Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Rechtsangleichung - Arzneispezialitäten - Genehmigung für das Inverkehrbringen - Rücknahme der Genehmigung - Genehmigungen, die gemäß den Bestimmungen des Kapitels III der Richtlinie 75/319 erteilt worden sind - Begriff - Nationale Genehmigungen, die im Rahmen eines auf Artikel 12 der Richtlinie gestützten Verfahrens harmonisiert worden sind - Ausschluss

(Richtlinie 75/319 des Rates, Artikel 12 und 15a)

2. Rechtsangleichung - Arzneispezialitäten - Genehmigung für das Inverkehrbringen - Rücknahme der Genehmigung - In der Richtlinie 65/65 genannte Gründe - Ausschließlichkeit - Auslegung im Einklang mit dem allgemeinen Grundsatz des Vorrangs des Schutzes der öffentlichen Gesundheit

(Richtlinie 65/65 des Rates, Artikel 11 und 21)

3. Rechtsangleichung - Arzneispezialitäten - Genehmigung für das Inverkehrbringen - Rücknahme der Genehmigung - In der Richtlinie 65/65 genannte Gründe - Erfordernis neuer wissenschaftlicher Daten oder Informationen - Bedeutung - Fortentwicklung eines Beurteilungskriteriums - Ausschluss

(Richtlinie 65/65 des Rates, Artikel 11)

Leitsätze

1. Artikel 15a Absatz 1 der Richtlinie 75/319 über Arzneispezialitäten sieht vor, dass für die auf Initiative eines Mitgliedstaats zum Schutz der öffentlichen Gesundheit vorgenommene Änderung, Aussetzung oder Rücknahme von Genehmigungen für das Inverkehrbringen, die gemäß den Bestimmungen des Kapitels III dieser Richtlinie erteilt worden sind, ausschließlich die Kommission zuständig ist, die im Anschluss an ein Gutachten des Ausschusses für Arzneispezialitäten gemäß den in den Artikeln 13 und 14 der Richtlinie geregelten Verfahren entscheidet. Umgekehrt bleiben für die Änderung, Aussetzung und Rücknahme von Genehmigungen, die nicht unter Artikel 15a fallen, grundsätzlich die Mitgliedstaaten ausschließlich zuständig.

Dabei kann der Begriff der gemäß den Bestimmungen des Kapitels III erteilten Genehmigung für das Inverkehrbringen nicht dahin ausgelegt werden, dass er auch die im Anschluss an die Konsultation des Ausschusses für Arzneispezialitäten gemäß Artikel 12 der Richtlinie harmonisierten Genehmigungen umfasst.

Durch Artikel 12 wird für den Bereich der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten ein rein konsultatives Verfahren mit freiwilligem Charakter geschaffen, das zudem nicht nur von den betroffenen Mitgliedstaaten, sondern auch von der Kommission oder dem Antragsteller oder dem Inhaber einer Genehmigung für das Inverkehrbringen eingeleitet werden kann. In diesem Zusammenhang steht der Grundsatz, dass die Gemeinschaft innerhalb der Grenzen der ihr zugewiesenen Befugnisse tätig wird, einer Auslegung von Artikel 15a entgegen, nach der die Harmonisierung bestimmter Genehmigungen für das Inverkehrbringen im Rahmen eines auf Artikel 12 gestützten Verfahrens dazu führen könnte, dass die betreffenden Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit verlieren, weil beim Erlass jeder nachfolgenden Entscheidung über die Aussetzung oder die Rücknahme dieser Genehmigungen das in Artikel 15a vorgesehene Schiedsverfahren zur Anwendung käme.

( vgl. Randnrn. 121, 150, 155 )

2. Die materiellen Voraussetzungen für die Rücknahme einer Genehmigung für das Inverkehrbringen sind ausschließlich in Artikel 11 der Richtlinie 65/65 über Arzneispezialitäten geregelt. Dies ergibt sich aus Artikel 21 dieser Richtlinie, wonach die Genehmigung nur aus den in dieser Richtlinie aufgeführten Gründen versagt, ausgesetzt oder widerrufen werden kann. Diese Voraussetzungen sind im Einklang mit dem allgemeinen Grundsatz auszulegen, dass dem Schutz der öffentlichen Gesundheit gegenüber wirtschaftlichen Erwägungen unbestreitbar vorrangige Bedeutung beizumessen ist.

( vgl. Randnrn. 171, 173 )

3. Die Rücknahme einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 11 der Richtlinie 65/65 über Arzneispezialitäten ist grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn das Vorliegen eines neuen potenziellen Risikos oder die fehlende Wirksamkeit durch neue objektive Angaben oder Informationen wissenschaftlicher und/oder medizinischer Art untermauert wird. Insoweit kann die bloße Fortentwicklung eines Beurteilungskriteriums, auch wenn sie auf einem Konsens" unter Medizinern beruhen mag, für sich genommen die Rücknahme einer Genehmigung nicht rechtfertigen, sofern sie nicht auf neuen wissenschaftlichen Daten oder Informationen beruht.

( vgl. Randnrn. 194, 211 )