Rechtssache T-123/03
Pfizer Ltd
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
„Humanarzneimittel – Einleitung des Verfahrens nach Artikel 32 der Richtlinie 2001/83/EG gemäß Artikel 30 dieser Richtlinie – Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlung – Vorbereitende Handlung – Unzulässigkeit“
Beschluss des Gerichts (Vierte Kammer) vom 2. Juni 2004
Leitsätze des Beschlusses
Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen – Begriff – Handlungen mit verbindlicher Rechtswirkung – Vorbereitende Handlungen
– Entscheidung der Kommission, den Ausschuss für Arzneispezialitäten um ein begründetes Gutachten zu ersuchen – Handlung,
die nur ein vorbereitender Verfahrensabschnitt eines Konsultationsverfahrens ist – Ausschluss
(Artikel 230 EG; Richtlinie 2001/83 des Europäischen Parlaments und des Rates, Artikel 30)
Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG gegeben ist, sind nur solche Maßnahmen,
die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers beeinträchtigen, indem sie seine Rechtslage erheblich
verändern. Handlungen oder Entscheidungen, die in einem mehrphasigen Verfahren, insbesondere zum Abschluss eines internen
Verfahrens ergehen, sind grundsätzlich nur dann anfechtbar, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die den Standpunkt des Organs
zum Abschluss dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber um Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten
sollen. Anders verhielte es sich nur, wenn Handlungen oder Entscheidungen im Rahmen des vorbereitenden Verfahrens nicht nur
die rechtlichen Merkmale anfechtbarer Handlungen trügen, sondern selbst ein besonderes Verfahren endgültig abschlössen, das
sich von demjenigen unterscheidet, das dem Organ die Entscheidung in der Sache ermöglichen soll.
Diese Entscheidung legt nämlich weder den Standpunkt der Kommission endgültig fest noch schließt sie ein besonderes Verfahren
endgültig ab, das sich von demjenigen unterscheidet, das zu einer Entscheidung über diese Harmonisierung führen soll, sondern
beschränkt sich darauf, ein Konsultationsverfahren in Gang zu setzen, für das sie nur ein vorbereitender Verfahrensabschnitt
ist.
(vgl. Randnrn. 21-23, 26)
-
BESCHLUSS DES GERICHTS (Vierte Kammer)
2. Juni 2004(1)
„Humanarzneimittel – Einleitung des Verfahrens nach Artikel 32 der Richtlinie 2001/83/EG gemäß Artikel 30 dieser Richtlinie – Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlung – Vorbereitende Handlung – Unzulässigkeit“
In der Rechtssache T-123/03
Pfizer Ltd mit Sitz in Sandwich, Kent (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: D. Anderson, QC, Barrister K. Bacon und Solicitors
I. Dodds-Smith und T. Fox,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Støvlbaek und X. Lewis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 6. Januar 2003, gemäß Artikel 30 der Richtlinie 2001/83/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel
(ABl. L 311, S. 67) in Bezug auf Lopid ein Verfahren zur Verweisung an die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln
(EMEA) einzuleiten,
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten H. Legal sowie der Richterin V. Tiili und des Richters M. Vilaras,
Kanzler: H. Jung,
folgenden
Beschluss
-
- Rechtlicher Rahmen
- 1
Die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA), die durch Artikel 49 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93
des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln
und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (ABl. L 214, S. 1) geschaffen wurde, ist
verantwortlich für die Koordinierung der vorhandenen Wissenschaftsressourcen, die ihr von den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten
zur Beurteilung und Überwachung von Arzneimitteln zur Verfügung gestellt werden. Nach Artikel 51 dieser Verordnung hat die
EMEA das Ziel, den Mitgliedstaaten und den Organen der Gemeinschaft den bestmöglichen wissenschaftlichen Rat in Bezug auf
alle Fragen der Beurteilung der Qualität, der Sicherheit oder der Wirksamkeit von Humanarzneimitteln oder Tierarzneimitteln
zu geben, die gemäß den Bestimmungen der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über Arzneimittel an sie herangetragen werden.
Nach Artikel 50 Absatz 1 der Verordnung besteht die EMEA aus mehreren Ausschüssen und Dienststellen, darunter dem Ausschuss
für Arzneispezialitäten (im Folgenden: Ausschuss), der das Gutachten der EMEA zu Fragen der Beurteilung von Humanarzneimitteln
auszuarbeiten hat.
- 2
Die Zweite Richtlinie 75/319/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten
(ABl. L 147, S. 13) in der durch die Richtlinie 93/39/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Änderung der Richtlinien 65/65/EWG,
75/318/EWG und 75/319/EWG betreffend Arzneimittel (ABl. L 214, S. 22) geänderten Fassung (im Folgenden: geänderte Richtlinie
75/319) war Gegenstand einer Kodifizierung in der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November
2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67, im Folgenden: HAM-Kodex).
- 3
Artikel 30 des HAM-Kodex bestimmt:
„Werden mehrere Anträge auf Genehmigung für ein bestimmtes Arzneimittel gemäß Artikel 8, 10 Absatz 1 und Artikel 11 gestellt
und haben die Mitgliedstaaten abweichende Entscheidungen bezüglich der Genehmigung des Arzneimittels bzw. der Aussetzung oder
des Widerrufs getroffen, so kann jeder Mitgliedstaat, die Kommission oder der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen
die Angelegenheit an den Ausschuss verweisen, um das Verfahren nach Artikel 32 zur Anwendung zu bringen.
Der betreffende Mitgliedstaat, der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen oder die Kommission geben die Frage, mit
der der Ausschuss befasst werden soll, deutlich an und unterrichten gegebenenfalls den Inhaber der Genehmigung.
Die Mitgliedstaaten und der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen übermitteln dem Ausschuss alle verfügbaren Angaben
in der betreffenden Angelegenheit.“
- 4
Nach dem Verfahren des Artikels 32 des HAM-Kodex gibt der Ausschuss in der Angelegenheit ein begründetes Gutachten ab. Im
Verlauf dieses Verfahrens kann der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Verkehrsgenehmigung) aufgefordert
werden, sich zu äußern. Er kann gegen das begründete Gutachten des Ausschusses bei diesem Ausschuss Widerspruch einlegen.
Nachdem der Ausschuss sein Gutachten gegebenenfalls geändert hat, übermittelt die EMEA das endgültige Gutachten den Mitgliedstaaten,
der Kommission und dem Inhaber der Verkehrsgenehmigung.
- 5
Nach Artikel 33 des HAM-Kodex erstellt die Kommission innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Gutachtens unter Berücksichtigung
der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften einen Entscheidungsentwurf. Entspricht der Entwurf nicht dem Gutachten des Ausschusses,
so begründet die Kommission dies eingehend.
- 6
Gemäß Artikel 34 des HAM-Kodex erlässt die Kommission oder gegebenenfalls der Rat eine endgültige Entscheidung nach dem in
Artikel 121 Absatz 2 des HAM-Kodex genannten Verfahren. Diese Entscheidung ist an die betroffenen Mitgliedstaaten zu richten
und dem Inhaber der Verkehrsgenehmigung mitzuteilen. Innerhalb von 30 Tagen nach dieser Benachrichtigung müssen die Mitgliedstaaten
die Verkehrsgenehmigung erteilen, zurücknehmen oder entsprechend ändern.
- 7
In seinem Urteil vom 26. November 2002 in den Rechtssachen T‑74/00, T‑76/00, T‑83/00 bis T‑85/00, T‑132/00, T‑137/00 und T‑141/00
(Artegodan u. a./Kommission, Slg. 2002, II-4945, im Folgenden: Urteil Artegodan) hat das Gericht entschieden, dass zwar die
in den Artikeln 13 und 14 der geänderten Richtlinie 75/319 (jetzt Artikel 32 bis 34 des HAM-Kodex) vorgesehenen Verfahren
beim Erlass einer Entscheidung der Gemeinschaft grundsätzlich automatisch aufeinander folgen sollen, dass dies jedoch dann
nicht der Fall ist, wenn das Konsultationsverfahren des Artikels 13 der geänderten Richtlinie 75/319 in Anwendung der Artikel 11
oder 12 dieser Richtlinie (jetzt Artikel 30 und 31 des HAM-Kodex) durchgeführt wird. Diese Artikel schaffen nämlich rein konsultative
Verfahren, die zudem fakultativen Charakter haben. Sie können deshalb nicht dahin ausgelegt werden, dass sie die Kommission
ermächtigen, eine bindende Entscheidung gemäß dem Verfahren des Artikels 14 der geänderten Richtlinie 75/319 (jetzt Artikel 34
des HAM-Kodex) zu erlassen (vgl. Randnrn. 134, 146, 147 und 150 des Urteils Artegodan). Die Kommission hat gegen das Urteil
Artegodan ein Rechtsmittel eingelegt, das mit Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache C‑39/03 P (Kommission/Artegodan
u. a., Slg. 2003, I‑7885) zurückgewiesen worden ist.
- 8
In seinem Urteil vom 28. Januar 2003 in der Rechtssache T‑147/00 (Laboratoires Servier/Kommission, Slg. 2003, II‑85, Randnr. 59)
hat das Gericht unter Bezugnahme auf das Urteil Artegodan wiederholt, dass Artikel 12 der geänderten Richtlinie 75/319 im
Bereich der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten ein rein konsultatives Verfahren schafft, das zudem fakultativen Charakter hat.
Die Kommission hat gegen das Urteil Laboratoires Servier/Kommission ein Rechtsmittel eingelegt, das mit Beschluss des Gerichtshofes
vom 1. April 2004 in der Rechtssache C‑156/03 P (nicht veröffentlicht) zurückgewiesen worden ist.
- 9
Schließlich sieht Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 297/95 des Rates vom 10. Februar 1995 über die Gebühren der EMEA
(ABl. L 35, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2743/98 des Rates vom 14. Dezember 1998 (ABl. L 345, S. 3) geänderten
Fassung (im Folgenden: geänderte Verordnung Nr. 297/95) vor, dass „[b]ei der Anwendung der in Artikel 10 Absatz 2 und in den
Artikeln 11, 12 und 15 der Richtlinie 75/319/EWG festgelegten Verfahren … eine Gebühr von 10 000 [Euro] erhoben [wird]“. Diese
Artikel sind nunmehr Artikel 29 Absatz 2 sowie Artikel 30, 31 und 35 des HAM-Kodex.
Sachverhalt
- 10
Die Klägerin ist eine Tochtergesellschaft des Pfizer-Konzerns, in dem Gesellschaften zusammengeschlossen sind, die Inhaber
von nationalen Verkehrsgenehmigungen für ein Arzneimittel sind, das unter der Bezeichnung Lopid und anderen damit verbundenen
Bezeichnungen vertrieben wird (im Folgenden: Lopid).
- 11
Zwischen Dezember 2000 und April 2002 kam es hinsichtlich einer möglichen Harmonisierung der für Lopid bestehenden Zusammenfassungen
der Merkmale des Arzneimittels (im Folgenden: Zusammenfassungen der Merkmale) zu Kontakten und zu Briefwechseln zwischen verschiedenen
Stellen. Daran beteiligt war eine informelle Gruppe von Direktoren der für den Arzneimittelbereich zuständigen Agenturen der
Mitgliedstaaten, eine informelle Gruppe zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung („mutual recognition facilitation
group“), europäische Verbände des Sektors der pharmazeutischen Produkte, Bedienstete der EMEA und Vertreter des Pfizer-Konzerns.
- 12
Mit Schreiben vom 6. Januar 2003 (im Folgenden: angefochtene Handlung) verwies die Kommission die Angelegenheit gemäß Artikel 30
des HAM-Kodex an den bei der EMEA bestehenden Ausschuss, um das Verfahren nach Artikel 32 des Kodex zur Anwendung zu bringen,
und begründete dies damit, dass es unter den für Lopid in den Mitgliedstaaten und in Island bestehenden Zusammenfassungen
der Merkmale Abweichungen gebe.
- 13
Mit Schreiben vom 27. Januar 2003 informierte die EMEA die zum Pfizer-Konzern gehörende Gesellschaft Pfizer ApS über diese
Maßnahme und forderte die Gesellschaften des Pfizer-Konzerns, die Inhaber einer Verkehrsgenehmigung für Lopid waren (im Folgenden:
Pfizer‑Gesellschaften), auf, Daten zu übermitteln sowie in Anwendung der geänderten Verordnung Nr. 297/95 eine Gebühr von
10 000 Euro zu überweisen. In diesem Schreiben wies die EMEA darauf hin, dass die Stellungnahme des Ausschusses der Kommission
übermittelt werde, die nach Anhörung der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 33 des HAM-Kodex für den Erlass einer endgültigen Entscheidung
zuständig sei, die für alle Inhaber einer Verkehrsgenehmigung für Lopid gelte, unabhängig davon, ob diese Inhaber im Rahmen
des Konsultationsverfahrens auf die Fragen des Ausschusses geantwortet hätten.
Verfahren und Anträge der Parteien
- 14
Mit Klageschrift, die am 10. April 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage
erhoben.
- 15
Mit besonderem Schriftsatz, der am 25. Mai 2003 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Kommission
eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben. Am selben Tag hat sie beantragt,
die vorliegende Rechtssache mit den Rechtssachen T‑19/02 und T‑41/03 zu verbinden. Die Klägerin hat ihre Stellungnahme zu
dieser Einrede und zum Verbindungsantrag am 14. Juli 2003 eingereicht. Nach Anhörung der Parteien in den Rechtssachen T‑19/02
und T‑41/03 hat das Gericht den Verbindungsantrag abgelehnt.
- 16
Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Artikel 64 der Verfahrensordnung hat das Gericht den Parteien eine Frage gestellt.
Die Parteien haben darauf fristgemäß geantwortet.
- 17
In ihrer Klageschrift beantragt die Klägerin,
- –
- die angefochtene Handlung für nichtig zu erklären;
- –
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- 18
In ihrer Einrede der Unzulässigkeit beantragt die Kommission,
- –
- die Klage für unzulässig zu erklären;
- –
- hilfsweise, die Entscheidung über die Klage bis zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen eine endgültige Entscheidung der
Kommission zurückzustellen;
- –
- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- 19
In ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit beantragt die Klägerin,
- –
- die Klage für zulässig zu erklären;
- –
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
- 20
Gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht vorab über die Unzulässigkeit entscheiden, wenn eine Partei dies
beantragt. Gemäß Artikel 114 § 3 wird darüber mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Im vorliegenden
Fall ist das Gericht in der Lage, aufgrund des Akteninhalts ohne mündliche Verhandlung über den Antrag zu entscheiden.
- 21
Nach ständiger Rechtsprechung sind Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG gegeben
ist, nur solche Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers beeinträchtigen, indem
sie seine Rechtslage erheblich verändern. Für die Feststellung, ob eine Handlung oder eine Entscheidung solche Wirkungen erzeugt,
ist auf ihr Wesen abzustellen (Urteile des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981,
2639, Randnr. 9, und vom 5. Oktober 1999 in der Rechtssache C‑308/95, Niederlande/Kommission, Slg. 1999, I‑6513, Randnr. 26;
Urteile des Gerichts vom 19. Oktober 1995 in der Rechtssache T‑562/93, Obst/Kommission, Slg. ÖD 1995, I‑A‑247 und II‑737,
Randnr. 23, vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache T‑81/97, Regione Toscana/Kommission, Slg. 1998, II‑2889, Randnr. 21, und
vom 29. Januar 2002 in der Rechtssache T‑160/98, Van Parys und Pacific Fruit Company/Kommission, Slg. 2002, II‑233, Randnr. 60).
- 22
Im Übrigen sind nach dieser Rechtsprechung Handlungen oder Entscheidungen, die in einem mehrphasigen Verfahren, insbesondere
zum Abschluss eines internen Verfahrens ergehen, grundsätzlich nur dann anfechtbar, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die
den Standpunkt des Organs zum Abschluss dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber um Zwischenmaßnahmen, die die abschließende
Entscheidung vorbereiten sollen (Urteil IBM/Kommission, Randnr. 10; Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 2000 in der Rechtssache
C‑147/96, Niederlande/Kommission, Slg. 2000, I‑4723, Randnr. 26; Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 2003 in der Rechtssache
T‑326/99, Olivieri/Kommission und Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln, noch nicht in der amtlichen Sammlung
veröffentlicht, Randnrn. 51 bis 53).
- 23
Anders verhielte es sich nur, wenn Handlungen oder Entscheidungen im Rahmen des vorbereitenden Verfahrens nicht nur die vorgenannten
rechtlichen Merkmale trügen, sondern selbst ein besonderes Verfahren endgültig abschlössen, das sich von demjenigen unterscheidet,
das dem Organ die Entscheidung in der Sache ermöglichen soll (Urteil des Gerichtshofes vom 15. März 1967 in den Rechtssachen
8/66 bis 11/66, Cimenteries u. a./Kommission der EWG, Slg. 1967, 100, 124, und Urteil IBM/Kommission, Randnr. 11).
- 24
Schließlich sind Maßnahmen rein vorbereitender Art zwar nicht als solche anfechtbar, die ihnen etwa anhaftenden rechtlichen
Mängel können jedoch im Rahmen der Klage gegen die endgültige Handlung, deren Vorbereitung sie dienen, geltend gemacht werden
(Urteil IBM/Kommission, Randnr. 12; Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1989 in der Rechtssache 346/87, Bossi/Kommission,
Slg. 1989, 303, 333; Urteil des Gerichts vom 24. Februar 1994 in der Rechtssache T‑108/92, Caló/Kommission, Slg. ÖD 1994,
I‑A-59 und II‑213, Randnr. 13).
- 25
Im vorliegenden Fall hat die Kommission mit der angefochtenen Handlung hinsichtlich bestimmter Arzneimittel, für die die Pfizer-Gesellschaften
Inhaber von Verkehrsgenehmigungen sind, gemäß Artikel 30 des HAM-Kodex den Ausschuss befasst, um das Verfahren nach Artikel 32
des Kodex zur Anwendung zu bringen. Mit Schreiben vom 27. Januar 2003 informierte die EMEA die Pfizer-Gesellschaften über
diese Befassung und bat sie, für die Zwecke des Verfahrens Daten zu übermitteln und die Gebühr nach der geänderten Verordnung
Nr. 297/95 zu überweisen.
- 26
Das Gericht stellt fest, dass die angefochtene Handlung den Standpunkt der Kommission zur Frage der Harmonisierung der Zusammenfassungen
der Merkmale für Lopid weder endgültig festlegt noch ein besonderes Verfahren endgültig abschließt, das sich von demjenigen
unterscheidet, das zu einer Entscheidung über diese Harmonisierung führen soll. Diese Handlung beschränkt sich darauf, ein
Konsultationsverfahren, wie es oben in den Randnummern 3 und 4 beschrieben wird, in Gang zu setzen, für das sie nur ein vorbereitender
Verfahrensabschnitt ist.
- 27
Die angefochtene Handlung verändert also nicht die Rechtslage der Pfizer-Gesellschaften und ist daher keine anfechtbare Handlung
im Sinne der oben genannten Rechtsprechung. Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt,
die angefochtene Handlung erlege den Pfizer-Gesellschaften die Verpflichtung auf, eine Gebühr von 10 000 Euro zu zahlen und
der EMEA Informationen zu liefern, bringe sie in eine Situation der Ungewissheit, die vergleichbar sei mit der Situation,
die im Bereich der staatlichen Beihilfen durch die Einleitung eines Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG entstehe, und bewirke
in Bezug auf Lopid eine Verlagerung der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zugunsten der Kommission.
- 28
Was erstens die Verpflichtung betrifft, eine Gebühr von 10 000 Euro als Beitrag zur Finanzierung der EMEA zu zahlen, so ist
festzustellen, dass die vorliegende Klage nicht die Rechtmäßigkeit von Artikel 4 Absatz 1 der geänderten Verordnung Nr. 297/95
in Frage stellt, soweit dieser bei Durchführung des in Artikel 30 des HAM-Kodex vorgesehenen Verfahrens zur Zahlung einer
Gebühr an die EMEA verpflichtet.
- 29
Die Klägerin macht jedoch geltend, eine solche Verpflichtung hänge von der Ordnungsmäßigkeit des erwähnten Verfahrens ab,
die im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Hierzu ist festzustellen, dass die Ordnungsmäßigkeit des Konsultationsverfahrens,
das nur eine Zwischenstufe darstellt, die zum Erlass einer endgültigen Entscheidung führen kann, bei einer eventuellen Anfechtung
dieser endgültigen Entscheidung geprüft werden kann. Sollte es, wie von der Klägerin angenommen, nicht zu einer solchen endgültigen
Entscheidung kommen, so könnten die Pfizer-Gesellschaften, falls sie der Meinung sind, sie hätten aufgrund eines Fehlverhaltens,
das geeignet ist, die außervertragliche Haftung der Gemeinschaften auszulösen, einen Schaden erlitten, eine Schadensersatzklage
erheben.
- 30
Was zweitens die von der Klägerin angeführte Verpflichtung betrifft, im Rahmen des Konsultationsverfahrens der EMEA Informationen
zu liefern, so ist festzustellen, dass es sich dabei um eine dem Konsultationsverfahren immanente, für den ordnungsgemäßen
Ablauf des Verfahrens notwendige Folge handelt, die keineswegs eine erhebliche Veränderung der Rechtslage der Pfizer-Gesellschaften
bewirkt.
- 31
Drittens kann entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Situation der Pfizer-Gesellschaften nicht der Situation von Unternehmen
gleichgestellt werden, denen gegenüber ein Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG eingeleitet wird. Während nämlich die Einleitung
eines förmlichen Prüfverfahrens im Bereich der staatlichen Beihilfen in gewissen Fällen eigenständige rechtliche Wirkungen
zeitigt (Urteile des Gerichtshofes vom 30. Juni 1992 in der Rechtssache C‑312/90, Spanien/Kommission, Slg. 1992, I‑4117, Randnrn. 17
bis 20, und vom 30. Juni 1992 in der Rechtssache C‑47/91, Italien/Kommission, Slg. 1992, I‑4145, Randnrn. 25 bis 30; Urteil
des Gerichts vom 23. Oktober 2002 in den Rechtssachen T‑269/99, T‑271/99 und T‑272/99, Diputación Foral de Guipúzcoa u. a./Kommission,
Slg. 2002, II‑4217, Randnr. 37), hat die Verweisung an den Ausschuss nach Artikel 30 des HAM-Kodex keinerlei Rechtswirkungen
für die betroffenen Verkehrsgenehmigungen, die bis zu einer eventuellen Entscheidung weiterhin frei genutzt werden können.
- 32
Was viertens die Behauptung der Klägerin betrifft, dass die Verweisung an den Ausschuss gemäß Artikel 30 des HAM-Kodex irreversible
Rechtswirkungen habe, da sie der Kommission zufolge einer Harmonisierung der Verkehrsgenehmigungen gleichkomme, und dass,
sobald diese Harmonisierung durchgeführt sei, die Zuständigkeit von den Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaft übergehe, so
ist festzustellen, dass die Verweisung an den Ausschuss gemäß Artikel 30 des HAM-Kodex nur ein Konsultationsverfahren einleitet
und als solche keine Harmonisierung der Zusammenfassungen der Merkmale in Bezug auf Lopid zur Folge hat.
- 33
Schließlich behauptet die Klägerin zu Unrecht, dass die Unzulässigkeit der vorliegenden Klage die Pfizer-Gesellschaften rechtsschutzlos
stelle. Wie schon oben in Randnummer 29 ausgeführt wurde, bleibt es ihnen unbenommen, die Rechtmäßigkeit des Konsultationsverfahrens
anlässlich einer eventuellen Klage gegen eine ungünstige endgültige Entscheidung, die sich auf die Stellungnahme des Ausschusses
stützt, zu bestreiten oder gegebenenfalls eine Schadensersatzklage zu erheben.
- 34
Nach alledem ist die vorliegende Klage als unzulässig abzuweisen, ohne dass der Hilfsantrag der Kommission geprüft zu werden
braucht.
Kosten
- 35
Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da
die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Beklagten die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
-
DAS GERICHT (Vierte Kammer)
beschlossen:
- 1.
- Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
- 2.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Luxemburg, den 2. Juni 2004
Der Kanzler
|
Der Präsident
|
- 1 –
- Verfahrenssprache: Englisch.