Rechtssache T-198/03 R
Bank Austria Creditanstalt AG
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
«Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – Zulässigkeit – Wettbewerb – Veröffentlichung einer Bußgeldentscheidung – Keine Dringlichkeit»
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Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 7. November 2003 |
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Leitsätze des Beschlusses
- 1..
- Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung des Vollzugs – Voraussetzungen – Fumus boni iuris – Dringlichkeit – Kumulativer Charakter – Reihenfolge und Art und Weise der Prüfung – Ermessen des Richters der einstweiligen Anordnung
(Artikel 242 EG; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 104 § 2)
- 2..
- Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung des Vollzugs – Zulässigkeitsvoraussetzungen – Prima facie bestehende Zulässigkeit der Klage
(Artikel 242 EG; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 104 § 1)
- 3..
- Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung des Vollzugs – Voraussetzungen – Dringlichkeit – Schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden – Beweislast
(Artikel 242 EG; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 104 § 2)
- 4..
- Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung des Vollzugs – Voraussetzungen – Schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden – Finanzieller Schaden – Existenzgefährdende Situation für die antragstellende Gesellschaft
(Artikel 242 EG; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 104 § 2)
- 1.
Ein Antrag auf einstweilige Anordnung muss die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die
Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen (Fumus boni iuris).
Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, so dass ein Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen ist, sofern
eine von ihnen fehlt. Im Rahmen seiner Gesamtprüfung verfügt der Richter der einstweiligen Anordnung über ein weites Ermessen und kann im Hinblick
auf die Besonderheiten des Einzelfalls die Art und Weise, in der diese verschiedenen Voraussetzungen zu prüfen sind, sowie
die Reihenfolge dieser Prüfung frei bestimmen, da keine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts ihm ein feststehendes Prüfungsschema
für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer vorläufigen Entscheidung vorschreibt. vgl. Randnrn. 18-19
- 2.
Im Rahmen eines Verfahrens der einstweiligen Anordnung ist die Zulässigkeit der Klage grundsätzlich nicht zu prüfen, damit
der Entscheidung zur Hauptsache nicht vorgegriffen wird. Wird geltend gemacht, dass die dem Antrag auf einstweilige Anordnung
zugrunde liegende Klage offensichtlich unzulässig sei, so kann es sich jedoch als erforderlich erweisen, das Vorliegen bestimmter
Anhaltspunkte festzustellen, aus denen auf den ersten Blick auf die Zulässigkeit der Klage geschlossen werden kann. vgl. Randnr. 21
- 3.
Die Dringlichkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung ist danach zu beurteilen, ob die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
erforderlich ist, um zu verhindern, dass dem Antragsteller ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden entsteht.
Der Antragsteller ist dafür beweispflichtig, dass er den Ausgang des Hauptverfahrens nicht abwarten kann, ohne einen solchen
Schaden zu erleiden. Das unmittelbare Bevorstehen des Schadens braucht nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen zu werden,
sondern es genügt, insbesondere wenn die Entstehung des Schadens vom Eintritt einer Reihe von Faktoren abhängt, dass es mit
einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit vorhersehbar ist. vgl. Randnr. 50
- 4.
Ein finanzieller Schaden kann nur unter außergewöhnlichen Umständen als ein nicht oder auch nur schwer wieder gutzumachender
Schaden angesehen werden, da er Gegenstand eines späteren finanziellen Ausgleichs sein kann. Nach diesem Grundsatz wäre eine Aussetzung des Vollzugs nur dann gerechtfertigt, wenn das Unterbleiben einer solchen Maßnahme
den Antragsteller in eine Lage versetzen würde, in der möglicherweise seine Existenz gefährdet wäre oder seine Marktanteile
irreversibel geändert würden. vgl. Randnrn. 53-54