Rechtssache C-160/03
Königreich Spanien
gegen
Eurojust
„Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG – Klage eines Mitgliedstaats gegen Stellenausschreibungen von Eurojust für Positionen von Bediensteten auf Zeit – Unzuständigkeit des Gerichtshofes – Unzulässigkeit“
Schlussanträge des Generalanwalts M. Poiares Maduro vom 16. Dezember 2004
Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 15. März 2005
Leitsätze des Urteils
1. Verfahren – Rechtsgrundlage einer Klage – Wahl Sache des Klägers und nicht des Gemeinschaftsrichters – Beurteilung der Zulässigkeit
im Hinblick auf die vom Kläger getroffene Wahl
2. Nichtigkeitsklage – Anfechtbare Handlungen – Klage eines Mitgliedstaats gegen eine Stellenausschreibung von Eurojust für die
Beschäftigung von Bediensteten auf Zeit – Ausschluss – Erfordernis einer gerichtlichen Nachprüfung – Modalitäten
(Artikel 230 EG; Arikel 35 EU, 41 EU, 46 Buchstabe b EU; Satzung des Gerichtshofes, Artikel 40 und 56; Beamtenstatut, Artikel
91; Beschluss 2002/187 des Rates, Artikel 30)
1. Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens ist es Sache des Klägers, die Rechtsgrundlage seiner Klage zu wählen, und nicht Sache
des Gemeinschaftsrichters, selbst die am ehesten geeignete rechtliche Grundlage zu ermitteln. Stützt also der Kläger seine
Klage auf eine Bestimmung, stellt die Wahl der für die Prüfung der Klage am ehesten geeigneten rechtlichen Grundlage jedoch
in das Ermessen des Gerichtshofes, so ist die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf diese Bestimmung zu untersuchen.
(vgl. Randnr. 35)
2. Gegen eine Stellenausschreibung von Eurojust für die Beschäftigung von Bediensteten auf Zeit ist keine Nichtigkeitsklage nach
Artikel 230 EG gegeben. Eine solche Ausschreibung ist nämlich nicht unter den Handlungen aufgeführt, deren Rechtmäßigkeit
der Gerichtshof nach dem Wortlaut dieses Artikels überwacht. Außerdem sieht Artikel 41 EU nicht vor, dass Artikel 230 EG auf
die Bestimmungen über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen nach Titel VI des EU‑Vertrags anwendbar
ist; die Zuständigkeit des Gerichtshofes in diesem Bereich ist vielmehr in Artikel 35 EU festgelegt, auf den Artikel 46 Buchstabe
b EU verweist.
Eine solche Stellenausschreibung ist indessen nicht jeder gerichtlichen Kontrolle entzogen, da das Personal von Eurojust,
wie sich aus Artikel 30 des Beschlusses 2002/187 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren
Kriminalität ergibt, den Verordnungen und Regelungen für die Beamten und sonstigen Bediensteten bei den Europäischen Gemeinschaften
unterliegt. Daraus folgt, dass die in erster Linie Betroffenen, nämlich die Bewerber für die verschiedenen Beschäftigungen
der angefochtenen Stellenausschreibung, unter den Voraussetzungen von Artikel 91 des Beamtenstatuts den Gemeinschaftsrichter
anrufen können. Im Fall einer derartigen Klage könnten die Mitgliedstaaten nach Artikel 40 der Satzung des Gerichtshofes dem
Rechtsstreit beitreten und gegebenenfalls, wie aus Artikel 56 Absätze 2 und 3 dieser Satzung hervorgeht, ein Rechtsmittel
gegen das Urteil des Gerichts einlegen.
(vgl. Randnrn. 36-38, 40-43)
-
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Große Kammer)
15. März 2005(1)
„Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG – Klage eines Mitgliedstaats gegen Stellenausschreibungen von Eurojust für Positionen von Bediensteten auf Zeit – Unzuständigkeit des Gerichtshofes – Unzulässigkeit“
In der Rechtssache C-160/03betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG, eingereicht am 8. April 2004,
Königreich Spanien, vertreten durch L. Fraguas Gadea als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Kläger,
unterstützt durch: Republik Finnland, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
gegen
Eurojust, vertreten durch J. Rivas de Andrés, abogado, und D. O'Keeffe, Solicitor,
Beklagter,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer),
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas (Berichterstatter)
und A. Borg Barthet, des Richters R. Schintgen, der Richterin N. Colneric sowie der Richter S. von Bahr, J. N. Cunha Rodrigues,
E. Juhász, G. Arestis, M. Ilešič und J. Malenovský,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2004,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Dezember 2004,
folgendes
Urteil
- 1
Mit seiner Klageschrift beantragt das Königreich Spanien in Bezug auf sieben Stellenausschreibungen von Eurojust für die Einstellung
von Bediensteten auf Zeit (im Folgenden: angefochtene Stellenausschreibungen) die Nichtigerklärung des Punktes, der sich auf
die Unterlagen bezieht, die Personen, die ihre Bewerbung in einer anderen Sprache als Englisch einreichen, in englischer Sprache
übermitteln müssen, sowie die Nichtigerklärung der verschiedenen Punkte in jeder der Stellenausschreibungen, die die sprachlichen
Fähigkeiten der Bewerber betreffen.
-
- Rechtlicher Rahmen
- 2
Titel VI des Vertrages über die Europäische Union enthält mit den Artikeln 29 EU bis 42 EU Bestimmungen über die polizeiliche
und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen.
- 3
Artikel 31 EU beschreibt die Ziele des gemeinsamen Vorgehens im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen.
- 4
Artikel 34 Absatz 2 EU sieht vor:
„Der Rat ergreift Maßnahmen und fördert in der geeigneten Form und nach den geeigneten Verfahren, die in diesem Titel festgelegt
sind, eine Zusammenarbeit, die den Zielen der Union dient. Hierzu kann er auf Initiative eines Mitgliedstaats oder der Kommission
einstimmig
…
- c)
- Beschlüsse für jeden anderen Zweck annehmen, der mit den Zielen dieses Titels in Einklang steht, mit Ausnahme von Maßnahmen
zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten. Diese Beschlüsse sind verbindlich und nicht unmittelbar
wirksam; der Rat nimmt mit qualifizierter Mehrheit Maßnahmen an, die zur Durchführung dieser Beschlüsse auf Unionsebene erforderlich
sind;
…“
- 5
Artikel 35 EU bezieht sich auf die Zuständigkeiten des Gerichtshofes hinsichtlich der Bestimmungen von Titel VI des Vertrages
über die Europäische Union. Absätze 6 und 7 lauten wie folgt:
„(6) Der Gerichtshof ist für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Rahmenbeschlüsse und Beschlüsse bei Klagen zuständig, die ein
Mitgliedstaat oder die Kommission wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung dieses Vertrags
oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhebt. Das in diesem Absatz vorgesehene
Gerichtsverfahren ist binnen zwei Monaten nach Veröffentlichung der Maßnahme einzuleiten.
(7) Der Gerichtshof ist für Entscheidungen über alle Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten bezüglich der Auslegung oder der
Anwendung der nach Artikel 34 Absatz 2 angenommenen Rechtsakte zuständig, die der Rat nicht innerhalb einer Frist von sechs
Monaten nach seiner Befassung durch eines seiner Mitglieder beilegen kann. Ferner ist der Gerichtshof für Entscheidungen über
alle Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten und der Kommission bezüglich der Auslegung oder der Anwendung der nach Artikel
34 Absatz 2 Buchstabe d) erstellten Übereinkommen zuständig.“
- 6
Artikel 41 Absatz 1 EU sieht vor:
„Die Artikel 189, 190, 195, 196 bis 199, 203, 204, Artikel 205 Absatz 3 sowie die Artikel 206 bis 209, 213 bis 219, 255 und
290 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft finden auf die Bestimmungen über die in diesem Titel genannten
Bereiche Anwendung.“
- 7
Artikel 46 EU, der zu den Schlussbestimmungen des Vertrages über die Europäische Union gehört, lautet folgendermaßen:
„Die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, des Vertrags über die Gründung der Europäischen
Gemeinschaft für Kohle und Stahl und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft betreffend die Zuständigkeit
des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und die Ausübung dieser Zuständigkeit gelten nur für folgende Bestimmungen
dieses Vertrags:
…
- b)
- die Bestimmungen des Titels VI nach Maßgabe des Artikels 35;
…“
- 8
Artikel 12 Absatz 1 EG bestimmt:
„Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Vertrags ist in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der
Staatsangehörigkeit verboten.“
- 9
Artikel 230 Absatz 1 EG lautet:
„Der Gerichtshof überwacht die Rechtmäßigkeit der gemeinsamen Handlungen des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der
Handlungen des Rates, der Kommission und der EZB, soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt, und der
Handlungen des Europäischen Parlaments mit Rechtswirkung gegenüber Dritten.“
- 10
Artikel 236 EG sieht vor, dass „[d]er Gerichtshof … für alle Streitsachen zwischen der Gemeinschaft und deren Bediensteten
innerhalb der Grenzen und nach Maßgabe der Bedingungen zuständig [ist], die im Statut der Beamten festgelegt sind oder sich
aus den Beschäftigungsbedingungen für die Bediensteten ergeben“.
- 11
Artikel 1 der Verordnung Nr. 1 des Rates vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
(ABl. 1958, Nr. 17, S. 385) in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik
Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241,
S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1) lautet:
„Die Amtssprachen und die Arbeitssprachen der Organe der Gemeinschaft sind Dänisch, Deutsch, Englisch, Finnisch, Französisch,
Griechisch, Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch, Schwedisch und Spanisch.“
- 12
Der Beschluss 2002/187/JI des Rates vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der
schweren Kriminalität (ABl. L 63, S. 1, im Folgenden: Beschluss) beruht auf dem Vertrag über die Europäische Union und insbesondere
den Artikeln 31 EU und 34 Absatz 2 Buchstabe c EU. Nach Artikel 1 des Beschlusses ist Eurojust eine mit Rechtspersönlichkeit
ausgestattete Stelle der Union.
- 13
Nach Artikel 2 setzt sich Eurojust aus nationalen Mitgliedern zusammen; jeder Mitgliedstaat entsendet gemäß seiner Rechtsordnung
ein Mitglied, das die Eigenschaft eines Staatsanwalts, Richters oder Polizeibeamten mit gleichwertigen Befugnissen besitzt.
- 14
Die Ziele von Eurojust, die in Artikel 3 des Beschlusses beschrieben werden, sind die Förderung und Verbesserung der Koordinierung
der in den Mitgliedstaaten laufenden Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen zwischen den zuständigen Behörden dieser Staaten,
die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen diesen Behörden, insbesondere durch die Erleichterung der internationalen Rechtshilfe
und der Erledigung von Auslieferungsersuchen, sowie die anderweitige Unterstützung dieser Behörden mit dem Ziel, die Wirksamkeit
ihrer Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen zu erhöhen. Je nach Fall kann Eurojust auch Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen
unterstützen, die einen Mitgliedstaat und einen Drittstaat oder einen Mitgliedstaat und die Gemeinschaft betreffen.
- 15
Artikel 30 des Beschlusses trägt die Überschrift „Personal“ und sieht vor:
„(1) Das Personal von Eurojust unterliegt insbesondere hinsichtlich der Bedingungen für seine Einstellung und seines Status den
Verordnungen und Regelungen für die Beamten und sonstigen Bediensteten bei den Europäischen Gemeinschaften.
(2) Das Personal von Eurojust besteht aus Personen, die gemäß den Verordnungen und Regelungen nach Absatz 1 eingedenk aller in
Artikel 27 des mit der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 … festgelegten Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften
genannten Kriterien, einschließlich der geografischen Streuung, eingestellt werden. …
(3) Das Personal lässt sich bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben unter der Aufsicht des Kollegiums von den Zielen und dem Mandat
von Eurojust leiten …“
- 16
Artikel 31 des Beschlusses trägt die Überschrift „Unterstützung durch Dolmetscher und Übersetzer“ und bestimmt:
„(1) Für die Arbeiten von Eurojust gilt die amtliche Sprachenregelung der Union [im spanischen Text: ‚El régimen lingüístico de
las instituciones de la Comunidad Europea será aplicable a Eurojust.‘].
(2) Der Jahresbericht an den Rat nach Artikel 32 Absatz 1 Unterabsatz 2 wird in den Amtssprachen der Organe der Union abgefasst.“
- 17
Die Artikel 12 bis 15 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden:
Beschäftigungsbedingungen) betreffen die Einstellungsbedingungen der sonstigen Bediensteten. Artikel 12 bestimmt:
„1. Bei der Einstellung der Bediensteten auf Zeit ist anzustreben, dem Organ die Mitarbeit von Personen zu sichern, die in Bezug
auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen; sie sind unter den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten
der Gemeinschaften auf möglichst breiter geografischer Grundlage auszuwählen.
…
2. Als Bediensteter auf Zeit darf nur eingestellt werden, wer
…
- e)
- nachweist, dass er gründliche Kenntnisse in einer Sprache der Gemeinschaften und ausreichende Kenntnisse in einer weiteren
Sprache der Gemeinschaften in dem Umfang besitzt, in dem dies für die Ausübung seines Amtes erforderlich ist.“
- 18
Artikel 91 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) stellt die Zulässigkeitsvoraussetzungen
von Klagen der Beamten beim Gerichtshof klar; er ist nach Artikel 73 der Beschäftigungsbedingungen, der auf die Bestimmungen
von Titel VII des Statuts betreffend den Beschwerdeweg und den Rechtsschutz verweist, auf die sonstigen Bediensteten anwendbar.
Nach ständiger Rechtsprechung steht dieser Rechtsweg den Bewerbern allgemeiner Auswahlverfahren unabhängig davon offen, ob
sie Bedienstete der Gemeinschaften sind oder nicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. März 1965 in der Rechtssache 23/64,
Vandevyvere/Parlament, Slg. 1965, 217, 227).
- 19
Am 13. Februar 2003 wurden die angefochtenen Stellenausschreibungen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie enthielten folgende sprachlichen Anforderungen:
- –
- für die Position des Datenschutzbeauftragten (ABl. C 34 A, S. 1): „ausgezeichnete Englisch‑ und Französischkenntnisse – die
Fähigkeit, in weiteren Amtssprachen der Europäischen Union zu arbeiten, wäre ein Vorteil“;
- –
- für die Position des Rechnungsführers (ABl. C 34 A, S. 4): „gründliche Kenntnisse einer der Amtssprachen der Europäischen
Union, ausreichende Kenntnisse einer weiteren Sprache der EU einschließlich ausreichender Kenntnisse des Englischen“;
- –
- für die Position des IT‑Informatikfachmanns (Webmaster) des Europäischen justiziellen Netzes (ABl. C 34 A, S. 6): „gute Englischkenntnisse
sind unerlässlich; die Fähigkeit zur Kommunikation in mindestens zwei weiteren Amtssprachen der Europäischen Gemeinschaften,
darunter Französisch, ist in jedem Fall von Vorteil“;
- –
- für die Position des Juristen (ABl. C 34 A, S. 11): „ausgezeichnete Englisch- und Französischkenntnisse; die Fähigkeit, in
anderen Amtssprachen der Europäischen Union zu arbeiten, wäre von Vorteil“;
- –
- für die Position des Bibliothekars/Archivars (ABl. C 34 A, S. 13): keine besonderen Anforderungen;
- –
- für die Position des Pressebeauftragten (ABl. C 34 A, S. 16): „Fähigkeit zur Kommunikation mindestens auf Englisch und Französisch,
die Kenntnis einer weiteren Amtssprache der Europäischen Union wäre von Vorteil“;
- –
- für die Position des Sekretärs der Allgemeinen Verwaltung (ABl. C 34 A, S. 18): „gründliche Englisch- und Französischkenntnisse;
die ausreichende Kenntnis weiterer Gemeinschaftssprachen wäre in jedem Fall von Vorteil“.
- 20
Die genannten Stellenausschreibungen geben an, dass der Bewerber das Bewerbungsformular in seiner Sprache und in Englisch
ausfüllen muss. Außerdem müssen dem Formular ein Bewerbungsschreiben und ein Lebenslauf beigefügt werden, die ausschließlich
in Englisch abzufassen sind.
Klagegründe
- 21
Das Königreich Spanien stützt seine Klage auf drei Gründe.
- 22
Der erste Klagegrund wird aus einem Verstoß gegen Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe e der Beschäftigungsbedingungen hergeleitet,
nach dem von den Bewerbern lediglich gründliche Kenntnisse in einer Sprache der Gemeinschaften, nämlich grundsätzlich in ihrer
Muttersprache, und ausreichende Kenntnisse in einer weiteren Sprache nach Wahl der Bewerber verlangt werden könnten.
- 23
Der zweite Klagegrund wird aus einem Verstoß gegen die Sprachenregelung von Eurojust hergeleitet, wie sie Artikel 31 des Beschlusses
vorsieht. Diese Regelung werde durch die Verordnung Nr. 1 bestimmt, in deren Artikel 1 die Amtssprachen und die Arbeitssprachen
der Organe aufgeführt seien. Da aus keiner Bestimmung des genannten Beschlusses hervorgehe, dass die Arbeitssprachen von Eurojust
Englisch und Französisch seien, könnten die Mitglieder von Eurojust und das Personal seines Sekretariats alle Amtssprachen
der Union verwenden. Folglich verstießen die Stellenausschreibungen gegen die für Eurojust geltende Sprachenregelung.
- 24
Der dritte Klagegrund wird aus einem Verstoß gegen den in Artikel 12 EG verankerten Grundsatz der Nichtdiskriminierung und
gegen die Begründungspflicht hergeleitet. Das Königreich Spanien macht dazu geltend, dass die Tatsache, dass von den Bewerbern
verlangt werde, bestimmte Unterlagen auf Englisch auszufüllen, und die Voraussetzungen in den Stellenausschreibungen hinsichtlich
der Englisch‑ und Französischkenntnisse eine offenkundige Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstellten,
weil hierdurch Bewerber, deren Muttersprache Englisch oder Französisch sei, Vorteile hätten. Die bevorzugte Behandlung dieser
beiden Sprachen sei weder gerechtfertigt, noch werde sie auch nur begründet, worin ein Verstoß gegen die Begründungspflicht
nach Artikel 253 EG bestehe.
Zur Zulässigkeit der Klage Vorbringen der Parteien
- 25
Vor einer Äußerung zur Sache erhebt Eurojust eine Unzulässigkeitseinrede, die zu prüfen ist.
- 26
Eurojust trägt vor, dass die Klage unzulässig sei, weil es keine Rechtsgrundlage für sie gebe.
- 27
Erstens könne die Klage nicht auf Artikel 230 EG gestützt werden, weil unter den Handlungen, deren Rechtmäßigkeit der Gerichtshof
überprüfen könne, nicht jene von Eurojust aufgeführt seien, das eine mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Stelle
der Union sei.
- 28
Zweitens könne die Klage nicht auf Artikel 35 Absatz 6 EU gestützt werden, weil die angefochtenen Handlungen keine in dieser
Bestimmung genannten Rahmenbeschlüsse oder Beschlüsse seien.
- 29
Drittens lasse sich die Klage nicht auf Artikel 91 des Statuts stützen, da nach dieser Bestimmung zwar ein Bewerber eine Klage
gegen eine Stellenausschreibung richten, ein Mitgliedstaat aber keine Klage gegen Handlungen erheben könne, von denen vermutet
werde, dass sie Personen beschwerten, auf die das Statut Anwendung finde.
- 30
Viertens könne die Klage nicht auf den Beschluss gestützt werden, weil dieser dem Gerichtshof nicht die Zuständigkeit verleihe,
über Handlungen von Eurojust zu befinden.
- 31
Schließlich lasse sich die Klage auch nicht auf Artikel 35 Absatz 7 EU stützen, weil es sich nicht um eine Klage bezüglich
der Auslegung von Artikel 31 Absatz 1 des Beschlusses handele, die gemäß dem Verfahren nach Artikel 35 Absatz 7 EU erhoben
worden wäre.
- 32
Das Königreich Spanien erinnert daran, dass die Gemeinschaft eine Rechtsgemeinschaft ist, deren Handlungen gerichtlicher Kontrolle
unterliegen (Urteil vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C‑50/00 P, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Slg. 2002, I‑6677,
Randnr. 38), und trägt vor, dass keine Handlung einer mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Stelle, die dem Gemeinschaftsrecht
unterliege, der gerichtlichen Kontrolle entzogen sein könne.
- 33
Nach den Artikeln 35 EU und 46 EU sei zwar die Zuständigkeit des Gerichtshofes im Bereich der dritten Säule begrenzt. Jedoch
könnten die angefochtenen Stellenausschreibungen nicht als Handlungen betrachtet werden, die auf diesem Gebiet ergangen seien,
und die Kontrolle des Gerichtshofes über diese Handlungen könne auch nicht von Voraussetzungen abhängen.
- 34
Die Wahl der für seine Klage am ehesten geeigneten rechtlichen Grundlage stellt das Königreich Spanien allerdings in das Ermessen
des Gerichtshofes; jedenfalls dürfe ein ihm möglicherweise hierbei unterlaufener Irrtum nicht zu einer Unzulässigkeitserklärung
oder dazu führen, dass in der vorliegenden Rechtssache nicht in der Sache entschieden werde.
Würdigung durch den Gerichtshof
- 35
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es Sache des Klägers ist, die Rechtsgrundlage seiner Klage zu wählen, und nicht Sache
des Gemeinschaftsrichters, selbst die am ehesten geeignete rechtliche Grundlage zu ermitteln (vgl. in diesem Sinne Urteil
des Gerichtshofes vom 8. Oktober 1974 in der Rechtssache 175/73, Gewerkschaftsbund, Massa und Kortner/Rat, Slg. 1974, 917,
und Beschluss des Gerichts vom 8. Juni 1998 in der Rechtssache T‑148/97, Keeling/HABM, Slg. 1998, II‑2217). Die Prüfung der
Klage ergibt, dass der Kläger sie auf Artikel 230 EG gestützt hat. Die Zulässigkeit der Klage ist daher im Hinblick auf diese
Bestimmung zu untersuchen.
- 36
Nach Artikel 230 EG „überwacht [der Gerichtshof] die Rechtmäßigkeit der gemeinsamen Handlungen des Europäischen Parlaments
und des Rates sowie der Handlungen des Rates, der Kommission und der EZB, soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen
handelt, und der Handlungen des Europäischen Parlaments mit Rechtswirkung gegenüber Dritten“.
- 37
Es ist festzustellen, dass die mit der vorliegenden Klage angefochtenen Handlungen nicht unter den Handlungen aufgeführt sind,
deren Rechtmäßigkeit der Gerichtshof nach dem Wortlaut des Artikels 230 EG überwacht.
- 38
Außerdem sieht Artikel 41 EU nicht vor, dass Artikel 230 EG auf die Bestimmungen über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit
in Strafsachen nach Titel VI des Vertrages über die Europäische Union anwendbar ist; die Zuständigkeit des Gerichtshofes in
diesem Bereich ist vielmehr in Artikel 35 EU festgelegt, der auf Artikel 46 Buchstabe b EU verweist.
- 39
Jedenfalls hat das Königreich Spanien bestritten, dass die angefochtenen Stellenausschreibungen als Handlungen anzusehen seien,
die im Rahmen von Titel VI des Vertrages über die Europäische Union ergangen sind.
- 40
Daraus folgt, dass die auf der Grundlage von Artikel 230 EG erhobene Klage nicht für zulässig erklärt werden kann.
- 41
Was den Anspruch auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz im Rahmen der Rechtsgemeinschaft angeht, der nach Auffassung
des Königreichs Spanien verlangt, dass alle Entscheidungen einer dem Gemeinschaftsrecht unterliegenden und mit eigener Rechtspersönlichkeit
ausgestatteten Stelle gerichtlich überprüft werden können, ist darauf hinzuweisen, dass die hier angefochtenen Handlungen
nicht jeder gerichtlichen Kontrolle entzogen sind.
- 42
Aus Artikel 30 des Beschlusses ergibt sich nämlich, dass das Personal von Eurojust den Verordnungen und Regelungen für die
Beamten und sonstigen Bediensteten bei den Europäischen Gemeinschaften unterliegt. Daraus folgt, dass nach ständiger Rechtsprechung
die in erster Linie Betroffenen, nämlich die Bewerber für die verschiedenen Positionen der angefochtenen Stellenausschreibungen,
unter den Voraussetzungen von Artikel 91 des Statuts den Gemeinschaftsrichter anrufen konnten (vgl. in diesem Sinne Urteil
Vandevyvere/Parlament, 227).
- 43
Im Fall einer derartigen Klage könnten die Mitgliedstaaten nach Artikel 40 der Satzung des Gerichtshofes dem Rechtsstreit
beitreten und gegebenenfalls, wie aus Artikel 56 Absätze 2 und 3 dieser Satzung hervorgeht, ein Rechtsmittel gegen das Urteil
des Gerichts einlegen.
- 44
Nach alledem ist die Klage unzulässig.
Kosten
- 45
Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
Da das Königreich Spanien mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag von Eurojust die Kosten aufzuerlegen.
Nach Artikel 69 § 4 Unterabsatz 1 der Verfahrensordnung trägt die Republik Finnland als Streithelferin ihre eigenen Kosten.
-
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
- 1.
- Die Klage ist unzulässig.
- 2.
- Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens.
- 3.
- Die Republik Finnland trägt ihre eigenen Kosten.
Unterschriften.
- 1 –
- Verfahrenssprache: Spanisch.