SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
ANTONIO TIZZANO
vom 29. Juni 2004(1)



Rechtssache C-245/02



Anheuser-Busch Inc.
gegen
Budějovický Budvar, národní podnik


(Vorabentscheidungsersuchen des Korkein oikeus, Finnland)

„TRIPS-Übereinkommen – Artikel 16 – Markenschutz – Schutz des Handelsnamens – Benutzung eines Handelsnamens als Marke“






1.        Die vorliegende Rechtssache hat ihren Ursprung im finnischen Teil des langen Rechtsstreits, zu dem es in verschiedenen Ländern zwischen der Bierbrauerei Budějovický Budvar (2) (im Folgenden: Brauerei Budvar oder einfach Budvar) mit Sitz in der böhmischen Stadt České Budějovice (tschechisches Budweis) (3) , Tschechische Republik, und der amerikanischen Gesellschaft Anheuser-Busch Inc. (im Folgenden: Anheuser-Busch) (4) wegen des Rechts auf Benutzung der Wörter „Bud“, „Budweiser“ u. a. für den Vertrieb der betreffenden Biersorten gekommen ist.

2.        In diesem Zusammenhang wird der Gerichtshof im Wesentlichen ersucht, klarzustellen, welche Rechtsvorschriften auf die Benutzung einer eingetragenen Marke und eines möglicherweise damit kollidierenden Handelsnamens anwendbar sind, wenn man insbesondere das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (im Folgenden: TRIPS-Übereinkommen) (5) berücksichtigt.

I – Rechtlicher Rahmen

A – Völkerrecht

3.        Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (im Folgenden: Pariser Verbandsübereinkunft) (6) bestimmt: „Der Handelsname (7) wird in allen Verbandsländern, ohne Verpflichtung zur Hinterlegung oder Eintragung, geschützt, gleichgültig ob er einen Bestandteil einer Fabrik- oder Handelsmarke bildet oder nicht.“

4.        Artikel 2 des TRIPS-Übereinkommens verweist auf eine Reihe wesentlicher Bestimmungen der Pariser Verbandsübereinkunft, darunter Artikel 8. Dieser wurde somit in das System der Welthandelsorganisation eingliedert (8) .

5.        Unter den wesentlichen Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens ist hier Artikel 16 Absatz 1 von Bedeutung. Dieser lautet:

„Dem Inhaber einer eingetragenen Marke steht das ausschließliche Recht zu, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr identische oder ähnliche Zeichen für Waren oder Dienstleistungen, die identisch oder ähnlich denen sind, für welche die Marke eingetragen ist, zu benutzen, wenn diese Benutzung die Gefahr von Verwechslungen nach sich ziehen würde. Bei der Benutzung identischer Zeichen für identische Waren oder Dienstleistungen wird die Verwechslungsgefahr vermutet. Die vorstehend beschriebenen Rechte beeinträchtigen bestehende9  –So die drei amtlichen Sprachfassungen des TRIPS-Übereinkommens: Im Französischen heißt es: „aucun droit antérieur existant“, im Englischen: „any existing prior rights“, im Spanischen: „ninguno de los derechos existentes con anterioridad“. In anderen im Amtsblatt veröffentlichten Fassungen wie z. B. in der italienischen Fassung ist das Adjektiv „bestehende“ weggelassen. ältere Rechte nicht; sie beeinträchtigen auch nicht die Möglichkeit, dass die Mitglieder Rechte aufgrund von Benutzung vorsehen.“

6.        Artikel 70 des TRIPS-Übereinkommens regelt die zeitliche Geltung des Übereinkommens wie folgt:

„(1)   Aus diesem Übereinkommen ergeben sich keine Verpflichtungen in Bezug auf Handlungen, die vor dem Zeitpunkt der Anwendung dieses Übereinkommens auf das betreffende Mitglied stattfanden.

(2)     Sofern in diesem Übereinkommen nichts anderes vorgesehen ist, ergeben sich daraus Verpflichtungen in Bezug auf sämtliche Gegenstände des Schutzes, die zum Zeitpunkt der Anwendung dieses Übereinkommens auf das betreffende Mitglied vorhanden und zu diesem Zeitpunkt in diesem Mitglied geschützt sind oder die Schutzvoraussetzungen nach Maßgabe dieses Übereinkommens erfüllen oder in der Folge erfüllen werden ...“

7.        Das TRIPS-Übereinkommen ist ebenso wie das Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, im Folgenden: WTO), dessen Anhang es bildet, am 1. Januar 1995 in Kraft getreten; nach Artikel 65 Absatz 1 war allerdings kein Mitgliedstaat verpflichtet, das Übereinkommen vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt anzuwenden.

B – Gemeinschaftsrecht

8.        Die Gemeinschaft hat den Bereich der Marken, soweit hier von Bedeutung, durch den Erlass der Richtlinie 89/104/EWG (im Folgenden: Richtlinie 89/104 oder Richtlinie) (10) geregelt, die die einschlägigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten „in vollständiger Übereinstimmung mit der Pariser Verbandsübereinkunft“ (11) in einigen Aspekten angleicht, ohne jedoch eine vollständige Harmonisierung vorzunehmen.

9.        Im vorliegenden Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es in Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie heißt:

„Eine Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegt im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung, ... wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist …“

10.      Artikel 4 Absatz 2 bestimmt:

„‚Ältere Marken‘ im Sinne von Absatz 1 sind ...

d)
Marken, die am Tag der Anmeldung der Marke, gegebenenfalls am Tag der für die Anmeldung der Marke in Anspruch genommenen Priorität, in dem Mitgliedstaat im Sinne des Artikels 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft notorisch bekannt sind.“

11.      Nach Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b kann jeder Mitgliedstaat vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit „Rechte an einer nicht eingetragenen Marke oder einem sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrecht vor dem Tag der Anmeldung der jüngeren Marke oder gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der jüngeren Marke in Anspruch genommenen Priorität erworben worden sind und diese nicht eingetragene Marke oder dieses sonstige Kennzeichenrecht dem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.“

12.      Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt, soweit hier von Interesse:

„Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr:

a)
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;

b)
ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.“

13.      Gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie kann insbesondere verboten werden, das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen.

14.      Nach Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie „berühren die [vorhergehenden] Absätze ... nicht die in einem Mitgliedstaat geltenden Bestimmungen über den Schutz gegenüber der Verwendung eines Zeichens zu anderen Zwecken als dem der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen, wenn die Benutzung dieses Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt“.

C – Nationales Recht

15.      Nach § 2 Absatz 1 des Toiminimilaki (finnisches Gesetz über die Handelsnamen, im Folgenden: Gesetz über die Handelsnamen) (12) wird das ausschließliche Recht zur Benutzung eines Handelsnamens durch Eintragung erworben oder aber „durch Benutzung“, wenn der Handelsname im Tätigkeitsbereich des Wirtschaftsteilnehmers, der ihn benutzt, allgemein bekannt ist.

16.      Nach § 3 Absatz 2 dieses Gesetzes verleiht das durch Benutzung erworbene Ausschließlichkeitsrecht seinem Inhaber die Befugnis, allen anderen Wirtschaftsteilnehmern die Benutzung eines Handelsnamens zu verbieten, der mit seinem Handelsnamen verwechselt werden könnte.

17.      Nach § 3 Absatz 1 des Tavaramerkkilaki (finnisches Markengesetz, im Folgenden: Markengesetz) (13) kann jeder seinen Handelsnamen als Kennzeichen für seine Waren benutzen, wenn diese Benutzung nicht geeignet ist, die Gefahr der Verwechslung mit einer anderen, bereits geschützten Marke zu begründen.

18.      Nach § 4 Absatz 1 des Markengesetzes kann der Inhaber eines ausschließlichen Rechts, ein Kennzeichen auf einer Ware anzubringen, es allen anderen verbieten, im geschäftlichen Verkehr Marken zu benutzen, bei denen die Gefahr einer Verwechslung mit dem geschützten Zeichen besteht. Verwechslungsgefahr besteht nach § 6 Absatz 1 dieses Gesetzes nur dann, wenn zwei Zeichen für identische oder ähnliche Waren benutzt werden.

19.      Berufen sich mehrere Wirtschaftsteilnehmer auf ein Recht, auf ihren Waren verwechslungsfähige Zeichen anzubringen, löst § 7 des Markengesetzes den Konflikt zwischen den beiden Rechten dadurch, dass er dem früheren Rechtstitel Vorrang einräumt, sofern das in Anspruch genommene Recht nicht – z. B. wegen mangelnder Ausübung – verwirkt worden ist.

20.      Entsprechend bestimmt § 6 Absatz 1 des Gesetzes über die Handelsnamen für den Fall einer Kollision zwischen verwechslungsfähigen Handelsnamen, dass der Vorrang dem Wirtschaftsteilnehmer einzuräumen ist, der sich auf eine frühere Rechtsgrundlage berufen kann.

21.      Für den Fall der Gefahr einer Verwechslung zwischen einer Marke und einem Handelsnamen bestimmt § 14 Absatz 1 Nummer 6 des Markengesetzes, dass einer jüngeren Marke, die mit einem älteren Handelsnamen verwechselt werden kann, der Schutz versagt wird.

22.      Entsprechend darf ein Handelsname nach § 10 Absatz 4 des Gesetzes über die Handelsnamen keine Bestandteile enthalten, die u. a. mit der Marke eines anderen Wirtschaftsteilnehmers verwechselt werden können.

23.      Schließlich hat die finnische Rechtsprechung dem Vorlagebeschluss zufolge den Schutz des Handelsnamens gemäß Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft auf Handelsnamen ausgedehnt, die in einem anderen Staat eingetragen wurden, der der Pariser Verbandsübereinkunft beigetreten ist, sofern der charakteristische Teil des Handelsnamens zumindest in gewissem Umfang in den betroffenen Verkehrskreisen in Finnland bekannt ist (14) .

II – Sachverhalt und Verfahren

24.      Am 1. Februar 1967 ließ die Brauerei Budvar ihren Handelsnamen in das tschechoslowakische Handelsregister eintragen, und zwar in Form einer komplexen Angabe, bestehend aus den Wörtern „Budějovický Budvar“ bzw. „Budweiser Budvar“ – was „‚Brauerei Bud‘ (15) aus Budweis“ bedeutet, gefolgt von der Angabe der Rechtsform des Unternehmens sowohl in tschechischer Sprache („národní podnik“) als auch in französischer und englischer Übersetzung („Entreprise Nationale“, „National Corporation“) (16) .

25.      Sie war im Übrigen in Finnland Inhaberin von Marken, die sich auf die Biersorten „Budvar“ und „Budweiser Budvar“ bezogen und am 21. Mai 1962 und am 13. November 1972 eingetragen wurden. Die finnischen Gerichte haben jedoch die Rechte aus diesen Marken mit Beschluss vom 5. April 1982, bestätigt durch Urteil vom 28. Dezember 1984, wegen mangelnder Benutzung für verwirkt erklärt.

26.      In der Folgezeit, zwischen dem 5. Juni 1985 und dem 5. August 1992, erreichte die konkurrierende Brauerei Anheuser-Busch in Finnland die Eintragung der Marken „Budweiser“, „Bud“, „Bud Light“ und „Budweiser King of the Beers“, die alle Bier betreffen.

27.      Am 11. Oktober 1996 erhob Anheuser-Busch beim Käräjäoikeus (Gericht erster Instanz) in Helsinki Klage mit dem Antrag, Budvar die Benutzung der Marken „Budéjovický Budvar“, „Budweiser Budvar“, „Budweiser“, „Budweis“, „Budvar“, „Bud“ und „Budweiser Budbräu“ zu verbieten, also der Zeichen, die Budvar auf den Aufmachungen des von ihr hergestellten, in Finnland in den Verkehr gebrachten Bieres anzubringen pflegte. Sie beantragte ferner, die tschechische Brauerei zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen. Nach Auffassung von Anheuser-Busch bestand nämlich die Gefahr der Verwechslung der von Budvar benutzten Zeichen mit ihren in Finnland eingetragenen Marken.

28.      Anheuser-Busch beantragte außerdem, es Budvar unter Androhung der im Gesetz über die Handelsnamen vorgesehenen Geldbußen zu verbieten, folgende Handelsnamen in Finnland zu benutzen: „Budějovický Budvar, národní podnik“, „Budweiser Budvar“, „Budweiser Budvar, national enterprise“, „Budweiser Budvar, Entreprise nationale“ und „Budweiser Budvar, National Corporation“ sowie andere ähnliche Bezeichnungen, die geeignet sind, mit ihren eingetragenen Marken verwechselt zu werden.

29.      Budvar hat zu ihrer Verteidigung vorgebracht, dass die von ihr in Finnland benutzten Zeichen nicht geeignet seien, zu einer Verwechslung mit den Marken von Anheuser-Busch zu führen. Außerdem verleihe die Eintragung ihres Handelsnamens im Ursprungsland ihr in Finnland ein früheres Recht auf das Zeichen „Budweiser Budvar“, das gemäß Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft geschützt werden müsse.

30.      Das Käräjäoikeus Helsinki stellte in seinem Urteil vom 1. Oktober 1998 fest, dass sich das Zeichen „Budějovický Budvar“, das auf den Etiketten der Gesellschaft an herausragender Stelle als Marke angebracht sei, von den eingetragenen Marken der Firma Anheuser-Busch unterscheide, so dass für die durch die fraglichen Zeichen und Marken unterschiedenen Biersorten keine Verwechslungsgefahr bestehe.

31.      Das Gericht führte weiter aus, dass das Zeichen „BREWED AND BOTTLED BY BREWERY BUDWEISER BUDVAR NATIONAL ENTERPRISE“, das auf den gleichen Etiketten in deutlich kleineren Buchstaben unterhalb des vorgenannten herausragenden Zeichens angebracht sei, nicht als Marke benutzt werde, sondern lediglich den Handelsnamen der tschechischen Brauerei angebe.

32.      Das Käräjäoikeus bejahte deshalb das Recht der Firma Budvar, die auch in dieser Form gemäß Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft eingetragene englische Version ihres Handelsnamens zu benutzen, wobei es feststellte, dass diese nach den Aussagen mehrerer Zeugen zu der Zeit, als Anheuser-Busch die Eintragung ihrer Marken beantragt habe, in den ihre Tätigkeit betreffenden Verkehrskreisen in gewissem Umfang bekannt gewesen sei.

33.      In der Rechtsmittelinstanz hielt das Hovioikeus (Berufungsgericht) Helsinki in seinem Urteil vom 27. Juni 2000 die genannten Zeugenaussagen als Beweis für den erforderlichen Bekanntheitsgrad der englischen Version des Handelsnamens von Budvar in Finnland für unzureichend und bestätigte deshalb nicht die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils, soweit sie den Budvar gemäß Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft zu gewährenden Schutz betrafen.

34.      Anheuser-Busch und Budvar legten beide gegen das Berufungsurteil Kassationsbeschwerde beim Korkein oikeus (Oberstes Gericht) ein und brachten im Wesentlichen die gleichen Argumente vor wie in der ersten Instanz.

35.      Das mit dem Problem befasste Korkein oikeus hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.
Sind bei einer Kollision zwischen einer Marke und einem angeblich die Marke verletzenden Zeichen, die vor dem Inkrafttreten des TRIPS-Übereinkommens eingetreten ist, bei der Entscheidung der Frage, welches der beiden Rechte auf der älteren Rechtsgrundlage beruht, die Bestimmungen dieses Übereinkommens anwendbar, wenn vorgetragen wird, dass die angebliche Markenrechtsverletzung über den Zeitpunkt hinaus fortgedauert hat, zu dem das TRIPS-Übereinkommen in der Gemeinschaft und in den Mitgliedstaaten Geltung erlangt hat?

2.
Wenn Frage 1 zu bejahen ist:

a)
Kann auch der Handelsname eines Unternehmens als Zeichen für Waren oder Dienstleistungen im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Satz 1 des TRIPS-Übereinkommens dienen?

b)
Wenn Frage 2 a zu bejahen ist: Unter welcher Voraussetzung kann ein Handelsname als Zeichen für eine Ware oder Dienstleistung im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 Satz 1 des TRIPS-Übereinkommens angesehen werden?

3.
Wenn Frage 2 a zu bejahen ist:

a)
Wie ist der Hinweis in Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 des TRIPS-Übereinkommens auf bestehende ältere Rechte zu verstehen? Können auch Rechte aus dem Handelsnamen als solche bestehenden älteren Rechte im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 angesehen werden?

b)
Wenn Frage 3 a zu bejahen ist: Wie ist der genannte Hinweis in Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 des TRIPS-Übereinkommens auf bestehende ältere Rechte im Falle eines Handelsnamens auszulegen, der in dem Staat, in dem die Marke eingetragen ist und in dem Maßnahmen zu ihrem Schutz gegen den betreffenden Handelsnamen beantragt werden, weder eingetragen ist noch Verkehrsgeltung erlangt hat, wobei zu berücksichtigen ist, dass nach Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft eine Pflicht zum Schutz des Handelsnamens unabhängig von seiner Eintragung besteht und nach Ansicht der Rechtsmittelinstanz der WTO die Verweisung in Artikel 2 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens auf Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft bedeutet, dass die Mitglieder der WTO aufgrund des TRIPS-Übereinkommens zum Schutz der Handelsnamen gemäß der letztgenannten Bestimmung verpflichtet sind? Kann in einem solchen Fall bei der Beurteilung, ob ein Handelsname eine ältere Rechtsgrundlage als eine Marke im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 des TRIPS-Übereinkommens hat, entscheidend sein,

i)
ob der Handelsname in den beteiligten Verkehrskreisen in dem Staat, in dem die Marke eingetragen ist und Maßnahmen zu ihrem Schutz beantragt werden, wenigstens in gewissem Umfang vor dem Zeitpunkt bekannt war, zu dem die Eintragung der Marke in dem betreffenden Staat beantragt worden war, oder

ii)
ob der Handelsname im geschäftlichen Verkehr, der auf den Staat ausgerichtet ist, in dem die Marke eingetragen ist und Maßnahmen zu ihrem Schutz beantragt werden, vor dem Zeitpunkt benutzt wurde, zu dem die Eintragung der Marke in diesem Staat beantragt worden war, oder

iii)
welcher andere Umstand kann entscheiden, ob der Handelsname als bestehendes älteres Recht im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 des TRIPS-Übereinkommens anzusehen ist?

36.      Die Parteien des Ausgangsverfahrens, die finnische Regierung und die Kommission haben in dem Verfahren vor dem Gerichtshof schriftliche Erklärungen abgegeben.

III – Rechtliche Prüfung

A – Vorbemerkung

37.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Anheuser-Busch die Einrede der Unzulässigkeit des gesamten Vorabentscheidungsersuchens erhebt und geltend macht, dass weder das TRIPS-Übereinkommen noch das Gemeinschaftsrecht auf die vorliegende Rechtssache anwendbar sei, da der Rechtsstreit vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens und vor dem Beitritt Finnlands zur Gemeinschaft entstanden sei; zudem falle er keinesfalls in den materiellen Geltungsbereich der im Rahmen der WTO harmonisierten Vorschriften und in den Bereich der Gemeinschaft.

38.      Zu der Einrede von Anheuser-Busch kann jedoch nicht Stellung genommen werden ohne gleichzeitige Prüfung der materiellen Aspekte der ersten Frage – soweit sie die zeitliche Anwendbarkeit der erheblichen Bestimmungen betrifft – und der dritten Frage – soweit sie deren sachliche Anwendbarkeit betrifft. Deshalb halte ich es nicht für angebracht, die Frage der Zulässigkeit gesondert zu prüfen, sondern werde sie zusammen mit der inhaltlichen Prüfung der Vorabentscheidungsfragen untersuchen.

B – Zur ersten Frage

39.      Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht im Wesentlichen dahin, ob das TRIPS-Übereinkommen auf einen Rechtsstreit anwendbar ist, in dem es um die Kollision zwischen einer Marke und einem diese möglicherweise beeinträchtigenden Zeichen (hier einem Firmennamen) geht, wenn die Kollision vor Inkrafttreten des Übereinkommens eingetreten ist, aber danach fortgedauert hat.

40.      Meines Erachtens kann entgegen der Auffassung von Anheuser-Busch kein Zweifel an der zeitlichen Anwendbarkeit des TRIPS-Übereinkommens auf den vorliegenden Sachverhalt bestehen.

41.      Denn wie Budvar und die Kommission zu Recht vorgetragen haben, muss das vorlegende Gericht hier über angebliche Markenrechtsverletzungen entscheiden, die auf Ende 1995 zurückgehen, aber noch fortbestehen. Es handelt sich somit um ein Verhalten, das auch nach Inkrafttreten des TRIPS-Übereinkommens fortgesetzt wird und andauert.

42.      Zudem ist die Klage am 11. Oktober 1996 erhoben worden, d. h. zu einem Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen in Finnland wie auch in der übrigen Gemeinschaft uneingeschränkt anwendbar war.

43.      Wie der Gerichtshof schon im Urteil Schieving-Nijstad (17) entschieden hat, ist das TRIPS-Übereinkommen auch auf Rechtsstreitigkeiten anwendbar, die auf einem vor seinem Inkrafttreten liegenden Sachverhalt beruhen, „wenn die fragliche Verletzung der Rechte des geistigen Eigentums über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des TRIPS-Übereinkommens für die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten hinaus angedauert hat“ (18) .

44.      Wenn dies in einem Fall gilt, in dem – wie in der Rechtssache Schieving-Nijstad – das TRIPS-Übereinkommen in dem betreffenden Mitgliedstaat zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten ist, „zu dem das erstinstanzlich zuständige Gericht bereits in die Phase der Entscheidungsfindung eingetreten ist, aber noch keine Entscheidung verkündet hat“ (19) , muss das Übereinkommen erst recht auf einen Rechtsstreit anwendbar sein, der wie hier nach seinem Inkrafttreten beim nationalen Gericht anhängig gemacht wurde.

45.      Dieses Ergebnis steht im Übrigen in völliger Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Rechtsmittelinstanz der WTO zu Artikel 70 des TRIPS-Übereinkommens, wonach dieses keine Verpflichtungen im Zusammenhang mit Handlungen begründet, die vor seiner Anwendbarkeit vorgenommen worden sind.

46.      Die Rechtsmittelinstanz hat nämlich entschieden, dass Artikel 70 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens „a seulement pour effet d’exclure toutes obligations pour ce qui est des ‚actes qui ont été accomplis‘ avant la date d’application de l’Accord sur les ADPIC mais il n’exclut pas les droits et obligations pour ce qui est des situations qui continuent. Au contraire, les ‚objets existant ... qui sont protégés‘ constituent manifestement une situation qui continue“ (20) , auf die deshalb das TRIPS-Übereinkommen gemäß Artikel 70 Absatz 2 uneingeschränkt anwendbar ist.

47.      Deshalb schlage ich vor, die erste Frage des vorlegenden Gerichts dahin zu beantworten, dass bei einer Kollision zwischen einer Marke und einem diese angeblich verletzenden Zeichen bei der Entscheidung der Frage, welches der beiden Rechte auf der älteren Rechtsgrundlage beruht, die Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens auch dann anwendbar sind, wenn die Kollision vor Inkrafttreten dieses Übereinkommens eingetreten ist, sofern die angebliche Markenrechtsverletzung nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens in der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten fortbestanden hat.

C – Zur zweiten Frage

48.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, unter welchen Voraussetzungen ein Handelsname gemäß Artikel 16 Absatz 1 Satz 1 des TRIPS-Übereinkommens als ein mit einer eingetragenen Marke kollidierendes Zeichen angesehen werden kann und ob folglich dem Inhaber dieses Zeichens dessen Benutzung verboten werden kann.

49.      Alle Verfahrensbeteiligten, die Erklärungen eingereicht haben, sind sich darin einig, dass – obwohl abstrakt gesehen der Schutz der Marke und der des Handelsnamens auf verschiedenen nicht miteinander in Konflikt stehenden Ebenen wirksam ist – ein als Handelsname geschütztes Zeichen gleichwohl unter bestimmten Voraussetzungen im Sinne dieser Bestimmung mit einer eingetragenen Marke kollidieren kann.

50.      Somit besteht das Problem in der Ermittlung dieser Voraussetzungen.

51.      Dazu trägt Anheuser-Busch vor, nach dem Wortlaut des Artikels 16 Absatz 1 Satz 1 des TRIPS-Übereinkommens sei der Inhaber einer Marke immer befugt, einem Dritten die Benutzung eines Handelsnamens zu verbieten, der aus einem Zeichen bestehe, das mit seiner Marke identisch sei oder dieser ähnele, wenn der Dritte dieses Zeichen „im geschäftlichen Verkehr“ benutze.

52.      Nach Meinung der Firma Budvar und der finnischen Regierung ist dagegen zu prüfen, ob der Handelsname konkret zu anderen Zwecken als in seiner Hauptfunktion benutzt werde, insbesondere, um die Waren seines Inhabers von denen eines anderen Wirtschaftsteilnehmers zu unterscheiden, wodurch im konkreten Fall eine Verwechslung mit einer von diesem Wirtschaftsteilnehmer für identische Waren eingetragenen Marke hervorgerufen werde. Diese Prüfung ist, wie insbesondere die finnische Regierung vorträgt, im Wesentlichen Aufgabe des nationalen Gerichts.

53.      Die Kommission schließlich ist der Meinung, dass dieser Konflikt durch die Anwendung der Vorschriften geschlichtet werden müsse, die die Kollision zwischen Marken regeln.

54.      Ich kann natürlich zunächst den Verfahrensbeteiligten nur darin zustimmen, dass allgemein gesehen die Hauptfunktion des Handelsnamens darin besteht, ein Unternehmen zu identifizieren, während die Marke bestimmte Waren von anderen gleichartigen Waren unterscheidet. Deshalb kann grundsätzlich keine Gefahr der Verwechslung zwischen einem als Marke und einem als Handelsname benutzten Zeichen bestehen.

55.      Dies schließt allerdings nicht aus, dass ein und dasselbe Zeichen zunächst zur Kennzeichnung eines Unternehmens, dann aber auch in der typischen Funktion der Marke benutzt wird, die darin besteht, eine Verbindung zwischen der Ware und dem Unternehmen, das diese herstellt (oder vertreibt), zu schaffen und dadurch den Verbrauchern die Herkunft der Ware zu gewährleisten (21) .

56.      Es ist nämlich ohne weiteres möglich, dass unterscheidende Zeichen, die grundsätzlich verschiedene Funktionen haben, in der Folgezeit konkret zu demselben Zweck benutzt und dadurch in den Augen der Öffentlichkeit verwechslungsfähig werden.

57.      In diesen Fällen verleiht Artikel 16 Absatz 1 Satz 1, wie wir gesehen haben, dem Inhaber der eingetragenen Marke das „ausschließliche Recht, Dritten zu verbieten, ... im geschäftlichen Verkehr identische oder ähnliche Zeichen für Waren oder Dienstleistungen, die identisch oder ähnlich denen sind, für welche die Marke eingetragen ist, zu benutzen“ (Artikel 16 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens).

58.      Die Benutzung eines Zeichens als Marke ist somit die Conditio sine qua non für das Vorliegen einer Kollision zwischen diesem Zeichen und einer eingetragenen Marke und folglich für die Ausübung des Ius excludendi (Recht, die Benutzung zu verbieten) durch den Inhaber der eingetragenen Marke.

59.      Sie ist jedoch keine ausreichende Bedingung für das Vorliegen einer Kollision zwischen diesen beiden Zeichen zumindest in Fällen, in denen zwischen ihnen eine bloße Ähnlichkeit, nicht dagegen eine vollständige Identität besteht.

60.      Wie sich nämlich auch aus dem Wortlaut der fraglichen Bestimmung ergibt, ist nach Feststellung der übereinstimmenden Funktion beider Zeichen weiter zu prüfen, ob die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten im konkreten Fall die „Gefahr von Verwechslungen“ mit der eingetragenen Marke begründen kann.

61.      Nur wenn auch diese Frage bejaht werden kann, liegt ein mit einer eingetragenen Marke kollidierendes unterscheidendes „Zeichen“ für Waren oder Dienstleistungen vor, dessen Benutzung gemäß Artikel 16 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens verboten werden kann.

62.      Daraus folgt, dass ein Handelsname gemäß Artikel 16 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens die Merkmale eines mit einer eingetragenen Marke kollidierenden Zeichens aufweisen kann, obwohl er in der eigentlichen Funktion der Marke, nämlich zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Ware und dem Unternehmen, das diese herstellt (oder vertreibt), benutzt wird, und somit zu Verwechslungen bei den Verbrauchern führen kann, indem er sie daran hindert, mühelos zu verstehen, ob bestimmte Waren dem Inhaber des Handelsnamens oder dem Inhaber der eingetragenen Marke zuzuordnen sind.

63.      So viel zur Auslegung von Artikel 16 des TRIPS-Übereinkommens. Um dem vorlegenden Gericht eine nützliche Antwort geben zu können, ist jedoch weiter zu prüfen, ob die ins Auge gefasste Lösung mit dem anwendbaren Gemeinschaftsrecht in Einklang steht.

64.      Wie in anderen Bereichen müssen die nationalen Rechte nämlich auch hinsichtlich des Markenschutzes nicht nur die Verpflichtungen beachten, die sich auf internationaler Ebene aus dem Beitritt der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft zum TRIPS-Übereinkommen ergeben, sondern auch und in erster Linie die Verpflichtungen, die aus dem Gemeinschaftsrecht folgen. Dies gilt umso mehr, als für diesen Bereich, wie wir gesehen haben, eine besondere Harmonisierungsregelung besteht, die in der am Anfang dieser Schlussanträge (siehe oben, Nr. 8) genannten Richtlinie 89/104 enthalten ist.

65.      Ohne an dieser Stelle in eine Untersuchung der rechtlichen Probleme eintreten zu wollen, die sich aus dem Beitritt der Gemeinschaft zur Welthandelsorganisation ergeben, genügt für unsere Zwecke der Hinweis darauf, dass nach den Ausführungen der Rechtsmittelinstanz der WTO Artikel 16 des TRIPS-Übereinkommens dem Inhaber der eingetragenen Marke ein „niveau minimal de ‚droits exclusifs‘ convenu à l’échelle internationale“ verleiht, das alle Staaten, die Mitglieder der WTO sind, in ihren internen Rechtsordnungen garantieren müssen (22) .

66.      Um also genau bestimmen zu können, welches Recht auf eine Kollision zwischen einem als Marke benutzten Handelsnamen und einer eingetragenen Marke anwendbar ist, ist weiter zu prüfen, ob und wie der „Mindestumfang“ des im TRIPS-Übereinkommen vorgesehenen Schutzes eine Entsprechung im Gemeinschaftsrecht hat.

67.      Dazu ist, wenn man berücksichtigt, dass der Gebrauch eines Zeichens als Marke die erste Voraussetzung für das Vorliegen einer Kollision zwischen diesem Zeichen und einer eingetragenen Marke bildet (siehe oben, Nr. 58), vorab daran zu erinnern, wie der Gerichtshof die Funktion der Marke im Gemeinschaftsrecht definiert hat.

68.      Nach ständiger Rechtsprechung besteht „die Hauptfunktion der Marke darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden“ (23) . Der Gerichtshof hat weiter ausgeführt, dass „die Marke die Gewähr bieten [muss], dass alle Waren oder Dienstleistungen, die sie kennzeichnet, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann“ (24) .

69.      Das finnische Gericht muss somit ermitteln, in welcher Funktion der Handelsname Budvar benutzt wird.

70.      Unterstellt, dieses Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass er in der eigentlichen Funktion als Marke benutzt worden ist, d. h. um die Waren, auf denen er angebracht ist, als von der tschechischen Brauerei stammend zu kennzeichnen, so muss es in Anwendung des nationalen Rechts unter Berücksichtigung der dazu in der Richtlinie 89/104 festgelegten Kriterien untersuchen, ob eine Gefahr der Verwechslung zwischen diesem Zeichen und der eingetragenen Marke der konkurrierenden amerikanischen Brauerei besteht.

71.      Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a verleiht dem Inhaber einer Marke das Recht, die Benutzung eines identischen Zeichens für identische Waren ohne weiteres zu verbieten. In diesem Fall wird die Verwechslungsgefahr vom Gesetzgeber selbst vermutet.

72.      Wenn dagegen keine Identität, aber doch eine Ähnlichkeit zwischen dem Zeichen und der Marke besteht, macht Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b die Ausübung des fraglichen Rechts vom Vorliegen einer „für das Publikum [bestehenden] Gefahr von Verwechslungen“ abhängig, „die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird“.

73.      Es ist eindeutig Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, welcher dieser beiden Fälle hier vorliegt. Dabei darf es jedoch nicht von dem abweichen, was sich insoweit bereits aus der Gemeinschaftsrechtsprechung ergibt.

74.      Der Gerichtshof hat insbesondere entschieden, dass „[d]as Kriterium der Identität zwischen dem Zeichen und der Marke ... restriktiv auszulegen [ist]. Bereits die Definition des Begriffes der Identität impliziert nämlich, dass zwei verglichene Elemente in jeder Hinsicht übereinstimmen“ (25) . Er hat weiter ausgeführt: „Allerdings ist die Wahrnehmung der Identität zwischen einem Zeichen und einer Marke allgemein aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen. Ein solcher Verbraucher erhält von dem Zeichen einen Gesamteindruck. Einem Durchschnittsverbraucher bietet sich nämlich nur selten die Möglichkeit, Zeichen und Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, er muss sich vielmehr auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat. Außerdem kann die Aufmerksamkeit je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein.“ (26)

75.      Sollte also das vorlegende Gericht aufgrund dieser Erwägungen die Identität der Zeichen bejahen, so könnte der Markeninhaber ohne weiteres sein Recht ausüben, die Benutzung dieses Zeichens zu verbieten. Im gegenteiligen Fall wird das Gericht zu prüfen haben, ob eine konkrete Verwechslungsgefahr besteht.

76.      Bei dieser Prüfung muss es eine „Gesamtwürdigung“ der Verwechslungsgefahr vornehmen und alle wesentlichen Umstände berücksichtigen, darunter die Bekanntheit der Marke. Diese ist allerdings nicht ausschlaggebend (27) , da selbst bei Vorliegen einer bekannten Marke eine „Verwechslungsgefahr nicht vermutet werden kann“ (28) , auch wenn die Bekanntheit der (älteren) Marke eine Gefahr der gedanklichen Verbindung im engeren Sinne begründet.

77.      Auch in diesem Fall ist das nationale Gericht nämlich „nicht von der Notwendigkeit befreit, das Bestehen einer Verwechslungsgefahr, für die der Beweis zu erbringen ist, positiv festzustellen“ (29) .

78.      Dies vorausgeschickt, kann zu der Prüfung der Frage übergegangen werden, ob die in Artikel 5 der Richtlinie 89/104 und den dazu ergangenen finnischen Durchführungsvorschriften vorgesehene Regelung mit dem in Artikel 16 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens festgelegten „minimalen“ rechtlichen Rahmen vereinbar ist.

79.      Dabei muss man sich vor Augen halten, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes trotz des Umstands, dass das TRIPS-Übereinkommen keine unmittelbare Wirkung im Gemeinschaftsrecht hat, „die Gerichte der Mitgliedstaaten ... nach dem Gemeinschaftsrecht verpflichtet [sind], bei der Anwendung ihrer nationalen Rechtsvorschriften ... zum Schutz von Rechten, die [zum Bereich der Marken] gehören, so weit wie möglich den Wortlaut und den Zweck … des TRIPS-Übereinkommens zu berücksichtigen“ (30) .

80.      Meines Erachtens muss dieser Grundsatz, der im Hinblick auf Vorschriften des nationalen Verfahrensrechts aufgestellt wurde, für die der Gemeinschaftsgesetzgeber keinerlei Harmonisierung vorgesehen hat, erst recht in einem Fall gelten, in dem es wie im Ausgangsverfahren um wesentliche Vorschriften geht, die durch den Erlass der Richtlinie 89/104, deren Artikel 4 und 5 auch mögliche Kollisionen zwischen Marken und anderen Zeichen behandeln, auf Gemeinschaftsebene harmonisiert worden sind.

81.      Unter Berücksichtigung auch dieser Erwägungen können meines Erachtens keine Zweifel daran bestehen, dass die in Rede stehende Gemeinschaftsregelung mit dem TRIPS-Übereinkommen völlig in Einklang steht.

82.      Kein Problem besteht zunächst im Fall der doppelten Identität der Waren und der Zeichen, da in diesem Fall die Anwendung des Artikels 5 der Richtlinie bewirkt, dass der Markeninhaber ohne weiteres sein im TRIPS-Übereinkommen vorgesehenes Ius excludendi ausüben kann.

83.      Für den Fall, dass die Marke und das möglicherweise mit ihr kollidierende Zeichen nur ähnlich sind, verlangt die Richtlinie, wie bereits ausgeführt, dass geprüft wird, ob eine konkrete Verwechslungsgefahr besteht. Diese Prüfung ist jedoch auch im TRIPS-Übereinkommen vorgesehen, und zwar in einer Formulierung, die sich von der des Gemeinschaftsrechts nicht wesentlich unterscheidet (siehe oben, Nr. 60).

84.      Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich vor, die zweite Vorabentscheidungsfrage dahin zu beantworten, dass ein Handelsname die Merkmale eines mit einer eingetragenen Marke kollidierenden „Zeichens“ aufweisen kann, dessen Benutzung vom Inhaber dieser Marke gemäß Artikel 16 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens und Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 verboten werden kann, wenn er in der der Marke eigenen Funktion benutzt wird, eine Verbindung zwischen der Ware und dem Unternehmen, das diese herstellt (oder vertreibt), zu schaffen, und wenn er zu Verwechslungen bei den Verbrauchern führen kann, indem er sie daran hindert, mühelos zu verstehen, ob bestimmte Waren dem Inhaber des Handelsnamens oder dem Inhaber der eingetragenen Marke zuzuordnen sind. Im Fall der Identität von Zeichen und Waren wird die Verwechslungsgefahr vermutet; andernfalls muss sie vom nationalen Gericht im Wege einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls ermittelt werden.

D – Zum ersten Teil der dritten Frage

85.      Der erste Teil der dritten Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob auch die sich aus einem Handelsnamen ergebenden Rechte „bestehende ältere Rechte“ darstellen, die das Ius excludendi des Inhabers der eingetragenen Marke gemäß Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 des TRIPS-Übereinkommens nicht beeinträchtigen darf.

86.      Budvar, die finnische Regierung und die Kommission schlagen vor, diese Frage zu bejahen.

87.      Ich ziehe dagegen zumindest grundsätzlich die von Anheuser-Busch vorgeschlagene Auslegung vor, denn bei den „bestehenden älteren Rechten“, die nach Artikel 16 des TRIPS-Übereinkommens unberührt bleiben müssen, handelt es sich meines Erachtens nur um die Rechte, die sich aus einem Zeichen ergeben, das als Marke benutzt wird, unabhängig davon, dass dieses Zeichen auch andere Funktionen erfüllen kann, darunter die eines Handelsnamens.

88.      Denn wie wir gesehen haben, kann der Inhaber einer eingetragenen Marke nach Artikel 16 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens unter den vorstehend aufgeführten Voraussetzungen verhindern, dass Dritte mit der Marke identische oder ihr ähnliche Zeichen für Waren benutzen, die mit den Waren identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, oder diesen ähnlich sind. Dies gilt jedoch nur, wenn das fragliche Zeichen „als Marke“ benutzt wird, d. h. mit der Funktion, Waren von anderen gleichartigen Waren zu unterscheiden.

89.      Es scheint mir also völlig logisch, anzunehmen, dass auch die in derselben Bestimmung enthaltene Verweisung auf die „Rechte“, die der Schutz der Marke nicht beeinträchtigen darf, in demselben Sinne zu verstehen ist.

90.      Diese Bestimmung will nämlich verhindern, dass das Ius excludendi des Inhabers einer Marke den trifft, der ein Recht auf die Benutzung eines Zeichens erworben hat, das aufgrund seiner Benutzung vor Eintragung der Marke möglicherweise mit dieser kollidiert.

91.      Im Übrigen wird bei genauerem Hinsehen klar, dass die gegenteilige Auslegung keinen Sinn ergeben würde.

92.      Bei Fehlen einer Kollision zwischen den beiden Zeichen kann der Markeninhaber nämlich kein Ius excludendi gegen den Inhaber des Handelsnamens ausüben; in diesem Fall besteht somit keine Notwendigkeit, Artikel 16 des TRIPS-Übereinkommens so anzuwenden, dass der besondere Schutz des Handelsnamens „unberührt bleibt“, der ja im System des TRIPS-Übereinkommens von anderen eigenständigen Bestimmungen gewährleistet wird (siehe unten, Nr. 108).

93.      Dies vorausgeschickt, möchte ich noch einige Überlegungen dazu anstellen, inwieweit es sich bei diesem Recht um ein „älteres“ und „bestehendes“ Recht handeln muss, denn während des Verfahrens sind zu der Auslegung dieser beiden Adjektive ganz verschiedene Meinungen vertreten worden.

94.      Die Kommission hat zu dem Begriff „ältere“ vorgetragen, dass die fragliche Bestimmung eine Übergangsvorschrift sei, die die vor Inkrafttreten des TRIPS-Übereinkommens erworbenen Rechte unberührt lasse, denn nur in Bezug auf diese könne man von „bestehenden älteren Rechten“ sprechen.

95.      Die gegenteilige Auslegung des Artikels 16 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens wird von Anheuser-Busch, der finnischen Regierung und Budvar befürwortet. Nach dieser Auslegung, die auch mir überzeugender erscheint, muss der „ältere“ Charakter des Rechts, das der fraglichen Bestimmung zufolge unberührt bleiben soll, im Verhältnis zu der Eintragung der Marke festgestellt werden, mit der es kollidiert. Es geht nämlich um den Ausdruck des grundsätzlichen Vorrangs des älteren ausschließlichen Rechts, der einen der Grundsätze des Markenrechts und allgemeiner des gesamten Rechts des gewerblichen Eigentums bildet.

96.      Was weiter das Adjektiv „bestehend“ betrifft, besagt dieses meines Erachtens, dass sich der Inhaber des älteren Rechts nur dann wirksam den Ansprüchen des Inhabers einer mit diesem kollidierenden Marke widersetzen kann, wenn er sein Recht ohne Unterbrechung ausgeübt hat, denn andernfalls würde nicht einem „bestehenden“ Recht Schutz gewährt, sondern das Wiederaufleben eines verwirkten Rechts ermöglicht.

97.      Zudem erscheint mir die von der Kommission vertretene Auslegung, die Satz 3 auf eine Übergangsvorschrift reduziert, auch systematisch angreifbar, da sich die Übergangsregelungen des TRIPS-Übereinkommens in Artikel 70 finden.

98.      Aber es gibt noch ein weiteres Argument: Nach der Auslegung der Kommission wäre Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 des TRIPS-Übereinkommens genau gesehen eine überflüssige Wiederholung der bereits in Artikel 70 dieses Übereinkommens enthaltenen Regelung.

99.      In der Tat würde ein Schutz der „bestehenden älteren Rechte“ durch Artikel 16 des TRIPS-Übereinkommens unnötigerweise die den Mitgliedstaaten bereits durch Artikel 70 des Übereinkommens auferlegte Verpflichtung wiederholen, „sämtliche Gegenstände ..., die zum Zeitpunkt der Anwendung dieses Übereinkommens auf das betreffende Mitglied vorhanden und zu diesem Zeitpunkt in diesem Mitglied geschützt sind“, zu schützen.

100.    Außerdem müsste, wollte man der Auslegung der Kommission folgen, erklärt werden, wie das TRIPS-Übereinkommen den Fall einer Kollision zwischen einem Recht an einer Marke und einem Recht an einem als Marke benutzten Zeichen zu regeln gedenkt.

101.    Wäre nämlich die Verweisung auf „bestehende ältere Rechte“ in Artikel 16 nicht in dem hier vertretenen Sinne zu verstehen, so müsste eingeräumt werden, dass die internationale Regelung der handelsbezogenen Aspekte des Markenrechts in flagranter Weise unvollständig und zur Erreichung ihres selbst gesetzten Zieles ungeeignet wäre, die Hindernisse für den Warenverkehr zu beseitigen, die sich aus der Ungleichheit der Regelungen zum Schutz des gewerblichen Eigentums ergeben.

102.    Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich deshalb vor, den ersten Teil der dritten Frage dahin zu beantworten, dass ein Handelsname nur dann ein bestehendes älteres Recht im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 Satz 3 des TRIPS-Übereinkommens darstellen kann, wenn er als Marke benutzt worden ist.

E – Zum zweiten Teil der dritten Frage

103.    Der zweite Teil der dritten Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, unter welchen Voraussetzungen ein Handelsname, der in dem Staat, in dem eine möglicherweise mit ihm kollidierende Marke eingetragen worden ist, weder eingetragen noch traditionell benutzt wurde, in den Genuss des in Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 des TRIPS-Übereinkommens für „bestehende ältere Rechte“ vorgesehenen Schutzes kommen kann, wenn man berücksichtigt, dass die Mitgliedstaaten der WTO aufgrund des in Artikel 2 des TRIPS-Übereinkommens enthaltenen Verweises auf Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft verpflichtet sind, ausländische Handelsnamen unabhängig von ihrer Eintragung zu schützen.

104.    Das Gericht fragt insbesondere, ob es für die Gewährung dieses Schutzes darauf ankommt, ob der Handelsname in dem Staat, in dem sein Schutz beantragt wird, im Geschäftsverkehr benutzt wird oder zumindest in gewissem Umfang bekannt ist.

105.    Nach der Auffassung von Anheuser-Busch beschränkt sich die in Artikel 2 des TRIPS-Übereinkommens enthaltene Verweisung auf die Pariser Verbandsübereinkunft auf die ausdrücklich in den Teilen II, III und IV des TRIPS-Übereinkommens geregelten Gegenstände, zu denen der Schutz des Handelsnamens nicht gehöre. Selbst wenn man annehmen wollte, dass sich diese Verweisung auf diesen Schutz erstrecke, sei festzustellen, dass Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft nicht die Frage des Bestehens eines Handelsnamens und seiner Anerkennung aufgrund seiner Benutzung und erst recht nicht die Frage regele, welches von zwei Rechten – ein Handelsname oder ein damit kollidierendes Recht – früher entstanden sei. Die Regelung dieser Fragen sei vielmehr den nationalen Rechten überlassen worden.

106.    Der Gerichtshof sei deshalb für die Entscheidung über die vom finnischen Gericht in diesem Teil der dritten Frage gestellte Frage nicht zuständig.

107.    Anheuser-Busch trägt hilfsweise vor, aufgrund des Territorialitätsprinzips, das im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums einschließlich der sich aus den Handelsnamen ergebenden Rechte allgemein anerkannt sei, bestimmten sich die Voraussetzungen für den Schutz eines ausländischen Handelsnamens in Finnland nach finnischem Recht. Somit sei der Gerichtshof auch aus diesem Grund nicht für die Auslegung der einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts zuständig.

108.    Ich teile diese Auffassung nicht. Die Verweisung des Artikels 2 des TRIPS-Übereinkommens auf die Pariser Verbandsübereinkunft ist meines Erachtens so zu verstehen, dass der Schutz des Handelsnamens in den Anwendungsbereich des TRIPS-Übereinkommens fällt.

109.    Auch die Rechtsmittelinstanz der WTO hat ausdrücklich anerkannt, dass das TRIPS-Übereinkommen die Mitgliedstaaten der WTO verpflichtet, auch die Handelsnamen zu schützen, da die in Artikel 2 dieses Übereinkommens enthaltene Verweisung die Einbeziehung des Artikels 8 der Pariser Verbandsübereinkunft in das TRIPS-Übereinkommen vorsehe (31) .

110.    Gleichwohl ist anzuerkennen, dass der Einwand von Anheuser-Busch das Verdienst hat, die Frage der Grenzen der Zuständigkeit des Gerichtshofes für die Auslegung eines völkerrechtlichen Übereinkommens wie etwa des TRIPS-Übereinkommens aufzuwerfen.

111.    Ohne mich zu den allgemeinen Aspekten der Frage zu äußern, werde ich mich auf den ganz schematischen Hinweis beschränken, dass sich der Gerichtshof grundsätzlich für unzuständig erklärt hat, über die Auslegung von Normen des Völkervertragsrechts außerhalb des gemeinschaftsrechtlichen Bereichs zu entscheiden (32) . Er hat im Übrigen auch klargestellt, dass im Fall von Verträgen, die wie der hier in Rede stehende in gemischter Form von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten geschlossen wurden, die Auslegungszuständigkeit des Gerichtshofes zumindest für die Normen des Vertrages bestehen bleibt, die sich, wenn auch nur indirekt, auf durch Gemeinschaftsvorschriften geregelte Sachgebiete auswirken (33) .

112.    Da aber die Gemeinschaft den Bereich des Schutzes des Handelsnamens nicht geregelt hat (34) , fällt folglich die Auslegung der durch Artikel 2 des TRIPS-Übereinkommens in dieses Übereinkommen einbezogenen Bestimmungen über den Schutz des Handelsnamens – und damit u. a. die des Artikels 8 der Pariser Verbandsübereinkunft – nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofes.

113.    Wie der vorliegende Sachverhalt zeigt, kann die Ausdehnung des dem Inhaber des Handelsnamens zuerkannten Schutzes indirekt auch den Schutz beeinflussen, den der Markeninhaber genießt, und sich somit auf ein Sachgebiet auswirken, das in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt.

114.    Wie bereits zuvor bei der Beantwortung der zweiten und des ersten Teils der dritten Frage ausgeführt, kann die Verwendung eines Handelsnamens – unter bestimmten Voraussetzungen und insbesondere dann, wenn er als Marke verwendet wird – mit der dem Inhaber einer eingetragenen Marke durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen ausschließlichen Rechtsposition kollidieren.

115.    Da im vorliegenden Fall genau diese Kollision nicht a priori ausgeschlossen werden kann, kann auch die Zuständigkeit des Gerichtshofes nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden.

116.    Um daher jeden Zweifel am Bestehen und an den Grenzen einer solchen Zuständigkeit zu beseitigen, glaube ich, dass die Frage wie folgt umformuliert werden sollte:

Setzt der der Marke vom Gemeinschaftsrecht gewährte Schutz dem Schutz Grenzen, den die Mitgliedstaaten dem Handelsnamen aufgrund der einschlägigen Bestimmungen der Pariser Verbandsübereinkunft, auf die Artikel 2 des TRIPS-Übereinkommens verweist, zu gewähren haben, wenn der Handelsname als Marke benutzt wird, und unter welchen Voraussetzungen kann ein solches Zeichen in den Genuss des in Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 des TRIPS-Übereinkommens für „bestehende ältere Rechte“ vorgesehenen Schutzes kommen?

117.    Mir scheint klar, dass der von Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft gewährleistete Schutz des Handelsnamens nicht den Schutz verkürzen kann, den das TRIPS-Übereinkommen und das Gemeinschaftsrecht den Inhabern einer eingetragenen Marke gewähren, wenn der Handelsname als Marke benutzt wird.

118.    Denn das, was man in diesem Fall geschützt sehen möchte, ist nicht so sehr das Recht auf die Benutzung eines Handelsnamens als Mittel zur Identifizierung des Unternehmens, sondern das Recht auf die Benutzung dieses Handelsnamens als Kennzeichen von Waren, d. h. auf seine Benutzung gerade als Marke.

119.    Wenn dies zutrifft, muss das Kriterium für die Bestimmung des Vorrangs eines dieser beiden kollidierenden Rechte aus dem Markenrecht, insbesondere aus der in Artikel 16 des TRIPS-Übereinkommens aufgestellten Regel der Priorität (siehe oben, Nr. 95) entnommen werden, die das grundlegende Entscheidungskriterium bei Kollisionen von Rechten des geistigen Eigentums, die dieselbe Funktion erfüllen, bildet.

120.    Die besonderen Modalitäten der Anwendung dieses Kriteriums können jedoch meines Erachtens nicht allein aus Artikel 16 des TRIPS-Übereinkommens entnommen werden, der lediglich auf dieses allgemeine Kriterium verweist, ohne es genauer zu erläutern; sie müssen notwendigerweise auch aus der Prüfung der gemeinschaftlichen Harmonisierungsvorschriften, insbesondere aus Artikel 4 der Richtlinie 89/104, hergeleitet werden.

121.    Diese Bestimmung, die die „Eintragungshindernisse“ und die „Ungültigkeitsgründe bei Kollision mit älteren Rechten“ regelt, nennt, soweit hier von Interesse, die Fälle, in denen der Schutz der eingetragenen Marke hinter dem älteren Recht eines Dritten zurückstehen muss.

122.    Insbesondere bestimmt sich nach Artikel 4 der Richtlinie bei zwei miteinander kollidierenden Rechten die Priorität nach dem Zeitpunkt, zu dem in dem Land, in dem der Schutz begehrt wird, von dem Zeichen, das den Handelsnamen bildet, gesagt werden kann, dass es „notorisch bekannt“ ist (aus Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe d hergeleitetes Argument), oder nach dem Zeitpunkt, zu dem aufgrund der Benutzung des fraglichen Zeichens „Rechte an einer nicht eingetragenen Marke oder einem sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrecht vor dem Tag der Anmeldung der jüngeren Marke ... erworben worden sind“ (Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b).

123.    Aufgrund des Akteninhalts habe ich nicht den Eindruck, dass der Handelsname Budvar in Finnland notorisch bekannt ist. Dies wird jedoch das vorlegende Gericht endgültig festzustellen haben.

124.    Ohnehin bleibt die Regelung der Frage des Erwerbs von Rechten aus einer nicht eingetragenen Marke einschließlich des Rechts auf Benutzung eines Handelsnamens als Marke der jeweiligen nationalen Rechtsordnung überlassen, denn wie sich ausdrücklich aus der vierten Begründungserwägung der Richtlinie ergibt, bezweckt diese nicht, die Voraussetzungen für den Schutz der durch Benutzung erworbenen Marken zu harmonisieren. Somit werden auch die Voraussetzungen, denen dieses Recht unterliegt, und der Zeitpunkt seines Erwerbs vom internen Recht der Mitgliedstaaten geregelt.

125.    Aufgrund dieser Überlegungen schlage ich vor, den umformulierten zweiten Teil der dritten Frage wie folgt zu beantworten: Wenn ein Handelsname als Marke benutzt wird, muss die Kollision zwischen diesem und einer eingetragenen Marke aufgrund des Kriteriums der Priorität beurteilt werden; diese bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem in dem Land, in dem der Schutz begehrt wird, von dem Zeichen, das den Handelsnamen bildet, gesagt werden kann, dass es „notorisch bekannt“ ist, oder zu dem aufgrund der Benutzung nach den im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Modalitäten Rechte an einem als Marke benutzten Zeichen erworben worden sind.

IV – Ergebnis

126.    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Korkein oikeus vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.
Bei einer Kollision zwischen einer Marke und einem diese angeblich verletzenden Zeichen sind bei der Entscheidung der Frage, welches der beiden Rechte auf der älteren Rechtsgrundlage beruht, die Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens auch dann anwendbar, wenn die Kollision vor Inkrafttreten dieses Übereinkommens eingetreten ist, sofern die angebliche Markenrechtsverletzung nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens in der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten fortbestanden hat.

2.
Ein Handelsname kann die Merkmale eines mit einer eingetragenen Marke kollidierenden „Zeichens“ aufweisen, dessen Benutzung vom Inhaber dieser Marke gemäß Artikel 16 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens und Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/104 verboten werden kann, wenn er in der der Marke eigenen Funktion benutzt wird, eine Verbindung zwischen der Ware und dem Unternehmen, das diese herstellt (oder vertreibt), zu schaffen, und wenn er zu Verwechslungen bei den Verbrauchern führen kann, indem er sie daran hindert, mühelos zu verstehen, ob bestimmte Waren dem Inhaber des Handelsnamens oder dem Inhaber der eingetragenen Marke zuzuordnen sind. Im Fall der Identität von Zeichen und Waren wird die Verwechslungsgefahr vermutet; andernfalls muss sie vom nationalen Gericht im Wege einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls ermittelt werden.

3.
Ein Handelsname kann nur dann ein bestehendes älteres Recht im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 Satz 3 des TRIPS-Übereinkommens darstellen, wenn er als Marke benutzt worden ist.

4.
In diesem Fall muss die Kollision zwischen dem Handelsnamen und einer eingetragenen Marke aufgrund des Kriteriums der Priorität beurteilt werden; diese bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem in dem Land, in dem der Schutz begehrt wird, von dem Zeichen, das den Handelsnamen bildet, gesagt werden kann, dass es „notorisch bekannt“ ist, oder zu dem aufgrund der Benutzung nach den im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Modalitäten Rechte an einem als Marke benutzten Zeichen erworben worden sind.


1
Originalsprache: Italienisch.


2
Die vollständige Firma lautet: „Budějovický Budvar, národný podnik, Budweiser Budvar, National Corporation, Budweiser Budvar, Entreprise Nationale“ und bedeutet: „Brauerei Bud aus Budweis, Staatsbetrieb“. Die jetzige Brauerei ist aus dem Zusammenschluss des im Jahre 1795 in Budweis gegründeten Unternehmens „Budweiser Brauberechtigten Bürgerliches Brauhaus“ und des im Jahre 1895 ebenfalls in Budweis gegründeten Unternehmens „Český akciový pivovar v č. Budějovicích“ oder „Budvar Tschechische Aktien-Brauerei“ hervorgegangen. 1948 wurden beide Unternehmen im Rahmen der Verstaatlichung zu einem einzigen Staatsbetrieb, der „Jihočeské pivovary“, zusammengefasst, aus dem 1966 das jetzige Unternehmen hervorgegangen ist.


3
Im Folgenden: „Budweis“. In der Stadt Budweis besteht seit dem 16. Jahrhundert eine blühende Bierindustrie.


4
Mit Sitz in Saint Louis, Missouri (USA). Seit 1876 vertrieb die Brauerei Bavarian Brewery, die später in Anheuser-Busch umgewandelt wurde, auf dem örtlichen Markt ein Bier mit der Bezeichnung „Budweiser“, in der Folgezeit auch unter der Kurzform „Bud“. Nach den Akten erhielt Anheuser‑Busch im Jahre 1911 von den damals in Budweis tätigen Brauereien die Erlaubnis, diese Bezeichnung auf den außereuropäischen Märkten zu benutzen. Im Jahre 1939 erhielt sie von den tschechischen Brauereien das ausschließliche Recht, die Bezeichnung „Budweiser“ auf dem amerikanischen Markt zu benutzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Anheuser-Busch jedoch, ihr Bier auch nach Europa auszuführen (vgl. zu diesen Angaben den Beschluss des österreichischen OGH vom 1. Februar 2002, 4 Ob 13/00s., sowie das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 15. Februar 1999, BGE 125 III, S. 193).


5
Dieses Übereinkommen findet sich im Anhang I C des Beschlusses 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 (ABl. L 336, S. 1), durch den das Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation im Namen der Europäischen Gemeinschaft abgeschlossen wurde.


6
Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, unterzeichnet am 20. März 1883. Sie ist mehrfach geändert worden, zuletzt am 14. Juli 1967 in Stockholm. Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sind der Übereinkunft in der geänderten Fassung beigetreten. Die Pariser Verbandsübereinkunft ist nur in französischer Sprache unterzeichnet worden. Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe b bestimmt jedoch: „Amtliche Texte werden vom Generaldirektor nach Konsultierung der beteiligten Regierungen in deutscher, englischer, italienischer, portugiesischer, russischer und spanischer Sprache sowie in anderen Sprachen hergestellt, die die Versammlung bestimmen kann.“ Die italienische Fassung ist in GURI Nr. 160 vom 19. Juni 1976, Supplemento ordinario, S. 48, veröffentlicht.


7
Fußnote betrifft nur die italienische Fassung der Schlussanträge.


8
In Artikel 2 heißt es: „(1) In Bezug auf die Teile II, III und IV dieses Übereinkommens befolgen die Mitglieder die Artikel 1 bis 12 sowie Artikel 19 der Pariser Verbandsübereinkunft (1967).“


9
So die drei amtlichen Sprachfassungen des TRIPS-Übereinkommens: Im Französischen heißt es: „aucun droit antérieur existant“, im Englischen: „any existing prior rights“, im Spanischen: „ninguno de los derechos existentes con anterioridad“. In anderen im Amtsblatt veröffentlichten Fassungen wie z. B. in der italienischen Fassung ist das Adjektiv „bestehende“ weggelassen.


10
Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1).


11
Letzte Begründungserwägung.


12
Gesetz über die Handelsnamen vom 2. Februar 1979, Nr. 128/79.


13
Gesetz über die Marken vom 10. Januar 1964, Nr. 1964/7.


14
Vorentscheidung des Korkein oikeus (Oberstes Gericht) KKO 1994:23.


15
Auf Tschechisch „Budvar“.


16
Siehe auch oben, Nr. 2.


17
Urteil vom 13. September 2001 in der Rechtssache C-89/99 (Schieving-Nijstad, Slg. 1999, I-5851).


18
Ibidem, Randnr. 50.


19
Ibidem.


20
Bericht der Rechtsmittelinstanz vom 18. September 2000 im Fall Kanada – Dauer des durch ein Patent gewährten Schutzes, Dokument Nr. WT/DS170/AB/R, Punkt 69 (siehe www.wto.org).


21
Urteil vom 12. November 2002 in der Rechtssache C-206/01 (Arsenal Football Club, Slg. 2002, I-10273, Randnr. 51).


22
Bericht der Rechtsmittelinstanz vom 2. Januar 2002, Fall Vereinigte Staaten – Artikel 211 des Omnibus Appropriations Act 1998, Dokument Nr. WT/DS176/AB/R, Punkt 186 (siehe www.wto.org).


23
Urteil Arsenal Football Club, Randnr. 48.


24
Ibidem. Siehe auch Urteile vom 23. Mai 1978 in der Rechtssache 102/77 (Hoffmann-La Roche, Slg. 1978, 1139, Randnr. 7) und vom 18. Juni 2002 in der Rechtssache C-299/99 (Philips, Slg. 2002, I-5475, Randnr. 30).


25
Urteil vom 20. März 2003 in der Rechtssache C-291/00 (LTJ Diffusion, Slg. 2003, I-2799, Randnr. 50).


26
Ibidem, Randnr. 52. Vgl. auch die Urteile vom 10. Oktober 1978 in der Rechtssache 3/78 (Centrafarm, Slg. 1978, 1823, Randnrn. 11 und 12), vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C-342/97 (Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I-3819, Randnr. 26) und vom 12. Oktober 1999 in der Rechtssache C-379/97 (Upjohn, Slg. 1999, I-6927, Randnr. 21).


27
Urteil vom 22. Juni 2000 in der Rechtssache C-425/98 (Marca Mode, Slg. 2000, I-4861, Randnrn. 40 f.).


28
Ibidem, Randnr. 33.


29
Urteil Marca Mode, Randnr. 39.


30
Urteil vom 14. Dezember 2000 in den Rechtssachen C-300/98 und C-392/98 (Parfums Christian Dior, Slg. 2000, I-11307, Randnr. 47).


31
Die Rechtsmittelinstanz der WTO hat in ihrem Bericht vom 2. Januar 2002 in dem Fall Vereinigte Staaten – Section 211 Omnibus Appropriations Act 1998 (Dokument Nr. WT/DS176/AB/R) Folgendes ausgeführt: „... nous infirmons la constatation du Groupe spécial figurant au paragraphe 8.41 de son rapport selon laquelle les noms commerciaux ne sont pas couverts par l’Accord sur les ADPIC et constatons que les Membres de l’OMC ont l’obligation en vertu de l’Accord sur les ADPIC d’assurer la protection des noms commerciaux“ (Punkt 341 des Berichts) (siehe www.wto.org).


32
Urteil vom 27. November 1973 in der Rechtssache 130/73 (Vandeweghe, Slg. 1973, 1329), wonach der Gerichtshof „nicht befugt [ist], über die Auslegung völkerrechtlicher Bestimmungen zu entscheiden, die zwischen den Mitgliedstaaten Bindungen außerhalb des gemeinschaftsrechtlichen Bereichs schaffen“ (Randnr. 2). Siehe in demselben Sinne Urteil vom 14. Juli 1994 in der Rechtssache C-379/92 (Peralta, Slg. 1994, I-3453, Randnrn. 16 und 17).


33
Vgl. Urteil Parfums Christian Dior, Randnrn. 33 bis 35. In Randnr. 33 führt der Gerichtshof aus, dass das TRIPS-Übereinkommen „von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten aufgrund geteilter Zuständigkeit geschlossen worden“ sei, und erklärt dann, er sei folglich „dafür zuständig, die insoweit von der Gemeinschaft übernommenen Verpflichtungen zu bestimmen und hierzu die Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens auszulegen“. Diese Zuständigkeit, so fährt der Gerichtshof fort, bestehe insbesondere in Zusammenhang mit dem „Schutz von Rechten aus gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, die zum Anwendungsbereich des TRIPS-Übereinkommens gehören“ (Randnr. 34), oder wenn es um die Auslegung einer Bestimmung gehe, die „sowohl auf dem innerstaatlichen Recht unterliegende als auch auf dem Gemeinschaftsrecht unterliegende Sachverhalte anwendbar“ sei (Randnr. 35).


34
Vgl. Urteil vom 21. November 2002 in der Rechtssache C‑23/01 (Robelco, Slg. 2002, I‑10913, Randnr. 34).