Zusammenfassung des Urteils (Beamtensache)
Leitsätze
1. Beamte – Klage – Klage gegen die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde – Zulässigkeit
(Beamtenstatut, Artikel 90 und 91)
2. Beamte – Klage – Vorherige Verwaltungsbeschwerde – Gleicher Gegenstand und Grund – Klagegründe, die nicht in der Beschwerde enthalten sind, sich aber eng an diese anlehnen – Zulässigkeit
(Beamtenstatut, Artikel 90 und 91)
3. Beamte – Rückforderung zu viel gezahlter Beträge – Voraussetzungen – Offensichtlicher Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung – Kriterien
(Beamtenstatut, Artikel 85)
4. Beamte – Rückforderung zu viel gezahlter Beträge – Berufung des Beamten, der Zulagen gleicher Art wie die gemeinschaftsrechtlichen Familienzulagen nicht mitgeteilt hat, auf seinen guten Glauben – Unzulässigkeit
(Beamtenstatut, Artikel 67 Absatz 2 und 85)
1. Eine Klage auf Aufhebung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde gegen die ursprüngliche Entscheidung bewirkt, dass das Gericht mit der beschwerenden Maßnahme befasst wird, gegen die die Beschwerde eingelegt worden war.
(Randnr. 41)
Vgl. Gerichtshof, 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, Slg. 1989, 23, Randnr. 8; Gericht, 7. November 2002, G/Kommission, T‑199/01, Slg. ÖD 2002, I‑A‑207 und II‑1085, Randnr. 23; Gericht, 21. Oktober 2003, Birkhoff/Kommission, T‑302/01, Slg. ÖD 2003, I‑A‑245 und II‑1185, Randnr. 24
2. In Beamtensachen dürfen die beim Gemeinschaftsrichter eingereichten Anträge nur Rügen enthalten, die auf demselben Grund beruhen wie die in der Beschwerde genannten Rügen. Diese Rügen können vor dem Gemeinschaftsrichter durch das Vorbringen von Gründen und Argumenten, die nicht notwendigerweise in der Beschwerde enthalten sind, sich aber eng an diese anlehnen, weiterentwickelt werden.
Das Vorverfahren soll nämlich vorrangig eine gütliche Beilegung der Streitigkeiten zwischen den Beamten oder sonstigen Bediensteten und der Verwaltung ermöglichen. Damit ein derartiges Verfahren sein Ziel erreichen kann, muss die Anstellungsbehörde von den Rügen, die die Betroffenen gegen die angefochtene Entscheidung erheben, hinreichend genau Kenntnis nehmen können. Dabei darf die Verwaltung die Beschwerden nicht eng auslegen, sondern muss sie im Gegenteil in einem Geist der Aufgeschlossenheit prüfen.
(Randnrn. 47 und 48)
Vgl. Gerichtshof, 13. Dezember 2001, Cubero Vermurie/Kommission, C‑446/00 P, Slg. 2001, I‑10315, Randnr. 12; Gerichtshof, 23. April 2002, Campogrande/Kommission, C‑62/01 P, Slg. 2002, I‑3793, Randnr. 33; Gericht, 22. Februar 2001, Tirelli/Parlament, T‑144/00, Slg. ÖD 2001, I‑A‑45 und II‑171, Randnr. 25; Gericht, 14. Oktober 2003, Wieme/Kommission, T‑174/02, Slg. ÖD 2003, I‑A‑241 und II‑1165, Randnr. 18
3. Der in Artikel 85 des Statuts bei den Voraussetzungen für eine Rückforderung zu viel gezahlter Beträge genannte Begriff „so offensichtlich“ ist dahin auszulegen, dass es nicht darum geht, ob der Irrtum für die Verwaltung offensichtlich war, sondern darum, ob er es für den Betroffenen war. Denn der Betroffene, der keineswegs aller Überlegungs- oder Nachprüfungsanstrengungen enthoben ist, ist zur Erstattung verpflichtet, sobald es sich um einen Irrtum handelt, der einem sorgfältigen Beamten, von dem angenommen wird, dass ihm die Vorschriften über seine Dienstbezüge bekannt sind, nicht entgeht.
Die Umstände, die der Gemeinschaftsrichter bei der Beurteilung der Frage berücksichtigt, ob der betreffende Beamte fähig ist, die erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen, betreffen den Grad seiner Verantwortung, seine Besoldungsgruppe und sein Dienstalter, das Maß an Klarheit der Statutsbestimmungen, in denen die Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistung geregelt sind, und das Ausmaß der in seiner persönlichen oder familiären Situation eingetretenen Veränderungen, wenn die Gewährung des streitigen Betrages von der Beurteilung einer solchen Situation durch die Verwaltung abhängt.
(Randnrn. 82 und 83)
Vgl. Gericht, 17. Januar 2001, Kraus/Kommission, T‑14/99, Slg. ÖD 2001, I‑A‑7 und II‑39, Randnr. 38; Gericht, 30. Mai 2001, Barth/Kommission, T‑348/00, Slg. ÖD 2001, I‑A‑119 und II‑557, Randnr. 30; Gericht, 5. November 2002, Ronsse/Kommission, T‑205/01, Slg. ÖD 2002, I‑A‑211 und II‑1065, Randnr. 47
4. Der Beamte, der die Verwaltung zwar ordnungsgemäß von einer Änderung seiner familiären Situation unterrichtet hat, ihr dabei aber Informationen, über die er verfügt hat und deren Bedeutung er erfassen musste, vorenthalten hat, ist der Verpflichtung aus Artikel 67 Absatz 2 des Statuts nicht nachgekommen, wonach jeder betroffene Beamte die Zulagen gleicher Art wie die gemeinschaftsrechtlichen Familienzulagen angeben muss. Da er sich demnach durch sein eigenes Verhalten in eine widerrechtliche Lage gebracht hat, indem er eine solche Angabe unterlassen hat, kann er sich nicht auf seinen guten Glauben berufen, um von seiner Verpflichtung zur Rückzahlung der zu viel gezahlten Beträge entbunden zu werden.
(Randnrn. 102 und 106)
Vgl. Gerichtshof, 30. Mai 1973, Meganck/Kommission, 36/72, Slg. 1973, 527; Gericht, 13. März 1990, Costacurta/Kommission, T‑34/89 und T‑67/89, Slg. 1990, II‑93, Randnrn. 43 bis 49; Gericht, 10. Mai 1990, Sens/Kommission, T‑117/89, Slg. 1990, II‑185, Randnr. 12; Gericht, 13. Juli 1995, Kschwendt/Kommission, T‑545/93, Slg. ÖD 1995, I‑A‑185 und II‑565, Randnr. 109; Barth/Kommission, Randnr. 36; Gericht, 12. Juni 2002, B/Kommission, T‑66/00, Slg. ÖD 2002, I‑A‑75 und II‑361, Randnr. 54