Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Handlungen der Organe — Wahl der Rechtsgrundlage — Kriterien — Gemeinschaftlicher Rechtsakt mit zwei Zielsetzungen oder zwei Komponenten — Abstellen auf die wesentliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente — Untrennbar miteinander verbundene Zielsetzungen — Rückgriff auf mehrere Rechtsgrundlagen — Grenze — Unvereinbarkeit der Verfahren — Verfahren der Artikel 93 EG und 94 EG einerseits und des Artikels 95 EG andererseits — (Artikel 93 EG, 94 EG und 95 EG)

2. Rechtsangleichung — Artikel 95 EG — Geltungsbereich — Ausschluss der „Bestimmungen über die Steuern“ — Begriff — Modalitäten der Beitreibung von Steuern — Einbeziehung — (Artikel 95, Absatz 2 EG)

3. Steuerrecht — Harmonisierung — Richtlinie 2001/44 — Rechtsgrundlage — Artikel 93 EG und 94 EG — (Artikel 93 EG, 94 EG und 95 EG; Richtlinie 2001/44 des Rates)

Leitsätze

1. Die Wahl der Rechtsgrundlage eines Gemeinschaftsrechtsakts muss auf objektiven, gerichtlich überprüfbaren Umständen beruhen, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören. Ergibt die Prüfung eines Gemeinschaftsrechtsakts, dass er zwei Zielsetzungen hat oder zwei Komponenten umfasst, und lässt sich eine von ihnen als die hauptsächliche oder überwiegende ausmachen, während die andere nur nebensächliche Bedeutung hat, so ist der Rechtsakt nur auf eine Rechtsgrundlage zu stützen, und zwar auf die, die die hauptsächliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente erfordert. Steht ausnahmsweise fest, dass gleichzeitig mehrere Ziele verfolgt werden, die untrennbar miteinander verbunden sind, ohne dass das eine gegenüber dem anderen nur zweitrangig und mittelbar ist, so wird ein solcher Rechtsakt auf die einschlägigen Rechtsgrundlagen gestützt werden müssen. Eine Häufung der beiden Rechtsgrundlagen ist jedoch ausgeschlossen, wenn die für sie jeweils vorgesehenen Verfahren miteinander unvereinbar sind. Die Verfahren der Artikel 93 EG und 94 EG einerseits und des Artikels 95 EG andererseits lassen keine Häufung von Artikel 95 EG und einem der beiden anderen fraglichen Artikel als Rechtsgrundlage für den Erlass eines Gemeinschaftsrechtsakts zu. Während nämlich für den Erlass eines auf die Artikel 93 EG und 94 EG gestützten Rechtsakts Einstimmigkeit erforderlich ist, reicht für den Erlass eines Rechtsakts auf der Grundlage des Artikels 95 EG qualifizierte Mehrheit aus. Von den genannten Bestimmungen können also nur die Artikel 93 EG und 94 EG zu einer Rechtsgrundlage für den Erlass eines Rechtsakts durch den Rat verbunden werden.

(vgl. Randnrn. 54-58)

2. Der Ausdruck „Bestimmungen über die Steuern“ in Artikel 95 Absatz 2 EG, der die Anwendung des in Absatz 1 dieses Artikels vorgesehenen Verfahrens zum Erlass von Angleichungsmaßnahmen, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben, auf diese Bestimmungen ausschließt, ist dahin auszulegen, dass er nicht nur die Bestimmungen über die Steuerpflichtigen, die steuerbaren Umsätze, die Besteuerungsgrundlage sowie die Sätze der direkten und indirekten Steuern und die Befreiungen von ihnen, sondern auch diejenigen über die Modalitäten der Beitreibung dieser Steuern abdeckt.

(vgl. Randnr. 67)

3. Der Rat hat die Richtlinie 2001/44 zur Änderung der Richtlinie 76/308 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung bestimmter Forderungen zu Recht auf der Grundlage der Artikel 93 EG und 94 EG und nicht auf der Grundlage des Artikels 95 EG erlassen. Diese Richtlinie betrifft nämlich „Bestimmungen über die Steuern“ im Sinne des Artikels 95 Absatz 2 EG, so dass Artikel 95 EG für den Erlass dieser Richtlinie nicht die richtige Rechtsgrundlage ist.

(vgl. Randnrn. 76-77)