. Spanien hält der Bezugnahme auf IBA 98 grundsätzlich entgegen, die Ausweisung eines Netzwerks von BSG müsse auf Informationen gestützt werden, die den zuständigen Behörden vorlägen. IBA 98 könne dagegen keine solche Referenz sein.

39. Diese Auffassung trifft nur teilweise zu. Verantwortlich für die Ausweisung von BSG sind ausschließlich die Mitgliedstaaten. Sie können sich ihrer Verantwortung nicht entäußern, indem sie Erkenntnisse anderer Stellen, auch die Erkenntnisse von Vogelschutzorganisationen, einfach übernehmen und umsetzen. Jede Ausweisung setzt vielmehr voraus, dass das betreffende Gebiet nach der auf die besten verfügbaren wissenschaftlich ermittelten Fakten(27) gestützten Überzeugung der zuständigen Stellen zu den am besten für den Vogelschutz geeigneten Gebieten zählt.

40. Daraus folgt allerdings nicht, dass die Ausweisungspflicht generell entfällt, solange die zuständigen Stellen neue wissenschaftliche Erkenntnisse nicht vollständig überprüft und verifiziert haben. Vielmehr ist daran zu erinnern, dass die Ausweisungspflicht bereits seit dem Ablauf der Umsetzungsfrist für die Vogelschutzrichtlinie besteht, im Falle Spaniens seit dem 1. Januar 1986.(28) Die Ausweisungsverpflichtung wird auch nicht durch den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt beschränkt.(29)

41. Mit dieser Verpflichtung ging eine weitere Pflicht einher, nämlich die am besten geeigneten Gebiete zu identifizieren. Art. 10 der Vogelschutzrichtlinie in Verbindung mit Anhang V hält die Mitgliedstaaten daher zur Unterstützung der notwendigen Forschungen und Arbeiten an. Folglich hätte Spanien bereits bis 1986 selbst eine umfassende wissenschaftliche Bestandsaufnahme der Vogelvorkommen auf seinem Staatsgebiet vornehmen und die daraus resultierenden BSG ausweisen müssen. Wäre es dieser Verpflichtung vollständig nachgekommen, so würde IBA 98 entweder nur BSG beinhalten oder Spanien könnte alle weiteren Forderungen nach der Ausweisung von BSG leicht widerlegen. Weitere Ausweisungspflichten könnten nur entstehen, wenn sich die Vogelvorkommen ändern, was hier von keiner Seite vorgetragen wird.

42. Vor diesem Hintergrund erschließt sich die Bedeutung des Verzeichnisses IBA 98 für den vorliegenden Rechtsstreit. Es beschreibt – auch nach Auffassung der Kommission – nicht abschließend das Netzwerk auszuweisender BSG. Sie erwartet nicht, dass Spanien jedes einzelne in dem Verzeichnis aufgeführte Gebiet in vollem Umfang als BSG ausweist. Dementsprechend hat die Kommission den Vorwurf unzureichender Ausweisungen hinsichtlich einiger autonomen Gemeinschaften aufgegeben, obwohl deren Ausweisungen hinter IBA 98 zurückbleiben,(30) und auch die wissenschaftlich begründete Abgrenzung von BSG innerhalb von IBA akzeptiert, obwohl diese flächenmäßig teilweise weit hinter den Angaben von IBA 98 zurückbleiben(31) . Vielmehr dient IBA 98 nur als Indiz dafür, dass die bisherigen Ausweisungen deutlich hinter den Anforderungen von Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie zurückbleiben.

43. Es ist grundsätzlich möglich, ein Gebietsverzeichnis in diesem Sinne zu verwenden. Der Gerichtshof stellte für das ältere Verzeichnis IBA 89 fest, in Anbetracht seines wissenschaftlichen Wertes und ohne Vorlage eines wissenschaftlichen Beweises, dass Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie dadurch erfüllt werden können, dass andere als die in diesem Verzeichnis aufgeführten Gebiete mit einer kleineren Gesamtfläche als diese zu Schutzgebieten erklärt werden, könne dieses Verzeichnis, obwohl es für den betreffenden Mitgliedstaat rechtlich nicht verbindlich ist, vom Gerichtshof als Bezugsgrundlage verwendet werden, um zu beurteilen, ob dieser Mitgliedstaat zahlen- und flächenmäßig ausreichende Gebiete zu Schutzgebieten im Sinne der vorgenannten Bestimmungen der Richtlinie erklärt hat.(32)

44. Die Kommission beruft sich nicht mehr auf dieses ältere, vom Gerichtshof anerkannte Verzeichnis, sondern auf IBA 98. Sie vertritt die Auffassung, IBA 98 dokumentiere nunmehr die besten verfügbaren wissenschaftlichen Informationen über die für den Vogelschutz am besten geeigneten Gebiete.

45. Spanien könnte dieses Indiz widerlegen, indem es bessere wissenschaftliche Erkenntnisse vorlegt, aus denen folgt, dass die ausgewiesenen BSG die Verpflichtungen aus Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie vollständig erfüllen.(33) Es scheint, dass die autonomen Gemeinschaften, die nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, diesen Nachweis zur Überzeugung der Kommission geführt haben. Auch trägt Spanien in Bezug auf verschiedene weitere autonome Gemeinschaften vor, dass entsprechende Erkenntnisse vorliegen oder erarbeitet werden. Dieses Vorbringen wird aber in der Regel(34) nicht soweit substanziiert, dass der Gerichtshof prüfen könnte, ob IBA 98 insofern widerlegt wird.

46. Soweit für das vorliegende Verfahren relevant, verfolgt Spanien vielmehr eine andere Strategie. Es bemüht sich, bereits den wissenschaftlichen Wert des Verzeichnisses IBA 98 in Frage zu stellen, um so seine Verwendung als Beweismittel für eine unzureichende Ausweisung zu verhindern. Dafür trägt es eine Reihe grundsätzlicher Kritikpunkte vor, wendet sich gegen die Qualität der verwendeten Daten und beanstandet schließlich einige der Kriterien für die Bestimmung der am besten für den Vogelschutz geeigneten Gebiete.

1. Zur grundsätzlichen Kritik an IBA 98

47. Die spanische Regierung äußert zunächst einige grundsätzliche Kritikpunkte an IBA 98. Das Verzeichnis sei von gänzlich anderer Qualität als IBA 89. IBA 89 sei im Auftrag der Kommission durch den internationalen Rat für Vogelschutz erstellt worden, IBA 98 dagegen allein von einer spanischen Vogelschutzorganisation, SEO/BirdLife. BirdLife International, die Nachfolgeorganisation des internationalen Rats für Vogelschutz, habe ausdrücklich keine Verantwortung für den Inhalt von IBA 98 übernommen.

48. Es sei unerklärlich, wie IBA 98 nur neun Jahre nach IBA 89 statt 9,5 Millionen Hektar 16 Millionen Hektar erfassen konnte. Dabei sei nach Auffassung von Kommission und Gerichtshof bereits IBA 89 streng, präzise und erschöpfend gewesen. Anscheinend wolle SEO/BirdLife nach dem Urteil gegen die Niederlande(35) einseitig die Zahl und Fläche der ornithologisch bedeutsamen Gebiete erhöhen, um Argumente für ein Vertragsverletzungsverfahren zu schaffen. IBA 98 sei Anfang 1999 veröffentlicht worden und schon ein Jahr später wurde das vorliegende Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

49. Wie die Kommission jedoch zu Recht unterstreicht, wurde IBA 98 von der gleichen Organisation erarbeitet, die auch den spanischen Teil von IBA 89 erstellt hatte: SEO/BirdLife. IBA 98 enthält zwar noch den Vorbehalt, dass BirdLife International, der internationale Dachverband der Vogelschutzorganisationen, keine Verantwortung übernehme, doch hat diese Organisation seitdem IBA 98 in das von ihr verantwortete europäische Verzeichnis wichtiger Gebiete für den Vogelschutz, IBA 2000, aufgenommen.(36)

50. SEO/BirdLife ist eine anerkannte Autorität für vogelkundliche Fragen, die Spanien betreffen. Spanien gesteht dies ausdrücklich zu. Die von der Kommission angeführten Gutachtenaufträge spanischer Stellen an diese Organisation, die Beteiligung staatlicher spanischer Stellen an IBA 98(37) sowie die Vervollständigung der Ausweisungen auf der Grundlage von IBA 98 in einigen autonomen Gemeinschaften Spaniens bestätigen die wissenschaftliche Autorität von SEO/BirdLife. Schließlich hat sich auch der Gerichtshof jüngst ausdrücklich auf einen Bericht von SEO/BirdLife zum Drosselfang gestützt.(38)

51. Auch methodisch und bezüglich der Beteiligung der Kommission entspricht das neue Verzeichnis seinem Vorgänger weitgehend. Wie sein Vorgänger IBA 89 resultiert das Inventar IBA 98 daraus, eine Reihe von ornithologischen Kriterien zur Identifizierung der am besten geeigneten Gebiete auf eine Bestandsaufnahme der Vogelvorkommen anzuwenden.

52. Hinsichtlich der Kriterien für die Gebietsauswahl stimmen IBA 89 und IBA 98 größtenteils überein.(39) Die von Spanien betonte Beteiligung der Kommission an IBA 89 erschöpfte sich im Wesentlichen darin, die Arbeit der Ornithologen an den Kriterien zu begleiten. Da die Kriterien weitgehend weiter verwendet werden, verantwortet die Kommission zumindest mittelbar auch IBA 98. Die Datenerhebung dagegen konnte die Kommission bereits bei IBA 89 kaum überwachen, da sie nicht die Existenz und den Umfang jedes einzelnen angegebenen Vogelvorkommens verifizieren konnte. Auch insofern besteht folglich kein signifikanter Unterschied zwischen IBA 89 und IBA 98.

53. Im Übrigen sind die grundsätzlichen Einwände der spanischen Regierung gegen IBA 98 bloße Vermutungen – fast schon Verdächtigungen – und können daher für sich alleine genommen die Autorität des Verzeichnisses nicht in Frage stellen. Es ist plausibel, dass zunehmende wissenschaftliche Erkenntnisse über Vogelvorkommen es ermöglichen, weitere Gebiete zu identifizieren, die für den Schutz von Vögeln am besten geeignet sind. Auch ist es für eine dem Vogelschutz gewidmete Organisation wie SEO/BirdLife eine sinnvolle Strategie, sich um eine Aktualisierung und Vervollständigung des Verzeichnisses wichtiger Gebiete zu bemühen, nachdem der Gerichtshof seinen Wert als Beweismittel für eine unzureichende Ausweisung von BSG anerkannt hat. Eine ähnliche Strategie verfolgte auch BirdLife International in Zusammenarbeit mit seinen weiteren Partnern in den Staaten Europas, da im Jahr 2000 ein neues europäisches Verzeichnis veröffentlicht wurde.(40)

54. Nicht überzeugen kann schließlich der Einwand Spaniens, es habe bereits einen überproportional hohen Beitrag zu den in der Gemeinschaft ausgewiesenen BSG geleistet. Es trifft zu, dass der Anteil der BSG an der Landfläche in Spanien zum Zeitpunkt der Klageerhebung am höchsten war. Dementsprechend stellte Spanien zu diesem Zeitpunkt 35 % der als BSG ausgewiesenen Flächen in der Gemeinschaft, verfügte aber nur über 16 % der Landfläche der Gemeinschaft.

55. Dieses Argument hat jedoch kein rechtliches Gewicht. Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie verlangt nicht, dass jeder Mitgliedstaat seiner Größe entsprechend BSG ausweist, sondern dass die Mitgliedstaaten die am besten geeigneten Gebiete ausweisen. Je nach geographischer und biologischer Ausstattung verfügen die Mitgliedstaaten in unterschiedlichem Ausmaß über solche Gebiete. So haben mitt lerweile Slowenien und die Slowakei deutlich größere Anteile ihrer Landfläche als BSG ausgewiesen.(41) Sollte ein Mitgliedstaat durch die Ausweisung von BSG überproportional zum Aufbau von Natura 2000 beitragen, so wäre die Gemeinschaft nach dem Prinzip der Gemeinschaftstreue gehalten, ihn im Rahmen der gemeinschaftlichen Förderung des Netzwerks entsprechend stärker zu berücksichtigen.(42)

56. Die grundsätzlichen Einwände Spaniens gegenüber IBA 98 können daher die wissenschaftliche Qualität des Verzeichnisses nicht in Zweifel ziehen. Prinzipiell muss dem neueren Verzeichnis aufgrund seiner Herkunft eine vergleichbare wissenschaftliche Qualität zuerkannt werden wie seinem Vorgänger.

2. Zu den verwendeten Daten

57. Weitere spanische Einwände beziehen sich auf die inhaltliche Qualität von IBA 98. Sie erfordern eine Auseinandersetzung mit der Datenerhebung und der daraus resultierenden Qualität der Daten von IBA 98.

58. Spanien beanstandet, das Verzeichnis enthalte keine Quellen für die Bewertung der jeweils aufgeführten Gebiete. Die zugrunde liegenden Informationen und die Ausdehnung der Gebiete könne daher nicht überprüft werden. Dabei verkennt die spanische Regierung, dass wissenschaftliche Erhebungen vor Ort, in den einzelnen IBA, jederzeit die Vogelvorkommen und die in Anspruch genommenen Flächen verifizieren können. Im Übrigen war die Quellenlage auch bei dem früheren Verzeichnis IBA 89 nicht besser. Dieses Verzeichnis hat der Gerichtshof trotzdem anerkannt.

59. Spanien wendet auch ein, SEO/BirdLife habe abgelehnt, den für die Ausweisung von BSG ausschließlich zuständigen autonomen Gemeinschaften uneingeschränkten Zugang zu seiner Datenbank der IBA zu gewähren. Diese Datenbank kann für jedes IBA verschiedene, nicht im Verzeichnis wiedergegebene Informationen enthalten, insbesondere Literaturhinweise und Angaben über die Datenqualität der Gebietsabgrenzung.(43)

60. Es ist nicht bekannt, dass für IBA 89 entsprechende Instrumente existierten, die den Mitgliedstaaten eine Ausweisung von BSG erleichtern konnten. Es ist sehr bedauerlich, wenn dies heute anders ist und die zuständigen Stellen möglicherweise trotzdem nicht darauf zugreifen können. So entsteht der Eindruck, dass die SEO/BirdLife das eigene Ziel, die vollständige Ausweisung von BSG, nicht mit allen Kräften unterstützt. Allerdings ist zugleich zu bemerken, dass SEO/BirdLife nur den völlig freien Zugang zur Datenbank verweigert hat, aber offenbar bereit ist, über die Zugangsbedingungen zu verhandeln.

61. Die Zugangsverweigerung stellt jedenfalls die wissenschaftliche Qualität des veröffentlichten Verzeichnisses nicht in Frage. Das Verzeichnis beschränkt sich nämlich nicht auf die Auswertung der in dieser Datenbank angegebenen Literatur, sondern beruht ganz wesentlich auf ansonsten unveröffentlichten Beobachtungen und Erfahrungen lokaler Gruppen von SEO/BirdLife, von Regionalverwaltungen, Biologen, Naturschutzgruppen, Ornithologen, Forschern, Naturforschern, Universitätsprofessoren, Forstbediensteten und anderen.(44) Die maßgeblichen Informationen für die Auswahl der IBA sind daher in der Veröffentlichung enthalten, während die in der Datenbank enthaltenen Literaturhinweise für die Identifizierung der IBA von geringerer Bedeutung sind.

62. Hilfreich wäre daher die Identifizierung der Personen, welche für die Datenerhebung in den einzelnen IBA verantwortlich sind. Diese könnten aufgrund ihrer Sachkenntnis die zuständigen Behörden bei der Abgrenzung und Ausweisung eines BSG unterstützen. Die Kommission hat allerdings in der mündlichen Verhandlung zu Recht hervorgehoben, dass diese Personen Anspruch auf vertrauliche Behandlung durch SEO/BirdLife haben, wenn sie wegen ihres Engagements für die Ausweisung von BSG Repressalien befürchten müssen. Dies ist insbesondere dann nicht ausgeschlossen, wenn sie beruflich für staatliche Behörden tätig sind, die der Ausweisung von BSG ablehnend gegenüber stehen. Probleme können bei umstrittenen IBA auch auf lokaler Ebene entstehen.

63. Die spanische Regierung kann der Klage auch nicht entgegen halten, zu den in der Datenbank enthaltenen Informationen sei ihr das rechtliche Gehör verweigert worden. Die Klage wird nämlich nicht auf diese Informationen gestützt, sondern allein auf das veröffentlichte Verzeichnis IBA 98.

64. Genauso wenig kann Spanien mangelnde Unterstützung durch die Kommission ins Feld führen. Die Kommission ist zwar verpflichtet, die Mitgliedstaaten bei der Ausweisung von BSG so weit wie möglich zu unterstützen, doch erlaubt ihr das nicht, den Mitgliedstaaten Informationen zur Verfügung zu stellen, die sich im Eigentum privater Parteien befinden. Genau das gilt aber für diese Datenbank.

65. Unabhängig von der Reichweite der Zugangsverweigerung ist die spanische Regierung jedenfalls nicht daran gehindert, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um ihrer Ausweisungsverpflichtung vollständig nachzukommen. Vielmehr hat SEO/BirdLife die Vervollständigung der Ausweisungen bereits durch die Veröffentlichung des Verzeichnisses erheblich erleichtert. Die spanischen Stellen müssen daher nicht das gesamte Staatsgebiet untersuchen, sondern können sich auf die IBA konzentrieren.

66. Weiterhin zieht die spanische Regierung die Qualität der verwendeten Daten in Zweifel. SEO/BirdLife qualifiziert die Qualität der Daten zu 38 % als hoch, zu 44 % als mittel und zu 18 % als gering.(45) Für jedes ornithologische Schutzgut der einzelnen Gebiete bewertet IBA 98 die Datenqualität in den Kategorien A, B, C und U. U bedeute unbekannt, C stehe für geringe Informationen, B für unvollständige Informationen, nur die Kategorie A beschreibe exakte Informationen.(46)

67. Spanien meint, nur Informationen der Kategorie A dürften im Vertragsverletzungsverfahren berücksichtigt werden. Im Ergebnis läuft dieser Einwand allerdings darauf hinaus, dass Spanien untätig bleiben könnte, bis die Kommission oder private Organisationen systematisch und auf höchstem wissenschaftlichem Niveau die Vogelvorkommen auf dem gesamten Staatsgebiet erfassen. Das ist jedoch nach der Vogelschutzrichtlinie Aufgabe Spaniens. Solange keine besseren Informationen vorliegen, können daher auch Informationen mittlerer oder geringer Qualität als Indiz für die Existenz von Gebieten dienen, die am besten für den Vogelschutz geeignet sind.

68. Die Einwände der spanischen Regierung hinsichtlich der Datenqualität von IBA 98 sind folglich ebenfalls zurückzuweisen.

3. Zu den Kriterien für die Bestimmung der am besten für den Vogelschutz geeigneten Gebiete

69. Schließlich beanstandet die spanische Regierung einige Kriterien für die Bestimmung der am besten für den Vogelschutz geeigneten Gebiete bzw. ihre Anwendung durch SEO/BirdLife.

70. Die Kriterien werden in den Verzeichnissen IBA 98 und IBA 2000 beschrieben.(47) IBA beherbergen regelmäßig eine signifikante Zahl einer global gefährdeten Art (C.1)(48) oder mindestens 1 % der relevanten Gesamtpopulation einer in der EU gefährdeten Art, d. h. einer in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie genannten Art (C.2),(49) oder einer anderen Zugvogelart (C.3).(50) IBA erfassen auch große Ansammlungen von mehr als 20 000 Wasservögeln oder mehr als 10 000 Paaren von Seevögeln (C.4) sowie Flaschenhalsregionen, die regelmäßig mehr als 5 000 Störche bzw. mehr als 3 000 Greifvögel oder Kraniche passieren (C.5).(51) Nach dem Kriterium C.6 schließlich sind die fünf wichtigsten Gebiete für Arten nach Anhang I in der betreffenden europäischen Region als ornithologisch wichtigstes Gebiet anzusehen (sogenanntes Top-5-Kriterium).(52) Das Kriterium C.7 erfasst ausgewiesene BSG oder für eine Ausweisung vorgesehene Gebiete, die aufgrund von anderen Kriterien ausgewählt wurden.

71. Daneben stützt sich BirdLife auf Grundprinzipien zur Abgrenzung von Gebieten. Ein IBA unterscheidet sich entweder deutlich von seiner Umgebung, es handelt sich bereits um ein abgegrenztes Gebiet für Zwecke des Naturschutzes oder es erfüllt allein oder im Verbund mit anderen IBA alle Anforderungen der wertgebenden Arten in der Zeit ihres Auftretens.(53)

72. Da die Kriterien von IBA 89 und IBA 98 für die Bestimmung der am besten für den Vogelschutz geeigneten Gebiete weitgehend übereinstimmen, hat der Gerichtshof sie bereits grundsätzlich anerkannt, als er für das ältere Verzeichnis, IBA 89, feststellte, es sei (zu dem für die jeweiligen Verfahren maßgeblichen Zeitpunkt) das einzige Dokument, das die wissenschaftlichen Beweismittel für die Beurteilung der Frage enthält, ob der beklagte Staat seiner Verpflichtung nachgekommen ist, diejenigen Gebiete zu BSG zu erklären, die zahlen- und flächenmäßig am besten geeignet für die Erhaltung der geschützten Arten sind.(54)

73. Die Mitgliedstaaten sind allerdings nicht gehindert, selber Kriterien für die Identifizierung der am besten für den Vogelschutz geeigneten Gebiete zu entwickeln und ihre BSG auf dieser Basis auszuweisen.(55) Die Kriterien müssen allerdings aus ornithologischer Sicht den Kriterien für die IBA Verzeichnisse mindestens gleichwertig sein.

74. Spanien hat jedoch keine eigenen Kriterien entwickelt, sondern wendet sich gegen die Anwendung der Auswahlkriterien C.1 und C.6 im Rahmen von IBA 98 sowie gegen die Abgrenzung vieler identifizierter Gebiete.

a) Zum Kriterium C.1

75. Spanien beanstandet, SEO/BirdLife habe entgegen der Definition des Kriteriums C.1 in einigen Fällen Gebiete ausgewählt, die deutlich weniger als 1 % der reproduzierenden Population geschützter Arten beherbergen. Dies gelte insbesondere für die Großtrappe. Spanien beherberge etwa 23 000 Individuen, folglich läge der Grenzwert bei 230 Individuen. Stattdessen verwende SEO/BirdLife einen Grenzwert von 50 Individuen.

76. Die spanische Regierung verkennt mit dieser Kritik die Definition dieses Kriteriums. Bei global bedrohten Arten muss in dem betreffenden Gebiet nur eine signifikante Zahl vorhanden sein. Diese signifikante Zahl kann deutlich niedriger sein als der Schwellenwert von 1 %, der bei dem Kriterium C.2 gilt, d. h. für Arten, die nur in der EU, aber nicht global gefährdet sind.

77. Für Arten, die weltweit gefährdet sind, verwendet BirdLife International wegen dieser Bedrohung deutlich niedrigere Grenzwerte, z. B. für die von Spanien genannte Großtrappe den Wert von 30 Individuen.(56) SEO/BirdLife hat den Schwellenwert von IBA 98 dagegen – wie die Kommission betont – aufgrund der vergleichsweise großen Vorkommen in Spanien, höher angesetzt als BirdLife International für das europäische Verzeichnis.

78. Dieses Kriterium wurde im Übrigen auch gegenüber dem vom Gerichtshof anerkannten Verzeichnis IBA 89 nicht verschärft, sondern abgemildert. Das Kriterium 5 von IBA 89 erfasste noch alle Brutgebiete von seltenen oder gefährdeten Arten.

79. Folglich ist dieser Einwand Spaniens zurückzuweisen.

b) Zum Kriterium C.6

80. Weiterhin beanstandet Spanien die Anwendung des Kriteriums C.6, des sogenannten Top-5-Kriteriums. Danach gelten für jede Art die besten fünf Gebiete jeder Region als am besten für den Vogelschutz geeignet. Die Regionen werden innerhalb des jeweiligen Mitgliedstaats entsprechend der statistischen Zonierung Europas durch Eurostat (Nomenclature des unités territoriales statistiques - NUTS) abgegrenzt. BirdLife hat in verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedliche Ebenen dieser Zonierung gewählt, um europäische Regionen vergleichbarer Größe zu erhalten.(57) In Spanien wurde Ebene 2 gewählt, die mit den autonomen Gemeinschaften korrespondiert und daher zu einer Aufteilung in 17 Regionen führt.

81. Spanien lehnt es ab, die autonomen Gemeinschaften als europäische Regionen im Sinne dieses Kriteriums anzuerkennen. Die autonomen Gemeinschaften seien nicht nach ornithologischen Kriterien abgegrenzt, sondern Verwaltungseinheiten. Es gebe dementsprechend 17 solcher Regionen in Spanien, 20 in Italien und 95 in Frankreich.(58) Vielmehr solle man auf die so genannten biogeographischen Regionen abstellen, die im Rahmen der Habitatrichtlinie herangezogen würden.

82. Für die Zwecke der Habitatrichtlinie ist das gesamte Gebiet der Gemeinschaft auf mittlerweile sieben biogeographische Regionen aufgeteilt: die kontinentale, die mediterrane, die alpine, die atlantische, die macaronesische, die boreale und die pannonische Region. In Spanien befinden sich Teile von vier dieser Regionen, nämlich Teile der atlantischen, der mediterranen, der alpinen und der macaronesischen biogeographischen Region.

83. Wenn nur die spanischen Bestandteile der biogeographischen Regionen als „europäische Regionen“ im Sinne des Kriteriums C.6 anerkannt würden, würde sich die Zahl der diesem Kriterium entsprechenden Gebiete erheblich reduzieren. Statt maximal 85 beste Gebiete für jede geschützte Art würden sich in Spanien maximal nur 20 beste Gebiete für jede geschützte Art befinden.

84. Dieser Einwand Spaniens ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Irrelevant ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen der Kommission, Spanien habe bislang immer darauf bestanden, die Erfüllung der Ausweisungsverpflichtungen nach den allein zuständigen autonomen Gemeinschaften getrennt zu beurteilen. Die Zuständigkeiten der autonomen Gemeinschaften können nämlich nicht dafür ausschlaggebend sein, welche Gebiete auszuweisen sind. Die Auswahl der Gebiete muss bekanntlich auf wissenschaftlichen Kriterien beruhen.(59)

85. Deutlich stärker an der Ornithologie ausgerichtet, aber trotzdem nicht entscheidend ist das Argument der Kommission, die biogeographischen Regionen der Habitatrichtlinie seien nicht an den Vogelpopulationen, sondern primär an der Verteilung von Lebensraumtypen orientiert. Vögel seien mit den durch die Habitatrichtlinie geschützten Arten und Lebensräumen kaum zu vergleichen. Selbst wenn jedoch die biogeographischen Regionen nicht spezifisch auf den Vogelschutz ausgerichtet sind, so dürften sie jedoch stärkere Bezüge zum Vogelschutz aufweisen, als administrativ-statistische Gebietsaufteilungen.

86. BirdLife International räumt selbst ein, die Orientierung an der Zonierung durch NUTS sei für vogelkundliche Zwecke nicht ideal, da viele Vogelarten bevölkerungsärmere Gegenden bevorzugten. NUTS orientiere sich dagegen an der Bevölkerung. Bei niedrigerer Bevölkerungsdichte entstünden größere Regionen. Um die Vergleichbarkeit der Regionen zu gewährleisten, habe man daher je nach Mitgliedstaat unterschiedliche Ebenen von NUTS gewählt.

87. Diese Begründung zeigt den eigentlichen Wert der Bezugnahme auf die ornithologisch indifferente Zonierung nach NUTS. Sie schafft eine in allen Mitgliedstaaten vergleichbare Bezugsgröße für die Anwendung des Top-5-Kriteriums. Dieses wiederum gewährleistet eine halbwegs gleichmäßige Verteilung von BSG in der Gemeinschaft. Eine solche Verteilung ist Voraussetzung dafür, dass die BSG sich nicht in bestimmten Bereichen konzentrieren, sondern gemeinsam ein Netzwerk bilden, das die Gemeinschaft mehr oder weniger gleichmäßig abdeckt.

88. Eine solche gleichmäßige Abdeckung ist insbesondere aus ornithologischen Gründen geboten, da sie den Schutz der Arten in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet gewährleistet. Die Bedeutung der geographischen Verbreitung von Arten zeigt die Definition des Erhaltungszustands von Arten in Art. 1 Buchst. i der Habitatrichtlinie. Der Erhaltungszustand bezeichnet die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten auswirken können. Zwar ist diese Definition nicht direkt auf die Vogelschutzrichtlinie anwendbar, sie illustriert jedoch den wissenschaftlichen Konsens, der auch im Rahmen der ornithologisch zu begründenden Gebietsauswahl nach der Vogelschutzrichtlinie maßgeblich sein muss.

89. Würde man dagegen größere Regionen als Bezugsgröße wählen, z. B. die von Spanien vorgeschlagenen biogeographischen Regionen, so ergäbe dies bei einer gleichen Anzahl auszuwählender Gebiete pro Region eine geringere Zahl von BSG. Das Netzwerk wäre dann weniger dicht. Darüber hinaus bestünde die Gefahr, dass diese BSG weniger gleichmäßig verteilt sind als auf der Grundlage kleinerer Regionen. Diese Gefahr bestünde im Übrigen auch, wenn bei größeren Regionen die Zahl der auszuwählenden Gebiete erhöht würde. In beiden Fällen wäre nämlich nicht auszuschließen, dass sich die besten Gebiete in bestimmten Bereichen konzentrieren, während andere Bereiche, die als eigenständige Region neu jeweils fünf Gebiete aufweisen würden, nicht erfasst würden.

90. Falls man also statt der Zonierung nach NUTS andere Bezugsregionen verwenden wollte, müsste das daraus resultierende Kriterium so gestaltet sein, dass es zu einem ähnlich fein geknüpften Netzwerk von BSG führt. Eine entsprechende Aufgliederung des spanischen Territoriums auf ornithologischer Grundlage könnte sicherlich mit dem notwendigen wissenschaftlichen Aufwand bewerkstelligt und anschließend zur Identifizierung von BSG verwendet werden.(60) Spanien hat diese Anstrengung jedoch nicht unternommen, sondern sich lediglich auf die biogeographischen Regionen berufen, die keine den autonomen Gemeinschaften vergleichbare Grundlage für die Herstellung eines gleichmäßigen Netzwerks sind.

91. Folglich hat Spanien im Hinblick auf das Kriterium C.6 ebenfalls nicht dargelegt, dass das Verzeichnis IBA 98 nicht das beste wissenschaftliche Dokument für die Identifizierung der am besten für den Vogelschutz geeigneten Gebiete ist.

c) Zur Abgrenzung der IBA

92. Unzufrieden ist Spanien schließlich mit der Abgrenzung der IBA. Sie sei häufig fehlerhaft, da offensichtlich ungeeignete Flächen, z. B. Siedlungen, erfasst würden. Auch seien die IBA oft zu groß ausgefallen, im Durchschnitt viel größer als in anderen Mitgliedstaaten.

93. Wie die Auswahl von Vogelschutzgebieten muss auch ihre Abgrenzung auf den ornithologischen Kriterien beruhen, die in Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie genannt werden.(61) Spanien kritisiert die Abgrenzung der IBA, aber nicht die zur Abgrenzung verwendeten Kriterien. Folglich wendet es sich allein gegen ihre Anwendung bzw. die dafür herangezogenen Daten. Die pauschalen Hinweise, etwa auf Siedlungen, reichen jedoch nicht aus, um diese Kritikpunkte konkret zu prüfen. Bestimmte Arten sind unter Umständen gerade auf derartige Lebensräume angewiesen. So nisten Kolonien des weltweit bedrohten Rötelfalken ( Falco naumanni ) unstreitig auch innerhalb von Siedlungen.

94. Allerdings hebt Spanien zu Recht hervor, dass die Kommission hinsichtlich der nur teilweise durch BSG abgedeckten IBA ihrem eigenen Vortrag an anderer Stelle der Klage widerspricht.(62) Dort trägt sie vor, sie habe die wissenschaftlichen Argumente der autonomen Gemeinschaften Katalonien, Valencia, Galizien sowie Kastilien-La Mancha akzeptiert, dass die Abgrenzung ihrer BSG für jedes einzelne („cada una“) ihrer IBA geeignet sei, die Beachtung der Vogelschutzrichtlinie sicherzustellen. Die Kommission erwähnt dieses Vorbringen Spaniens in der Erwiderung,(63) hat den Widerspruch aber weder dort noch auf Rückfrage in der mündlichen Verhandlung aufgeklärt.

95. Diese Darstellung ihrer Klagegründe genügt nicht den Anforderungen des Art. 38 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung. Die nach dieser Bestimmung erforderliche Darstellung der Klagegründe muss hinreichend klar und deutlich sein, um dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gerichtshof die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe zu ermöglichen. Folglich müssen sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die eine Klage gestützt wird, zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben.(64) In Bezug auf BSG innerhalb von IBA in den genannten autonomen Gemeinschaften ist aber aufgrund dieses Widerspruchs in der Klageschrift unklar, ob die Kommission den Vorwurf tatsächlich erhebt. Weder eine angemessene Verteidigung noch eine Würdigung durch den Gerichtshof sind daher möglich.

96. In diesem Punkt ist die Klage daher unzulässig. Dieser Mangel betrifft die zum Zeitpunkt der Klageerhebung ausgewiesenen und der Kommission mitgeteilten BSG in den autonomen Gemeinschaften Kastilien-La Mancha, Katalonien, Valencia und Galizien.

97. Der Vorwurf, einige Gebiete in zu geringem flächenmäßigem Umfang zu besonderen Vogelschutzgebieten erklärt zu haben, ist daher nur in Bezug auf Andalusien, die Balearen und die Kanaren weiter zu prüfen.

D – Zu den einzelnen autonomen Gemeinschaften

98. Schließlich tragen beide Parteien noch zu den einzelnen Gemeinschaften vor. Dieses Vorbringen ist im Zusammenhang mit der jeweiligen Region zu prüfen.

1. Zu Andalusien

99. Auf der Basis eines Vergleichs zwischen IBA 98 und den Ausweisungen in Andalusien trägt die Kommission vor, dass bei Ablauf der Frist der begründeten Stellungnahme 37 von 60 IBA überhaupt nicht von BSG abgedeckt seien, dass die 22 ausgewiesenen BSG nur teilweise mit 23 IBA übereinstimmen würden und dass diverse Arten nur unzureichend erfasst würden, insbesondere der spanische Kaiseradler ( Aquila adalberti ), der Schwarzstorch ( Ciconia nigra ), das Kammblässhuhn ( Fulica cristata ), die Marmelente ( Marmaronetta angustirostris ), der Rötelfalke, das Purpurhuhn ( Porphyrio porphyrio ) die Korallenmöwe ( Larus audouinii ), die Zwergtrappe ( Tetrax tetrax ), die Großtrappe ( Otis tarda ), die Wiesenweihe ( Circus pygargus ) und der Habichtsadler ( Hieraaetus fasciatus ). Die ausgewiesene Fläche von etwa einer Million Hektar entspreche nur etwa einem Drittel der von den IBA abgedeckten Flächen.

100. Spanien widerspricht diesem Vorwurf nicht. Er ist daher als zugestanden anzusehen. Daher ist der Klage in Bezug auf Andalusien in vollem Umfang stattzugeben.

2. Zu den Balearen

101. Auf den Balearen waren zum maßgeblichen Zeitpunkt 40 BSG mit einer Fläche von 121 015 Hektar ausgewiesen. Die 20 IBA mit einer Fläche von 131 243 Hektar waren allerdings nur zu 54 % abgedeckt. Die Kommission erhob insbesondere den Vorwurf, der Rotmilan ( Milvus milvus ) sei nur unzureichend erfasst.

102. Spanien wendet ein, dass die in IBA 98 identifizierten Gebiete schon aufgrund des Maßstabs von 1:2 500 000 nicht nützlich und darüber hinaus veraltet seien, erkennt aber an, dass der Rotmilan besser in BSG erfasst werden müsse und hat zu diesem Zweck im Rahmen eines Arterhaltungsplans neue BSG ausgewiesen und bestehende BSG so neu abgrenzt, dass 70 % der Art abgedeckt würden.

103. Spanien hat die Vorwürfe der Kommission daher auch in Bezug auf die Balearen prinzipiell zugestanden. Ob die neuen Erkenntnisse der zuständigen Behörden den Beweiswert von IBA 98 tatsächlich in Frage stellen, kann nicht beurteilt werden, da diese Erkenntnisse dem Gerichtshof nicht vorliegen.

104. Folglich ist der Klage in Bezug auf die Balearen in vollem Umfang stattzugeben.

3. Zu den Kanaren

105. Auf den Kanaren waren zum maßgeblichen Zeitpunkt – wie wohl auch heute – 28 BSG mit einer Fläche von 211 598 Hektar ausgewiesen. Sie erfassen etwa 59,5 % der 65 IBA mit einer Fläche von 133 443 Hektar. 23 IBA werden gar nicht abgedeckt, ein Teil der übrigen IBA nur teilweise. Die Kommission hebt insbesondere die unzureichende Erfassung der folgenden Arten hervor: Kragentrappe ( Chlamydotis undulata ), Schmutzgeier ( Neophron percnopterus ), Kanarenschmätzer ( Saxicola dacotiae ), Rennvogel ( Cursorius cursor ) und Bulwersturmvogel ( Bulweria bulwerii ).

106. Spanien erkennt an, dass weitere BSG ausgewiesen bzw. BSG erweitert werden müssen. Die zuständigen Stellen würden allerdings auf wissenschaftlicher Grundlage nicht allen IBA in voller Größe zustimmen. Um dieses Vorbringen zu substanziieren, hat die spanische Regierung mit der Klagebeantwortung eine detaillierte Studie zu allen noch nicht vollständig erfassten IBA der Kanaren eingereicht, in der dargelegt wird, aufgrund welcher ornithologischen Erwägungen IBA als BSG ausgewiesen werden müssen oder nicht.(65) Dieser Studie hat die Kommission nicht widersprochen. Daher ist ihr Inhalt als zugestanden anzusehen und gegenüber IBA 1998 das aktuellere und präzisere Beweismittel für bestehende Ausweisungsmängel. Der Vorwurf unzureichender Gebietsausweisung besteht daher nur noch in dem Maß, in dem nach der kanarischen Studie BSG ausgewiesen oder erweitert werden müssen.

107. Mit dieser Maßgabe ist daher der Klage auch in Bezug auf die Kanaren stattzugeben.

4. Zu Kastilien-La Mancha

108. Auch im Fall von Kastilien-La Mancha vergleicht die Kommission ausgewiesene BSG mit den Angaben in IBA 98. Zehn von 39 IBA mit einer Fläche von 261 000 Hektar seien gar nicht abgedeckt, die übrigen insgesamt nur zu 32,3 %. Insbesondere der Rötelfalke und die Zwergtrappe seien noch nicht ausreichend erfasst.

109. Wie bereits festgestellt, ist der Vorwurf hinsichtlich der Abgrenzung von BSG innerhalb von IBA unzulässig.(66) Hinsichtlich der zehn überhaupt nicht durch BSG erfassten IBA hat Spanien dagegen mittlerweile in drei Fällen anerkannt, dass eine Ausweisung notwendig ist und diese wohl mittlerweile auch durchgeführt.(67) Ob die jeweils von IBA 98 abweichende Abgrenzung auf ornithologischen Gründen beruht, kann mangels Darlegung durch Spanien nicht beurteilt werden. Streitig bleiben dagegen noch sieben IBA.

110. Spanien lehnt die Ausweisung von BSG hinsichtlich fünf dieser IBA ab, da sich nur kleine Teile auf dem Gebiet von Kastilien-La Mancha befinden. Diese Teile hätten keine eigenständige ornithologische Bedeutung und müssten daher nicht ausgewiesen werden.

111. Dieses Vorbringen überzeugt allerdings nicht. Der Umstand, dass ein für den Schutz bestimmter Arten am besten geeignetes Gebiet sich über das Territorium unterschiedlicher Regionen erstreckt, rechtfertigt es nicht, Gebietsteile auszugrenzen. Wenn diese Teile integraler Bestandteil des Gesamtgebiets sind, dann müssen sie auch ausgewiesen werden, da andernfalls auf diesen Flächen unkontrolliert Maßnahmen durchgeführt werden könnten, die das Gebiet insgesamt beeinträchtigen. Im Übrigen trägt die Kommission unwidersprochen vor, dass zumindest in zwei der angesprochenen Gebietsteile Arten des Anhangs I brüten, nämlich der weltweit bedrohte Kaiseradler, der Schwarzstorch, der Habichtsadler, der Steinadler ( Aquila chrysaetos ), der Gänsegeier ( Gyps fulvus ), der Schmutzgeier und der Wanderfalke ( Falco peregrinus ).

112. In Bezug auf das IBA Nr. 185 „San Clemente-Villarrobledo“ wendet Spanien ein, es sei mit einer Fläche von 103 000 Hektar zu groß ausgefallen. Die erfassten Populationen des Rötelfalkens, der Großtrappe, des Spießflughuhns ( Pterocles alchata ) und der Zwergtrappe seien vergleichsweise klein.

113. Dieses Vorbringen überzeugt schon deshalb nicht, weil das Gebiet nicht allein als eines der fünf besten Gebiete Aufnahme in IBA 98 gefunden hat, sondern auch weil es signifikante Populationen von weltweit und in Europa bedrohten Arten beherbergt. Daher mögen die Einwände u. U. eine andere Abgrenzung rechtfertigen, aber nicht den vollständigen Verzicht auf die Ausweisung.

114. Dementsprechend hat Spanien während des gerichtlichen Verfahrens ein BSG gleichen Namens ausgewiesen, das zumindest 10 677,81 Hektar umfasst und somit grundsätzlich anerkannt, dass auch dieses Gebiet ausgewiesen werden musste. Ob die Abgrenzung auf ornithologischer Grundlage korrekt ist, kann nicht beurteilt werden, da Spanien für die Abgrenzung keine Gründe vorgelegt hat.

115. Die Ausweisung des IBA Nr. 199 „Torrijos“ mit einer Fläche von 28 600 Hektar schließlich lehnt Spanien ab, da die Population von 150 bis 200 Großtrappen im Vergleich zur Gesamtpopulation der autonomen Gemeinschaft von etwa 3 000 Großtrappen unerheblich sei. Insofern ist allerdings die europäische Bedeutung dieses Vorkommens einer weltweit bedrohten Art zu unterstreichen. Es übertrifft die für Spanien bereits angehobene Schwelle für eine signifikante Population von 50 Individuen um ein Mehrfaches. Daneben verzeichnet IBA 98 auch noch ein signifikantes Vorkommen der ebenfalls weltweit bedrohten Zwergtrappe von 1 200 Individuen bei einem Schwellenwert von 200 Individuen. Die Ausweisung dieses Gebiets erscheint daher zwingend.

116. Soweit die Kommission die aus IBA 98 abzuleitenden Defizite beim Schutz des Rötelfalkens und der Zwergtrappe rügt, ergibt sich bereits aus dem Vorstehenden, dass für beide Arten weitere BSG ausgewiesen werden müssen.

117. Gerade angesichts der Bedrohung der Zwergtrappe kann Spanien sich auch nicht erfolgreich auf Schwierigkeiten berufen, die aus ihrer großen Mobilität, ihrer geringen Bindung an bestimmte Orte, ihrer unterschiedlichen Lebensraumbedürfnisse während unterschiedlicher Zeiten des Jahres und das Fehlen präziser Populationsschätzungen resultieren. Diesen Schwierigkeiten muss Spanien durch weitere Forschungen und die Ausweisung von ausreichend großen Gebieten mit einer entsprechend flexiblen Bewirtschaftung begegnen, da andernfalls das Aussterben dieser Art zu befürchten ist.

118. Fehlgehend ist auch die Auffassung, Kolonien des Rötelfalkens innerhalb von Siedlungen könnten nicht als BSG ausgewiesen werden. Wenn Rötelfalken auf diese Lebensräume angewiesen sind, dann ist gerade dort der Schutz durch eine Gebietsausweisung geboten. Nur so kann sichergestellt werden, dass z. B. städtebauliche Maßnahmen den Rötelfalken nicht vertreiben. Auch die Interessen an der städtebaulichen Entwicklung erlauben nicht den Verzicht auf eine Ausweisung, da bekanntlich wirtschaftliche und soziale Gründe einer Ausweisung nicht entgegengehalten werden können. Sollten diese Erwägungen gegenüber dem Interesse am Schutz des Rötelfalkens überwiegen, so wären sie im Rahmen von Art. 6 Abs. 4 der Habitatrichtlinie zu verwirklichen, d. h. in Abwesenheit von Alternativen und bei Durchführung der gebotenen Ausgleichsmaßnahmen.

119. Folglich sind die Einwände Spaniens gegen die noch gar nicht durch BSG erfassten IBA in Kastilien-La Mancha insgesamt zurückzuweisen. Der Klage der Kommission ist in diesem Umfang stattzugeben.

5. Zu Katalonien

120. Auch in Bezug auf Katalonien vergleicht die Kommission IBA 98 mit den tatsächlichen Ausweisungen und kommt zu dem Ergebnis, 10 von 21 IBA seien gar nicht erfasst, die Übrigen nur teilweise und daher seien unter 62 sich in Katalonien fortpflanzenden Vogelarten des Anhangs I diverse nur unzureichend in BSG geschützt: der Schwarzstirnwürger ( Lanius minor ), das Auerhuhn ( Tetrao urogallus ), die Krähenscharbe ( Phalacrocorax aristotelis ), die Zwergtrappe, die Kalanderlerche ( Melanocorypha calandra ), die Dupontlerche ( Chersophilus duponti ), die Blauracke ( Coracias garrulus ), die Kurzzehenlerche ( Calandrella brachydactyla ) und die Brachschwalbe ( Glareola pratincola ).

121. Wie bereits festgestellt, ist der Vorwurf hinsichtlich der Abgrenzung von BSG innerhalb von IBA unzulässig.(68) Für die verbleibenden 10 IBA, die gar nicht durch BSG abgedeckt sind, verzeichnet IBA 98 weder den Schwarzstirnwürger noch das Auerhuhn, die Dupontlerche oder die Brachschwalbe. Hinsichtlich dieser Arten fehlt es daher an einem Nachweis unzureichender Gebietsausweisungen.

122. Spanien bestreitet darüber hinaus die Zulässigkeit der Klage in Bezug auf die aufgeführten Vogelarten, da unklar sei, für welche Arten weitere BSG ausgewiesen werden müssten. Die Kommission nenne 62 Arten des Anhangs I, während nach katalanischem Recht 73 Arten geschützt werden müssten. Auch habe die Kommission sich während des Vorverfahrens nicht immer auf die gleichen Arten bezogen.

123. Dieser Einwand ist allerdings zurückzuweisen. Zunächst missversteht Spanien die Bezugnahme auf Vogelarten: zwar nennt die Kommission die Zahl von 62 Arten des Anhangs I für Katalonien, Ausweisungsdefizite belegt sie aber nur mit den oben ausdrücklich genannten Arten. Zumindest implizit waren diese Arten Gegenstand des Vorverfahrens, da die Kommission sich immer auf IBA 98 gestützt hat und die genannten Arten aus den Unterschieden zwischen IBA 98 und den BSG in Katalonien resultieren.

124. Weiterhin trägt Spanien vor, ein Teil der IBA sei bereits im Rahmen der Habitatrichtlinie als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung vorgeschlagen worden. Solche Vorschläge können allerdings auf rechtlicher Ebene Mängel bei der Ausweisung von BSG nicht ersetzen, da die Ausweisung von BSG auf Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie beruht, der Gebietsvorschlag dagegen auf Art. 4 der Habitatrichtlinie, d. h. auf unterschiedlichen Regelungen mit unterschiedlichen Rechtsfolgen.

125. In der Gegenerwiderung beruft sich Spanien darauf, dass die meisten Lebensräume, die noch nicht als BSG ausgewiesen seien, im Rahmen des Plans der Gebiete von Interesse für die Natur oder als besonders geschützte Naturgebiete nach regionalem Recht geschützt seien. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Schutz den Anforderungen an den Schutz von BSG genügt, rechtfertigt er nicht den Verzicht auf eine Ausweisung als BSG. Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie verlangt die Ausweisung, damit die Gebiete gemäß Abs. 3 in ein europäisches Netz eingegliedert werden. In diesem Netz wird die Qualität des Schutzes durch europäische Normen abgesichert. Daher hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Verpflichtung zur Ausweisung von BSG nicht durch andere Maßnahmen umgangen werden darf.(69) Auch rein innerstaatliche Schutzkategorien wären nur solche anderen Maßnahmen, die eine Ausweisung nicht ersetzen können.(70)

126. Schließlich setzt sich Spanien in der Gegenerwiderung mit Bezug auf Katalonien erstmals auf wissenschaftlicher Basis mit IBA 98 auseinander. Es vergleicht nämlich die Angaben von IBA 98 über das Vorkommen von Arten in IBA mit den Angaben über die jeweilige Gesamtpopulation in Katalonien nach einem Brutvogelatlas, der auf Beobachtungen in den Jahren 1999 bis 2002 beruht. Diese Zahlen sind allerdings nur begrenzt vergleichbar, da die Gesamtpopulationen der Arten in ganz Katalonien regelmäßig größer sein werden als die Populationen in den IBA.

127. Dementsprechend zeigen die neueren Zahlen nur bei vier Arten, die für hier noch gegenständlichen IBA von Bedeutung sind, dass die Angaben in IBA 98 höher sind, als die nachfolgenden Beobachtungen, nämlich für die Sturmschwalbe ( Hydrobates pelagicus ) mit 0 bis 10 Paaren statt 5 bis 15, die Rohrdommel ( Botaurus stellaris ) mit 1 bis 5 Paaren statt 8 bis 11, die Wiesenweihe mit 5 bis 10 Paaren statt 15 bis 20, das Sandflughuhn ( Pterocles orientalis ) mit 5 bis 10 Paaren statt 10 Paaren. Daraus folgt nicht, dass die Datengrundlage für IBA 98 mangelhaft war, sondern höchstens, dass diese in Katalonien bereits sehr seltenen Arten kurz vor dem Verschwinden stehen und daher besonderen Schutzes bedürfen.

128. Im Übrigen liegen die Gesamtpopulationen der in den 10 hier noch gegenständlichen IBA vertretenen Arten über den IBA-Populationen. Teilweise sind nur Bruchteile der Gesamtpopulation in IBA erfasst, z. B. beim Eisvogel ( Alcedo atthis ), der mit 20 bis 30 Paaren in IBA vorkommt, insgesamt aber eine Population von 1 009 bis 1 420 Paaren verzeichnet oder bei der Theklalerche ( Galerida theklae ) wo 100 bis 200 Paare innerhalb von IBA einer Population von 7300 bis 18 400 Paaren gegenüberstehen. Daher belegt dieser Vergleich nicht, dass kein weiterer Ausweisungsbedarf besteht, sondern indiziert vielmehr, dass über IBA 98 hinaus Gebiete ausgewiesen werden müssen.

129. Darüber hinaus legt Spanien eine Tabelle vor, in der die Erfassung der Arten in den BSG dargestellt wird. Spanien betont, dass die BSG in Katalonien teilweise größere Teile der Population erfassen als IBA 98. Spanien erklärt allerdings auch, bei 16 Arten hinter der Erfassung durch IBA 98 zurückzubleiben. Diese Arten sind auch in 9 der 10 noch umstrittenen IBA vertreten. Das letzte IBA (Nr. 138, „Islas Medas“) würde darüber hinaus den Schutz von mindestens zwei sehr seltenen Arten ermöglichen, die bislang noch gar nicht in den BSG Kataloniens vertreten sind, nämlich die Sturmschwalbe und die Krähenscharbe. Auch dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, das Vorbringen der Kommission zu widerlegen.

130. Spanien konnte daher die Vorwürfe der Kommission hinsichtlich der noch gar nicht durch BSG erfassten IBA in Katalonien nicht entkräften. Der Klage der Kommission ist in diesem Umfang stattzugeben.

6. Zu Galizien

131. In Bezug auf Galizien stellt die Kommission fest, 3 von 11 IBA seien nicht als BSG ausgewiesen und einige der Übrigen nur teilweise. Insgesamt seien nur 10 % der in IBA erfassten Flächen BSG. Rohrdommel, Wiesenweihe, Habichtsadler, Auerhuhn, Zwergtrappe, Wespenbussard ( Pernis apivorus ) und die iberische Unterart des Rebhuhns ( Perdix perdix hispaniensis ) seien daher nur unzureichend geschützt.

132. Wie bereits festgestellt, ist der Vorwurf hinsichtlich der Abgrenzung von BSG innerhalb von IBA unzulässig.(71) Für die verbleibenden 3 IBA, die gar nicht durch BSG abgedeckt sind, verzeichnet IBA 98 weder die Rohrdommel noch den Habichtsadler oder den Wespenbussard. Hinsichtlich dieser Arten fehlt es daher an einem Nachweis unzureichender Gebietsausweisungen.

133. Eines der drei verbleibenden IBA wurde mittlerweile zu 86 % als BSG ausgewiesen, die beiden anderen sollen aufgrund von mittlerweile durchgeführten Studien teilweise als BSG ausgewiesen werden. Daher hat Spanien den verbleibenden Vorwurf der Kommission grundsätzlich anerkannt und die Grenzen der IBA zumindest nicht substanziiert bestritten. Der Klage ist daher hinsichtlich der noch gar nicht durch BSG erfassten IBA in Galizien stattzugeben.

7. Zu Valencia

134. In Bezug auf Valencia nennt die Kommission 5 von 21 IBA, die gar nicht durch BSG abgedeckt werden, einige der übrigen seien teilweise nicht erfasst. Daher seien die Rohrdommel, der Rallenreiher ( Ardeola ralloides ), die Marmelente, die Weißkopf-Ruderente ( Oxyura leucocephala ), das Kammblässhuhn, die Wiesenweihe und der Habichtsadler nicht ausreichend in BSG geschützt.

135. Wie bereits festgestellt, ist der Vorwurf hinsichtlich der Abgrenzung von BSG innerhalb von IBA unzulässig.(72) Für die verbleibenden 5 IBA, die gar nicht durch BSG abgedeckt sind, verzeichnet IBA 98 nur den Habichtsadler. Hinsichtlich der übrigen Arten fehlt es daher an einem Nachweis unzureichender Gebietsausweisungen.

136. Für Valencia widerspricht Spanien der Klage nicht, sondern kündigt weitere Gebietsausweisungen an. Der Klage ist daher hinsichtlich der noch gar nicht durch BSG erfassten IBA in Valencia stattzugeben.

E – Ergebnis

137. Spanien hat in den autonomen Gemeinschaften Andalusien, Balearen, Kanaren, Kastilien-La Mancha, Katalonien, Galizien und Valencia nicht genügend Gebiete zu besonderen Vogelschutzgebieten erklärt und in den autonomen Gemeinschaften Andalusien, Balearen und Kanaren einige Gebiete in zu geringem flächenmäßigem Umfang zu besonderen Vogelschutzgebieten erklärt.

V – Zu den Kosten

138. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Klage hinsichtlich einer autonomen Gemeinschaft zurückgenommen, nachdem Spanien den Forderungen der Kommission nachgekommen ist. Insofern, genau wie hinsichtlich der drei autonomen Gemeinschaften bezüglich derer die Kommission voll obsiegt, sind die Kosten Spanien aufzuerlegen.

139. Dagegen ist für vier weitere autonome Gemeinschaften ein wichtiger Teil der Klage zurückzuweisen. Daher sind die Kosten insofern zu teilen.

140. Dementsprechend sollte Spanien drei Viertel seiner Kosten sowie der Kosten der Kommission tragen und die Kommission ein Viertel der spanischen Kosten sowie ein Viertel ihrer eigenen Kosten.

VI – Ergebnis

141. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, wie folgt zu entscheiden:

1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten verstoßen, dass es

– in den autonomen Gemeinschaften Andalusien, Balearen, Kanaren, Kastilien-La Mancha, Katalonien, Galizien und Valencia nicht genügend Gebiete zu besonderen Vogelschutzgebieten erklärt hat und

– in den autonomen Gemeinschaften Andalusien, Balearen und Kanaren einige Gebiete in zu geringem flächenmäßigem Umfang zu besonderen Vogelschutzgebieten erklärt hat,

um allen in Anhang I der Richtlinie aufgezählten Vögeln sowie den nicht durch Anhang I erfassten Zugvogelarten Schutz zu bieten.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Das Königreich Spanien trägt drei Viertel seiner Kosten und drei Viertel der Kosten der Kommission. Die Kommission trägt ein Viertel ihrer eigenen Kosten und ein Viertel der Kosten des Königreichs Spanien.

(1) .

(2)  – ABl. L 103, S. 1.

(3)  – Urteil vom 19. Mai 1998 (C-3/96, Slg. 1998, I-3031).

(4)  – Urteil vom 26. November 2002 (C-202/01, Slg. 2002, I-11019).

(5)  – Urteil vom 6. März 2003 (C-240/00, Slg. 2003, I-2187).

(6)  – Urteil vom 20. März 2003 (C-378/01, Slg. 2003, I-2857).

(7)  – Siehe meine Schlussanträge vom heutigen Tag in der Rechtssache C-334/04.

(8)  – Siehe meine Schlussanträge vom heutigen Tag in der Rechtssache C-418/04.

(9)  – Pressemitteilung IP/05/45 der Kommission vom 14. Januar 2005.

(10)  – Carlota Viada (Hrsg.), Áreas importantes para las aves en España , Madrid 1998.

(11)  – ABl. L 206, S. 7.

(12)  – Angaben nach dem Natura Barometer der Kommission, Stand Juni 2006, ec.europa.eu/environment/nature/nature_conservation/useful_info/barometer/barometer.htm.

(13)  – Ähnlich hat der Gerichtshof z. B. den auf das Vereinigte Königreich insgesamt bezogenen Klageantrag der Kommission in der Rechtssache C-6/04 in Bezug auf Gibraltar konkretisiert, siehe das Urteil vom 20. Oktober 2005 (Slg. 2005, I-9017, Randnr. 79 und 4. Spiegelstrich des ersten Tenors).

(14)  – Urteil Niederlande (zitiert in Fn. 3, Randnrn. 55 ff.).

(15)  – Urteile vom 2. August 1993, Kommission/Spanien [Santoña-Sümpfe] (C-355/90, Slg. 1993, I‑4221, Randnr. 26), vom 11. Juli 1996, Royal Society for the Protection of Birds [Lappel Bank] (C-44/95, Slg. 1996, I-3805, Randnr. 26) und Niederlande (zitiert in Fn. 3, Randnrn. 59 ff).

(16)  – Urteil Santoña-Sümpfe (zitiert in Fn. 15, Randnr. 11).

(17)  – Urteile vom 4. Juli 2002, Kommission/Griechenland (C‑173/01, Slg. 2002, I-6129, Randnr. 7), vom 10. April 2003, Kommission/Frankreich (C-114/02, Slg. 2003, I-3783, Randnr. 9), und vom 18. Mai 2006, Kommission/Spanien [Schlingenjagd] (C-221/04, Slg. 2006, I-4515, Randnr. 23).

(18)  – Urteile Frankreich (zitiert in Fn. 4, Randnrn. 19 ff.), Finnland (zitiert in Fn. 5, Randnrn. 28 ff.) und Italien (zitiert in Fn. 6, Randnr. 16).

(19)  – Urteil vom 28. Februar 1991, Kommission/Deutschland [Leybucht] (C-57/89, Slg. 1991, I-883, Randnr. 20).

(20)  – Urteil Frankreich (zitiert in Fn. 4, Randnr. 20).

(21)  – Urteil Finnland (zitiert in Fn. 5, Randnr. 31).

(22)  – Urteil Italien (zitiert in Fn. 6, Randnr. 17).

(23)  – Urteil Italien (zitiert in Fn. 6, Randnr. 18).

(24)  – Die Verfahren gegen Frankreich und Italien befinden sich seit über einem Jahr im Stadium der begründeten Stellungnahme gemäß Art. 228 EG (Pressemitteilungen IP/05/29 der Kommission vom 12. Januar 2005 zu Frankreich und IP/05/56 vom 18. Januar 2005 zu Italien). Die Kommission prüft allerdings gegenwärtig, ob Frankreich durch weitere Ausweisungen seine Verpflichtungen mittlerweile erfüllt hat (Pressemitteilung IP/06/907 der Kommission vom 3. Juli 2006).

(25)  – Vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom 27. Juni 2002, Kommission/Frankreich (C-202/01, Slg. 2002, I-11019, Nr. 25).

(26)  – Übereinkommen vom 2. Februar 1971, UNTS, Band 996, S. 245.

(27)  – Vgl. die Urteile vom 17. Januar 1991, Kommission/Italien [Jagdzeiten] (C-157/89, Slg. 1991, I‑57, Randnr. 15) und vom 8. Juni 2006, WWF Italia u. a. (C-60/05, Slg. 2006, I-5083, Randnr. 27).

(28)  – Urteil Santoña-Sümpfe (zitiert in Fn. 15, Randnr. 11).

(29)  – Urteil vom 23. März 2006, Kommission/Österreich [Lauteracher Ried] (C-209/04, Slg. 2006, I‑2755, Randnr. 44).

(30)  – Ziff. 38 der Klageerwiderung.

(31)  – Ziff. 183 der Klage, dazu im Folgenden Nrn. 94 ff.

(32)  – Urteile Niederlande (zitiert in Fn. 3, Randnrn. 68 bis 70) und Italien (zitiert in Fn. 6, Randnr. 18).

(33)  – Vgl. die Urteile Niederlande (zitiert in Fn. 3, Randnr. 66) und Italien (zitiert in Fn. 6, Randnr. 18) jeweils zu IBA 89, sowie die Schlussanträge von Generalanwalt Léger, Kommission/Finnland (C-240/00, Slg. 2003, I-2187, Nr. 42).

(34)  – Nur für die autonome Gemeinschaft Katalonien und die Kanaren sind Ansätze einer wissenschaftlich substanziierten Argumentation erkennbar, dazu im Folgenden Nrn. 106 sowie 126 ff.

(35)  – Zitiert in Fn. 3.

(36)  – Heath, M.F. & M.I. Evans, Important Bird Areas in Europe. Priority sites for conservation. Volume 2: Southern Europe , BirdLife Conservation Series Nr. 8, Band II, Cambridge (2000), S. 515 ff.

(37)  – Vgl. die Auflistung auf S. 14 von IBA 98.

(38)  – Urteil vom 9. Dezember 2004, Kommission/Spanien (C-79/03, Slg. 2004, I-11619, Randnr. 19).

(39)  – Siehe unten, Nrn. 70 ff.

(40)  – IBA 2000, zitiert in Fn. 36.

(41)  – Nach dem Natura Barometer der Kommission, Stand Juni 2005 (zitiert in Fn. 12), sind es in Slowenien 23 % und in der Slowakei 25,2 % der Landfläche.

(42)  – Zwar erfasst die Finanzierungsregelung des Art. 8 der Habitatrichtlinie keine BSG nach der Vogelschutzrichtlinie, doch nennt das 6. Umweltaktionsprogramm den „Aufbau des Natura-2000-Netzes und Anwendung der erforderlichen technischen und finanziellen Instrumente und Maßnahmen, die für dessen vollständige Umsetzung und für den Schutz der gemäß der Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie geschützten Arten außerhalb der Natura-2000-Gebiete benötigt werden“ als vorrangige Aktion (Art. 6 Abs. 2 Buchst. a, 7. Spiegelstrich des Beschlusses Nr. 1600/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juli 2002 über das sechste Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 242, S. 1).

(43)  – IBA 98, S. 363 ff.

(44)  – IBA 98, S. 39.

(45)  – IBA 98, S. 43, Figura 5.

(46)  – IBA 98, S. 364 f.

(47)  – Die IBA 89 zugrunde liegenden Kriterien werden in IBA 2000, Band 2, S. 776 f., beschrieben und den für die neuen Verzeichnisse verwendeten Kriterien gegenübergestellt, vgl. auch IBA 98, S. 368.

(48)  – Dieses Kriterium entspricht dem Kriterium Nr. 5 von IBA 89.

(49)  – Dieses Kriterium entspricht dem Kriterium Nr. 1 von IBA 89.

(50)  – Dieses Kriterium hat keine Entsprechung in IBA 89.

(51)  – Die Kriterien C.4 und C.5 entwickeln das Kriterium Nr. 9 von IBA 89 weiter. Dieses erfasste Rastgebiete von mehr als 20 000 Wasservögeln bzw. mehr als 5 000 Greifvögeln.

(52)  – Das Kriterium C.6 war nicht ausdrücklich in der Liste der Kriterien für IBA 89 genannt, wohl aber in den Erläuterungen dazu, vgl. Anlage 7, S. 2, zur Klageschrift in der Rechtssache C-3/96 (Kommission/Niederlande) und Anlage 16 zur Klageschrift in der Rechtssache C-378/01 (Kommission/Italien). Danach wurde dieses Kriterium im Rahmen des CORINE Biotopprojekts entwickelt und angewandt.

(53)  – IBA 2000, S. 13

(54)  – Urteile Niederlande (zitiert in Fn. 3, Randnr. 69) und Italien (zitiert in Fn. 6, Randnr. 18).

(55)  – Siehe die Nachweise in Fn. 33.

(56)  – IBA 2000, S. 13.

(57)  – IBA 2000, Band 2, S. 18. So ergibt sich aus S. 778, dass für Belgien, Griechenland und Irland eine gegenüber IBA 89 höhere Ebene gewählt und somit die Zahl der Regionen reduziert wurde.

(58)  – Dabei irrt die spanische Regierung: Nach IBA 2000, Band 2, S. 778, wird auch in Frankreich die zweite Ebene von NUTS herangezogen, die 22 Regionen enthält.

(59)  – Siehe die Nachweise in Fn. 15.

(60)  – So verwendet man für die Identifizierung von Gebietsvorschlägen im Rahmen der Habitatrichtlinie in Deutschland so genannte naturräumliche Haupteinheiten als Untergliederungen der deutschen Anteile der biogeographischen Regionen.

(61)  – Urteile Lappel Bank (zitiert in Fn. 15, Randnr. 26), und vom 13. Juli 2006 Kommission/Portugal, Moura, Mourão, Barrancos (C-191/05, Slg. 2006, I-6853, Randnr. 10).

(62)  – Ziff. 183 der Klageschrift.

(63)  – Ziff. 33 der Erwiderung.

(64)  – Urteil vom 9. Januar 2003, Italien/Kommission (C-178/00, Slg. 2003, I-303, Randnr. 6), vgl. auch meine Schlussanträge vom 15. Dezember 2005, Kommission/Spanien [Schlingenjagd] (C‑221/04, Slg. 2006, I-4515, Nr. 25).

(65)  – Anlage 11 der Klagebeantwortung.

(66)  – Siehe oben, Nrn. 94 ff.

(67)  – Es handelt sich um das IBA Nr. 78 „Puebla de Beleña“, das IBA Nr. 183 „Hoces del río Mundo y del río Segura” und das IBA Nr. 189 „Parameras de Embid-Molina“.

(68)  – Siehe oben, Nrn. 94 ff.

(69)  – Siehe oben, Nr. 21.

(70)  – Urteil Lauteracher Ried (zitiert in Fn. 29, Randnr. 48).

(71)  – Siehe oben, Nrn. 94 ff.

(72)  – Siehe oben, Nrn. 94 ff.