SCHLUSSANTRÄGE DER FRAU GENERALANWALT
CHRISTINE STIX-HACKL
vom 21. Oktober 2003(1)



Rechtssache C-359/01 P



British Sugar plc


gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften




„Rechtsmittel – Wettbewerb – Zuckermarkt – Abgestimmte Verhaltensweise – Eignung, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen – Geldbuße – Verhältnismäßigkeit“






I ─
Einleitung

1.        Im vorliegenden Fall soll das Urteil des Gerichts erster Instanz (im Folgenden: Gericht) vom 12. Juli 2001 in den verbundenen Rechtssachen T─202/98, T─204/98 und T─207/98 (2) (im Folgenden: angefochtenes Urteil) überprüft werden.

2.        Hintergrund ist das Verfahren, das zu dem angefochtenen Urteil geführt hat und in dem der Vorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens von Zuckerherstellern und Zuckerhändlern im Vereinigten Königreich (mit Ausnahme Nordirlands) erhoben worden war. Zu weiteren Informationen, insbesondere zur Situation auf den britischen Märkten für Haushalts─ und Gewerbezucker im verfahrensmaßgeblichen Zeitraum, ist auf das angefochtene Urteil zu verweisen.

3.        Die Kommission erließ am 14. Oktober 1998 die „Entscheidung der Kommission 1999/210/EG … in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag“ (3) (im Folgenden: Entscheidung). Die Entscheidung war gegen British Sugar plc, Tate & Lyle plc, Napier Brown & Co. Ltd und James Budgett Sugars Ltd gerichtet und enthielt die Feststellung, dass die genannten Unternehmen gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) verstoßen hätten, indem sie an einer Vereinbarung und/oder abgestimmten Verhaltensweise teilgenommen hätten, deren Zweck es gewesen sei, den Wettbewerb auf den britischen Märkten für Haushalts─ und Gewerbezucker durch Koordination ihrer Preispolitiken einzuschränken.

4.        Im Fall der British Sugar, die Rechtsmittelführerin des vorliegenden Verfahrens ist (im Folgenden: Rechtsmittelführerin), erhebt die Kommission in der Entscheidung den Vorwurf, die Rechtsmittelführerin habe ihre Preispolitik im Zeitraum von 20. Juni 1986 bis 2. Juli 1990 dadurch koordiniert, dass sie die anderen Adressaten über von ihr angestrebte Preiserhöhungen für Zucker informiert habe. Die gegen die Rechtsmittelführerin in der Entscheidung verhängte Geldbuße beträgt 39 600 000 ECU.

5.        Gegen die Entscheidung hatten drei der vier Adressaten der Entscheidung, darunter die Rechtsmittelführerin, Klage vor dem Gericht erhoben. Die Klage der Rechtsmittelführerin wurde abgewiesen, und sie wurde zur Tragung der Kosten verurteilt.

6.        Die Rechtsmittelführerin hat am 21. September 2001 bei der Kanzlei des Gerichtshofes Rechtsmittel gegen dieses Urteil eingelegt.

II ─
Anträge und Rechtsmittelgründe

7.        Die Rechtsmittelführerin beantragt im Rahmen ihres Rechtsmittels, festzustellen,

1.
dass die Vereinbarung/abgestimmte Verhaltensweise den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen konnte,

2.
hilfsweise, dass die verhängte Geldbuße unverhältnismäßig war,

sowie ferner

1. das Urteil des Gerichts erster Instanz aufzuheben und

2. die angefochtene Entscheidung insgesamt, hilfsweise teilweise oder

3. ihre Artikel 3 und 4 für nichtig zu erklären oder die Geldbuße herabzusetzen und

4.
der Kommission die Kosten der Rechtsmittelführerin für das Rechtsmittel und in der Rechtssache T─204/98 einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes aufzuerlegen.

Die Kommission beantragt,

1.
das Rechtsmittel teilweise als unzulässig und im Übrigen als unbegründet, hilfsweise gänzlich als unbegründet abzuweisen;

2.
der Rechtsmittelführerin die Kosten der Kommission im Hinblick auf dieses Verfahren aufzuerlegen.

8.        Die Rechtsmittelführerin stützt sich laut ihrer Rechtsmittelschrift auf zwei Rechtsmittelgründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten bei der Auslegung von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) verkannt. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund macht sie geltend, das Gericht habe bei der Beurteilung der Geldbuße verkannt, dass diese unverhältnismäßig sei und dass bei deren Festsetzung die Struktur des britischen Zuckermarktes nicht ausreichend berücksichtigt worden sei.

III ─
Prüfung des Falles

A ─
A ─
Zum ersten Rechtsmittelgrund: Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten (Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag, jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG)

1. Wesentliche Parteienvorbringen

9.        Die Rechtsmittelführerin wendet sich zunächst gegen die Randnummern 80 ff. des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung (4) begründet, warum die beanstandete abgestimmte Verhaltensweise geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag, jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG), obwohl sie nur die Abstimmung der Preispolitik auf dem britischen Zuckermarkt zum Gegenstand gehabt habe.

10.      Die Rechtsmittelführerin ist der Ansicht, das Gericht habe die einschlägige Rechtsprechung (5) zur Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, verkannt und rechtsfehlerhaft auf den vorliegenden Fall angewendet.

11.      Im Einzelnen führt die Rechtsmittelführerin aus, das Gericht berufe sich in Randnummer 81 des angefochtenen Urteils auf Umstände, die außerhalb der abgestimmten Verhaltensweisen selbst gelegen seien. Das Gericht stütze sich nämlich allein auf die Absicht der Rechtsmittelführerin und die Absicht von Tate & Lyle, Einfuhren auf die nationalen Zuckermärkte zu beschränken. Diese Absichten hätten jedoch in keinem Zusammenhang mit den beanstandeten Vereinbarungen/abgestimmten Verhaltensweisen gestanden. Außerdem könne die Absicht von Tate & Lyle im Fall der Rechtsmittelführerin nicht zur Begründung der Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, herangezogen werden, weil es sich um eine von ihrer eigenen Absicht unabhängige Motivation gehandelt habe. Im Übrigen habe es im maßgeblichen Zeitpunkt unstreitig Einfuhren von Zucker gegeben, was das Gericht in Randnummer 80 des angefochtenen Urteils selbst festgestellt habe. Damit sei erwiesen, dass die vom Gericht angeführte allgemeine Absicht, Zuckerimporte zu vermeiden, mit der beanstandeten abgestimmten Verhaltensweise in keinem Zusammenhang gestanden sei.

12.      Die Rechtsmittelführerin wendet unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts (6) weiters ein, das Gericht habe in Randnummern 83 f. des angefochtenen Urteils verkannt, dass die potenzielle Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten „spürbar“ hätte sein müssen. Eine nur spekulative, fiktive oder schwache Möglichkeit spürbarer Auswirkungen reiche nicht aus.

13.      Die Rechtsmittelführerin wendet sich weiters dagegen, dass das Gericht im angefochtenen Urteil die Märkte für Haushalts─ und Gewerbezucker als einen gemeinsamen Markt für Import angesehen habe, um zu begründen, dass die beanstandete abgestimmte Verhaltensweise geeignet gewesen sei, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Dabei habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es außer Acht gelassen habe, dass es auf dem britischen Markt für abgepackten Haushaltszucker aus praktischen Gründen (z. B. Transportkosten, Etikettierung und Aufmachung) so gut wie keine Importe gebe.

14.      Die Kommission ist der Ansicht, dass die Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, im angefochtenen Urteil rechtsfehlerfrei festgestellt wurde.

15.      Aus der Rechtsprechung (7) ergebe sich, dass bei flächendeckenden nationalen Vereinbarungen/abgestimmten Verhaltensweisen zur Beurteilung der Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, die Gesamtumstände zu beachten seien. Aus diesem Grunde könnten auch Tatsachen außerhalb der Vereinbarungen/abgestimmten Verhaltensweisen selbst herangezogen werden, und es komme auch nicht darauf an, welchen Beitrag das einzelne beteiligte Unternehmen jeweils gehabt habe oder welche diesbezüglichen Absichten es verfolgt habe (8) .

16.      Das angefochtene Urteil habe in den Randnummern 80 ff. die in der ständigen Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für die Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, entsprechend belegt, indem es die Umstände der wettbewerbswidrigen abgestimmten Verhaltensweise in ihrer Gesamtheit (territorialer Umfang; Marktstellung der Teilnehmer; grundsätzliche Durchlässigkeit des Marktes für Importe; allgemeine Absicht der Teilnehmer, Importe zu vermeiden) herangezogen habe.

17.      Im Hinblick auf die allgemeine Absicht der Rechtsmittelführerin und von Tate & Lyle, Zuckerimporte zu vermeiden, führt die Kommission aus, dass es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (9) nicht darauf ankomme, dass die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten der Inhalt einer beanstandeten abgestimmten Verhaltensweise sei. Es genüge vielmehr, dass die Wirkungen einer abgestimmten Verhaltensweise eine solche Beeinträchtigung möglich erscheinen ließen. Wie der Gerichtshof in der Rechtssache Belasco (10) festgestellt habe, sei dies bei einem flächendeckenden nationalen Preiskartell der Fall, weil dessen Mitglieder ihren Marktanteil nur dann halten könnten, wenn sie sich gegen Wettbewerb aus anderen Mitgliedstaaten wehrten.

18.      In Bezug auf die Spürbarkeit der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten ist die Kommission der Meinung, die Rechtsmittelführerin habe das angefochtene Urteil missverstanden. Das Gericht habe zwar nicht in der beanstandeten Randnummer 84 des angefochtenen Urteils, wohl aber in Randnummer 78 in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes (11) festgestellt, dass bei einer Vereinbarung/abgestimmten Verhaltensweise, die sich auf das gesamte Gebiet eines Mitgliedstaats beziehe und daher die Abschottung des nationalen Marktes verstärke, eine Vermutung dafür bestehe, dass die mögliche Beeinträchtigung auch spürbar sei (12) . Für die Spürbarkeit gebe es keinen Schwellenwert. Es sei vielmehr allgemein so, dass, je geringer der Handel zwischen den Mitgliedstaaten, desto größer die Vermutung dafür, dass dessen potenzielle Beeinträchtigung auch spürbar sei (13) .

19.      Gegen die Kritik der Rechtsmittelführerin an der gemeinsamen Betrachtung der Märkte für Haushalts─ und Gewerbezucker wendet die Kommission ein, dass sich auch bei einer getrennten Betrachtung keine andere Würdigung im Hinblick auf die Spürbarkeit der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten ergeben hätte. Die Voraussetzungen (grundsätzliche Durchlässigkeit für Importe, Anteil der Teilnehmer an den betroffenen Märkten um die 90 %) hätten nämlich auch bei den genannten Teilmärkten jeweils vorgelegen.

2. Würdigung

20.      Der erste Rechtsmittelgrund betrifft die Auslegung des Begriffes „Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen“ im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG). Dabei wird die Frage aufgeworfen, ob das Gericht zu Recht angenommen hat, dass die beanstandete abgestimmte Verhaltensweise a) geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, und b) diese Beeinträchtigung hätte spürbar sein können.

a) Zur Frage der Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen

21.      Das Gericht hat sich in Randnummer 79 des angefochtenen Urteils auf die „ständige Rechtsprechung“ gestützt, wonach „der Umstand, dass eine Absprache nur die Vermarktung von Produkten in einem einzigen Mitgliedstaat bezweckt, nicht [genügt], um die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten auszuschließen. Auf einem für Einfuhren durchlässigen Markt können die Teilnehmer an einer nationalen Preisabsprache ihren Marktanteil nur wahren, indem sie sich gegen ausländische Konkurrenz schützen.“

22.      Meiner Ansicht nach ist die Annahme des Gerichts, die Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, habe hier vorgelegen, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings scheint mir die Begründung in der gegebenen Form verkürzt und daher nicht unmittelbar einleuchtend zu sein.

23.      Das Gericht hat sich in den Randnummern 79 f. des angefochtenen Urteils einerseits unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Belasco (14) auf die allgemeine Aussage gestützt, dass „… Teilnehmer an einer nationalen Preisabsprache ihren Marktanteil nur wahren [können], indem sie sich gegen ausländische Konkurrenz schützen“ und andererseits auf die allgemeine Absicht einiger der beteiligten Unternehmen, Zuckerimporte zu vermeiden.

24.      Diese Begründung ist meines Erachtens so nicht unmittelbar überzeugend, weil man für die Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, allgemein zwischen Preiskartellen und Marktaufteilungskartellen unterscheiden muss.

25.      Preiskartelle dienen normalerweise der Absicherung besonders hoher Preise und sind daher grundsätzlich eher geeignet, Importe zu verursachen oder zu verstärken als Importe zu beeinträchtigen. In der Rechtsprechung wird dementsprechend auch nur bei Marktaufteilungskartellen angenommen, dass sie die betroffenen Märkte gegenüber Wettbewerbern aus anderen Mitgliedstaaten abschotten und somit per se Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben (15) . Bei Preiskartellen wurde die Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, vom Gerichtshof hingegen nur bejaht, wenn das jeweilige Preiskartell von flankierenden Maßnahmen begleitet war oder solche Maßnahmen zumindest wahrscheinlich waren (16) . Fehlte es an solchen flankierenden Maßnahmen, hat sich der Gerichtshof in Einzelfällen z. B. auch darauf gestützt, dass bestimmte Dienstleistungen, die Gegenstand eines Preiskartells waren, einen internationalen Charakter aufwiesen (17) (Leistungen der Zollspediteure oder Wirtschaftsprüfer) oder dass die Teilnehmer des Kartells Unternehmen waren, die „auf diesem Markt im gesamten Gemeinsamen Markt tätig“ waren (18) .

26.      Im vorliegenden Preiskartell auf dem britischen Zuckermarkt hatte es ausweislich der Entscheidung nur die beanstandete Informationspolitik gegeben. Es hatte also weder flankierende Maßnahmen zur Sicherung des Kartells gegeben, noch wurde behauptet, dass solche Maßnahmen in irgendeiner Form notwendig oder wahrscheinlich waren. Auch für das Vorliegen anderer Besonderheiten, etwa des Produktes oder der beteiligten Unternehmen, die auf eine Eignung dieses Preiskartells, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, hingewiesen hätten, gibt es keine Anhaltspunkte. Das Gericht hat in dieser Hinsicht vielmehr nur auf das „Hauptanliegen“ der Rechtsmittelführerin und von Tate & Lyle, „Einfuhren dem Umfang nach zu beschränken“, abgestellt.

27.      Dagegen wendet sich die Rechtsmittelführerin, indem sie bezweifelt, dass es zwischen ihrer Anti-Import-Politik und ihrer Teilnahme am Preiskartell einen kausalen Zusammenhang gab. Ich teile die Ansicht der Rechtsmittelführerin zunächst insoweit, als die Annahme des Gerichts in dieser Verallgemeinerung ökonomisch gesehen nicht zwingend ist.

28.      Wie ich oben bereits ausgeführt habe, zielt ein nationales Preiskartell grundsätzlich auf die Einhaltung besonders hoher Inlandspreise. Ein Preiskartell mit dem Ziel, Importe zu vermeiden, zielt jedoch darauf, dass die Inlandspreise auf dem dafür notwendigen niedrigen Preisniveau gehalten werden. Die Auffassung des Gerichts ─ wie sie in Randnummer 81 des angefochtenen Urteils zum Ausdruck kommt ─ scheint nun offenbar die zu sein, dass es sich im vorliegenden Fall um ein Preiskartell gehandelt haben muss, dass gleichzeitig sowohl dem üblichen Interesse der Teilnehmer an möglichst hohen Preisen als auch dem Interesse der Rechtsmittelführerin und von Tate & Lyle an möglichst niedrigen Preisen dienen sollte. Dazu macht das Gericht jedoch keine näheren Ausführungen.

29.      Hätte es im vorliegenden Fall konkrete Preisvereinbarungen gegeben, so hätte die Kommission und später das Gericht anhand der konkreten Höhe der fixierten Preise relativ leicht feststellen können, welcher gemeinsamen Preispolitik eine solche Vereinbarung gedient hätte: Die Vereinbarung hätte entweder der Sicherung der höchsten auf dem Inlandsmarkt zu erzielenden Preise gedient ─ dann wäre die Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, wohl zu verneinen gewesen ─ oder die Vereinbarung hätte der Sicherung höchstmöglicher Preise (d. h. Preise, die zwar höher als der Marktpreis gewesen wären, aber gleichzeitig niedrig genug, um die Importabwehr nicht zu gefährden) gedient ─ dann wäre die Eignung zu bejahen gewesen.

30.      Wie das Gericht im angefochtenen Urteil feststellt, hat es jedoch im vorliegenden Fall keine Vereinbarung zur Festlegung eines bestimmten Preisniveaus gegeben. Die Rechtsmittelführerin hatte ihre Wettbewerber lediglich relativ detailliert über ihre Preise auf dem britischen Zuckermarkt informiert.

31.      Eine Informationspolitik dieser Art ist durchaus geeignet, ein gemeinsames höchstmögliches Preisniveau zu erhalten, d. h. hohe Inlandspreise unter Berücksichtigung der Anti-Import-Preisschwelle. Das Gericht liegt somit in diesem besonderen Fall eines Preiskartells in Form einer einseitigen Preisinformationspolitik im Ergebnis richtig, wenn es ─ vielleicht in etwas zu verkürzter Form ─ feststellt, dass das zitierte „Hauptanliegen“ der Importvermeidung jener Umstand war, der die Informationspolitik der Rechtsmittelführerin als eine abgestimmte Verhaltensweise erscheinen ließ, die geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

32.      Der erste Rechtsmittelgrund ist somit im Hinblick auf den Vorwurf, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass die beanstandete abgestimmte Verhaltensweise geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, als unbegründet zurückzuweisen.

b) Zur Frage der Spürbarkeit der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

33.      Das Gericht hat sich in Randnummer 84 des angefochtenen Urteils auf seine eigene Rechtsprechung (19) gestützt, wonach „die Kommission … nicht verpflichtet [ist], darzutun, dass sich eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise spürbar auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten ausgewirkt hat. Nach Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag müssen nämlich die Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen lediglich geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.“ In Randnummer 85 des angefochtenen Urteils zieht das Gericht unmittelbar daraus den Schluss, dass „die Kommission … demnach zu Recht fest[stellte], dass die gerügte Absprache geeignet war, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinflussen“. Das Gericht gibt in Randnummer 85 des angefochtenen Urteils also keine Begründung dafür, warum die mögliche Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten im vorliegenden Fall hätte spürbar sein können.

34.      Dennoch meine ich, dass das Gericht auf der Basis des Parteivorbringens der jetzigen Rechtsmittelführerin und unter Beachtung der ständigen Rechtsprechung rechtsfehlerfrei entschieden hat.

35.      Das Gericht hat in Randnummer 84 des angefochtenen Urteils unter Berufung auf die dort zitierte Rechtsprechung des Gerichts richtig festgestellt, dass es keines Nachweises bedarf, dass eine Vereinbarung/abgestimmte Verhaltensweise den Handel zwischen Mitgliedstaaten tatsächlich spürbar beeinträchtigt hat. Ein Nachweis einer tatsächlichen Beeinträchtigung ist beim Begriff „potenzielle Beeinträchtigung“ auch denklogisch unmöglich.

36.      Dies befreit jedoch grundsätzlich nicht von dem Erfordernis, zu begründen, inwiefern die jeweilige potenzielle Beeinträchtigung zumindest ihrer Natur nach geeignet ist, spürbar zu sein. Diese Begründung hat das Gericht nicht gegeben, sondern sich in den Randnummern 83 f. darauf beschränkt, das Argument der Rechtsmittelführerin zu widerlegen, es müsse eine tatsächlich spürbare Beeinträchtigung vorliegen.

37.      Der Randnummer 75 des angefochtenen Urteils, in der das Vorbringen der jetzigen Rechtsmittelführerin vor dem Gericht wiedergegeben wird, ist jedoch nicht zu entnehmen, dass diese im Verfahren vor dem Gericht überhaupt vorgebracht hätte, die beanstandete abgestimmte Verhaltensweise wäre als solche nicht geeignet gewesen, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Das Vorbringen der jetzigen Rechtsmittelführerin hatte sich im Verfahren vor dem Gericht also offenbar darauf beschränkt, zu beanstanden, die Entscheidung sei davon ausgegangen, es habe eine spürbare Beeinträchtigung auch tatsächlich gegeben.

38.      Die Argumente der Rechtsmittelführerin im vorliegenden Verfahren enthalten somit im Hinblick auf die Eignung, spürbar zu beeinträchtigen, einen neuen Gesichtspunkt, der im Verfahren vor dem Gericht so nicht vorgetragen wurde. Der Rechtsmittelgrund ist damit insoweit nach Artikel 113 § 2 der Verfahrensordnung unzulässig (20) .

3. Ergebnis

39.      Der erste Rechtsmittelgrund, mit dem die Rechtsmittelführerin rügt, das Gericht habe die Eignung, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, gemäß Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) unrichtig ausgelegt, indem es zu Unrecht angenommen habe, dass die beanstandete abgestimmte Verhaltensweise geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, und diese Beeinträchtigung hätte spürbar sein können, ist somit teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. Der erste Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

B ─
Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verhältnismäßigkeit der Geldbuße und Berücksichtigung der Marktstruktur bei der Beurteilung der Geldbußenhöhe

1. Wesentliche Parteienvorbringen

40.      Die Rechtsmittelführerin wendet sich gegen die Randnummern 98 ff. des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht ihrer Ansicht nach verkenne, dass die Kommission bei der Geldbußenhöhe a) den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und b) die besondere Struktur des britischen Zuckermarktes missachtet habe.

41.      Zur Missachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Geldbuße führt die Rechtsmittelführerin Folgendes aus:

Die Rechtsmittelführerin ist der Ansicht, das Gericht habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, bei der Einstufung des Wettbewerbsverstoßes als „schwer“ zu berücksichtigen, dass keine konkreten Mindestpreisvereinbarungen nachgewiesen werden konnten und die beanstandete abgestimmte Verhaltensweise keine tatsächlichen Auswirkungen auf die Preise oder auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten gehabt habe. Das Gericht habe sich in Randnummer 103 des angefochtenen Urteils vielmehr darauf beschränkt, festzustellen, dass diese Aspekte aufseiten der Kommission bereits in die Einstufung „schwer“ statt „besonders schwer“ eingeflossen seien.

Die Rechtsmittelführerin ist weiters der Ansicht, das Gericht habe es in Randnummer 106 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft unterlassen, bei der Dauer des Wettbewerbsverstoßes die fehlenden Auswirkungen zu berücksichtigen. In den Leitlinien hieße es, dass der Aufschlag bei der Ermittlung des Grundbetrags der Geldbuße bei Verstößen von langer Dauer spürbar erhöht werden solle, „um die Wettbewerbsbeschränkungen, die sich auf die Verbraucher dauerhaft schädlich ausgewirkt haben 21  –            Hervorhebung nicht im Original., wirksam zu ahnden“. Wenn es jedoch ─ wie im vorliegenden Fall ─ keine solchen Auswirkungen gegeben habe, könne mithin kein Aufschlag für die Dauer festgesetzt werden.

Die Rechtsmittelführerin wendet sich schließlich dagegen, dass die Geldbuße in der Entscheidung wegen erschwerender Umstände insgesamt um 75 % erhöht wurde, was das Gericht in den Randnummern 108 ff. des angefochtenen Urteils verkannt habe. Ganz allgemein sei eine Erhöhung für erschwerende Umstände, die zu einer Geldbuße von insgesamt 39,6 Mio. ECU geführt hätte, in Anbetracht dessen, dass im Falle der Rechtsmittelführerin keine der in Randnummer 108 des Urteils angeführten Gründe vorgelegen hätten, insgesamt als unverhältnismäßig zu beurteilen.

42.      Zur Missachtung der besonderen Struktur des britischen Zuckermarktes bei der Beurteilung der Geldbuße führt die Rechtsmittelführerin Folgendes aus:

Die Rechtsmittelführerin ist der Ansicht, das Gericht habe in Randnummer 113 des angefochtenen Urteils angenommen, die beanstandete Informationspolitik der Rechtsmittelführerin sei geeignet gewesen, den durch die besondere Struktur des britischen Zuckermarktes hervorgerufenen geringen Wettbewerb zu beschränken. Das Gericht habe damit entgegen der vom Gerichtshof im Urteil in der Rechtssache Suiker Unie22  –            Urteil des Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975 in den verbundenen Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73 (Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663). eingenommenen milderen Haltung die besondere Struktur des Zuckermarktes im vorliegenden Fall unberücksichtigt gelassen.

43.      Die Kommission ist der Ansicht, der zweite Rechtsmittelgrund sei unzulässig oder hilfsweise unbegründet.

44.      Zur Unzulässigkeit des zweiten Rechtsmittelgrundes führt die Kommission Folgendes aus:

Die Rechtsmittelführerin greife nur einige von mehreren Gründen an, mit denen das Gericht die Höhe der Geldbuße bestätigt habe, und verlange darauf beruhend eine vollständige Neuüberprüfung der Entscheidung durch den Gerichtshof. Damit solle der Gerichtshof seine Würdigung der Tatsachen an die Stelle derer des Gerichts setzen, was ─ wie bereits in der Rechtssache Baustahlgewebe23  –            Urteil vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C─185/95 P (Baustahlgewebe/Kommission, Slg. 1998, I─8417). festgestellt wurde ─ im Rechtsmittelverfahren unzulässig sei.

45.      Insoweit der Gerichtshof den zweiten Rechtsmittelgrund für zulässig halten sollte, trägt die Kommission Folgendes zur Begründetheit vor:

Betreffend die Schwere des Wettbewerbsverstoßes erläutert die Kommission die Entscheidung anhand der Leitlinien und führt aus, dass die Rolle der Rechtsmittelführerin als Anstifterin des Wettbewerbsverstoßes nicht schon unter dem Aspekt der „Schwere“ bei der Ermittlung des Grundbetrags, sondern erst als „erschwerender Umstand“ bei dessen Erhöhungsfaktoren berücksichtigt worden sei. Dies habe das Gericht in den Randnummern 100 ff. richtig erfasst und zu Recht bestätigt. Im Übrigen seien die Leitlinien allgemein nicht als Gesetzestext konzipiert und würden keine genauen Tarife für Geldbußen enthalten.

In Bezug auf die Dauer des Wettbewerbsverstoßes ist die Kommission der Ansicht, Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1724  –            Verordnung Nr. 17: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 13 vom 21. Februar 1962, S. 204). nenne die Schwere und die Dauer eines Wettbewerbsverstoßes als unabhängige Aspekte für die Bemessung der Geldbuße, sodass die Dauer einer Zuwiderhandlung auch dann berücksichtigt werden könne, wenn eine Wettbewerbswidrigkeit keine tatsächliche Auswirkung auf den Wettbewerb gehabt habe.

Zum allgemeinen Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit der Geldbußenhöhe führt die Kommission aus, die Rechtsmittelführerin habe dazu nichts angeführt, was sie nicht schon zu den einzelnen von ihr beanstandeten Aspekten (wie z. B. der Schwere und Dauer) vorgetragen habe.

46.      Zur Berücksichtigung der besonderen Struktur des britischen Zuckermarktes trägt die Kommission vor, das Gericht habe das Urteil in der Rechtssache Suiker Unie (25) richtig verstanden, denn der Gerichtshof habe in dem Urteil unmissverständlich dargelegt, dass ein Preiskartell auf dem Zuckermarkt eines Mitgliedstaats anders zu beurteilen sei als das damals gegenständliche Marktaufteilungskartell.

2. Würdigung

47.      Der zweite Rechtsmittelgrund ist unzulässig. Die Kommission beruft sich insoweit zu Recht auf die ständige Rechtsprechung.

48.      Der Gerichtshof und das Gericht haben wiederholt festgestellt, dass „die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln ist, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten“ (26) . Außerdem verfügt die Kommission bei der Festlegung der Höhe der einzelnen Geldbußen über ein Ermessen und ist nicht verpflichtet, insoweit eine genaue mathematische Formel anzuwenden.

49.      Im Urteil zur Rechtssache Baustahlgewebe (27) hat der Gerichtshof festgestellt:

„Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass allein das Gericht zuständig ist, die Art und Weise, wie die Kommission im Einzelfall die Schwere der rechtswidrigen Verhaltensweisen beurteilt hat, zu überprüfen. Im Rechtsmittelverfahren richtet sich die Kontrolle durch den Gerichtshof zum einen darauf, inwieweit das Gericht rechtlich korrekt alle Faktoren berücksichtigt hat, die für die Beurteilung der Schwere eines bestimmten Verhaltens anhand des Artikels 85 des Vertrages und des Artikels 15 der Verordnung Nr. 17 von Bedeutung sind, und zum anderen darauf, zu prüfen, ob das Gericht auf alle von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Argumente für eine Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße rechtlich hinreichend eingegangen ist …

Was die Rüge angeht, die Geldbuße sei unverhältnismäßig, so ist es nicht Sache des Gerichtshofes, bei der Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittels die Beurteilung des Gerichts, das in Ausübung seiner unbeschränkten Nachprüfungsbefugnis über den Betrag der gegen Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht festgesetzten Geldbußen entscheidet, aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen … Diese Rüge ist daher unzulässig, soweit sie eine generelle erneute Überprüfung der Geldbußen bezweckt …“.

50.      Im vorliegenden Verfahren hat die Rechtsmittelführerin nichts vorgebracht, was die Annahme stützen könnte, das Gericht habe nicht alle Faktoren rechtlich korrekt berücksichtigt. Das Gericht hat sich insbesondere in der von der Rechtsmittelführerin beanstandeten Randnummer 113 des angefochtenen Urteils mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes in der Rechtssache Suiker Unie auseinander gesetzt, indem es die Unterschiede zum vorliegenden Sachverhalt hervorgehoben hat und diese rechtsfehlerfrei gewürdigt hat.

51.      Weiters hat die Rechtsmittelführerin auch nicht behauptet, dass das Gericht im angefochtenen Urteil nicht auf alle im Verfahren vor dem Gericht vorgebrachten Argumente für eine eventuelle Herabsetzung der Geldbuße eingegangen sei. Insbesondere ist das Gericht in Randnummer 106 des angefochtenen Urteils auf das Vorbringen der jetzigen Rechtsmittelführerin im Hinblick auf die Berücksichtigung der fehlenden Marktauswirkungen der beanstandeten Verhaltensweise eingegangen.

52.      Da der zweite Rechtsmittelgrund somit zur Gänze unzulässig ist, braucht auf die Begründetheit nicht weiter eingegangen zu werden.

3. Ergebnis

53.      Der zweite Rechtsmittelgrund, mit dem die Rechtsmittelführerin rügt, das Gericht habe verkannt, dass die Kommission bei der Geldbußenhöhe a) den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und b) die besondere Struktur des britischen Zuckermarktes missachtet habe, ist somit als unzulässig zurückzuweisen.

C ─
Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels in Bezug auf den Antrag auf vollständige oder teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung

54.      Die Kommission ist der Ansicht, der Rechtsmittelantrag sei insoweit unzulässig, als er darauf gerichtet sei, die Entscheidung „insgesamt“ oder „ihre Artikel 3 und 4“ für nichtig zu erklären. Wie der Gerichtshof in der Rechtssache AssiDomän (28) festgestellt habe, könne sich der Gerichtshof im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gemäß Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) nur mit den Teilen einer Entscheidung befassen, die den Kläger betreffen. Der Rechtsmittelantrag sei daher als unzulässig zurückzuweisen, insoweit er sich nicht auf die Rechtsmittelführerin selbst, sondern auf die anderen Adressaten der Entscheidung beziehe.

55.      Die von der Kommission hiemit beanstandeten Abschnitte des zweiten Teils des Rechtsmittelantrags sind in erster Linie auf eine Anwendung von Artikel 61 Absatz 1 Satz 2 der Satzung gerichtet, wonach der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden kann. Unvorgreiflich weiterer Überlegungen wäre dafür aber Voraussetzung, dass das Rechtsmittel begründet ist (Artikel 61 Absatz 1 Satz 1 der Satzung).

56.      Wie soeben ausgeführt, wäre das Rechtsmittel in Bezug auf die geltend gemachten Rechtsmittelgründe aber insgesamt zurückzuweisen. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob der Rechtsmittelantrag insoweit unzulässig ist, als er darauf gerichtet ist, die Entscheidung „insgesamt“ oder „ihre Artikel 3 und 4“ für nichtig zu erklären (29) .

IV ─
Entscheidungsvorschlag

57.      Aus den vorstehenden Gründen wird dem Gerichtshof vorgeschlagen,

das Rechtsmittel zurückzuweisen;

das Rechtsmittel zurückzuweisen;

der Rechtsmittelführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

der Rechtsmittelführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.


1
Originalsprache: Deutsch.


2
Tate & Lyle plc u. a./Kommission, Slg. 2001, II─2035.


3
ABl. L 76 vom 22. März 1999, S. 1.


4
Urteile des Gerichtshofes vom 9. Juli 1969 in der Rechtssache 5/69 (Völk, Slg. 1969, 295), vom 29. Oktober 1980 in den verbundenen Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78 (van Landewyck u. a./Kommission, Slg. 1980, 3125), vom 31. März 1993 in den verbundenen Rechtssachen C─89/85, C─104/85, C─114/85, C─116/85, C─117/85 und C─125/85 bis C─129/85 (Ahlström Osakeyhtiö u. a., Slg. 1993, I─1307), vom 11. Juli 1989 in der Rechtssache 246/86 (Belasco u. a./Kommission, Slg. 1989, 2117); Urteile des Gerichts vom 22. Oktober 1997 in den verbundenen Rechtssachen T─213/95 und T─18/96 (SCK und FNK/Kommission, Slg. 1997, II─1739), vom 8. Oktober 1996 in den verbundenen Rechtssachen T─24/93 bis T─26/93 und T─28/93 (Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, Slg. 1996, II─1201), vom 21. Februar 1995 in der Rechtssache T─29/92 (SPO u. a./Kommission, Slg. 1995, II─289) und vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache T─7/89 (Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1991, II─1711).


5
Urteil des Gerichtshofes vom 26. November 1975 in der Rechtssache 73/74 (Groupement des fabricants de papiers peints u. a./Kommission, Slg. 1975, 1491).


6
Urteile des Gerichtshofes vom 25. November 1971 in der Rechtssache 22/71 (Beguelin, Slg. 1971, 949), vom 21. Januar 1999 in den verbundenen Rechtssachen C─215/96 und C─216/96 (Bagnasco u. a., Slg. 1999, I─135), vom 31. Mai 1979 in der Rechtssache 22/78 (Hugin Kassaregister u. a./Kommission, Slg. 1979, 1869); Urteil des Gerichts vom 15. September 1998 in den verbundenen Rechtssachen T─374/94, T─375/94, T─384/94 und T─388/94 (European Night Services u. a., Slg. 1998, II─3141).


7
Urteile des Gerichthofes vom 28. Februar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 228/82 und 229/82 (Ford/Kommission, Slg. 1984, 1129), vom 30. Juni 1966 in der Rechtssache 56/65 (Société Technique Minière, Slg. 1966, 282), in den verbundenen Rechtssachen C─215/96 und C─216/96 (zitiert in Fußnote 6); Urteil des Gerichts in den verbundenen Rechtssachen T─24/93 bis T─26/93 und T─28/93 (zitiert in Fußnote 4).


8
Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T─14/89 (Montedipe/Kommission, Slg. 1992, II─1155).


9
Urteil in der Rechtssache 56/65 (zitiert in Fußnote 7).


10
Zitiert in Fußnote 4 .


11
Urteil in den verbundenen Rechtssachen C─215/96 und C─216/96 (zitiert in Fußnote 6).


12
Urteile des Gerichtshofes vom 28. Mai 1998 in der Rechtssache C─7/95 P (John Deere Ltd/Kommission, Slg. 1998, I─3111) und vom 18. Juni 1998 in der Rechtssache C─35/96 (Kommission/Italien, Slg. 1998, I─3851).


13
Urteil des Gerichts in der Rechtssache T─29/92 (zitiert in Fußnote 4).


14
Zitiert in Fußnote 4.


15
Urteil des Gerichtshofes vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C─219/95 P (Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1997, I─4411) und vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84 (Remia u. a./Kommission, Slg. 1985, 2545).


16
Urteile des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1972 in der Rechtssache 8/72 (Cementhandelaren/Kommission, Slg. 1972, 977), in der Rechtssache 73/74 (zitiert in Fußnote 5) und in der Rechtssache 246/86 (zitiert in Fußnote 4).


17
Urteil in der Rechtssache C─35/96 (zitiert in Fußnote 12) ─ Zollspediteure ─ und vom 19. Februar 2002 in der Rechtssache C─309/99 (Wouters, Slg. 2002, I─1577) ─ Wirtschaftsprüfer.


18
Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C─7/95 (zitiert in Fußnote 12), Randnr. 119.


19
Urteil in der Rechtssache Hercules Chemicals (zitiert in Fußnote 4), Randnr. 279.


20
Urteil des Gerichtshofes vom 17. Mai 2001 in der Rechtssache C─450/98 P (IECC/Kommission, Slg. 2001, I─3947, Randnr. 36).


21
Hervorhebung nicht im Original.


22
Urteil des Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975 in den verbundenen Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73 (Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663).


23
Urteil vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C─185/95 P (Baustahlgewebe/Kommission, Slg. 1998, I─8417).


24
Verordnung Nr. 17: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 13 vom 21. Februar 1962, S. 204).


25
Zitiert in Fußnote 22.


26
Beschluss des Gerichtshofes vom 25. März 1996 in der Rechtssache C─137/95 P (SPO u. a./Kommission, Slg. 1996, I─1611, Randnr. 54); Urteile des Gerichtshofes vom 16. November 2000 in der Rechtssache C─291/98 P (Sarrió/Kommission, Slg. 2000, I─9991) und vom 15. Oktober 2002 in den verbundenen Rechtssachen C─238/99 P, C─244/99 P, C─245/99 P, C─247/99 P, C─250/99 P bis C─252/99 P und C─254/99 P (LVM u. a./Kommission, Slg. 2002, I─8375; Urteil des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T─150/89 (Martinelli/Kommission, Slg. 1995, II─1165).


27
Zitiert in Fußnote 23 (Randnrn. 128 f.).


28
Urteil vom 14. September 1999 in der Rechtssache C─310/97 P (Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., Slg. 1999, I─5363, Randnr. 53).


29
Generell hätten aber wohl analoge Überlegungen wie in Randnr. 53 des Urteils in der Rechtssache AssiDomän (zitiert in Fußnote 28) zu gelten.