Schlüsselwörter
Leitsätze

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1. Steuerrecht - Harmonisierung - Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem - Befreiungen nach der Sechsten Richtlinie - Befreiung von Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Rahmen ärztlicher und arztähnlicher Berufe - Rechtsform des Steuerpflichtigen - Unbeachtlich

(Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c)

2. Steuerrecht - Harmonisierung - Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem - Befreiungen nach der Sechsten Richtlinie - Befreiung von Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Rahmen ärztlicher und arztähnlicher Berufe - Ort und Art der Leistungen - Außerhalb von Krankenhäusern erbrachte Heilbehandlungen

(Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c)

3. Steuerrecht - Harmonisierung - Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem - Befreiungen nach der Sechsten Richtlinie - Befreiung von mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen - Umfang - Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung - Einbeziehung

(Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g)

4. Steuerrecht - Harmonisierung - Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem - Befreiungen nach der Sechsten Richtlinie - Befreiung von mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen - Unmittelbare Wirkung - Grenzen - Ermessen der nationalen Behörden hinsichtlich des Begriffes als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" - Nachprüfung durch die nationalen Gerichte

(Richtlinie 77/388 des Rates, Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g)

Leitsätze

1. Die für Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden, vorgesehene Mehrwertsteuerbefreiung des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie 77/388 ist von der Rechtsform des Steuerpflichtigen, der die dort genannten ärztlichen oder arztähnlichen Leistungen erbringt, unabhängig.

Der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegende Grundsatz der steuerlichen Neutralität, der bei der Anwendung der in Artikel 13 der Sechsten Richtlinie 77/388 vorgesehenen Befreiungstatbestände zu beachten ist, verbietet es nämlich insbesondere, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleiche Umsätze bewirken, bei der Steuererhebung unterschiedlich behandelt werden. Dieser Grundsatz wäre daher verletzt, wenn die Möglichkeit einer Berufung auf die genannte Steuerbefreiung von der Rechtsform abhinge, in der der Steuerpflichtige seine Tätigkeit ausübt.

( vgl. Randnrn. 29-31, Tenor 1 )

2. Die für Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden, vorgesehene Mehrwertsteuerbefreiung des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie 77/388 erfasst Leistungen der Behandlungspflege durch eine einen ambulanten Pflegedienst betreibende Kapitalgesellschaft, die - auch als häusliche Leistungen - von qualifiziertem Krankenpflegepersonal erbracht werden, nicht aber Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung.

Was den Ort angeht, an dem die Leistungen zu erbringen sind, so sollen nach dieser Bestimmung diejenigen Heilbehandlungen steuerfrei sein, die außerhalb von Krankenhäusern, sei es in den Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort, erbracht werden. Was die Art der Pflegeleistungen betrifft, die unter den Begriff Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" fallen, so kann dieser Begriff nicht so ausgelegt werden, dass er medizinische Eingriffe umfasst, die zu einem anderen Zweck als dem der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen vorgenommen werden.

( vgl. Randnrn. 35-38, 41, Tenor 2 )

3. Die Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung, die körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftigen Personen von ambulanten Pflegediensten erbracht werden, stellen eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g der Sechsten Richtlinie 77/388 dar.

( vgl. Randnr. 61, Tenor 3a )

4. Ein Steuerpflichtiger kann sich auf die in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g der Sechsten Richtlinie 77/388 vorgesehene Befreiung für eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen vor einem nationalen Gericht berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar ist.

Was jedoch die Frage angeht, ob der Steuerpflichtige tatsächlich eine von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung" ist, räumt diese Bestimmung den Mitgliedstaaten ein Ermessen dahin gehend ein, ob sie bestimmten Einrichtungen sozialen Charakter zuerkennen; solange ein Mitgliedstaat die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens beachtet, kann der Einzelne ihm gegenüber die Eigenschaft einer Einrichtung mit sozialem Charakter nicht dadurch erlangen, dass er sich auf diese Bestimmung beruft.

Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die zuständigen Behörden diese Grenzen bei der Anwendung der Gemeinschaftsgrundsätze, insbesondere des Grundsatzes der Gleichbehandlung, beachtet haben, und demgemäß anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung im Sinne der fraglichen Bestimmung ist.

( vgl. Randnrn. 54-56, 61, Tenor 3b )