«Öffentliche Aufträge – Richtlinie 89/665/EWG – Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge – Artikel 1 Absatz 3 und Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b – Personen, denen die Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen müssen – Begriff ‚Interesse an einem öffentlichen Auftrag‘»
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(Richtlinie 89/665 des Rates, Artikel 1 Absatz 3 und 2 Absatz 1 Buchstabe b)
(Richtlinie 89/665 des Rates, Artikel 1 Absatz 3)
In Bezug auf die Nichtbeteiligung am Vergabeverfahren kann zwar von einem angeblich durch diskriminierende Klauseln in den Ausschreibungsunterlagen geschädigten Unternehmen als Voraussetzung dafür, mit den in der Richtlinie 89/665 vorgesehenen Nachprüfungsverfahren gegen solche Spezifikationen vorzugehen, nicht verlangt werden, im Rahmen des betreffenden Vergabeverfahrens ein Angebot zu legen, obwohl es aufgrund der genannten Spezifikationen keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlags hat. Es ist daher in einem solchen Fall berechtigt, ein Nachprüfungsverfahren unmittelbar gegen diese Spezifikationen einzuleiten, noch bevor das Vergabeverfahren für den betreffenden öffentlichen Auftrag abgeschlossen ist.
Es entspricht jedoch nicht den Beschleunigungs- und Effizienzzielen der Richtlinie 89/665, wenn eine Person keine solche Nachprüfung beantragt und stattdessen die Mitteilung von der Zuschlagserteilung für den Auftrag abwartet, um diese gerade unter Berufung auf den diskriminierenden Charakter der Spezifikationen vor der zuständigen Stelle anzufechten. Unter diesen Umständen beeinträchtigt es die praktische Wirksamkeit dieser Richtlinie nicht, wenn einer solchen Person kein Interesse an dem fraglichen Auftrag zuerkannt und ihr damit kein Zugang zu den in dieser Richtlinie vorgesehenen Nachprüfungsverfahren gewährt wird.
Folglich steht diese Bestimmung dem entgegen, dass das Interesse einer Person an einem Auftrag als entfallen gilt, weil sie es unterlassen hat, vor Einleitung eines in dieser Richtlinie vorgesehenen Nachprüfungsverfahrens eine Schlichtungsstelle anzurufen.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
12. Februar 2004(1)
„Öffentliche Aufträge – Richtlinie 89/665/EWG – Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge – Artikel 1 Absatz 3 und Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b – Personen, denen die Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehen müssen – Begriff ‚Interesse an einem öffentlichen Auftrag‘“
In der Rechtssache C-230/02 betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom österreichischen Bundesvergabeamt in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit Grossmann Air Service, Bedarfsluftfahrtunternehmen GmbH & Co. KGgegen
Republik Österreich vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 1 Absatz 3 und Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33) in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) geänderten FassungDER GERICHTSHOF (Sechste Kammer),,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Grossmann Air Service, Bedarfsluftfahrtunternehmen GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt P. Schmautzer, der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Winkler als Bevollmächtigte, und der Kommission, vertreten durch J. C. Schieferer als Bevollmächtigten, in der Sitzung vom 10. September 2003,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Oktober 2003,
erlässt
...
(6) Ein auf ein Tätigwerden gemäß Abs. 1 Z 1 gerichtetes Ersuchen ist möglichst rasch nach Kenntnis der Meinungsverschiedenheit bei der Geschäftsführung einzubringen. (7) Wird die Bundes-Vergabekontrollkommission nicht auf Ersuchen der vergebenden Stelle tätig, so hat sie diese unverzüglich von der Aufnahme ihrer Tätigkeit zu verständigen. (8) Die vergebende Stelle darf innerhalb von vier Wochen ... ab der Verständigung gemäß Abs. 7 bei sonstiger Nichtigkeit den Zuschlag nicht erteilen ...“Aus diesen Gründen
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
auf die ihm vom Bundesvergabeamt mit Beschluss vom 14. Mai 2002 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
Skouris |
Gulmann |
Cunha Rodrigues |
Puissochet |
Schintgen |
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Der Kanzler |
Der Präsident |
R. Grass |
V. Skouris |