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Leitsätze

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1. Staatliche Beihilfen - Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten - Beeinträchtigung des Wettbewerbs - Beihilfen geringen Umfangs

(Artikel 87 EG)

2. Staatliche Beihilfen - Prüfung durch die Kommission - Fehlen von Stellungnahmen der Beteiligten - Keine Auswirkung auf die Gültigkeit der Entscheidung der Kommission

(Artikel 88 Absatz 2 EG)

3. Handlungen der Organe - Begründungspflicht - Umfang

(Artikel 253 EG)

4. Staatliche Beihilfen - Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit einer nicht gemeldeten Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird - Begründungspflicht - Umfang

(Atikel 88 Absatz 3 EG und 253 EG)

5. Staatliche Beihilfen - Verbot - Ausnahmen - Beihilfen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können - Beihilfen zur regionalen Entwicklung - Unterscheidung zwischen den Buchstaben a und c des Artikels 87 Absatz 3 EG - Ermessen der Kommission - Bezugnahme auf die Gemeinschaft als Ganzes

(Artikel 87 Absatz 3 Buchstaben a und c EG)

6. Staatliche Beihilfen - Verbot - Ausnahmen - Beihilfen, die unter die Ausnahmebestimmungen des Artikels 87 Absätze 2 und 3 EG fallen können - Betriebsbeihilfen - Ausschluss - Ermessen der Kommission

(Artikel 87 Absätze 2 und 3 EG)

7. Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Staatliche Beihilfen für Erzeugnisse, die einer gemeinsamen Marktorganisation unterliegen - Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Regelung - Unzulässigkeit

(Artikel 34 EG)

8. Freier Warenverkehr - Mengenmäßige Beschränkungen - Maßnahmen gleicher Wirkung bei der Ausfuhr - Begriff - Staatliche Beihilferegelung, die die Verarbeitung von Erzeugnissen aus der Region vor Ort begünstigt

(Artikel 29 EG)

Leitsätze

1. Weder der verhältnismäßig geringe Umfang einer staatlichen Beihilfe noch die verhältnismäßig geringe Größe des begünstigten Unternehmens schließt von vornherein die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten aus. Bei der Beurteilung der Auswirkungen einer Beihilfe auf den Handel können nämlich weitere Gesichtspunkte eine ausschlaggebende Rolle spielen, insbesondere, ob Beihilfen nebeneinander bestehen und ob die begünstigten Unternehmen in einem in besonderer Weise dem Wettbewerb ausgesetzten Sektor tätig sind.

( vgl. Randnr. 30 )

2. Die Gültigkeit einer Entscheidung der Kommission, mit der staatliche Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden, wird durch das Fehlen von Stellungnahmen Dritter zu diesen Beihilfen nicht beeinträchtigt.

In der Tat verpflichtet zwar Artikel 88 Absatz 2 EG die Kommission, die Stellungnahmen der Beteiligten einzuholen, bevor sie ihre Entscheidung trifft. Er verbietet der Kommission jedoch nicht, zu dem Ergebnis zu gelangen, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, wenn solche Stellungnahmen nicht vorliegen. Ein solcher Umstand schließt nämlich nicht an sich aus, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten durch diese Beihilfe beeinträchtigt werden kann.

( vgl. Randnrn. 38-39 )

3. Bei der Begründungspflicht nach Artikel 253 EG handelt es sich um ein wesentliches Formerfordernis, das von der sachlichen Richtigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Unter diesem Gesichtspunkt muss die nach Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.

Außerdem ist das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet.

( vgl. Randnrn. 47-48 )

4. Hat ein Mitgliedstaat eine Beihilfe gewährt, ohne sie in der Planungsphase bei der Kommission angemeldet zu haben, muss die Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird, nicht mit dem Nachweis der tatsächlichen Auswirkungen dieser Beihilfe auf den Wettbewerb oder den Handel zwischen Mitgliedstaaten begründet werden. Eine andere Lösung würde diejenigen Mitgliedstaaten, die Beihilfen unter Verstoß gegen die Mitteilungspflicht des Artikels 88 Absatz 3 EG zahlen, zu Lasten derjenigen begünstigen, die die Beihilfen in der Planungsphase anmelden.

( vgl. Randnr. 54 )

5. Ein Regionalbeihilfeprogramm kann unter bestimmten Umständen unter eine der Ausnahmebestimmungen des Artikels 87 Absatz 3 Buchstaben a und c EG fallen.

Die Verwendung der Begriffe außergewöhnlich" und erheblich" in der Ausnahmebestimmung des Buchstabens a zeigt, dass diese nur Gebiete betrifft, in denen die wirtschaftliche Lage im Vergleich zur gesamten Gemeinschaft äußerst ungünstig ist. Dagegen ist die Ausnahmebestimmung des Buchstabens c insofern weiter gefasst, als sie die Entwicklung bestimmter Gebiete eines Mitgliedstaats, die im Vergleich zur durchschnittlichen wirtschaftlichen Lage in diesem Staat benachteiligt sind, erlaubt, ohne dass die in Buchstabe a genannten wirtschaftlichen Gegebenheiten vorzuliegen brauchen; Voraussetzung ist jedoch, dass die zu diesem Zweck gewährten Beihilfen die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft".

Umgekehrt bedeutet das Fehlen dieser letztgenannten Voraussetzung in der Ausnahmebestimmung des Buchstabens a, dass für die Gewährung der Beihilfen an Unternehmen in den Gebieten, die tatsächlich den in dieser Ausnahmebestimmung aufgestellten Kriterien entsprechen, ein größerer Spielraum besteht.

Aus der Verwendung unterschiedlicher Begriffe in den Buchstaben a und c des Artikels 87 Absatz 3 EG kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Kommission bei der Anwendung der erstgenannten dieser beiden Bestimmungen das gemeinsame Interesse außer Acht lassen dürfte und sich darauf zu beschränken hätte, die regionale Spezifität der fraglichen Maßnahmen zu prüfen, ohne ihre Auswirkungen auf den oder die relevanten Märkte in der gesamten Gemeinschaft zu untersuchen. In einem solchen Fall muss die Kommission nämlich nicht nur prüfen, ob diese Maßnahmen tatsächlich geeignet sind, die wirtschaftliche Entwicklung der betreffenden Gebiete zu fördern, sondern sie muss auch die Auswirkungen dieser Beihilfen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beurteilen und insbesondere die möglichen sektoralen Auswirkungen auf Gemeinschaftsebene bewerten. Artikel 87 Absatz 3 EG räumt der Kommission ein Ermessen ein, das sie nach Maßgabe wirtschaftlicher und sozialer Wertungen ausübt, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind.

( vgl. Randnrn. 64-67 )

6. Staatliche Beihilfen, die nach Maßgabe der Mengen bestimmter an die Verarbeitungsunternehmen einer Region eines Mitgliedstaats gelieferter Gartenbauerzeugnisse gewährt werden und den Landwirten dieser Region ermöglichen, Kosten zu vermeiden, die sie normalerweise im Rahmen ihres laufenden Betriebes hätten tragen müssen, sind als Betriebsbeihilfen für betroffene Unternehmen im Agrarsektor anzusehen.

Die Kommission überschreitet die Grenzen ihres Ermessens nicht, wenn sie dann, wenn die staatlichen Stellen keinerlei Beweis dafür vorgelegt haben, dass diese Beihilfen ihrer Art nach geeignet waren, die wirtschaftliche Entwicklung dieser Region effektiv und dauerhaft zu fördern, feststellt, dass diese Beihilfen unter keine der Ausnahmebestimmungen des Artikels 87 Absätze 2 und 3 EG fallen können und daher mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind.

( vgl. Randnrn. 68-70 )

7. Sobald die Gemeinschaft gemäß Artikel 34 EG eine Regelung über die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für einen bestimmten Sektor erlassen hat, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sich aller Maßnahmen zu enthalten, die von dieser Regelung abweichen oder sie verletzen können.

Da mit dieser Regelung ein umfassender rechtlicher Rahmen gesetzt wird, innerhalb dessen bereits Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung des betroffenen Sektors vorgesehen sind, kann ein Mitgliedstaat selbst dann keine einseitig an diesen Sektor gerichteten Beihilfen gewähren, wenn diese einigen ausgewählten, zur industriellen Verarbeitung bestimmten Erzeugnissen vorbehalten und der Höhe nach begrenzt wären. Es ist nämlich Sache der Gemeinschaft, Lösungen für die Probleme zu finden, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik auftreten können, wenn sie in einem bestimmten Sektor eine gemeinsame Marktorganisation eingeführt hat.

( vgl. Randnrn. 73-74 )

8. Eine Regelung staatlicher Beihilfen ist als eine nach dem EG-Vertrag verbotene Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Ausfuhrbeschränkung anzusehen, wenn sie den in einer bestimmten Region eines Mitgliedstaats ansässigen Erzeugern einen finanziellen Anreiz bietet, ihre Erzeugnisse an Verarbeitungsbetriebe in der Region zu verkaufen.

( vgl. Randnr. 77 )