I –Einleitung
1. Mit der vorliegenden Rechtssache ist der Gerichtshof erneut dazu aufgerufen, Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104/EWG
(2)
(im Folgenden: Richtlinie 89/104) betreffend den Grundsatz der EWR-weiten Erschöpfung der Rechte aus der Marke auszulegen.
2. Im Ausgangsfall wurden Markenwaren außerhalb des EWR hergestellt und durch den Markeninhaber – oder jedenfalls durch mit ihm
verbundene Unternehmen – in den EWR eingeführt. Der spätere Vertrieb dieser Waren erfolgte teils durch diese verbundenen Unternehmen,
teils durch Dritte, wobei unbestritten blieb, dass es sich um einen EWR-internen Vertrieb handelte. Nachdem der Markeninhaber
im Wege einer Markenverletzungsklage versucht hatte, Einfluss auf diesen EWR-internen Vertrieb zu nehmen, stellte sich vor
dem nationalen Richter die Frage, ob – und gegebenenfalls ab welchem Zeitpunkt – die Rechte des Markeninhabers als erschöpft
anzusehen sind bzw. waren.
3. Vor diesem Hintergrund möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob das die Erschöpfung auslösende Inverkehrbringen
der Markenwaren in der – bloßen – Einfuhr dieser Waren in den EWR zu erblicken ist, oder ob vielmehr auf spätere Handlungen
des Markenrechtsinhabers abzustellen ist.
II –Rechtlicher Rahmen
4. Artikel 5 der Richtlinie lautet auszugsweise:
„Rechte aus der Marke
(1) Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu
verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
a)
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für
die sie eingetragen ist;
...
(3) Sind die Voraussetzungen der Absätze l und 2 erfüllt, so kann insbesondere verboten werden:
...
b)
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen
Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen;
c)
Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen;
...“
5. Artikel 7 der Richtlinie trägt die Überschrift „Erschöpfung des Rechts aus der Marke“. Dessen Absatz 1 bestimmt:
„Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser
Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind.“
6. Gemäß Artikel 65 Absatz 2 in Verbindung mit Anhang XVII Nummer 4 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum wurde
Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie für die Zwecke des Abkommens geändert, indem die Worte „in der Gemeinschaft“ durch „in einem
Vertragsstaat“ ersetzt wurden.
III –Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
7. Die Peak Holding AB (im Folgenden: Peak Holding) ist Inhaberin mehrerer in Schweden bzw. in der Gemeinschaft registrierter
Marken. Das Recht zur Benutzung der Marken wurde auf das verbundene Unternehmen Peak Performance Production AB (im Folgenden:
Peak Production) übertragen, das unter diesen Marken Kleidungsstücke und Accessoires in Schweden und im Ausland herstellt
und verkauft.
8. Im September 2000 bot die Handelskompaniet Factory Outlet i Löddeköpinge AB als Vorgängerin der Axolin-Elinor AB (im Folgenden:
Axolin-Elinor) in ihren Geschäften einen Warenposten von etwa 25 000 Kleidungsstücken für den Endverbraucher an, auf denen
die Marken von Peak Holding angebracht waren und schaltete diesbezügliche Werbeanzeigen in Zeitungen. Die Kleidungsstücke,
die zu diesem Warenposten gehörten, waren für Peak Production außerhalb Europas
(3)
hergestellt worden. Sie waren zum Verkauf nach Europa eingeführt worden und gehörten dort in den Jahren 1996–1998 zum gewöhnlichen
Sortiment von Peak Production.
9. Es ist zwischen den Parteien des Ausgangsrechtsstreits unstreitig, dass 70 % dieser Kleidungsstücke zu jener Zeit in den Geschäften
zum Verkauf an Verbraucher auslagen. Während Axolin-Elinor behauptete, dass diese Kleidungsstücke in unabhängigen Geschäften
zum Verkauf ausgelegen hätten, machte Peak Holding geltend, dass der Verkauf in eigenen Geschäften der Peak Production erfolgt
sei.
10. Im November und Dezember 1999 wurden sämtliche Kleidungsstücke des fraglichen Warenpostens in Kopenhagen im Ladenlokal Base
Camp der Schwestergesellschaft der Peak Production, der Carli Gry Denmark A/S, Verbrauchern zum Kauf angeboten. Anschließend
verkaufte Peak Production die restlichen Kleidungsstücke an das französische Unternehmen COPAD International. Peak Production
soll dabei bestimmt haben, dass der Warenposten in keine anderen europäischen Länder als nach Slowenien oder Russland weiterverkauft
werden dürfe, mit Ausnahme von 5 % der Gesamtmenge, die in Frankreich verkauft werden dürfe.
11. Axolin-Elinor hat die Vereinbarung einer solchen Begrenzung ausdrücklich bestritten und hat vielmehr geltend gemacht, dass
sie den Warenposten von der schwedischen Gesellschaft Truefit Sweden AB erworben habe.
12. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der fragliche Warenposten von dem Zeitpunkt an, zu dem er das Lager von Peak
Production in Dänemark verließ, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er an Axolin-Elinor geliefert wurde, sich nicht außerhalb des
Gebiets des EWR befand.
13. Peak Holding erhob im Oktober 2000 beim Lunds Tingsrätt Klage mit der Begründung, dass die Vermarktung, die Axolin-Elinor
betrieben habe, eine Verletzung des Markenrechts von Peak Holding sei. Das Tingsrätt, das der Ansicht war, dass die Waren
in den Verkehr gebracht worden seien, indem sie Verbrauchern in dem Geschäft Base Camp zugänglich gemacht worden seien, und
dass danach das Markenrecht nicht wieder aufleben könne, wies die Klage ab. Peak Holding hat gegen das Urteil des Tingsrätt
beim Hovrätten över Skåne och Blekinge Berufung eingelegt.
14. Da das vorlegende Gericht der Auffassung war, dass die Entscheidung des Rechtsstreits eine Auslegung des Artikels 7 Absatz
1 der Richtlinie 89/104 erfordere, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und folgende Fragen zur Vorabentscheidung
vorzulegen:
1. Ist eine Ware dadurch in den Verkehr gebracht worden, dass sie vom Markeninhaber
a)
in den Gemeinsamen Markt importiert und zollamtlich abgefertigt worden ist, um sie dort zu verkaufen?
b)
in eigenen Geschäften des Markeninhabers oder in Geschäften verbundener Unternehmen im Gemeinsamen Markt zum Verkauf angeboten
worden ist, ohne dass sie übereignet worden ist?
2. Kann ein Markeninhaber, wenn eine Ware gemäß einer der vorstehenden Alternativen in den Verkehr gebracht worden und damit
das Markenrecht erschöpft ist, ohne dass die Ware übereignet worden ist, durch Rückführung der Ware ins Lager den Wegfall
der Erschöpfung erreichen?
3. Ist eine Ware dadurch in den Verkehr gebracht worden, dass sie vom Markeninhaber an eine andere Gesellschaft im Binnenmarkt
übereignet worden ist, wenn der Markeninhaber die Ware an den Käufer unter dem Vorbehalt übereignet, dass dieser sie nicht
im Gemeinsamen Markt weiterverkauft?
4. Ist es für die Antwort auf Frage 3 von Bedeutung, dass der Markeninhaber bei der Übereignung des Warenpostens, zu dem die
Ware gehört, dem Käufer erlaubt hat, einen geringeren Teil der Waren innerhalb des Gemeinsamen Marktes weiterzuverkaufen,
ohne festzulegen, auf welche konkreten Waren sich die Erlaubnis bezieht?
IV –Rechtliche Würdigung
15. Mit der ersten Vorlagefrage soll insbesondere geklärt werden, ab welchem genauen Zeitpunkt eine mit einer Marke versehene
Ware als „in den Verkehr gebracht“ angesehen werden muss. Die zweite Vorlagefrage erscheint insoferne subsidiär, als sie für
den Fall gestellt wird, dass ein Inverkehrbringen aufgrund der vom nationalen Richter in der ersten Vorlagefrage ins Feld
geführten Handlungen anzunehmen ist. Aufgrund dieses engen Zusammenhangs zwischen den ersten beiden Vorlagefragen möchte ich
sie einer gemeinsamen Prüfung unterziehen.
16. Dritte und vierte Vorlagefrage betreffen das Verhältnis zwischen dem Tatbestandsmerkmal des Inverkehrbringens und demjenigen
der Zustimmung im Artikel 7 Absatz 1, wobei in der vierten Vorlagefrage lediglich auf eine inhaltliche Besonderheit der gegebenenfalls
maßgeblichen Zustimmung eingegangen werden soll. Dementsprechend sollen beide Fragen ebenfalls gemeinsam geprüft werden.
A – Erste und zweite Vorlagefrage
17. Bei den ersten beiden Vorlagefragen geht es im Wesentlichen darum, den Begriff des Inverkehrbringens auszufüllen, um bestimmen
zu können, ab welchem Zeitpunkt eine mit einer Marke versehene Ware so behandelt werden muss, wie wenn sie im EWR durch den
Markeninhaber selbst in den Verkehr gebracht worden ist. Diese Problematik ist von herausragender praktischer Bedeutung: So
hängt von ihrer Lösung insbesondere auch die markenrechtliche Beurteilung von konzerninternen Umsätzen
(4)
oder von Hilfsgeschäften
(5)
ab.
18. Vorauszuschicken ist, dass das Recht aus der Marke durch Artikel 5 der Richtlinie 89/104 – als ein ausschließliches Recht
– definiert wird. Artikel 5 Absatz 3 listet die Befugnisse des Markeninhabers im Einzelnen auf; nach seinem Buchstaben b zählt
zu diesen Befugnissen das Recht, zu verbieten, dass unter dem Zeichen Waren angeboten, in den Verkehr gebracht oder zu diesen
Zwecken besessen werden. Nach geltendem Gemeinschaftsrecht gehört es zu den grundlegenden Befugnissen des Markeninhabers,
über Ort und Zeitpunkt des Inverkehrbringens der mit der Marke versehenen Ware im EWR zu entscheiden
(6)
.
19. Mit dem Grundsatz der gemeinschaftsweiten Erschöpfung, wie er in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 seinen Niederschlag
gefunden hat, soll ein Ausgleich zwischen den Belangen der Warenverkehrsfreiheit einerseits und der Ausübung des Rechts aus
der Marke andererseits geschaffen werden. Ohne diesen Grundsatz würde der Markeninhaber nämlich die Befugnis besitzen, das
Inverkehrbringen von mit der Marke versehenen Waren in einem bestimmten Mitgliedstaat zu verhindern, die er selbst oder mit
seiner Zustimmung ein Dritter in einem anderen Mitgliedstaat in Verkehr gebracht hat. Dies würde die Funktionsfähigkeit des
Binnenmarktes erheblich beeinträchtigen. Im Interesse eines funktionsfähigen Binnenmarktes ermöglicht der Grundsatz der gemeinschaftsweiten
Erschöpfung – nunmehr Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 – so die Überwindung des grundsätzlich territorialen Schutzumfangs
nationaler Markenrechte
(7)
. Aufgrund des getroffenen Ausgleichs wird also dem Markeninhaber die Entscheidung über das erstmalige Inverkehrbringen der
Waren – im EWR – zugewiesen
(8)
, während ihm die markenrechtliche Kontrolle des weiteren Vertriebsweges versagt wird.
20. Eine Besonderheit der (Teil-)Harmonisierung der nationalen Markenrechte aufgrund der Richtlinie 89/104 besteht darin, dass
der zunächst im Hinblick auf den Binnenmarkt entwickelte Grundsatz der gemeinschaftsweiten Erschöpfung auch für den Verkehr
mit Drittstaaten Bedeutung erlangt hat
(9)
. Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang klar gemacht, dass das Inverkehrbringen außerhalb des EWR nicht das Recht des
Markeninhabers erschöpft, sich der ohne seine Zustimmung unternommenen Einfuhr dieser Waren zu widersetzen, und hieraus den
Schluss gezogen, dass „der Gemeinschaftsgesetzgeber somit dem Markeninhaber gestattet [hat], das erste Inverkehrbringen der
mit der Marke versehenen Waren im EWR zu kontrollieren“
(10)
, ohne allerdings auf den Sinn und Zweck des Erschöpfungsgrundsatzes jenseits der – hier nicht einschlägigen – Erwägungen
zur Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes einzugehen
(11)
.
21. Vorauszuschicken ist schließlich, dass eine Stärkung der Rechte des Markeninhabers – wie etwa durch zeitliche Verschiebung
der für die Annahme einer Erschöpfung maßgeblichen Handlung – grundsätzlich mit zusätzlichen Möglichkeiten für die Einschränkung
der Warenverkehrsfreiheit EWR-intern einhergeht.
22. Die Beantwortung der ersten zwei Vorlagefragen betreffend das Tatbestandsmerkmal des Inverkehrbringens in Artikel 7 Absatz
1 der Richtlinie 89/104 setzt eine Auslegung dieser Bestimmung anhand der gewohnten Auslegungsmethoden voraus. Im Rahmen dieser
Methoden soll auf die vom nationalen Richter in der ersten Vorlagefrage vorgeschlagenen Deutungen eingegangen werden.
Wörtliche Auslegung des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104
23. Ungeachtet allfälliger Unterschiede in den Sprachfassungen des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104
(12)
betont die schwedische Regierung zu Recht, dass sich unter Zugrundelegung eines gewöhnlichen Sprachgebrauchs aus dem Wortlaut
dieser Bestimmung ergibt, dass jedenfalls eine an den Markt gerichtete Handlung des Markeninhabers erforderlich ist, um das
Tatbestandsmerkmal des Inverkehrbringens als erfüllt ansehen zu können. Dies wird auch durch einen historischen Rückblick
bestätigt. Im Grundsatzurteil Centrafarm/Winthrop
(13)
führt der Gerichtshof wie folgt aus: „Ein solches Hindernis [für den freien Warenverkehr] lässt sich nicht rechtfertigen,
wenn das Erzeugnis in dem Mitgliedstaat, aus dem es eingeführt wird, durch den Inhaber selbst oder mit seiner Zustimmung rechtmäßig
auf den Markt gebracht worden ist, von einem Missbrauch oder einer Verletzung des Zeichenrechts mithin keine Rede sein kann“ (unsere Hervorhebung).
24. Aus der Maßgeblichkeit der Ausrichtung der Handlung des Markeninhabers – nämlich an den Markt – im Zusammenhang mit der Erschöpfung
des Rechts aus der Marke nach Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 folgt, dass bereits nach dem Wortlaut dieser Bestimmung
interne betriebliche Vorgänge – wie etwa die Überlassung von Markenwaren an eine Vertriebstochter – oder vorbereitende Handlungen
– wie etwa die Einfuhr durch den Markeninhaber von Waren aus Drittstaaten, die der Markeninhaber dort herstellen lässt – nicht
als Inverkehrbringen der mit der Marke versehenen Waren angesehen werden können.
25. Im Hinblick auf außerhalb des EWR hergestellte Markenwaren ist zudem zu bedenken, dass der Markeninhaber zum Zeitpunkt ihrer
Einfuhr in den EWR über die Art und Weise ihres ersten Vertriebs im EWR noch nicht zwangsläufig entschieden haben muss. Würde
die bloße Einfuhr und zollamtliche Abfertigung von Markenwaren auf Veranlassung des Markeninhabers bereits zur Erschöpfung
des Rechts aus der Marke führen, könnte der Markeninhaber den ersten Vertrieb der mit der Marke versehenen Waren im EWR letztlich
nicht mehr steuern.
26. Schließt man also die Maßgeblichkeit der bloßen Tatsache Einfuhr in den EWR im Hinblick auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens
aus, bleibt offen, ob mit dem Anbieten der Waren im EWR diese in den Verkehr gelangen, oder ob vielmehr ihre Veräußerung – oder jedenfalls ein nicht nur vorläufiger Übergang der Verfügungsgewalt – zum
Zwecke des Inverkehrbringens zu fordern ist.
27. Eine Klärung dieser Frage erscheint anhand einer wörtlichen Auslegung des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 kaum möglich,
da sowohl das Anbieten als auch die Veräußerung der Markenwaren „an den Markt gerichtete“ Handlungen sind. Im Rahmen einer
wörtlichen Auslegung könnte allenfalls – wie etwa die schwedische Regierung es getan hat – bemerkt werden, dass das Abstellen
auf die Veräußerung der Ware insoferne nicht überzeugt, als die Ware gerade aufgrund ihrer Veräußerung eigentlich vom Markt
genommen wird. In vergleichbarer Weise macht Axolin-Elinor geltend, dass das Anbieten von Waren in einem Laden deren Befinden
auf dem Markt geradezu kennzeichnet.
Systematische Auslegung des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104
28. In systematischer Hinsicht ist vor allem auf das Verhältnis zwischen Artikel 5 Absatz 3 und Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie
89/104 einzugehen. Nach Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b kann der Markeninhaber insbesondere verbieten, „unter dem Zeichen Waren
anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen ...“. Aufgrund dieser Formulierung liegt es
nahe, danach zu unterscheiden, ob Waren lediglich zum Verkauf angeboten werden oder ob sie in den Verkehr gebracht werden.
29. Fraglich ist jedoch, ob das Inverkehrbringen im Sinne dieser Bestimmung mit dem gleichlautenden Begriff des Artikels 7 Absatz
1 übereinstimmt. Dafür spricht zum einen die Verwendung der gleichen Begrifflichkeit, zum anderen aber auch die den beiden
Vorschriften innewohnende Abgrenzung zwischen an den Markt gerichteten Handlungen und solchen, die nur internen Charakter
besitzen
(14)
. Gegen eine einheitliche Auslegung spricht aber die unterschiedliche Zielsetzung beider Vorschriften: Während Artikel 5 den
Schutzumfang des ausschließlichen Rechts aus der Marke im Einzelnen festlegt, enthält Artikel 7 Absatz 1 eine Schranke dieses
ausschließlichen Rechts
(15)
.
30. Eine systematische Auslegung des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 führt dementsprechend zu keinem eindeutigen Ergebnis.
Teleologische Auslegung des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104
31. Im Rahmen einer teleologischen Auslegung des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 ist von der bereits angesprochenen
(16)
Ausgleichsfunktion des Erschöpfungsgrundsatzes auszugehen. Dementsprechend sind allfällige Auslegungsansätze zurückzuweisen,
welche die Befugnis des Markeninhabers, das erste Inverkehrbringen der mit der Marke versehenen Waren im EWR zu steuern, beschneiden
würden. Gleichzeitig ist zu bedenken, dass die Beschränkung des Rechts des Markeninhabers aufgrund des Artikels 7 Absatz 1
der Richtlinie 89/104 nicht nur der Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes, sondern insoferne auch der Rechtssicherheit dient,
als sie einer Steuerung des gesamten weiteren Vertriebs durch den Markeninhaber entgegensteht und somit auch markenrechtlich
einen „Gutglaubenserwerb“ ermöglicht.
32. Im Rahmen der teleologischen Auslegung ist also sicherzustellen, dass der Markeninhaber sein ausschließliches Recht im erwähnten
Umfang
(17)
ausüben kann und einen wirtschaftlichen Nutzen hieraus ziehen kann, ohne dass dies zu Lasten der Rechtssicherheit geht.
33. Es wurde bereits festgestellt, dass es diesen Anforderungen nicht genügen würde, wenn man ein Inverkehrbringen der mit der
Marke versehenen Waren aufgrund der bloßen Einfuhr dieser Waren in den EWR annehmen würde
(18)
.
34. Obgleich sowohl die Kommission als auch die schwedische Regierung anerkennen, dass die Möglichkeit einer wirtschaftlichen
Verwertung des Markenzeichens entscheidend ist, ziehen sie daraus unterschiedliche Schlussfolgerungen. Während die Kommission
die Ansicht vertritt, dass der angesprochene wirtschaftliche Nutzen erst durch Veräußerung der mit der Marke versehenen Ware
gezogen werden kann, lässt die schwedische Regierung es genügen, dass der Markeninhaber über die Möglichkeit verfügt, seine
Ware an Endverbraucher anzubieten, da er in einem solchen Fall – ungeachtet einer allfälligen tatsächlichen Veräußerung der
Ware – jedenfalls die Umstände des Erstvertriebs der Ware bestimmen konnte.
35. Für die Ansicht der schwedischen Regierung spricht sicherlich eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, die das Inverkehrbringen
mit der Vermarktung im Sinne einer Einführung der Ware auf den Markt gleichsetzt – und dementsprechend auch die Vollendung
der Veräußerung der Ware als ein Verlassen des Marktes interpretiert. Ausgehend von einer Definition des Marktes als Ort des
freien Tausches von Leistung und Gegenleistung, an dem durch Angebot und Nachfrage der Preis gebildet wird, ist jedoch zu
bemerken, dass die von der schwedischen Regierung favorisierte Deutung keinesfalls zwingend ist. Die Preisbildung auf dem
Markt erfolgt im Wechselspiel von Angebot und Nachfrage und schlägt sich letztlich erst mit der Veräußerung der Ware nieder,
sodass Einiges für die von der Kommission favorisierte Deutung spricht. Nur diese Deutung wird dem Marktverständnis als Ort
des freien Tausches von Leistung und Gegenleistung gerecht
(19)
.
36. Nach Ansicht von Axolin-Elinor könne dennoch nicht bestritten werden, dass Waren, die in einem Laden angeboten werden, in
den Verkehr gebracht worden sind. Zu bedenken sei weiters, dass bereits durch das Abstellen auf das Angebot an Endverbraucher
die Hauptfunktion der Marke – die so genannte Herkunftsgarantie – gewahrt werde.
37. Diese Ansicht vermag in mehrfacher Hinsicht nicht zu überzeugen. Wenn auch das Vorliegen einer an den Markt gerichteten Handlung
in einer solchen Konstellation anzunehmen ist, trägt eine solche Ansicht dennoch den Interessen des Markeninhabers nicht hinreichend
Rechnung, weil sich der Schutz der Investitionen in die Marke allein durch ein Angebot der mit der Marke versehenen Produkte
zum Verkauf wirtschaftlich nicht verwirklichen kann
(20)
.
38. Auch Praktikabilitätserwägungen sprechen dafür, nicht auf das Angebot der Ware zum Verkauf abzustellen. Peak Holding trägt
in diesem Zusammenhang vor, dass ein Abstellen auf das Angebot schwer zu handhaben ist, da hinsichtlich gelagerter Waren nicht
klar sei, in Bezug auf welche Ware eine Erschöpfung eintritt. An dieser Stelle ist auch auf das Urteil in der Rechtssache
Sebago
(21)
zu verweisen, wonach „... gilt, dass die Rechte aus der Marke nur in Bezug auf diejenigen Exemplare der Ware erschöpft sind,
die mit Zustimmung des Inhabers in dem in dieser Vorschrift genannten Gebiet in den Verkehr gebracht worden sind. In Bezug
auf diejenigen Exemplare der Ware, die in diesem Gebiet nicht mit Zustimmung des Inhabers in den Verkehr gebracht worden sind,
kann der Inhaber nach wie vor kraft des ihm durch die Richtlinie verliehenen Rechts die Nutzung der Marke untersagen“. Aus
diesem Urteil folgt, dass zwecks Annahme einer Erschöpfung jedenfalls festzustellen ist, welche Exemplare der Ware in den
Verkehr gebracht worden sind – sei es durch den Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung. Sollte bereits das Anbieten
von Waren für ihr Inverkehrbringen ausreichen, wäre aber fraglich, wie die notwendigen Feststellungen im Hinblick auf gelagerte
Waren, die möglicherweise nicht zum Verkauf bestimmt sind, mit hinreichender Rechtssicherheit getroffen werden könnten.
39. Ferner ist zu bemerken, dass ein Abstellen auf den Zeitpunkt des Angebots eine Unterbindung von Parallelimporten aus Drittstaaten
in Fällen unmöglich machen würde, in denen die Waren sich zunächst innerhalb des EWR befanden und dort keinen Absatz fanden.
In der Rechtssache Silhouette
(22)
, welche einer solchen Konstellation zugrunde lag, hat sich der Gerichtshof bekanntlich mit der Zulässigkeit einer internationalen
Erschöpfung nach nationalem Recht auseinander gesetzt, was wiederum logisch voraussetzt, dass die Rechte aus der Marke nicht
bereits durch Anbieten der Waren in einem Mitgliedstaat als erschöpft anzusehen waren.
40. Stellt man also – in wirtschaftlicher Hinsicht – auf die Veräußerung der mit einer Marke versehenen Waren als maßgeblichen
Zeitpunkt im Hinblick auf das Inverkehrbringen dieser Waren ab
(23)
, bleibt schließlich in rechtlicher Hinsicht zu bestimmen, ob eine Änderung der Eigentumsverhältnisse erforderlich ist. Dies
legt der Vorlagebeschluss nahe, indem er sich in der ersten Vorlagefrage auf die fehlende „Übereignung“ der Ware bezieht.
Auch die Kommission hat sich – insbesondere in der mündlichen Verhandlung – für die Maßgeblichkeit der „Übereignung“ ausgesprochen.
41. Hiezu ist anzumerken, dass aber auch eine Änderung der Eigentumsverhältnisse die Frage, ob der Markeninhaber einen wirtschaftlichen
Nutzen aus der Marke ziehen konnte, unberührt lässt. Mit anderen Worten muss die Änderung der Eigentumsverhältnisse an der
Markenware aufgrund der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise unbeachtlich bleiben
(24)
.
42. Wenn die Änderung der Eigentumsverhältnisse unbeachtlich bleibt, muss auf den Übergang der tatsächlichen Verfügungsgewalt
über die Ware abgestellt werden. Eine Ware ist dementsprechend in den Verkehr gebracht worden, wenn ein Dritter, dessen Entscheidungen
in Bezug auf den Vertrieb der Ware dem Markeninhaber – etwa aufgrund der tatsächlichen Unabhängigkeit dieses Dritten
(25)
– nicht zugerechnet werden können, die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Ware erlangt hat.
43. Es wird daher vorgeschlagen, die erste Vorlagefrage dahin gehend zu beantworten, dass Waren, die mit einem Markenzeichen versehen
sind, weder dadurch in den Verkehr gelangen, dass sie in den EWR bloß eingeführt und zollamtlich abgefertigt werden, noch
dadurch, dass sie in Geschäften des Markeninhabers oder mit ihm verbundener Unternehmen zum Verkauf angeboten werden. Ein
die Erschöpfungswirkung bewirkendes Inverkehrbringen im EWR im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 liegt vielmehr
dann vor, wenn ein unabhängiger Dritter die Verfügungsgewalt über die mit der Marke versehenen Waren erlangt hat.
44. Angesichts dieser vorgeschlagenen Antwort braucht auf die zweite Vorlagefrage nicht mehr eingegangen zu werden.
B – Dritte und vierte Vorlagefrage
45. Bei den letzten beiden Vorlagefragen geht es im Wesentlichen um die Frage, ob und inwiefern einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung
des Markeninhabers in Bezug auf den Vertrieb der mit der Marke versehenen Waren im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der
Zustimmung im Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 Bedeutung zukommt.
46. Hintergrund dieser Frage ist die Ansicht, dass bei nachweisbarem Verstoß gegen diesen rechtsgeschäftlichen Willen eine Zustimmung
im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie fehlen würde, sodass es nicht mehr darauf ankommen könne, ob die mit der Marke
versehenen Waren im EWR in den Verkehr gebracht worden sind oder nicht.
47. Dem Vorlagebeschluss ist zu entnehmen, dass der Vertrieb des Restpostens nach dem Willen des Markeninhabers Peak Holding zum
ganz überwiegenden Teil in Drittstaaten erfolgten sollte. Peak Holding fügte eine entsprechende Klausel in den Vertrag mit
der französischen Gesellschaft COPAD ein. Die dritte und vierte Vorlagefrage geht offenbar auf das Vorbringen von Peak Holding
zurück, wonach die Verletzung dieser Klausel betreffend die territoriale Einschränkung des Vertriebs einer fehlenden Zustimmung
im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 gleichkommen würde, sodass eine Erschöpfung der Rechte aus der Marke
ausgeschlossen sei.
48. Diese Ansicht verkennt die Rechtsnatur der Erschöpfung als gesetzliche Schranke der Rechte aus der Marke, wie auch von der schwedischen Regierung zu Recht gerügt. Sowohl nach seinem Wortlaut als
auch nach seinem Sinn und Zweck ist im Tatbestand der Erschöpfung zwischen einem Inverkehrbringen durch den Markeninhaber
selbst und einem Inverkehrbringen durch einen Dritten – aber mit Zustimmung des Markeninhabers – zu unterscheiden
(26)
. Der Begriff der Zustimmung im Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 stellt ein Zurechnungskriterium dar, nach welchem
zu beurteilen ist, ob das Inverkehrbringen der Waren im EWR durch einen Dritten dem Markeninhaber zuzurechnen ist
(27)
.
49. Werden die mit einer Marke versehenen Waren durch den Markeninhaber selbst im EWR in den Verkehr gebracht, tritt von Gesetzes
wegen die Erschöpfung ein, ohne dass es auf den Vertrag zwischen Markeninhaber und Käufer ankommt. Die Verletzung einer allfälligen
Klausel über territoriale Vertriebsbeschränkungen, die durch den Markeninhaber einem Käufer der mit der Marke versehenen Waren
im Hinblick auf deren Vertrieb im EWR auferlegt worden sind, löst gegebenenfalls Vertragsansprüche aus – ist jedoch markenrechtlich
grundsätzlich unbeachtlich.
50. Auch ein Verweis auf das Urteil in der Rechtssache Davidoff u. a.
(28)
vermag nichts an dieser Einschätzung zu ändern. Dort hat der Gerichtshof u. a. festgestellt, dass „nationale Rechtsvorschriften,
die das bloße Schweigen des Markeninhabers berücksichtigten, ... keine konkludente Zustimmung anerkennen, sondern eine Zustimmungsvermutung
aufstellen [würden]. Damit würden sie das Erfordernis einer positiv erteilten Zustimmung, wie es sich aus dem Gemeinschaftsrecht
ergibt, missachten“
(29)
. Daraus ist zwar zu entnehmen, dass die Zustimmung des Markeninhabers im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104,
d. h., die Zustimmung zum Inverkehrbringen der Waren im EWR durch einen Dritten, nicht bereits aus einer fehlenden Einfügung
territorialer Vertriebsbeschränkungen im Vertrag zwischen dem Markeninhaber und seinem Käufer hergeleitet werden kann.
51. Ob im Umkehrschluss die Einfügung einer territorialen Vertriebsbeschränkung in diesem Vertrag aber eine Zustimmung des Markeninhabers
im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 grundsätzlich ausschließt, ist nur von Bedeutung, soferne die Erschöpfung
aus dieser Zustimmung hergeleitet werden soll. Dies ist die Frage bei der Wiedereinfuhr von Markenwaren aus Drittstaaten
(30)
. Im Ausgangsfall geht es jedoch nicht um eine solche Konstellation, sondern lediglich um die Frage, zu welchem Zeitpunkt
die mit der Marke versehenen Waren durch den Markeninhaber selbst im EWR in den Verkehr gebracht worden sind.
52. Ob die territoriale Vertriebsbeschränkung im Vertrag zwischen Peak Holding und COPAD wettbewerbsrechtlich zu beanstanden ist,
kann dahinstehen, da dieser Umstand keine Relevanz für die Beantwortung der dritten Vorlagefrage aufweist.
53. Hinsichtlich der vierten Vorlagefrage genügt die Bemerkung, dass, wenn das Vorliegen einer territorialen Vertriebsbeschränkung
den Eintritt der Erschöpfung in einem Fall wie im Ausgangsfall nicht beeinflusst
(31)
, dies erst recht gelten muss, wenn es um eine besondere Ausgestaltung einer solchen Klausel geht.
54. Die dritte und vierte Vorlagefrage ist mithin dahin gehend zu beantworten, dass es im Falle der Veräußerung einer mit einer
Marke versehenen Ware an ein anderes Unternehmen innerhalb des EWR für den Eintritt der Erschöpfung nach Artikel 7 Absatz
1 der Richtlinie 89/104 keine Rolle spielt, ob und inwieweit der Markeninhaber dem Erwerber territoriale Vertriebsbeschränkungen
auferlegt.
V –Kosten
55. Die Auslagen der schwedischen Regierung und der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht
erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden
Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
VI –Ergebnis
56. Es wird daher dem Gerichtshof vorgeschlagen, wie folgt auf die Vorlagefragen zu antworten:
1.
Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104/EWG ist dahin gehend auszulegen, dass Waren, die mit einem Markenzeichen versehen
sind, weder dadurch in den Verkehr gelangen, dass sie in den EWR bloß eingeführt und zollamtlich abgefertigt werden, noch
dass sie in Geschäften des Markeninhabers oder mit ihm verbundener Unternehmen zum Verkauf angeboten werden. Eine mit einer
Marke versehene Ware wird vielmehr erst dann im EWR in den Verkehr gebracht, wenn ein unabhängiger Dritter die tatsächliche
Verfügungsgewalt über sie erlangt hat, etwa im Wege eines Verkaufs.
2.
Im Falle der Veräußerung einer mit einer Marke versehenen Ware an ein anderes Unternehmen innerhalb des EWR durch den Markeninhaber
selbst spielt es für den Eintritt der Erschöpfung nach Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 89/104/EWG keine Rolle, ob und inwieweit
dieser dem Erwerber territoriale Vertriebsbeschränkungen auferlegt.
Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1).
Dem Vorlagebeschluss ist nicht mit letzter Sicherheit zu entnehmen, ob mit Europa (nur) EWR-Vertragsstaaten gemeint sind.
Zum Zwecke dieser Schlussanträge wird davon ausgegangen, dass der fragliche Warenposten außerhalb des EWR hergestellt worden
ist.
Ist z. B. das ausschließliche Recht des Markeninhabers deswegen als erschöpft anzusehen, weil dieser die mit der Marke versehenen
Waren an ein verbundenes Unternehmen veräußert hat?
Ist z. B. das ausschließliche Recht des Markeninhabers deswegen als erschöpft anzusehen, weil dieser die mit der Marke versehenen
Waren an einen Spediteur übergeben hat?
Und zwar – aufgrund des Grundsatzes der EWR-weiten Erschöpfung – auch dann, wenn die Waren zunächst durch den Markeninhaber
außerhalb des EWR in den Verkehr gebracht worden sind, siehe Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., München 2001, § 24 MarkenG., Randnr. 93. Für eine Kritik, siehe nur Justice Laddie, Vorlagebeschluss vom 18. Mai
1999 in der Rechtssache C‑414/99 (auszugsweise abgedruckt in IIC Vol. 30, Nr. 5/1999, S. 567) (Randnr. 36): „In my view this
illustrates how Silhouette has bestowed on a trade mark owner a parasitic right to interfere with the distribution of good
which bears little or no relationship to the proper function of the trade mark right. It is difficult to believe that a properly
informed legislature intended such a result, even if it is the proper construction of Article 7 (1) of the Directive.“
Zur Ausgleichsfunktion des Erschöpfungsgrundsatzes, siehe auch meine Schlussanträge vom 5. April 2001 in den verbundenen Rechtssachen
C‑414/99 bis C‑416/99 (Davidoff u. a., Urteil vom 20. November 2001, Slg. 2001, I‑8691, Nrn. 80 ff.).
Urteil in den Rechtssachen Davidoff u. a. (zitiert in Fußnote 7), Randnr. 33. Siehe auch bereits das Urteil vom 1. Juli 1999
in der Rechtssache C‑173/98 (Sebago und Maison Dubois, Slg. 1999, I‑4103, Randnr. 21).
Während die deutsche Fassung auf das Inverkehrbringen abstellt, beziehen sich die französische Fassung („mis dans le commerce“),
die spanische sowie die insoweit gleich lautende portugiesische Fassung („comercializado“ bzw. „comercializados“), die italienische
Fassung („immessi in commercio“) und die niederländische Fassung („in de handel zijn gebracht“) auf den Vertrieb im Handel,
während die englische („put on the market“), die schwedische („marknaden“) oder die dänische Fassung („markedsfoert“) sich
unmittelbar auf den Markt beziehen.
Siehe in Bezug auf die deutschen Umsetzungsvorschriften Fezer (zitiert in Fußnote 6), Randnr. 7d; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., Köln 2003, § 24, Randnr. 33 jeweils m. w. N.
Siehe auch in anderem Zusammenhang die Schlussanträge von Generalanwalt Léger vom 13. November 2003 in der anhängigen Rechtssache
C‑371/02 (Björnekulla Fruktindustrier, Slg. 2004, I‑0000), Nr. 40: „Wer aber vom Markt spricht, meint das Aufeinandertreffen
von Angebot und Nachfrage oder Austausch, Transaktion, …“
In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof im Urteil vom 12. November 2002 in der Rechtssache C‑206/01
(Arsenal Football Club, Slg. 2002, I‑10273) zwar die traditionelle Funktion der Marke als Hinweis auf die Herkunft der Ware
bekräftigt hat, zugleich aber entsprechend den Ausführungen von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer (Schlussanträge vom 13.
Juni 2002, Nr. 46) ihre zunehmende Bedeutung als Investitions- und Werbungsträger hervorgehoben hat. So gesehen erscheint
die Ansicht Axolin-Elinors zu eng.
Was etwa auch dem Urteil vom 23. Oktober 2003 in der Rechtssache C‑115/02 (Rioglass, Slg. 2003, I‑0000, Randnr. 28) entnommen
werden könnte, wenn es feststellt, dass ein Durchfuhrvorgang (der darin besteht, dass in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellte
Waren durch das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten in einen Drittstaat befördert werden) „seinem Wesen nach
keine Vermarktung [im Sinne eines Inverkehrbringens – siehe auch dort Randnr. 25]“ impliziere.
Beim Verkauf einer Markenware unter Eigentumsvorbehalt geht die Übertragung der Verfügungsgewalt einer Änderung der rechtlichen
Eigentumsverhältnisse voran. Der Eigentumsvorbehalt wirkt sich insofern nicht auf den Eintritt der markenrechtlichen Erschöpfung
aus. Im Fall der Sicherungsübereignung ist es überhaupt zweifelhaft, ob eine marktgerichtete Handlung stattfindet, da die
betreffende Ware im Besitz des Sicherungsgebers bleibt. Siehe dazu Mulch, Der Tatbestand der markenrechtlichen Erschöpfung, Köln 2001, S. 20.
Bereits im Urteil vom 22. Juni 1994 in der Rechtssache C‑9/93 (Ideal-Standard, Slg. 1994, I‑2789, Randnr. 43) hatte der Gerichtshof
klargestellt, dass „die in jeder Übertragung liegende Zustimmung ... nicht der Zustimmung [entspricht], deren es für die Erschöpfung
des Rechts bedarf“.
Wenn die mit der Marke versehenen Waren noch nicht im EWR durch den Markeninhaber in den Verkehr gebracht worden sind, jedoch
von einem Dritten in den EWR eingeführt werden, etwa im Rahmen von grauen Reimporten, stellt sich im Hinblick auf eine allfällige
Erschöpfung der Rechte aus der Marke nicht die Frage, ob die Waren durch den Markeninhaber selbst im EWR in den Verkehr gebracht
worden sind, sondern ob sie mit seiner Zustimmung durch den Dritten im EWR in den Verkehr gebracht worden sind.