Schlüsselwörter
Leitsätze

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1. Nichtigkeitsklage – Rechtsschutzinteresse – Wegfall wegen eines nach Klageerhebung eingetretenen Ereignisses – Erledigung der Hauptsache

2. Nichtigkeitsklage – Rechtsschutzinteresse – Entscheidung der Kommission, mit der in Anwendung der Wettbewerbsregeln ein Negativattest erteilt wird – Antrag auf teilweise Nichtigerklärung einer Bestimmung der Vereinbarung, für die das Attest erteilt wurde – Aufhebung der fraglichen Bestimmung während des Verfahrens – Fehlen eines bestehenden und gegenwärtigen Interesses an der Fortführung des Verfahrens – Interesse, das sich auf künftige ungewisse Situationen bezieht – Ausschluss

(Artikel 81 Absatz 1 EG, 230 EG und 233 EG)

Leitsätze

1. Die Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person ist nur zulässig, wenn diese ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat. Ein solches Interesse besteht nur, wenn die Nichtigerklärung der Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann oder wenn – anders gesagt – die Klage dem Kläger im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann.

Dabei ist für die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage der Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift maßgeblich. Es liegt jedoch im Interesse einer geordneten Rechtspflege, dass das Gericht von Amts wegen feststellen kann, dass der Rechtsstreit sich in der Hauptsache erledigt hat, wenn ein Kläger, der ursprünglich ein Rechtsschutzinteresse hatte, wegen eines nach Klageerhebung eingetretenen Ereignisses jedes persönliche Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung verloren hat. Ein Kläger kann eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung nämlich nur dann weiterverfolgen, wenn er weiterhin ein persönliches Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung hat.

(vgl. Randnrn. 34-38)

2. In einem Verfahren wegen Nichtigerklärung eines von der Kommission einem Dritten gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 17 erteilten Negativattests kann ein Kläger kein gegenwärtiges und bestimmtes Rechtsschutzinteresse mehr geltend machen, wenn seine Klage sich auf dieses Attest insoweit bezieht, als dieses eine Bestimmung aus einer Vereinbarung zwischen Unternehmen betrifft, und diese Bestimmung zwischenzeitlich von den Parteien dieser Vereinbarung aufgehoben wurde.

Erstens könnte nämlich ein Urteil des Gerichts, mit dem das Attest antragsmäßig für nichtig erklärt würde, nicht mehr zu den nach Artikel 233 EG vorgesehenen Folgen führen, da die Kommission keine neue, andersartige Entscheidung über eine Bestimmung erlassen könnte, die nicht mehr besteht. Zweitens genügt die Möglichkeit der späteren Einfügung einer der aufgehobenen Klausel entsprechenden Klausel in die Vereinbarung nicht dafür, dass der Kläger sich auf ein bestehendes und gegenwärtiges und nicht lediglich hyphotetisches Interesse an der von ihm beantragten Nichtigerklärung berufen könnte. Schließlich ist die beantragte Nichtigerklärung auch nicht erforderlich, um eine Schadensersatzklage des Klägers vor den nationalen Gerichten auf sie zu stützen. Ein Negativattest bindet die nationalen Gerichte nämlich nicht, auch wenn es einen tatsächlichen Umstand darstellt, den sie berücksichtigen müssen. Es bringt lediglich die Auffassung der Kommission zum Ausdruck, dass für sie nach den ihr bekannten Tatsachen kein Anlass zum Einschreiten besteht.

Es gibt keine definitive Wertung und insbesondere keinen Ausspruch wieder, für den die Kommission ausschließlich zuständig wäre. Da Artikel 81 Absatz 1 EG unmittelbar anwendbar ist, können Einzelne sich darauf vor nationalen Gerichten berufen und aus ihm Rechte ableiten, und da Letztere auch über andere Informationen zum Sachverhalt verfügen können, sind sie naturgemäß gehalten, sich nach ihrem Kenntnisstand selbst eine Meinung über die Anwendbarkeit des Artikels 81 Absatz 1 EG auf bestimmte Abmachungen zu bilden. Jedenfalls können sie dem Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsersuchens eine Frage der Gültigkeit des Negativattests vorlegen, so dass dem Kläger im Fall eines Rechtsstreits jedenfalls nicht die Möglichkeit genommen wäre, seine Rechte vor dem nationalen Gericht geltend zu machen.

(vgl. Randnrn. 40, 42-43, 47-51)