Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken ohne Unterscheidungskraft – Zusammengesetzte Marke – Berücksichtigung der Gesamtwahrnehmung der Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b)

2. Rechtsmittel – Gründe – Fehlerhafte Beurteilung von Tatsachen – Unzulässigkeit — Überprüfung der Würdigung des dem Gericht unterbreiteten Sachverhalts durch den Gerichtshof – Ausschluss außer bei Verfälschung

(Artikel 225 EG; Verfahrensordnung des Gerichtshofes, Artikel 58 Absatz 1)

3. Gemeinschaftsmarke – Entscheidungen des Amtes – Rechtmäßigkeit – Überprüfung durch den Gemeinschaftsrichter – Kriterien

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates)

4. Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Getrennte Prüfung der verschiedenen Eintragungshindernisse – Auslegung der Eintragungshindernisse im Licht des jedem von ihnen zugrunde liegenden Allgemeininteresses – Heranziehung eines im Rahmen von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 relevanten Kriteriums zur Auslegung von Buchstabe b – Unzulässigkeit

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und c)

5. Gemeinschaftsmarke – Definition und Erwerb der Gemeinschaftsmarke – Absolute Eintragungshindernisse – Marken ohne Unterscheidungskraft – Zusammengesetzte Marken mit dem Wortelement BioID

(Verordnung Nr. 40/94 des Rates, Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b)

Leitsätze

1. Was die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke angeht, so kann die etwaige Unterscheidungskraft einer komplexen Marke zwar teilweise anhand einer gesonderten Prüfung ihrer einzelnen Wort- oder sonstigen Bestandteile beurteilt werden, doch muss sie jedenfalls auf der Gesamtwahrnehmung der Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise beruhen, nicht aber auf der Vermutung, dass Bestandteile, die isoliert betrachtet nicht unterscheidungskräftig sind, auch im Fall ihrer Kombination nicht unterscheidungskräftig werden können. Dass jeder dieser Bestandteile für sich betrachtet keine Unterscheidungskraft hat, schließt es nämlich nicht aus, dass ihre Kombination unterscheidungskräftig sein kann.

(vgl. Randnr. 29)

2. Wie sich aus den Artikeln 225 EG und 58 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes ergibt, ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt. Daher ist allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie für die Beweiswürdigung zuständig. Somit ist die Würdigung der Tatsachen und Beweismittel, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge.

(vgl. Randnrn. 43, 53)

3. Die Entscheidungen der Beschwerdekammern über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke gemäß der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke sind gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ist daher allein auf der Grundlage der Verordnung Nr. 40/94 in ihrer Auslegung durch den Gemeinschaftsrichter und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen.

(vgl. Randnr. 47)

4. Jedes der in Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 genannten Eintragungshindernisse ist unabhängig von den anderen zu sehen und muss getrennt geprüft werden. Außerdem sind diese Eintragungshindernisse im Licht des Allgemeininteresses auszulegen, das jedem von ihnen zugrunde liegt. Das bei der Prüfung jedes dieser Eintragungshindernisse berücksichtigte Allgemeininteresse kann oder muss sogar je nach dem betreffenden Eintragungshindernis in unterschiedlichen Erwägungen zum Ausdruck kommen.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der dem Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 zugrunde liegende Begriff des Allgemeininteresses und die Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung dadurch zu garantieren, dass sie ihm die Unterscheidung dieser Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft ermöglicht, offensichtlich ineinander übergehen.

Dass eine angemeldete Marke geeignet erscheint, im geschäftlichen Verkehr gewöhnlich verwendet zu werden, ist hingegen als Kriterium zwar im Rahmen von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 relevant, es ist aber nicht das Kriterium, das für die Auslegung von Buchstabe b gilt.

(vgl. Randnrn. 59-60, 62)

5. Das in Frage stehende komplexe Zeichen, das das Wortelement BioID und als Bildelemente die schriftbildliche Gestaltung dieses Wortes und zwei ihm nachgestellte grafische Elemente, nämlich einen Punkt und das Symbol des „R“ in einem Kreis, enthält, ist als angemeldete Gemeinschaftsmarke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 des Nizzaer Abkommens, darunter besonders Waren, deren Einsatz für die biometrische Identifikation von Lebewesen erforderlich ist, und Dienstleistungen, durch die eine biometrische Identifikation erbracht wird oder die die Entwicklung von Themen für solche Identifikationen bezwecken, aus Sicht eines normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Publikums im Bereich der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94. Denn das Wortelement „BioID“, das die maßgeblichen Verkehrskreise als Zusammensetzung aus der Abkürzung des Adjektivs „biometrical“ und des Substantivs „identification“ und damit in der Gesamtbedeutung von „biometrical identification“ auffassen werden, lässt sich von den in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht trennen. Auch die typografischen Merkmale der Wortbildung und die ihr nachgestellten grafischen Elemente erscheinen nicht geeignet, den maßgeblichen Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen zu garantieren.

(vgl. Randnrn. 68-72, 75)