62000C0153

Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 23. April 2002. - Strafverfahren gegen Paul der Weduwe. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Rechtbank van eerste aanleg te Turnhout - Belgien. - Freier Dienstleistungsverkehr - Bankgeschäfte - Beschäftigter eines in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Kreditinstituts, der Kundschaft in einem anderen Mitgliedstaat anwirbt - Nationale Regelungen über das Bankgeheimnis - Verweigerung des Erscheinens und der Zeugenaussage in einem gerichtlichen Ermittlungsverfahren. - Rechtssache C-153/00.

Sammlung der Rechtsprechung 2002 Seite I-11319


Schlußanträge des Generalanwalts


1. Mit Schreiben vom 13. April 2000 legte der Untersuchungsrichter bei der Rechtbank van eerste aanleg Turnhout (Belgien) dem Gerichtshof gemäß Artikel 234 EG vier Fragen zur Vorabentscheidung vor.

Diese Fragen zielen darauf ab, ihm die Prüfung der Vereinbarkeit der belgischen Rechtsvorschriften über gerichtliche Zeugenaussagen mit dem Gemeinschaftsrecht zu ermöglichen. Das vorlegende Gericht bittet auch um Kriterien, um die Vereinbarkeit bestimmter Gesichtspunkte des luxemburgischen Rechts über das Bankgeheimnis mit dem Gemeinschaftsrecht prüfen zu können.

I - Nationales Recht

A - Belgisches Recht

2. Im belgischen Recht ist das Berufsgeheimnis in Artikel 458 des Code pénal (nachstehend: StGB) geregelt. Diese Vorschrift bestimmt:

Ärzte, Heilpraktiker, Sanitätsoffiziere, Apotheker, Hebammen und alle anderen Personen, die kraft ihres Standes oder Gewerbes Kenntnis von ihnen anvertrauten Geheimnissen haben und diese offenbaren, sofern sie nicht geladen wurden, um vor Gericht oder vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss Zeugnis abzulegen, oder gesetzlich verpflichtet sind, die Geheimnisse zu offenbaren, werden mit Freiheitsstrafe von acht Tagen bis sechs Monaten und mit Geldstrafe von hundert bis fünfhundert Franken bestraft."

3. Nach der Rechtsprechung der belgischen Gerichte findet Artikel 458 im Bankwesen keine Anwendung. In einem Urteil vom 25. Oktober 1978 entschied der belgische Kassationsgerichtshof, dass weder die Natur der von den Bankiers ausgeübten Funktionen noch eine rechtliche Bestimmung diesen die Eigenschaft von an das Berufsgeheimnis gebundenen Personen im Sinne von Artikel 458 StGB verleiht".

4. Die Artikel 71 bis 86 des Code d'instruction criminelle (nachstehend: StPO) regeln die Zeugenvernehmung. Gemäß Artikel 75 StPO schwört ein Zeuge, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen. Artikel 80 StPO bestimmt:

Wer als Zeuge geladen wird, hat vor Gericht zu erscheinen und der Ladung nachzukommen; andernfalls kann er hierzu vom Untersuchungsrichter gezwungen werden, der dafür auf Antrag des Staatsanwalts ohne weiteres Form- und Fristerfordernis ein unanfechtbares Ordnungsgeld von höchstens 100 Franken verhängt und die zwangsweise Vorführung des Geladenen für seine Zeugenaussage anordnen kann".

5. Von der belgischen Rechtsprechung wird die Weigerung, bestimmte Fragen zu beantworten, auch dann dem Nichterscheinen gleichgestellt, wenn feststeht, dass der Zeuge dadurch Gefahr läuft, sich selbst oder Dritte strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen. Ein solches Verhalten ist nach Artikel 80 StPO strafbar, so dass diese Vorschrift nicht nur eine Pflicht enthält, vor Gericht zu erscheinen, sondern auch eine Pflicht, als Zeuge auszusagen.

B - Luxemburgisches Recht

6. Im luxemburgischen Recht richtet sich das Berufsgeheimnis nach Artikel 458 StGB. Mit Ausnahme der Höhe der Geldstrafe ist der Wortlaut dieser Vorschrift identisch mit dem von Artikel 458 des belgischen StGB. Er lautet wie folgt:

Ärzte, Heilpraktiker, Sanitätsoffiziere, Apotheker, Hebammen und alle anderen Personen, die kraft ihres Standes oder Gewerbes Kenntnis von ihnen anvertrauten Geheimnissen haben und diese offenbaren, sofern sie nicht geladen wurden, um vor Gericht oder vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss Zeugnis abzulegen, oder gesetzlich verpflichtet sind, die Geheimnisse zu offenbaren, werden mit Freiheitsstrafe von acht Tagen bis sechs Monaten und mit Geldstrafe von 20 000 bis 200 000 Franken bestraft."

7. Anders als nach belgischem Recht unterliegen die im Bank- und Finanzwesen tätigen Wirtschaftsteilnehmer nach luxemburgischem Recht einem Berufsgeheimnis. Artikel 41 der loi du 5 avril 1993 relative au secteur financier (Gesetz vom 5. April 1993 über den Finanzsektor) stellt die Grundlage für diese Pflicht dar. Er bestimmt:

1. Die Mitglieder des Verwaltungsrates, der leitenden und überwachenden Organe, die leitenden und anderen Angestellten und die anderen Personen, deren sich die Kreditinstitute bedienen, sowie die anderen Gewerbetreibenden des Finanzsektors im Sinne des ersten Teils des vorliegenden Gesetzes sind verpflichtet, Auskünfte, die ihnen im Rahmen ihrer Berufsausübung anvertraut werden, geheim zu halten. Die Offenbarung solcher Mitteilungen wird mit den in Artikel 458 [StGB] vorgesehenen Strafen geahndet.

2. Die Verpflichtung zur Wahrung des Geheimnisses endet, wenn die Offenbarung einer Mitteilung durch oder aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung, auch eines älteren Gesetzes, erlaubt ist oder verlangt wird.

...

6. Wer der in Absatz 1 genannten Geheimnispflicht unterliegt und eine unter diese Pflicht fallende Mitteilung rechtmäßig offenbart, kann nicht allein deshalb straf- oder zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden."

II - Sachverhalt und Verfahren

8. Aus den Akten ergibt sich, dass das vorlegende Gericht mit einer gerichtlichen Untersuchung gegen Paul der Weduwe (nachstehend: Beschuldigter) befasst ist. Die Untersuchung betrifft die Straftaten der Urkundenfälschung, des Gebrauchs falscher Urkunden, der Steuerurkundenfälschung, des Gebrauchs falscher Steuerurkunden, der Geldwäsche und des Verstoßes gegen die von den Artikeln 305 bis 310 des belgischen Code des impôts sur les revenus (nachstehend: EStG) vorgesehene Steuererklärungspflicht.

9. Der Beschuldigte ist ein in Luxemburg wohnhafter niederländischer Staatsangehöriger. Er war bei der Banque U.C.L. angestellt und ist derzeit für die Rabobank tätig. Es handelt sich dabei um zwei im Großherzogtum Luxemburg ansässige Kreditinstitute.

Der Beschuldigte wird verdächtigt, mit der Werbung und dem Besuch von Kunden in Belgien befasst gewesen zu sein, um die Anlage von Geldern in Einlagen oder anderen Wertpapieren bei seinen Arbeitgebern zu empfehlen. Im Rahmen dieser Tätigkeiten soll er Gelder bei belgischen Kunden abgeholt und nach Luxemburg gebracht haben. Ferner soll er für belgische Kunden Coupons von Wertpapieren mit in das Großherzogtum genommen haben, um die mit diesen Coupons erzielten Einkünfte bei seinem Arbeitgeber anzulegen. Der streitige Sachverhalt betrifft den Zeitraum von Oktober 1993 bis Mai 1999.

10. Im Rahmen der Untersuchung befragte das vorlegende Gericht den Beschuldigten zu den Modalitäten der Kundenwerbung und des Transports von Wertpapieren.

Der Beschuldigte weigerte sich jedoch, auf die ihm vom Untersuchungsrichter gestellten Fragen zu antworten. Diese Weigerung rechtfertigte er mit der Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses, die das luxemburgische Recht den im Bankwesen tätigen Wirtschaftsteilnehmern auferlege. Daraufhin erließ das vorlegende Gericht, gegen den Beschuldigten Haftbefehl. Derzeit befindet sich dieser unter Auflagen, die die Anklagekammer (Kamer van Inbeschuldigingstelling) des Hof van Beroep Antwerpen (Belgien) ausgesprochen hat, auf freiem Fuß.

11. Im Rahmen der Untersuchung wollte das vorlegende Gericht auch den Zeugen Troch vernehmen.

Der Zeuge Troch ist ein in Luxemburg wohnhafter belgischer Staatsangehöriger, der bei der Banque U.C.L. für Arbitragegeschäfte, Kapitalanlagefonds, internationale Kredite und Bankdienstleistungen für Privatkunden verantwortlich war. Der Zeuge Troch wurde bereits von der belgischen Polizei vernommen. Er weigerte sich jedoch, auf die ihm gestellten Fragen zu antworten, und berief sich dabei auf die Vorschriften des luxemburgischen Rechts über das Bankgeheimnis.

12. Das vorlegende Gericht führt aus, dass sich der Beschuldigte und der Zeuge Troch zu keiner Zeit auf ihr Schweigerecht berufen hätten. Sie begründeten ihre Weigerung, auf die Fragen zu antworten, ausdrücklich mit dem luxemburgischen Bankgeheimnis.

13. Das vorlegende Gericht erklärt in seinem Vorlagebeschluss, das luxemburgische Recht über das Bankgeheimnis stelle ein ernsthaftes Hindernis für die Beweiserhebung dar.

Zwischen den Vorschriften des belgischen Rechts, die eine Zeugnispflicht vorsähen, und den Vorschriften des luxemburgischen Rechts, die eine Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses vorsähen, bestehe ein Gesetzeskonflikt. Dieser Zustand behindere ernsthaft die Funktionsfähigkeit der belgischen Justiz, da es die luxemburgischen Bankiers vorzögen, in Belgien die Aussage zu verweigern und sich nach Artikel 80 StPO verurteilen zu lassen, um nicht wegen einer Verletzung des Bankgeheimnisses haftbar gemacht zu werden.

14. Daher fragt sich das vorlegende Gericht, ob Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG), der Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft verbietet, es tatsächlich erlaubt, den luxemburgischen Rechtsvorschriften zum Bankgeheimnis extraterritoriale Wirkung zu verleihen.

15. Der Untersuchungsrichter bezieht sich auf das Urteil des Gerichtshofes vom 10. Mai 1995 in der Rechtssache Alpine Investments. In diesem Urteil habe der Gerichtshof entschieden, dass Artikel 59 EG-Vertrag nicht nur vom Staat des Leistungsempfängers, sondern auch vom Staat des Leistungserbringers auferlegte Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs betreffe. So habe der Gerichtshof entschieden, dass Artikel 59 EG-Vertrag es dem Staat des Leistungserbringers verbiete, eine Maßnahme zu erlassen, die die Möglichkeit von Wirtschaftsteilnehmern, die in seinem Gebiet niedergelassen seien, beschränke, Empfängern im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats Dienstleistungen anzubieten.

16. Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass hier die extraterritoriale Anwendung des luxemburgischen Bankgeheimnisses ein nicht zu verantwortendes Hindernis" für den freien Finanzdienstleistungsverkehr sei. Die luxemburgischen Bankiers, die ihr Recht auf Dienstleistungsfreiheit in Belgien ausübten, befänden sich in dem Dilemma, zwangsläufig entweder gegen das belgische Recht über die Zeugnispflicht (Artikel 80 StPO) oder gegen das luxemburgische Recht über das Bankgeheimnis (Artikel 41 des Gesetzes von 1993) verstoßen zu müssen. Dieser Gesetzeskonflikt führe auch zu einer Ungleichbehandlung der Bankiers und der Kunden nach ihrer Staatsangehörigkeit und dem Ort ihrer Niederlassung.

III - Vorlagefragen

17. Infolgedessen hat der Untersuchungsrichter bei der Rechtbank van eerste aanleg Turnhout beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Artikel 49 EG (früher Artikel 59 EG-Vertrag) dahin auszulegen, dass,

wenn ein Kreditinstitut, das in einem Mitgliedstaat zugelassen ist, in dem Verstöße gegen das Bankgeheimnis strafrechtlich verfolgt werden, im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist, in dem kein gleichartiges Bankgeheimnis besteht,

1. diese Vertragsbestimmung einer Vorschrift des Mitgliedstaats des Leistungsempfängers nicht entgegensteht, aufgrund deren die Angestellten des betroffenen Kreditinstituts dazu verpflichtet sind, als Zeugen in Strafsachen über Dienstleistungen auszusagen, die sie in Ausübung der Dienstleistungsfreiheit in diesem Staat erbracht haben, wenn unter den gleichen Umständen für Angestellte von Kreditinstituten aus diesem Staat eine solche Aussagepflicht besteht;

2. diese Vertragsbestimmung Rechtsvorschriften dieses Staats nicht entgegensteht, aufgrund deren die Angestellten des betroffenen Kreditinstituts, die bei einer Vernehmung als Beschuldigte davon absehen, sich auf ihr Schweigerecht zu berufen, als Beschuldigte im Rahmen eines Strafverfahrens über Dienstleistungen aussagen können, die sie in Ausübung der Dienstleistungsfreiheit in diesem Staat erbracht haben, wenn unter den gleichen Umständen Angestellte von Kreditinstituten aus diesem Staat als Beschuldigte dasselbe Aussagerecht haben, soweit sie sich nicht auf ihr Schweigerecht berufen oder zu berufen wünschen;

3. diese Vertragsbestimmung dagegen einer Vorschrift des Mitgliedstaats des Leistungserbringers entgegensteht, aufgrund deren die Angestellten des betroffenen Kreditinstituts straf- und zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie im Rahmen einer strafrechtlichen Untersuchung, die im Mitgliedstaat des Leistungsempfängers durchgeführt wird (s. o., Fragen 1 und 2; hier im Königreich Belgien), als Zeugen über Dienstleistungen aussagen, die sie in Ausübung der Dienstleistungsfreiheit in diesem Staat erbracht haben;

4. diese Vertragsbestimmung einer Vorschrift des Mitgliedstaats des Leistungserbringers entgegensteht, aufgrund deren die Angestellten des betroffenen Kreditinstituts straf- und zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie im Rahmen einer strafrechtlichen Untersuchung, die im Mitgliedstaat des Leistungsempfängers durchgeführt wird (s. o., Fragen 1 und 2; hier im Königreich Belgien), als Beschuldigte über Dienstleistungen aussagen, die sie in Ausübung der Dienstleistungsfreiheit im Hoheitsgebiet dieses Staates (hier des Königreichs Belgien) erbracht haben, soweit sie sich nicht auf das Schweigerecht berufen oder zu berufen wünschen?

IV - Gegenstand der Vorlagefragen

18. Das Vorabentscheidungsersuchen des Untersuchungsrichters von Turnhout wirft zwei Reihen von Fragen auf.

19. Die Erste betrifft das belgische Recht über gerichtliche Zeugenaussagen. Das vorlegende Gericht fragt, ob Artikel 59 EG-Vertrag dem Mitgliedstaat des Leistungsempfängers erlaubt, eine Bestimmung anzuwenden, die im Bankwesen tätige und im Rahmen einer gerichtlichen Untersuchung als Zeugen geladene Wirtschaftsteilnehmer verpflichtet, Informationen preiszugeben, die unter eine im Recht des Mitgliedstaats des Leistungserbringers vorgesehene Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses fallen. Das vorlegende Gericht fragt auch, ob Artikel 59 EG-Vertrag einer solchen Vorschrift entgegensteht, wenn die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer als Beschuldigte geladen werden und sich nicht auf ihr Schweigerecht berufen.

20. Die zweite Reihe von Fragen bezieht sich auf das luxemburgische Recht über das Bankgeheimnis. Sie zielt auf die Feststellung ab, ob Artikel 59 EG-Vertrag dem Erlass einer Maßnahme entgegensteht, die die im Bankwesen tätigen Wirtschaftsteilnehmer zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichtet, indem sie ihnen unter der Androhung, sonst straf- und zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden, die Preisgabe von durch diese Geheimnispflicht gedeckten Informationen gegenüber den Justizbehörden eines anderen Mitgliedstaates untersagt.

V - Beim Gerichtshof eingereichte schriftliche Erklärungen

21. Im schriftlichen Verfahren haben drei Streithelfer Erklärungen beim Gericht eingereicht: der Beschuldigte, das Königreich Belgien und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften.

22. Der Beschuldigte macht geltend, dass das Vorabentscheidungsersuchen unzulässig sei. Dieses Vorbringen stützt sich auf dreierlei.

Erstens sei das vorlegende Gericht kein Gericht" im Sinne von Artikel 234 EG. Der Untersuchungsrichter erlasse keine Entscheidungen gegen Beschuldigte oder Zeugen. Er sei lediglich damit befasst, Beweismittel zu sammeln, damit das Gericht der Hauptsache in Kenntnis der Sachlage entscheiden könne. Nach Abschluss der Untersuchung übergebe der Untersuchungsrichter die Akten der Staatsanwaltschaft, die darüber entscheide, ob gegen die Beschuldigten Anklage erhoben werde. Sodann obliege es der Beschlusskammer (in erster Instanz) und der Anklagekammer (in der Berufungsinstanz), darüber zu entscheiden, ob die Sache dem Gericht der Hauptsache vorgelegt werde.

Zweitens sei es für die Entscheidung der Sache nicht erforderlich, auf die Vorlagefragen zu antworten. Da das vorlegende Gericht kein Urteil" im Sinne von Artikel 234 EG erlassen müsse, würde das Urteil des Gerichtshofes allein der vorbeugenden juristischen Beratung für die Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls der mit der Sache befassten Gerichte der Hauptsache dienen.

Drittens beschreibe der Vorlagebeschluss nicht hinreichend den rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang, in dem sich die Fragen stellten.

23. Die belgische Regierung nahm in ihren schriftlichen Erklärungen zu den Fragen Stellung.

Die in Artikel 80 StPO vorgesehene Zeugnispflicht sei mit Artikel 59 EG-Vertrag vereinbar. Die Zeugnispflicht bewirke keine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit und sei nicht geeignet, den freien Dienstleistungsverkehr zu behindern. Zumindest sei eine solche Verpflichtung durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls (Bekämpfung von Kriminalität und Steuervergehen) gerechtfertigt und stehe im angemessenen Verhältnis zu den verfolgten Zielen.

Dagegen verletze das luxemburgische Recht, falls es extraterritorial anwendbar sei, Gemeinschaftsrecht. In diesem Fall sei das luxemburgische Gesetz zum Bankgeheimnis diskriminierend und geeignet, den freien Dienstleistungsverkehr zu behindern. Die im Banksektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer befänden sich in einer rechtlich unmöglichen Lage, da sie nicht gleichzeitig der vom belgischen Recht vorgesehene Zeugnispflicht und der Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses nach luxemburgischen Recht nachkommen könnten. Überdies sei das luxemburgische Recht nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeinwohls im Sinne der Rechtsprechung gerechtfertigt.

24. Die Kommission ist der Ansicht, dass die vier Vorlagefragen global zu beantworten seien.

Die belgischen und luxemburgischen Bestimmungen seien nicht so geartet, dass sie den freien Dienstleistungsverkehr behinderten. Sie griffen nur ein, wenn ein Dienstleistender verdächtigt werde, in rechtswidrige Geschäfte verwickelt zu sein. Diese Situation sei jedoch zu weit vom normalen Dienstleistungsverkehr entfernt, um unter das Verbot des Artikels 59 EG-Vertrag zu fallen. Das Problem des vorlegenden Gerichts bestehe darin, dass strafrechtliche Vorschriften zweier Mitgliedstaaten unvereinbar seien. Grundsätzlich seien Hindernisse für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes, die sich aus unterschiedlichen strafrechtlichen Vorschriften ergäben, durch Harmonisierungsmaßnahmen zu regeln. Da hier jedoch keine Harmonisierungsmaßnahmen erlassen worden seien, stehe es den Mitgliedstaaten frei, Regelungen für in ihrem Hoheitsgebiet tätige Personen zu erlassen.

25. Die luxemburgische Regierung hat im schriftlichen Verfahren keine Erklärungen abgegeben. Sie hat sich dagegen in der mündlichen Verhandlung geäußert, worauf ich nachstehend in diesen Schlussanträgen eingehen werde.

VI - Erörterung

26. Vorab ist auf die Regelung der Zuständigkeit des Gerichtshofes in Artikel 234 EG einzugehen.

27. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Verfahren nach Artikel 234 EG ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit ist es allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, das diesen entscheiden muss, sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Dieser Grundsatz ist dadurch gerechtfertigt, dass allein das nationale Gericht unmittelbare Kenntnis des Sachverhalts der Rechtssache und des auf den Rechtsstreit anwendbaren nationalen Rechts hat. Betreffen daher die vorgelegten Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, so ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden.

Der Gerichtshof hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass es ihm in Ausnahmefällen obliegt, zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit die Umstände zu untersuchen, unter denen er angerufen wird. Der Geist der Zusammenarbeit, von dem das Funktionieren des Vorabentscheidungsverfahrens geleitet sein müsse, verlange, dass das nationale Gericht auf die Aufgabe Rücksicht nehme, mit der der Gerichtshof betraut sei. Diese Aufgabe bestehe darin, einen Beitrag zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten zu leisten und nicht darin, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben.

28. Auch sei es ratsam, dass das vorlegende Gericht vor der Vorlage den Sachverhalt und die ausschließlich nach nationalem Recht zu beurteilenden Fragen kläre, damit der Gerichtshof eine der Lösung des Rechtsstreits dienliche Auslegung geben könne. Unerlässlich sei es auch, dass das nationale Gericht die Gründe darlege, deretwegen es eine Beantwortung seiner Fragen für erforderlich halte.

29. Da die Aufgabe des Gerichtshofes nicht darin besteht, Gutachten abzugeben, weigert er sich konsequent, sich zu Vorlagefragen zu äußern, die objektiv für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens nicht erforderlich sind.

So weigert sich der Gerichtshof, über Vorlagefragen zu entscheiden, wenn er feststellt, dass die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen auf den Rechtsstreit nicht anwendbar sind. Er weigert sich auch, sich zu äußern, wenn seine Antwort keine Auswirkungen auf das Ausgangsverfahren haben kann oder es auf die erbetene Auslegung für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt. Schließlich weigert sich der Gerichtshof, im Wege der Vorabentscheidung zu entscheiden, wenn er nicht die Gewissheit hat, dass die streitigen nationalen Rechtsvorschriften vom vorlegenden Gericht angewandt werden, um den Rechtsstreit zu entscheiden.

30. Im Licht dieser Grundsätze sind die vom Untersuchungsrichter von Turnhout vorgelegten Fragen zu untersuchen.

31. Hier möchte der Untersuchungsrichter die Vereinbarkeit des belgischen Rechts über gerichtliche Zeugenaussagen mit dem Gemeinschaftsrecht überprüfen lassen. Er möchte auch die Vereinbarkeit des luxemburgischen Rechts über das Bankgeheimnis mit dem Gemeinschaftsrecht beurteilen lassen.

32. Das vorlegende Gericht ging von dem Grundsatz aus, dass die fraglichen luxemburgischen Rechtsvorschriften eine besondere extraterritoriale Wirkung hätten. Das Gesetz von 1993 verbietet den luxemburgischen Bankiers seiner Ansicht nach, durch das Bankgeheimnis gedeckte Informationen den Justizbehörden eines anderen Mitgliedstaates zu offenbaren.

33. Dem Verfahren nach Artikel 234 EG liegt eine klare Aufgabentrennung zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten zugrunde. Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass es ihm im von Artikel 234 EG eingerichteten System der Zusammenarbeit nicht obliegt, nachzuprüfen, ob das nationale Gericht sein eigenes Recht zutreffend ausgelegt hat oder die von diesem geltend gemachte nationale Vorschrift im Ausgangsrechtsstreit einschlägig ist. Dieser Grundsatz ist dadurch gerechtfertigt, dass allein das nationale Gericht unmittelbare Kenntnis des auf den Rechtsstreit anwendbaren nationalen Rechts hat.

34. Dieser Grundsatz kann jedoch nicht uneingeschränkt angewandt werden, wenn das nationale Gericht die Vereinbarkeit der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats mit dem Gemeinschaftsrecht beurteilen lassen möchte.

In einem solchen Fall muss das vorlegende Gericht Vorschriften auffinden und auslegen, die nicht zu seiner eigenen Rechtsordnung gehören. Im Gegensatz zu seiner Stellung in klassischen" Vorabentscheidungsverfahren hat das vorlegende Gericht hier selten unmittelbare und umfangreiche Kenntnis des auf den Rechtsstreit anwendbaren nationalen Rechts. Meines Erachtens ist der Gerichtshof daher zu besonderer Wachsamkeit aufgerufen ..., wenn ihm eine Frage vorgelegt wird, deren Beantwortung es dem Gericht ermöglichen soll, Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht hin zu beurteilen". Der Gerichtshof muss sicherstellen, dass die Beschreibung des nationalen rechtlichen Rahmens eine getreue und vollständige Wiedergabe der geltenden rechtlichen Regelungen des Mitgliedstaats ist, dessen Rechtsvorschriften in Frage gestellt werden. Der Gerichtshof muss mit anderen Worten sicherstellen, dass er über alle zur Vermeidung eines Gutachtens zu einer hypothetischen Frage erforderlichen Kriterien verfügt.

35. Hier ergibt sich jedoch aus den Akten, dass die Vorlagefragen auf einer Auslegung des luxemburgischen Rechts beruhen, die von den Beteiligten, die Erklärungen abgegeben haben, ernsthaft bestritten wird.

36. In ihren schriftlichen Erklärungen erläuterte die belgische Regierung Folgendes.

37. Artikel 41 des Gesetzes von 1993 sehe wie Artikel 458 des luxemburgischen StGB eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses vor. Gemäß diesen Bestimmungen kann das Bankgeheimnis aufgehoben werden, wenn der Bankier zu einer gerichtlichen Zeugenaussage geladen wird oder die Offenbarung von Informationen, die dem Bankgeheimnis unterliegen, vom Gesetz vorgeschrieben oder erlaubt ist.

38. Die Frage der extraterritorialen Wirkung des luxemburgischen Rechts sei umstritten. Es seien drei unterschiedliche Auslegungen von Artikel 458 StGB in Verbindung mit Artikel 41 des Gesetzes von 1993 möglich.

Eine erste Auslegung gehe davon aus, dass der Grundsatz des Bankgeheimnisses keine extraterritoriale Wirkung habe. Das bedeute, dass Luxemburg dort niedergelassene Bankiers nur bestrafe, wenn die Offenbarung der Informationen im Großherzogtum erfolge. Dagegen bestrafe das luxemburgische Recht die Offenlegung im Ausland nicht.

Nach einer zweiten Auslegung habe sowohl das luxemburgische Recht über den Grundsatz des Bankgeheimnisses als auch dasjenige über die Ausnahmen von diesem Grundsatz extraterritoriale Wirkung. Dann müssten die in Luxemburg niedergelassenen Bankiers das Bankgeheimnis nicht nur im Inland beachten, sondern auch in den anderen Mitgliedstaaten. Die luxemburgischen Bankiers könnten jedoch Informationen, die unter das Bankgeheimnis fielen, offenbaren, wenn sie von den Justizbehörden eines anderen Mitgliedstaats als Zeugen geladen würden. Artikel 458 des luxemburgischen StGB in Verbindung mit Artikel 41 des Gesetzes von 1993 werde mit anderen Worten dahin ausgelegt, dass die im Recht eines anderen Mitgliedstaats vorgesehene Zeugnispflicht die Offenbarung des Bankgeheimnisses vor den Justizbehörden dieses Staates ermögliche.

Nach einer dritten Auslegung schließlich habe nur das luxemburgische Recht über den Grundsatz des Bankgeheimnisses extraterritoriale Wirkung. Das bedeute, dass die in Luxemburg niedergelassenen Bankiers die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses im Ausland wahren müssten. Das Bankgeheimnis dürfe jedoch nicht offenbart werden, wenn sie von den Justizbehörden eines anderen Mitgliedstaats als Zeugen geladen würden. Sie dürften Informationen, die unter das Bankgeheimnis fielen, nur vor den luxemburgischen Justizbehörden offenbaren.

39. Die belgische Regierung schlägt in ihren schriftlichen Erklärungen vor, der ersten Auslegung zu folgen. Sie trägt vor, dass ein Bankier von Luxemburg nicht verfolgt werden dürfe, wenn die Offenbarung von Informationen, die unter das Bankgeheimnis fielen, im Ausland erfolge.

40. Zumindest bereite das luxemburgische Recht nur bei dieser Auslegung Schwierigkeiten.

Nach der ersten Auslegung finde der Grundsatz des Bankgeheimnisses in Belgien keine Anwendung. Unter diesen Umständen stehe es dem Beschuldigten und dem Zeugen Troch frei, vor dem Untersuchungsrichter von Turnhout auszusagen. Auch nach der zweiten Auslegung sei die Zeugnispflicht nach Artikel 80 StPO ein Grund, der die Offenbarung des Bankgeheimnisses rechtfertigen könne. In diesem Fall stehe es dem Beschuldigten und dem Zeugen Troch ebenfalls frei, vor dem Untersuchungsrichter von Turnhout auszusagen.

41. Wenn man einer dieser beiden Auslegungen folge, sei das Vorabentscheidungsersuchen des Untersuchungsrichters gegenstandslos". Es betreffe eine [rechtmäßige] Vorschrift, die hier nicht anwendbar sei".

42. Nur die dritte Auslegung könne hinsichtlich Artikel 59 EG-Vertrag Schwierigkeiten bereiten.

In diesem Fall dürften der Beschuldigte und der Zeuge Troch die Informationen, die unter das Bankgeheimnis fielen, dem Untersuchungsrichter von Turnhout nicht offenbaren. Das Königreich Belgien ist der Ansicht, dass es dann dem Gerichtshof obliege, zu entscheiden, ob eine solche hypothetische Auslegung des luxemburgischen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei.

43. Das Großherzogtum Luxemburg ist der Auffassung, dass die dritte Auslegung nicht zutrifft.

44. In der mündlichen Verhandlung wies es darauf hin, dass die luxemburgischen Gerichte die Frage der extraterritorialen Wirkung des Bankgeheimnisses noch nicht entschieden hätten. Sie hätten wahrscheinlich nie Gelegenheit, diesen Meinungsstreit zu entscheiden. Die tatsächliche Situation, die zu einer solchen Streitigkeit führe, sei zu selten und zu atypisch, um den luxemburgischen Gerichten unterbreitet werden zu können.

45. Mangels (derzeitiger und absehbarer) Rechtsprechung auf diesem Gebiet hat die luxemburgische Regierung die ihrer Meinung nach richtige Auslegung dargelegt.

46. Das luxemburgische Recht über das Bankgeheimnis verbiete den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern die Offenbarung von Informationen, die unter das Bankgeheimnis fielen, dann nicht, wenn diese von den Justizbehörden eines anderen Mitgliedstaats geladen würden. Das ergebe sich aus Folgendem.

47. Erstens habe der Grundsatz des Bankgeheimnisses extraterritoriale Wirkung. Das luxemburgische Recht wäre vollkommen wirkungslos, wenn es den Wirtschaftsteilnehmern die Offenbarung von Informationen, die unter das Bankgeheimnis fielen, im Ausland ermöglichte. Dann könnten die Bankiers Luxemburg verlassen, um ungestraft Informationen offenbaren zu können, die andernfalls unter das Bankgeheimnis fielen. Daraus folge, dass die Offenbarung von Informationen, die unter das Bankgeheimnis fielen, im Ausland vorbehaltlich der im luxemburgischen Recht vorgesehenen Ausnahmen eine Straftat darstelle, die von Luxemburg strafrechtlich verfolgt werden könne.

48. Zweitens hätten auch die Ausnahmen vom Bankgeheimnis extraterritoriale Wirkung. Die Gründe für diese Auslegung seien jedoch andere als die, die das Königreich Belgien vorgetragen habe.

Das Königreich Belgien habe vorgebracht, dass die in Artikel 80 der belgischen StPO vorgesehene Zeugnispflicht eine nach Artikel 458 StGB in Verbindung mit Artikel 41 des Gesetzes von 1993 vorgesehene Ausnahme vom Bankgeheimnis darstellen könne. Wollte man dieser Lösung folgen, könnte ein Staat Ausnahmen von den strafrechtlichen Vorschriften eines anderen Staates vorsehen. Diese Lösung sei offensichtlich mit den allgemeinen Grundsätzen des internationalen Strafrechts unvereinbar.

Die Ausnahmen vom Bankgeheimnis könnten nur auf Vorschriften des luxemburgischen Strafrechts gestützt werden. Artikel 458 des luxemburgischen StGB in Verbindung mit Artikel 41 des Gesetzes von 1993 sehe hierzu vor, dass die Wirtschaftsteilnehmer Informationen, die unter das Bankgeheimnis fielen, offenbaren dürften, wenn sie von Justizbehörden" als Zeugen geladen würden. Der Begriff Justizbehörden" erfasse nicht nur die luxemburgischen Justizbehörden, sondern auch die entsprechenden Behörden der anderen Mitgliedstaaten.

49. Nach alledem beruhen die Vorlagefragen des Untersuchungsrichters auf einer Prämisse, die von den Beteiligten, die Erklärungen abgegeben haben, ernsthaft bestritten wird.

50. Das vorlegende Gericht ging davon aus, dass das luxemburgische Recht dem Beschuldigten und dem Zeugen Troch untersage, den belgischen Justizbehörden Informationen zu offenbaren, die unter das Bankgeheimnis fielen. Aus den Äußerungen der luxemburgischen Regierung in der mündlichen Verhandlung ergibt sich jedoch klar, dass diese Auslegung nicht zutrifft. Luxemburg ist der Auffassung, dass Artikel 458 des luxemburgischen StGB in Verbindung mit Artikel 41 des Gesetzes von 1993 den Wirtschaftsteilnehmern nicht untersagt, Informationen zu offenbaren, die unter das Bankgeheimnis fielen, wenn sie von den Justizbehörden eines anderen Mitgliedstaats gerichtlich geladen werden.

51. Daher sind die Vorlagefragen rein hypothetisch. Der Gerichtshof hat nicht die Sicherheit, dass sein Urteil im Ausgangsverfahren angewandt würde. Das zu erlassende Urteil würde tatsächlich nur angewandt, falls eine bestimmte Auslegung des luxemburgischen Rechts für richtig erachtet würde (nämlich die dritte der in Nr. 38 dieser Schlussanträge dargestellten Auslegungen). Nach den Akten ist das jedoch unwahrscheinlich.

52. Daher schlage ich vor, das Vorabentscheidungsersuchen für unzulässig zu erklären. Wollte der Gerichtshof auf die Vorlagefragen antworten, so würde er meines Erachtens die Aufgabe verkennen, die ihm nach Artikel 234 EG zukommt, weil er ein Gutachten zu einer hypothetischen Frage abgäbe.

VII - Ergebnis

53. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich daher vor, wie folgt zu entscheiden:

Die vom Untersuchungsrichter bei der Rechtbank van eerste aanleg Turnhout zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen sind unzulässig.