Rechtssache C-192/03 P
Alcon Inc.
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)
„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke – Artikel 51 der Verordnung Nr. 40/94 – Absolutes Eintragungshindernis – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 40/94 – Durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft – Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 – Wort ,BSS‘“
Leitsätze des Beschlusses
Gemeinschaftsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Absolute Nichtigkeitsgründe – Eintragung entgegen Artikel 7 Absatz
1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 40/94 – Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Üblichkeit – Berücksichtigung von Umständen,
die nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Eintragung eingetreten sind – Zulässigkeit
(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d und 51 Absatz 1 Buchstabe a)
Wenn der Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Eintragung einer Gemeinschaftsmarke der ausschlaggebende Zeitpunkt für
die Prüfung des aus der Üblichkeit der Marke resultierenden absoluten Eintragungshindernisses des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe
d der Verordnung Nr. 40/94 ist, so können ohne widersprüchliche Begründung oder Rechtsfehler Umstände berücksichtigt werden,
die zwar nach dem Zeitpunkt der Anmeldung liegen, aber Rückschlüsse auf die Situation zu diesem Zeitpunkt zulassen.
(vgl. Randnrn. 40-41)
-
BESCHLUSS DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
5. Oktober 2004(1)
„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke – Artikel 51 der Verordnung Nr. 40/94 – Absolutes Eintragungshindernis – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 40/94 – Durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft – Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 – Ausdruck ,BSS‘“
In der Rechtssache C-192/03 P
Alcon Inc., früher Alcon Universal Ltd, mit Sitz in Hünenberg (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: C. Morcom, QC, und S. Clark, Solicitor,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Rechtsmittelführerin,
betreffend ein Rechtsmittel nach Artikel 56 der Satzung des Gerichtshofes,
andere Verfahrensbeteiligte:
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch S. Laitinen und A. Sesma Merino als Bevollmächtigte,
Beklagter im ersten Rechtszug,
Dr. Robert Winzer Pharma GmbH, mit Sitz in Olching (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Schneller,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt der
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑P. Puissochet (Berichterstatter) sowie der Richterin F. Macken und des Richters
U. Lõhmus,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: R. Grass,
folgenden
Beschluss
- 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Alcon Inc. (im Folgenden: Rechtsmittelführerin) die Aufhebung des Urteils des Gerichts
erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Zweite Kammer) vom 5. März 2003 in der Rechtssache T‑237/01 (Alcon/HABM –
Dr. Robert Winzer Pharma [BSS], Slg. 2003, II‑411, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Klage der
Rechtsmittelführerin gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken,
Muster und Modelle) (im Folgenden: HABM) vom 13. Juli 2001 über die Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke BSS (Sache R 273/2000‑1)
(im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.
-
- Rechtlicher Rahmen
- 2
Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1)
bestimmt:
„Gemeinschaftsmarken können alle Zeichen sein, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen,
Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen
eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“
- 3
Artikel 7 der Verordnung sieht vor:
„(1) Von der Eintragung ausgeschlossen sind
…
- d)
- Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung bestehen, die im allgemeinen
Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten üblich geworden sind,
…
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Gemeinschaft
vorliegen.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 Buchstaben b), c) und d) finden keine Anwendung, wenn die Marke für die Waren oder Dienstleistungen,
für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat.“
- 4
Artikel 51 der Verordnung bestimmt:
„(1) Die Gemeinschaftsmarke wird auf Antrag beim Amt oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für nichtig erklärt,
- a)
- wenn sie den Vorschriften des Artikels 5 oder des Artikels 7 zuwider eingetragen worden ist;
…
(2) Ist die Gemeinschaftsmarke entgegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b), c) oder d) eingetragen worden, kann sie nicht für
nichtig erklärt werden, wenn sie durch Benutzung im Verkehr Unterscheidungskraft für die Waren oder Dienstleistungen, für
die sie eingetragen ist, erlangt hat.
…“
- 5
Artikel 63 Absätze 1, 2 und 3 der Verordnung sieht vor:
„(1) Die Entscheidungen der Beschwerdekammern, durch die über eine Beschwerde entschieden wird, sind mit der Klage beim Gerichtshof
anfechtbar.
(2) Die Klage ist zulässig wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des Vertrages, dieser
Verordnung oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs.
(3) Der Gerichtshof kann die angefochtene Entscheidung aufheben oder abändern.“
Sachverhalt
- 6
Am 1. April 1996 beantragte die Alcon Pharmaceuticals Ltd beim HABM die Eintragung des Ausdrucks „BSS“ als Gemeinschaftsmarke
für „Pharmazeutische Augenheilmittel; sterile Lösungen für die Augenchirurgie“. Die Waren, für die die Eintragung angemeldet
wurde, gehören zur Klasse 5 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen
für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in seiner revidierten und geänderten Fassung.
- 7
Die Marke wurde am 7. August 1998 eingetragen und am 19. Oktober 1998 veröffentlicht. Am 29. November 1999 wurde die Marke
auf Antrag der Rechtsmittelführerin auf diese übertragen.
- 8
Am 7. Dezember 1998 stellte die Dr. Robert Winzer Pharma GmbH (im Folgenden: Streithelferin) beim HABM den Antrag, die Marke
nach Artikel 51 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 für nichtig zu erklären. Sie machte geltend, dass „BSS“ die Abkürzung für
„balanced salt solution“ (ausgeglichene Salzlösung) oder „buffered salt solution“ (gepufferte Salzlösung) sei und die Marke
deshalb beschreibenden Charakter hinsichtlich der betreffenden Waren habe und entgegen der Vorschrift des Artikels 7 der Verordnung
Nr. 40/94 eingetragen worden sei.
- 9
Mit Entscheidung vom 15. Dezember 1999 gab die Nichtigkeitsabteilung diesem Antrag statt, weil die Marke aus einem Zeichen
bestehe, das im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 40/94 im allgemeinen Sprachgebrauch üblich geworden
sei, und die Rechtsmittelführerin auch nicht nachgewiesen habe, dass das Zeichen im Sinne der Artikel 7 Absatz 3 und 51 Absatz
2 der Verordnung Nr. 40/94 infolge seiner Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe. Am 15. Februar 2000 legte die Rechtsmittelführerin
gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.
- 10
Mit der streitigen Entscheidung wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass der
Ausdruck „BSS“ sowohl im Deutschen als auch im Englischen im allgemeinen Sprachgebrauch zur Bezeichnung eines pharmazeutischen
Augenheilmittels diene und die Rechtsmittelführerin nicht den Beweis erbracht habe, dass dieser Ausdruck infolge seiner Benutzung
Unterscheidungskraft erlangt habe.
Angefochtenes Urteil
- 11
Mit Klageschrift, die am 18. September 2001 in der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Rechtsmittelführerin Klage
auf Aufhebung der streitigen Entscheidung erhoben. Das HABM und die Streithelferin haben beantragt, die Klage abzuweisen.
- 12
Das Gericht hat in den Randnummern 35 bis 48 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Beschwerdekammer zu Recht angenommen
habe, dass die von der Streithelferin vorgelegten Beweise ausreichten, um zu belegen, dass „BSS“ eine übliche Bezeichnung
im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 40/94 geworden sei.
- 13
Unter Verweisung auf das Urteil des Gerichtshofes vom 4. Oktober 2001 in der Rechtssache C‑517/99 (Merz & Krell, Slg. 2001,
I‑6959) hat das Gericht die Ansicht vertreten, dass die Bezeichnung „BSS“ zu dem Zeitpunkt, als die Rechtsmittelführerin den
Antrag auf Eintragung der Marke gestellt habe, für die von den betreffenden Waren angesprochenen Verkehrskreise, nämlich Augenärzte
und Augenchirurgen, eine übliche Gattungsbezeichnung für eine ausgeglichene Salzlösung geworden sei. Dies ergebe sich aus
mehreren Wörterbüchern und wissenschaftlichen Artikeln sowie aus der Tatsache, dass verschiedene Firmen Augenheilmittel unter
Bezeichnungen vertrieben, die den Ausdruck „BSS“ enthielten.
- 14
Das Gericht hat außerdem in den Randnummern 49 bis 60 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Beschwerdekammer ebenfalls
zu Recht die Auffassung vertreten habe, dass die Rechtsmittelführerin nicht nachgewiesen habe, dass die Marke BSS im Sinne
der Artikel 7 Absatz 3 und 51 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe.
- 15
Das Gericht ist davon ausgegangen, dass die Unterlagen, die die Rechtsmittelführerin der Nichtigkeitsabteilung und anschließend
der Beschwerdekammer vorgelegt habe, nicht den Schluss zuließen, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Ausdruck „BSS“
nicht als Gattungsbezeichnung für die fragliche Ware, sondern als unterscheidendes Zeichen eines bestimmten Unternehmens wahrnähmen.
Das Gericht hat insbesondere hervorgehoben, dass die „BSS‑Überwachungsliste“ sowie die Vereinbarungen der Rechtsmittelführerin
mit Dritten, die sie als Beleg für die Existenz eines Programms zur Kontrolle der Benutzung der Marke durch Dritte vorgelegt
habe, weder Auswirkungen noch bekannte Ergebnisse bei der Sensibilisierung der angesprochenen Verkehrskreise gehabt hätten.
- 16
Das Gericht hat folglich die Klage abgewiesen.
Zum Rechtsmittel
- 17
Die Rechtsmittelführerin beantragt, das angefochtene Urteil sowie die streitige Entscheidung aufzuheben und über die Kosten
zu entscheiden.
- 18
Das HABM und die Streithelferin beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.
- 19
Nach Artikel 119 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des
Generalanwalts das Rechtsmittel ganz oder teilweise durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen, wenn das
Rechtsmittel offensichtlich unbegründet ist.
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
- 20
Die Rechtsmittelführerin vertritt erstens die Ansicht, das Gericht habe Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 40/94
nicht richtig angewandt, als es davon ausgegangen sei, dass der Ausdruck „BSS“ üblich geworden sei.
- 21
Das Gericht habe die von der Streithelferin vorgelegten Beweiselemente zu Unrecht berücksichtigt, die entweder aus der Zeit
nach der Einreichung des Antrags auf Eintragung der Marke BSS – im vorliegenden Fall der 1. April 1996 – und damit nach dem
Zeitpunkt, der allein für die Beurteilung des fraglichen Nichtigkeitsgrundes als maßgebend angesehen werden könne, stammten
oder außerhalb der Europäischen Union veröffentlicht worden seien. Die Streithelferin habe keinen einzigen Beweis vorgelegt,
der von irgendeiner im Handel mit den betreffenden Waren tätigen Person herrühre und aus dem hervorgehe, dass der Ausdruck
„BSS“ üblich geworden sei. Die bloße Erwähnung eines Zeichens als Name oder Beschreibung irgendeiner Ware in einem Wörterbuch
oder einer anderen Veröffentlichung genüge nicht, um darzutun, dass dieses Zeichen im allgemeinen Sprachgebrauch der angesprochenen
Verkehrskreise üblich geworden sei.
- 22
Die Rechtsmittelführerin trägt außerdem vor, dass das Gericht ihre Argumente hinsichtlich der Initiativen, die sie ergriffen
habe, um die Bezugnahmen anderer Beteiligter auf den Ausdruck „BSS“ zu überwachen und die missbräuchliche Benutzung ihrer
Marke durch Dritte zu verhindern, hätte berücksichtigen müssen.
- 23
Zweitens macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht zu Unrecht die Beweiselemente zurückgewiesen habe, die sie
vorgelegt habe, um darzutun, dass die Marke BSS durch ihre Benutzung im Sinne der Artikel 7 Absatz 3 und 51 Absatz 2 der Verordnung
Nr. 40/94 Unterscheidungskraft erlangt habe. Das Gericht habe in Randnummer 56 des angefochtenen Urteils auf einen besonderen
Gesichtspunkt abgestellt, nämlich auf das Fehlen eines Beweises für die Auswirkungen des Programms zur Überwachung der Marke
auf die angesprochenen Verkehrskreise, während es an die von der Streithelferin vorgebrachten Beweise nicht dieselbe Anforderung
gestellt habe. Es habe folglich die Beweise, die die beiden Verfahrensbeteiligten vorgelegt hätten, nicht in der gleichen
Weise behandelt.
- 24
Das HABM weist darauf hin, dass das Rechtsmittel die erste vor das Gericht und den Gerichtshof gebrachte Rechtssache sei,
bei der es um einen Antrag auf Nichtigerklärung einer Gemeinschaftsmarke gehe.
- 25
Das HABM macht unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 2002 in der Rechtssache C‑104/00 P (DKV/HABM,
Slg. 2002, I‑7561) hauptsächlich geltend, dass die meisten, wenn nicht alle Gründe, die die Rechtsmittelführerin mit ihrem
Rechtsmittel angeführt habe, reine Tatsachenfragen beträfen, insbesondere die Prüfung der Beweiselemente durch das Gericht,
für deren Würdigung der Gerichtshof nicht zuständig sei, wenn er mit einem Rechtsmittel befasst werde.
- 26
Hilfsweise vertritt das HABM hinsichtlich der Auslegung sowohl des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe d als auch der Artikel 7
Absatz 3 und 51 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 die Ansicht, dass dem Gericht kein Rechtsfehler unterlaufen sei. Zu den
Beweiselementen, die die Streithelferin vorgelegt habe, macht das HABM für den Fall, dass der Gerichtshof sie inhaltlich prüfen
könne, geltend, dass das Gericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass sie belegten, dass der Ausdruck „BSS“ bereits üblich
geworden sei und die Marke deshalb ihre Unterscheidungskraft verloren habe.
- 27
Die Streithelferin trägt vor, dass die Beweiselemente, die sie der Nichtigkeitsabteilung, der Beschwerdekammer und dem Gericht
vorgelegt habe, eindeutig belegten, dass die Marke BSS in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten Gattungscharakter
für die fraglichen Produkte habe, und dass das HABM und das Gericht diese Beweise korrekt berücksichtigt hätten.
Würdigung durch den Gerichtshof
- 28
Für seine Ansicht, dass die Marke BSS ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehe, die im allgemeinen Sprachgebrauch der
angesprochenen Verkehrskreise zur Bezeichnung der Waren, für die die Marke eingetragen worden seien, üblich geworden seien,
und dass die Marke aus diesem Grund zu Recht durch die angefochtene Entscheidung für nichtig erklärt worden sei, hat das Gericht
in Randnummer 39 des angefochtenen Urteils mit Recht daran erinnert, dass es nicht auf die beschreibende Natur der Marke,
sondern auf die übliche Benutzung in den Verkehrskreisen, in denen mit diesen Waren gehandelt werde, ankomme (vgl. zu den
im Wesentlichen identischen Bestimmungen des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe d der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom
21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken [ABl. L 40, S. 1] Urteil in der
Rechtssache Merz & Krell, Randnr. 35).
- 29
Das Gericht hat auch Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 40/94 richtig angewandt, indem es in Randnummer 40
des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen hat, dass Zeichen oder Angaben, die eine Marke bilden und im allgemeinen Sprachgebrauch
oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der von dieser Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen
üblich geworden seien, nicht geeignet seien, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen
zu unterscheiden, und daher nicht die Hauptfunktion dieser Marke erfüllten, es sei denn, dass diese Zeichen oder Angaben infolge
ihrer Benutzung eine Unterscheidungskraft erlangt hätten, die nach Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 89/104 anerkannt werden
könne (vgl. analog Urteil Merz & Krell, Randnr. 37).
- 30
Das Gericht hat auch keinen Rechtsfehler begangen, als es in Randnummer 42 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten
hat, dass bei der Prüfung der Üblichkeit der fraglichen Marke auf den Standpunkt der medizinischen Fachkreise, nämlich der
in der Europäischen Union praktizierenden Augenärzte und Augenchirurgen, abzustellen sei.
- 31
Nachdem das Gericht den rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits somit zutreffend abgesteckt hat, ist es bei der Auswertung der
von der Rechtsmittelführerin und der Streithelferin vorgelegten Beweiselemente zu der Auffassung gelangt, dass sich daraus
insgesamt ergebe, dass die Marke BSS für die angesprochenen Verkehrskreise Üblichkeitscharakter erlangt habe und ihre Benutzung
ihr keine Unterscheidungskraft habe verleihen können.
- 32
Zur Begründung ihrer gegen das angefochtene Urteil gerichteten Anträge macht die Rechtsmittelführerin erstens geltend, dass
das Gericht die Beweiselemente nicht ausreichend berücksichtigt habe, die sie der Nichtigkeitsabteilung und der Beschwerdekammer
des HABM vorgelegt habe, dass es aber den in diesen Verfahren von der Streithelferin vorgelegten Beweiselementen zu große
Bedeutung beigemessen habe.
- 33
Die Feststellungen des Gerichts, wonach der Kläger nicht die zur Untermauerung seines Vorbringens erforderlichen Angaben liefert
oder dessen Richtigkeit nicht nachweist, sind aber Tatsachenfeststellungen, die in die alleinige Zuständigkeit des Gerichts
fallen und im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens nicht in Frage gestellt werden können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom
1. Oktober 1991 in der Rechtssache C‑283/90 P, Vidrányi/Kommission, Slg. 1991, I‑4339, Randnr. 12, und vom 18. November 1999
in der Rechtssache C‑191/98 P, Tzoanos/Kommission, Slg. 1999, I‑8223, Randnr. 23), sofern das Gericht nicht die ihm vorgelegten
Beweiselemente verfälscht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 2000 in der Rechtssache C‑237/98 P, Dorsch Consult/Rat
und Kommission, Slg. 2000, I‑4549, Randnrn. 35 und 36).
- 34
Mit ihrem Vorbringen beschränkt sich die Rechtsmittelführerin – worauf das HABM zu Recht hinweist – in Wirklichkeit darauf,
die Tatsachenwürdigung durch das Gericht in Frage zu stellen, ohne irgendeine Verfälschung des Inhalts der dem Gericht unterbreiteten
Akten anzuführen. Die Tatsachenwürdigung stellt aber keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes
im Rechtsmittelverfahren unterliegt (Urteil DKV/HABM, Slg. 2002, I‑7561, Randnr. 22, und Beschluss vom 5. Februar 2004 in
der Rechtssache C‑326/01 P, Slg. 2004, I‑0000, Randnr. 35). Die Rechtsmittelführerin macht ebenso wenig geltend, dass das
angefochtene Urteil mit einem Rechtsfehler bei der Anwendung der Beweislastregeln behaftet sei (vgl. in diesem Sinne Urteil
vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C‑199/92 P, Hüls/Kommission, Slg. 1999, I‑4287, Randnrn. 64 und 65).
- 35
Zweitens trägt die Rechtsmittelführerin vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es nicht auf den Zeitpunkt
der Einreichung des Antrags auf Eintragung der Marke BSS, im vorliegenden Fall den 1. April 1996, abgestellt habe. Nur dieses
Datum sei für die Feststellung relevant, ob eine Gemeinschaftsmarke üblich geworden sei, was rechtfertige, dass sie nach Artikel
51 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 für nichtig erklärt werde. Dieser Fehler werde dadurch offenbar, dass das Gericht insbesondere
in Randnummer 45 des angefochtenen Urteils Unterlagen aus der Zeit nach diesem Datum erwähne. Das Gericht habe ebenfalls zu
Unrecht in Randnummer 44 des angefochtenen Urteils Unterlagen herangezogen, die außerhalb der Europäischen Union veröffentlicht
worden seien und die nicht die Wahrnehmung der genannten angesprochenen Verkehrskreise widerspiegeln könnten.
- 36
Es ist zwischen den beiden Teilen dieses zweiten Rechtsmittelgrundes zu unterscheiden.
- 37
Im ersten Teil geht es darum, dass das Gericht bei der Prüfung der Frage, ob eine Marke üblich geworden sei, Unterlagen herangezogen
habe, die aus der Zeit nach der Anmeldung stammten. Wenn die Rechtsmittelführerin mit diesem Teil des Rechtsmittels die Beurteilung
des Gerichts hinsichtlich der Üblichkeit der Marke zum Zeitpunkt der Anmeldung auf Grundlage dieser Unterlagen beanstandet,
so ist daran zu erinnern, dass diese Beurteilung der Beweiselemente keine Rechtsfrage darstellt, die der Gerichtshof zu analysieren
hat. Wenn die Rechtsmittelführerin dagegen dartun will, dass das Gericht mit der Berücksichtigung dieser Dokumente stillschweigend
einen Zeitpunkt nach der Anmeldung als für die Beurteilung der Üblichkeit des Ausdrucks „BSS“ maßgebenden Zeitpunkt gewählt
habe, so wirft eine solche Kritik eine Rechtsfrage auf, die der Gerichtshof zu prüfen hat.
- 38
Dieser erste Teil des Rechtsmittelgrundes ist jedoch unbegründet.
- 39
Das Gericht hat nämlich in Randnummer 46 des angefochtenen Urteils ausdrücklich festgestellt, dass die Beschwerdekammer in
Randnummer 19 der streitigen Entscheidung zu Recht davon ausgegangen sei, dass die Beweise, die die Streithelferin vorgelegt
habe, belegten, dass der Ausdruck „BSS“ „zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags“ üblich geworden sei. Bei seiner Analyse
hat das Gericht daher für die Prüfung des angeführten Nichtigkeitsgrundes nicht auf einen anderen als den von der Rechtsmittelführerin
genannten Zeitpunkt abgestellt.
- 40
Das HABM hat in dieser Hinsicht zutreffend ausgeführt, dass der Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Eintragung der Gemeinschaftsmarke
der ausschlaggebende Zeitpunkt für diese Prüfung sei.
- 41
Im Übrigen konnte das Gericht ohne widersprüchliche Begründung oder Rechtsfehler Umstände berücksichtigen, die zwar nach dem
Zeitpunkt der Anmeldung lagen, aber Rückschlüsse auf die Situation zu diesem Zeitpunkt zuließen (vgl. analog Beschluss vom
27. Januar 2004 in der Rechtssache C‑259/02, La Mer Technology, Slg. 2004, I‑0000, Randnr. 31).
- 42
Im zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht in Randnummer 44 des angefochtenen
Urteils bestimmte in den Vereinigten Staaten veröffentlichte Dokumente herangezogen habe. Dieser Umstand belegt jedoch nicht,
dass das Gericht seine Analyse auf Beweiselemente gestützt hat, die keine Auswirkungen auf die angesprochenen Verkehrskreise
haben. Indem es in Randnummer 42 des angefochtenen Urteils ausführt, dass Englisch die Fachsprache der Spezialisten auf diesem
Gebiet sei, und in Randnummer 43 darauf hinweist, dass der Ausdruck „BSS“ in der Wissenschaft als Gattungsbezeichnung wahrgenommen
werde, ist das Gericht zwangsläufig davon ausgegangen, dass diese Dokumente, auch wenn sie außerhalb der Europäischen Union
veröffentlicht wurden, die Schlussfolgerung stützen, dass nach Ansicht der angesprochenen Verkehrskreise dieser Begriff üblich
geworden ist. Das Gericht hat damit eine reine Tatsachenwürdigung vorgenommen, die die Rechtsmittelführerin nicht im Rechtsmittelverfahren
in Frage stellen kann.
- 43
Der zweite Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.
- 44
Aus alledem ergibt sich, dass das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet ist und deshalb zurückgewiesen werden muss.
Kosten
- 45
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren anzuwenden
ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das HABM und die Streithelferin die
Verurteilung der Rechtsmittelführerin beantragt haben und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.
-
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) beschlossen:
- 1.
- Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
- 2.
- Die Alcon Inc. trägt die Kosten des Verfahrens.
Luxemburg, den 5. Oktober 2004
- 1 –
- Verfahrenssprache: Englisch.