Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 13. Dezember 2001. - Rudolf Gabriel. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Oberster Gerichtshof - Österreich. - Brüsseler Übereinkommen - Ersuchen um Auslegung von Artikel 5 Nummern 1 und 3 und Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 - Recht eines Verbrauchers, der Adressat einer irreführenden Werbung ist, einen vorgeblich gewonnenen Preis einzuklagen - Qualifizierung - Klage aus Vertrag nach Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 - Voraussetzungen. - Rechtssache C-96/00.
Sammlung der Rechtsprechung 2002 Seite I-06367
1 Im vorliegenden Verfahren hat der österreichische Oberste Gerichtshof den Gerichtshof um Aufklärung darüber gebeten, wie eine Klage gemäß nationalem Verbraucherschutzrecht, wonach Verbraucher, denen Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen zugesandt wurden, deren Gestaltung den Eindruck erweckt, dass sie einen bestimmten Preis gewonnen haben, diesen Preis von den zusendenden Unternehmen gerichtlich einfordern können, im Sinne des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(1) richtig einzustufen ist und insbesondere ob es sich dabei um eine Klage aus einem Verbrauchervertrag gemäß Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 des Übereinkommens handelt.
Das Brüsseler Übereinkommen
2 Das Brüsseler Übereinkommen findet in Zivil- und Handelssachen Anwendung. Titel II verteilt die internationale Zuständigkeit zwischen den Vertragsstaaten und weist sie in manchen Fällen den örtlichen Gerichten des betreffenden Vertragsstaats zu. Es ist unstreitig, dass der Gegenstand des Ausgangsverfahrens in den Anwendungsbereich der "Zivil- und Handelssachen" fällt.
3 Nach dem Übereinkommen sind grundsätzlich die Gerichte des Vertragsstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat (Artikel 2).
4 Als Ausnahme von diesem Grundsatz können für bestimmte Arten von Klagen andere Gerichte zuständig sein oder sind es sogar zwingend.
5 Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens begründet die Zuständigkeit, "wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, ... de[s] Gericht[s] des Ortes, an dem die Verpflichtung erfuellt worden ist oder zu erfuellen wäre". Artikel 5 Nummer 3 begründet die Zuständigkeit, "wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, ... de[s] Gericht[s] des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist".
6 Die Überschrift des Titels II 4. Abschnitt, der die Artikel 13 bis 15 umfasst, lautet "Zuständigkeit für Verbrauchersachen".
7 Soweit er erheblich ist, bestimmt Artikel 13:
"Für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann, bestimmt sich die Zuständigkeit ... nach diesem Abschnitt,
1. wenn es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt,
2. wenn es sich um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder ein anderes Kreditgeschäft handelt, das zur Finanzierung eines Kaufes derartiger Sachen bestimmt ist, oder
3. für andere Verträge, wenn sie die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern
a) dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und
b) der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat.
..."
8 Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens als Verbraucher im Sinne des Artikels 13 aufgetreten ist.
9 Artikel 14 bestimmt:
"Die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner kann entweder vor den Gerichten des Vertragsstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder vor den Gerichten des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat."
10 Artikel 15 bestimmt, dass von den Vorschriften des 4. Abschnitts nur durch bestimmte Vereinbarungen abgewichen werden kann. Im vorliegenden Fall gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine solche Vereinbarung vorliegt.
Das anwendbare nationale Recht
11 § 5j des österreichischen Konsumentenschutzgesetzes (KSchG)(2) wurde durch das österreichische Fernabsatz-Gesetz, das die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz(3) umsetzt, in das KSchG eingefügt.
12 § 5j bestimmt:
"Unternehmer, die Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an bestimmte Verbraucher senden und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erwecken, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe, haben dem Verbraucher diesen Preis zu leisten; er kann auch gerichtlich eingefordert werden."
13 Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass es das Ziel dieser Vorschrift war, die zivilrechtlichen Schranken für das Einklagen solcher Zusagen zu beseitigen. Es wurde angenommen, dass die Gründe des Gesetzgebers, bestimmten Forderungen die Klagbarkeit zu verweigern, Unternehmen nicht die Möglichkeit geben sollte, sich im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern sittenwidrig zu verhalten und gegebene Zusagen nicht einzuhalten. Während insbesondere anerkannt wurde, dass Wett- und Spielschulden unklagbar sein sollten, weil die Rechtsordnung kein Interesse daran habe, Verträge zu schützen, bei denen oft "Leichtsinn und Unbesonnenheit" am Werke seien, wurde angenommen, dass dieser Ansatz nicht bei Gewinnzusagen von Unternehmern gegenüber persönlich angeschriebenen Verbrauchern zum Tragen kommen solle.
Sachverhalt und Ausgangsverfahren
14 Dem Vorlagebeschluss zufolge trägt der in Österreich wohnhafte Herr Gabriel vor, er habe 1999 eine an ihn persönlich adressierte Zuschrift der Schlank & Schick GmbH, einem Versandhandelsunternehmen mit Sitz in Deutschland, erhalten, die den Eindruck erwecke, für ihn stehe aufgrund eines Gewinnspiels ein Bargeldguthaben von 49 700 ATS bereit, das er nur zusammen mit der Bestellung von Waren von einem Mindestwert anzufordern brauche. Nur in den relativ klein gedruckten "Regeln" auf der Rückseite der "Registrierten Urkunde über die garantierte Auszahlung des Gewinns" finde sich ein Hinweis auf die Unverbindlichkeit der Gewinnzusage. Dort heiße es, dass die Höhe des zu vergebenden Preises unter Ausschluss des Rechtsweges im Ermessen der werbenden Firma liege. Herr Gabriel ist der Ansicht, dass an der Irreführungseignung dieser Gewinnzusage kein Zweifel bestehen kann. Ein "verständiger Verbraucher" gehe davon aus, den Preis bereits gewonnen zu haben.
15 Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Unterlagen ergeben sich weitere Einzelheiten des Geschäftes, das dem von Herrn Gabriel geltend gemachten Anspruch zugrunde liegt. Im Oktober und November 1999 sandte die Schlank & Schick GmbH Herrn Gabriel zwei an ihn persönlich adressierte Postsendungen zu, die einen Warenkatalog und einen Bestellschein enthielten. Die Postsendungen enthielten auch einen Hinweis, dass Herr Gabriel bei einem Gewinnspiel einen Preis von 49 700 ATS gewonnen habe, die gezahlt würden, wenn er sie anfordere und Waren in einem Mindestwert von 200 ATS bestelle. Ihm würde dann im Gegenzug ein Scheck zugesandt. Mit persönlich adressierten Schreiben wurde Herr Gabriel gefragt, weshalb er seinen Preis nicht angefordert habe und auf sein "Recht" auf 100 % davon hingewiesen; sie enthielten außerdem eine Kopie der "Quittung" für 49 700 ATS zu seinen Gunsten. Durch weitere persönlich adressierte Schreiben von "European Credit" mit der Überschrift "Offizielle Einzahlungsbestätigung" wurde bekräftigt, dass 49 700 ATS für Herrn Gabriel bereitlägen und sie enthielten Kopien der gleichen Quittung. Die Postsendungen enthielten auch so etwas wie von European Credit ausgestellte Sparbücher, die Herrn Gabriel als Inhaber und seinen Guthabenstand mit 49 700 ATS auswiesen.
16 In der mündlichen Verhandlung widersprach der Anwalt von Herrn Gabriel der Feststellung im Vorlagebeschluss, dass die Unterlagen eine Erklärung enthalten hätten, wonach die Höhe des zu vergebenden Preises im Ermessen der werbenden Firma liege. Vielmehr habe auf der Rückseite der Quittungen eine Erklärung des Inhalts gestanden, dass Geldpreise in mehrere ungleiche, von der Zahl der Antworten abhängige Teile geteilt werden könnten. Das scheint durch die den schriftlichen Erklärungen von Herrn Gabriel beigefügten Unterlagen tatsächlich bestätigt zu werden, wenn auch nicht zweifelsfrei. Aus dem Vorlagebeschluss geht jedenfalls deutlich hervor, dass das vorlegende Gericht den Gerichtshof auffordert anzunehmen, die Beklagte habe gemäß § 5j KSchG bei Herrn Gabriel den Eindruck erweckt, er habe einen Preis gewonnen.
17 Herr Gabriel fuellte die beiden Bestellscheine aus, den ersten für Waren im Wert von 79 ATS und den zweiten für Waren im Wert von 249 ATS, und sandte sie per Einschreiben zurück. Die Schlank & Schick GmbH sandte ihm die bestellten Waren zusammen mit einer Rechnung über den Kaufpreis und Nebenkosten für Porto, Verpackung und Versicherung zu. Ein Scheck über das Preisgeld wurde nie zugesandt.
18 Herr Gabriel (im Folgenden: Kläger) beabsichtigt, den Geldpreis gerichtlich von der Schlank & Schick GmbH (im Folgenden: Beklagte) zu fordern. Das vorlegende Gericht trägt vor, er habe bereits eine Klage vorbereitet, die darauf abziele, die Beklagte - gestützt auf § 5j KSchG - dazu verurteilen zu lassen, ihm 49 700 ATS samt Zinsen und Kosten zu zahlen.
Die Vorlagefragen
19 Gemäß § 28 Absatz 1 Nummer 1 des österreichischen Gesetzes über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte (Jurisdiktionsnorm)(4) hat der Oberste Gerichtshof für eine bürgerliche Rechtssache ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wenn die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts weder nach diesem Gesetz noch nach anderen Rechtvorschriften gegeben sind, Österreich aber aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung der Gerichtsbarkeit verpflichtet ist.
20 Die österreichischen Zuständigkeitsvorschriften scheinen nicht zu bestimmen, welches Gericht für Klagen nach § 5j KSchG zuständig ist. Ob der Oberste Gerichtshof verpflichtet ist, ein inländisches Gericht für so eine Klage für zuständig zu erklären, hängt deshalb davon ab, ob "eine andere Rechtsnorm", einschließlich insbesondere des Brüsseler Übereinkommens, die Zuständigkeit eines inländischen Gerichts begründet.
21 Würde richtigerweise angenommen, dass eine Klage nach § 5j KSchG in den Anwendungsbereich "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" im Sinne des Artikels 5 Nummer 1 des Übereinkommens oder "unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist oder Ansprüche aus einer solchen Handlung" im Sinne des Artikels 5 Nummer 3 des Übereinkommens fällt, würde das Übereinkommen die Zuständigkeit des "Gericht[s] des Ortes, an dem die Verpflichtung erfuellt worden ist oder zu erfuellen wäre", oder des "Gericht[s] des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", begründen. Während Artikel 2 des Übereinkommens, der den allgemeinen Grundsatz festschreibt, dass die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz, hat zuständig sind, es den Rechtsvorschriften jedes Vertragsstaats überlässt, festzulegen, welches seiner inländischen Gerichte für eine bestimmte Klage zuständig ist, ist allgemein anerkannt, dass Artikel 5 Nummern 1 und 3 die Zuständigkeit eines bestimmten inländischen Gerichts begründet. Wäre Artikel 5 Nummer 1 oder Nummer 3 demnach im vorliegenden Fall anwendbar, müsste der Oberste Gerichtshof nicht die Zuständigkeit eines inländischen Gerichts bestimmen.
22 Wäre eine Klage nach § 5j KSchG aber richtigerweise als "Klage aus einem Vertrag, den [ein Verbraucher] abgeschlossen hat", im Sinne des Artikels 13 des Übereinkommens anzusehen, so würde das Übereinkommen lediglich ohne nähere Festlegung die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte begründen, so dass der Oberste Gerichtshof deshalb die Zuständigkeit eines inländischen Gerichts bestimmen müsste.
23 Der Kläger hat den Obersten Gerichtshof ersucht, die Zuständigkeit eines inländischen Gerichts zu bestimmen. Da der Oberste Gerichtshof Zweifel an der richtigen Qualifizierung des Verfahrens im Sinne des Brüsseler Übereinkommens und damit an der Notwendigkeit der Bestimmung eines inländischen Gerichts hat, hat er dem Gerichtshof folgende Frage vorgelegt:
Ist der in § 5j des österreichischen Konsumentenschutzgesetzes (KSchG), BGBl 1979/140, in der Fassung des Artikels I Z 2 des österreichischen Fernabsatz-Gesetzes, BGBl I 1999/185, den Verbrauchern eingeräumte Anspruch, von Unternehmern den scheinbar gewonnenen Preis gerichtlich einfordern zu können, wenn letztere Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an bestimmte Verbraucher senden (gesendet haben) und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erwecken (erweckt haben), dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe, im Sinne des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968
1. ein vertraglicher Anspruch nach Artikel 13 Nummer 3
oder
2. ein vertraglicher Anspruch nach Artikel 5 Nummer 1
oder
3. ein Anspruch aus unerlaubter Handlung nach Artikel 5 Nummer 3?
24 Der Kläger, die österreichische und die deutsche Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben. Der Kläger und die Kommission waren in der mündlichen Verhandlung vertreten.
Zulässigkeit
25 Der Kläger und die österreichische Regierung erwähnen mögliche Einwände gegen die Zulässigkeit der Vorlage, ohne sie sich jedoch zu Eigen zu machen.
26 Der Kläger weist auf die Voraussetzung(5) hin, dass ein innerstaatliches Gericht dem Gerichtshof eine Frage zur Auslegung des Brüsseler Übereinkommens nur in einem "schwebenden" Verfahren vorlegen kann. Es stelle sich die Frage, ob das Ausgangsverfahren im vorliegenden Fall richtigerweise als beim Obersten Gerichtshof "schwebend" anzusehen sei. Er trägt jedoch vor, dass das nationale Verfahren zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts (Ordinationsverfahren) nur im Zusammenhang mit einer bestimmten Rechtssache möglich sei. Demnach liege ein schwebendes Verfahren vor, so dass die Vorlage zulässig sei.
27 Die österreichische Regierung trägt vor, dass eine Vorlage nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nur zulässig sei, wenn die Entscheidung der Klärung konkreter Rechtsfragen des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens diene(6). Nach österreichischem Recht sei eine Ordination nur für ein bereits eingeleitetes oder einzuleitendes Verfahren möglich. Es sei deshalb unzweifelhaft, dass die im vorliegenden Fall vorgelegten Fragen zulässig seien.
28 Diese Vorlage ist meines Erachtens eindeutig zulässig. Artikel 3 des Protokolls(7) bestimmt, dass ein Gericht eines Vertragsstaats dem Gerichtshof eine Frage zur Auslegung des Übereinkommens zur Entscheidung vorlegen kann oder muss, wenn sie in einem schwebenden Verfahren gestellt wird und eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält. Ich bin nicht der Meinung, dass es für die Zulässigkeit einer Vorlage stets erforderlich ist, dass die Hauptsache beim vorlegenden Gericht anhängig ist. Insbesondere wenn ein Verfahren bei einem innerstaatlichen Gericht anhängig ist, um das zur Verhandlung einer bestimmten Sache zuständige Gericht zu bestimmen, kann eine Frage ordnungsgemäß vorgelegt werden. Im vorliegenden Fall wurde der Oberste Gerichtshof vom Kläger mit einem Antrag befasst, das für seine Klage zuständige Gericht zu bestimmen. Aus den oben genannten Gründen ist der Oberste Gerichtshof der Meinung, dass eine Entscheidung über die vorgelegte Frage notwendig sei, um über diesen Antrag entscheiden zu können. Meines Erachtens ist den Voraussetzungen des Artikels 3 des Protokolls deshalb voll genügt.
Erörterung
29 Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob Klagen nach § 5j KSchG "Klagen aus einem Vertrag ... [der] die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand [hat]", im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 Nummer 3 darstellen.
30 Das durch § 5j KSchG verliehene Klagerecht kann unter vielen verschiedenen Umständen gegeben sein, und ich halte es im Rahmen des vorliegenden Falles nicht für angebracht, einen allgemeinen, auf alle Klagen anwendbaren Grundsatz festzulegen. Ich werde bei der Beantwortung der Frage des vorlegenden Gerichts deshalb davon ausgehen, dass sie eine Klage nach § 5j KSchG betrifft, bei der i) ein Versandhandelsunternehmen in einer persönlich adressierten Zuschrift den Eindruck erweckt hat, der Verbraucher habe einen Preis gewonnen, der bei Eingang einer Warenbestellung eines bestimmten Wertes ausgezahlt werde, ii) der Verbraucher eine solche Bestellung getätigt hat und iii) die bestellten Waren geliefert worden sind.
31 Wie bereits ausgeführt, erfordert Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 des Übereinkommens erstens, dass die Klagen einen Vertrag über die Lieferung beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen betreffen, zweitens, dass "dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist", und drittens, dass "der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat". Mit der zweiten und der dritten kumulativen Voraussetzung soll sichergestellt werden, dass der Vertrag einen hinreichend engen Bezug zum Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers aufweist(8).
32 Diese Bestimmung scheint auf den ersten Blick für die Situation des Klägers maßgeschneidert zu sein. Die Beklagte hat ihm in seinem Wohnsitzstaat eine Aufforderung zugesandt, mit der darauf hingewiesen wurde, dass er 49 700 ATS erhalten würde, wenn er Waren eines bestimmten Wertes bestellte. Der Kläger hat außerdem in diesem Staat die zum Abschluss eines Vertrages erforderlichen Schritte unternommen, indem er Waren im vorgeschriebenen Wert bestellte. Das ist im Wesentlichen die Position des Klägers und der österreichischen Regierung: Beide tragen im Wesentlichen vor, dass die Leistungen des Klägers (Bestellung der Waren) und der Beklagten (das Versprechen, 49 700 ATS zu zahlen) als eine untrennbare Einheit anzusehen seien, so dass, da alle anderen Voraussetzungen dieser Vorschrift eindeutig erfuellt seien, Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 eingreife.
33 Die deutsche Regierung macht jedoch geltend, Artikel 13 setze voraus, dass sich die Klage auf einen bereits abgeschlossenen Vertrag stütze ("Klagen aus einem Vertrag, den eine Person ... abgeschlossen hat"). Dagegen konstituiere § 5j KSchG eine von einem Vertragsschluss unabhängige gesetzliche Rechtsscheinhaftung, so dass gemäß dieser Vorschrift erhobene Klagen nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 13 fielen. Eine andere Auffassung würde zu einer über Artikel 13 hinausgehenden Auslegung des Übereinkommens führen: Da Artikel 13 aber eine Ausnahmebestimmung zu dem Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzstaates des Beklagten darstelle, sei er eng auszulegen und nicht analogiefähig(9).
34 Die Kommission trägt dementsprechend vor, die Frage, ob Artikel 13 anwendbar sei, hänge davon ab, ob die persönlich adressierte Zuschrift der Beklagten die Voraussetzungen eines Angebots zum Abschluss eines Vertrages erfuelle oder lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots darstelle. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 sei nur anwendbar, wenn ein vom Kläger angenommenes Angebot vorliege.
35 Ich bin mit dem Kläger und der österreichischen Regierung der Meinung, dass die Klage eines Verbrauchers nach § 5j KSchG in einem Fall wie dem vorliegenden(10) aus dem einfachen Grund eine "Klage aus einem Vertrag"(11) im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 Nummer 3 des Übereinkommens darstellt, dass das Klagerecht eng mit dem zugrunde liegenden Vertrag verbunden ist. Der Kläger begehrt die Zahlung des versprochenen Preises, und da eine Bestellung zum einen eine ausdrückliche Bedingung für die Zuteilung des Gewinns war und zum anderen sowohl getätigt als auch erfuellt wurde, betrifft die Klage zweifellos einen Vertrag.
36 Diese Ansicht wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes sowohl zu Artikel 13 als auch zu Artikel 5 Nummer 1 bestätigt.
37 Der Gerichtshof hat einige Hinweise dazu geliefert, was ein Vertrag im Sinne des Artikels 5 Nummer 1 des Übereinkommens ist, der sich auf einen "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" bezieht. Diese Hinweise können für die Beantwortung der Frage nützlich sein, was im Sinne des Artikels 13 mit einem Vertrag gemeint ist, den ein Verbraucher abgeschlossen hat(12) (obwohl sich bei Anwendbarkeit des Artikels 13 aus dem System des Übereinkommens und dem Wortlaut der Artikel 13 bis 15 ergibt, dass Artikel 14(13) allein, unter Ausschluss des Artikels 5 Nummer 1, die Zuständigkeit bestimmt).
38 Der Begriff "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" ist - wie so viele andere Begriffe des Übereinkommens - ein autonomer Begriff, bei dessen Auslegung hauptsächlich die Systematik und die Zielsetzungen des Übereinkommens berücksichtigt werden müssen, damit dessen volle Wirksamkeit sichergestellt wird(14).
39 Bei der Auslegung des Begriffes "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" hat sich der Gerichtshof insbesondere von folgenden Zielsetzungen des Übereinkommens leiten lassen.
40 Erstens hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass das Übereinkommen im Wesentlichen zum Ziel habe, innerhalb der Gemeinschaft den Rechtsschutz der dort ansässigen Personen zu verstärken, und dass es zu diesem Zweck eine Reihe von Vorschriften enthalte, die die Häufung von in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten gleichzeitig anhängigen Gerichtsverfahren verhindern sollten und die im Interesse der Rechtssicherheit und im Interesse der Parteien die Bestimmung desjenigen nationalen Gerichts ermöglichten, das in territorialer Hinsicht zur Entscheidung über einen Rechtsstreit am besten geeignet sei(15).
41 Die Ziele des Übereinkommens geböten es insbesondere, so weit wie möglich zu verhindern, dass aus ein und demselben Vertrag mehrere Zuständigkeitsgründe hergeleitet würden(16).
42 Im Übrigen verlange das Ziel des Rechtsschutzes der in der Gemeinschaft ansässigen Personen, dass die Zuständigkeitsregeln, die von dem allgemeinen Grundsatz dieses Übereinkommens abwichen, so ausgelegt würden, dass ein normal informierter Beklagter vernünftigerweise vorhersehen könne, vor welchem anderen Gericht als dem des Staates, in dem er seinen Wohnsitz habe, er verklagt werden könne(17).
43 Der Grundsatz, dass die Systematik und die Zielsetzungen des Übereinkommens berücksichtigt werden müssen, und die Notwendigkeit, die volle Wirksamkeit des Übereinkommens sicherzustellen, erfordern auch, dass bei Auslegung des Begriffes des Vertrages im Sinne des Artikels 13 die besonderen Ziele dieser Vorschrift berücksichtigt werden.
44 Das Hauptziel des Titels II 4. Abschnitt des Übereinkommens, der Artikel 13 umfasst, ist der Schutz des schwächeren Vertragspartners, nämlich des Verbrauchers. Der Gerichtshof hat eindeutig festgestellt, dass "die Sonderregelung der Artikel 13 ff. des Übereinkommens von dem Bestreben getragen ist, den Verbraucher als den wirtschaftlich schwächeren und rechtlich weniger erfahrenen Vertragspartner zu schützen, und dass diesem daher der Entschluss zur gerichtlichen Wahrnehmung seiner Rechte nicht dadurch erschwert werden darf, dass er bei den Gerichten des Staates klagen muss, in dessen Hoheitsgebiet sein Vertragspartner seine Niederlassung hat"(18).
45 Eine förmliche oder wörtliche Auslegung des Begriffes des Verbrauchervertrages ist deshalb ungeeignet, wenn sie dem Ziel des Schutzes der schwächeren Partei entgegenwirkt.
46 So verhält es sich trotz der Tatsache, dass Artikel 13 eine Ausnahmebestimmung zu dem allgemeinen Grundsatz darstellt, dass die Gerichte des Wohnsitzstaates des Beklagten zuständig sind. Ich teile nicht die Meinung der deutschen Regierung, Artikel 13 müsse eng ausgelegt werden, weil er eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorsehe. Die enge Auslegung einer Ausnahmeregelung ist manchmal gerechtfertigt: Zum Beispiel muss eine Abweichung von einem Grundrecht als solche eng ausgelegt werden. Dieser Ansatz sollte meines Erachtens aber nicht generell auf alle Ausnahmen übertragen werden. Einer Ausnahmebestimmung sollte, wie jeder anderen Rechtsvorschrift, ihre richtige Bedeutung gegeben werden, die im Licht ihres Zweckes und ihres Wortlauts sowie der Systematik und der Zielsetzung der Rechtsvorschriften, deren Teil sie ist, zu bestimmen ist.
47 Selbst wenn man der Ansicht ist, dass Ausnahmeregelungen zu allgemeinen Grundsätzen notwendigerweise eng auszulegen sind, bin ich nicht der Meinung, dass sich daraus die von der deutschen Regierung befürwortete Auslegung ergibt. Ich stimme völlig mit der Erklärung überein, die Generalanwalt Reischl in der Rechtssache Effer im Zusammenhang mit Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens gegebenen hat: "Auch wenn einzuräumen ist, dass Artikel 5 Nummer 1 eine Ausnahme des Grundsatzes des Artikels 2 - Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz der beklagten Partei - darstellt und demgemäß von einer weiten Auslegung der zuerst genannten Bestimmung nicht auszugehen ist, können solche Erwägungen doch sicher nicht zu einer Auslegung führen, die es ermögliche würde, eine Ausnahmevorschrift praktisch wirkungslos zu machen."(19)
48 Würde man im vorliegenden Fall annehmen, dass Artikel 13 nicht anwendbar ist, weil nach einer Prüfung anhand der Grundsätze des Vertragsrechts die Möglichkeit besteht, dass die Zuschrift der Beklagten an den Kläger formal eher eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots als ein Angebot zum Abschluss eines Vertrages war und deshalb nicht für eine Annahme in Betracht kam, die zum Abschluss eines Vertrages führt, so könnten Unternehmen wie die Beklagte durch bloßes Hinmanipulieren der Aufmachung ihrer Zuschriften sicherstellen, dass der Verbraucher in seinem Wohnsitzstaat keine auf die Vorschriften des Übereinkommens gestützte Klage nach nationalem Verbraucherschutzrecht erheben kann. Dieses Ergebnis würde dem Ziel des Verbraucherschutzrechts krass entgegenstehen.
49 Es ist hervorzuheben, dass nach Aussagen der österreichischen Regierung Gewinnversprechen für den Fall, dass Waren wie im Ausgangsverfahren bestellt werden, in Österreich immer häufiger gemacht und auf unterschiedlichste Weise organisiert werden. Es ist deshalb - so die österreichische Regierung weiter - dementsprechend schwer, allgemeine Grundsätze auf alle Systeme dieser Art anzuwenden.
50 Der Ausschluss der Anwendbarkeit des Artikels 13 würde außerdem einem anderen oben genannten Grundsatz des Übereinkommens entgegenstehen, nämlich der Vermeidung der Häufung der Gerichtsstände. In der Rechtssache Peters hat der Gerichtshof festgestellt, das Übereinkommen sei "daher so auszulegen, dass das angerufene Gericht nicht dazu veranlasst wird, seine Zuständigkeit für eine bestimmte Klage zu bejahen, für eine andere jedoch zu verneinen, obwohl zwischen beiden ein enger Zusammenhang besteht. Im Hinblick auf die Zielsetzungen und den Geist des Übereinkommens muss Artikel 5 außerdem so ausgelegt werden, dass das nationale Gericht über seine Zuständigkeit entscheiden kann, ohne in eine Sachprüfung eintreten zu müssen."(20) Es versteht sich von selbst, dass der letzte Satz gleichermaßen auf eine Auslegung des Artikels 13 Anwendung findet.
51 Darüber hinaus stimme ich mit Generalanwalt Darmon überein, der in der Rechtssache Shearson Lehmann Hutton erklärte, dass im Fall von Verbrauchern die Häufung von Zuständigkeiten besonders nachteilig wäre(21).
52 Der Kontext der Klage in der Rechtssache Peters entsprach insofern dem im vorliegenden Fall, als er nicht genau in die "klassische" Definition des Vertrages passte: Die Klage betraf Zahlungsansprüche eines Vereins gegenüber einem Mitglied aufgrund einer Mitgliedschaftsurkunde, wobei nicht ganz klar war, ob sich dieser Anspruch ohne weiteres aus dem Beitritt zu dem Verein oder aus dem Beitritt in Verbindung mit einem Beschluss eines Organs des Vereins ergab.
53 Bezüglich der oben genannten Zielsetzungen des Übereinkommens hat der Gerichtshof zum einen festgestellt, dass der Beitritt zu einem Verein zwischen den Vereinsmitgliedern enge Bindungen gleicher Art schaffe, wie sie zwischen Vertragsparteien bestuenden, so dass Ansprüche gegen ein Mitglied als "Ansprüche aus einem Vertrag" im Sinne des Artikels 5 Nummer 1 des Übereinkommens anzusehen seien, und zum anderen, dass es für das Ziel dieser Vorschrift unerheblich sei, ob sich der Anspruch unmittelbar aus dem Beitritt oder aber aus diesem Beitritt in Verbindung mit einem Beschluss eines Vereinsorgans ergebe(22).
54 Zugegebenermaßen hat der Gerichtshof in der Rechtssache Handte(23) festgestellt, dass der Begriff "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" nicht für eine Situation gelte, in der keine von einer Partei gegenüber einer anderen eingegangene Verpflichtung vorliege(24). Diese Äußerung wurde jedoch im Rahmen der Klage des späteren Erwerbers von Waren gegen ihren Hersteller gemacht: Wie der Gerichtshof erklärte, bestand keine vertragliche Beziehung zwischen den Parteien, da der Hersteller gegenüber dem späteren Erwerber keine vertragliche Verpflichtung eingegangen war(25). Diese Situation unterscheidet sich eindeutig vollkommen von der des vorliegenden Falles. Der Gerichtshof hat in der Rechtssache Handte insbesondere festgestellt, dass die Anwendung des Artikels 5 Nummer 1 auf einen Rechtsstreit zwischen dem späteren Erwerber einer Sache und dem Hersteller für letzteren nicht vorhersehbar und deshalb mit dem Grundsatz der Rechtsicherheit unvereinbar sei(26). Dieser Einwand kommt gegenüber Klagen von Verbrauchern, die das Ziel persönlich adressierter Zuschriften von Versandhandelsunternehmen waren, nicht in Betracht.
55 Wenn Klagen nach § 5j KSchG unter Umständen wie im vorliegenden Fall - wie ich meine - "Klagen aus einem Vertrag" im Sinne des Artikels 13 des Übereinkommens darstellen, kann so ein Unternehmen ohne Schwierigkeiten vorhersehen, vor welchen Gerichten es neben denen des Staates, in dem es seinen Sitz hat, verklagt werden kann. Das wäre nicht der Fall, wenn geringfügige Unterschiede im formalen Aufbau des Vertrages zur Zuständigkeit unterschiedlicher Gerichte für solche Klagen führen würden. Es würde den Zielsetzungen des Übereinkommens noch mehr widersprechen, wenn die Gerichte eines Vertragsstaats für Klagen zuständig wären, die einen einzelnen Aspekt des Geschäftes - das Versprechen, den Preis auszuzahlen - betreffen, wogegen die Gerichte eines anderen Vertragsstaats für Klagen zuständig wären, die einen anderen Aspekt - die Bestellung von Waren im Vertrauen auf die Zusicherung, dass sie die notwendige und ausreichende Bedingung für den Erhalt des Preises ist - betreffen.
56 Es sollte nicht vergessen werden, dass die von mir vorgeschlagene Auslegung Beklagten, die möglicherweise verpflichtet sind, sich in einem Staat, in dem sie nicht ihren Wohnsitz haben, vor Gericht zu verteidigen, keine unverhältnismäßige Last auferlegt. Denn Artikel 20 Absatz 2 des Übereinkommens, der bestimmt, dass das Gericht die Entscheidung so lange auszusetzen hat, bis festgestellt ist, dass es dem Beklagten möglich war, das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück so rechtzeitig zu empfangen, dass er sich verteidigen konnte, stellt sicher, dass der Beklagte die Möglichkeit hat, seinen Standpunkt darzustellen.
57 Es darf auch nicht vergessen werden - wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Handte(27) ausgeführt habe -, dass die Zuständigkeitsnormen des Übereinkommens sich lediglich mit dem Problem der Zuständigkeit befassen und nicht die Qualifizierung der Klage zu Zwecken wie demjenigen berühren, die anwendbaren Haftungsgrundsätze festzusetzen. Die Beklagte wird somit keinesfalls daran gehindert sein, vorzutragen, es sei kein wirksamer Vertrag geschlossen worden.(28)
58 Schließlich bin ich - zumindest im Bezug auf Ansprüche wie im vorliegenden Fall - nicht mit dem Argument der deutschen Regierung(29) einverstanden, dass Klagen nach § 5j KSchG nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 13 fielen, weil § 5j KSchG statt einer Haftung aufgrund eines Vertragsschlusses eine Haftung begründe, wenn das zusendende Unternehmen den Eindruck erwecke, dass ein Preis gewonnen worden sei. Wie oben erwähnt, sollten durch diese Vorschrift die zivilrechtlichen Schranken der Einklagung solcher Zusagen beseitigt werden. Wie sich aus dem Vorlagebeschluss ergibt, ging der Gesetzgeber davon aus, dass das frühere Gesetz, das die Einklagbarkeit von Wett- und Spielschulden ausdrücklich ausschloss, missbraucht wurde und Verbraucher absichtlich durch Unternehmen irregeführt wurden, die sich auf die Unmöglichkeit der Verfolgung stützten. Da das nationale Gesetz eindeutig den Schutz des Verbrauchers zum Ziel hat, entspricht es offensichtlich der Systematik und den Zielsetzungen des Übereinkommens als Ganzem, dass Klagen nach diesem Gesetz unter Umständen wie im vorliegenden Fall als Klagen aus einem Verbrauchervertrag im Sinne des Artikels 13 des Übereinkommens anzusehen sind.
Ergebnis
59 Ich schlage dem Gerichtshof deshalb vor, die Frage des Obersten Gerichtshofes wie folgt zu beantworten:
Wenn i) Verbraucher, denen Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen zugesandt worden sind, deren Gestaltung den Eindruck erweckt, dass sie einen bestimmten Preis gewonnen haben, diesen Preis nach nationalem Verbraucherschutzrecht gerichtlich einfordern können, ii) ein Versandhandelsunternehmen in einer persönlich adressierten Zuschrift den Eindruck erweckt, ein Verbraucher habe einen Preis gewonnen, der bei Eingang einer Warenbestellung eines bestimmten Wertes ausgezahlt werde, iii) der Verbraucher eine solche Bestellung tätigt und iv) die bestellten Waren geliefert werden, stellt die Klage eines Verbrauchers nach diesem Gesetz eine Klage aus einem Verbrauchervertrag im Sinne des Artikels 13 des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen dar.
(1) - Übereinkommen vom 27. September 1968. Im ABl. 1998, C 27, S. 1, ist die im vorliegenden Fall anzuwendende, konsolidierte, durch die vier aufeinander folgenden Beitrittsübereinkommen geänderte Fassung veröffentlicht.
(2) - BGBl I Nr. 140/1979 in der Fassung des Artikels I Absatz 2 des Fernabsatz-Gesetzes, BGBl I Nr. 185/1999.
(3) - Richtlinie vom 20. Mai 1997 (ABl. L 144, S. 19).
(4) - Gesetz vom 1. August 1895, RGBl. 111.
(5) - Artikel 3 des am 3. Juni 1971 in Luxemburg unterzeichneten Protokolls betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof, ABl. 1975, L 274, S. 28. Eine konsolidierte, durch die vier aufeinander folgenden Beitrittsübereinkommen geänderte Fassung ist im ABl. 1998, C 27, S. 24 veröffentlicht.
(6) - Urteil des Gerichtshofes vom 11. März 1980 in der Rechtssache 104/79, (Foglia, Slg. 1980, 745) und vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C-83/91, (Meilicke, Slg. 1992, I-4871).
(7) - Zitiert in Fußnote 6.
(8) - Schlussanträge in der Rechtssache C-99/96 (Mietz, Slg. 1999, I-2277, Nr. 69), bei denen sich Generalanwalt Léger auf Randnummer 158 des Berichts zu dem Übereinkommen des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über den Beitritt zum Übereinkommen über die gerichtlich Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof von Professor Schlosser bezieht (ABl. 1979, C 59, S. 71).
(9) - Urteil des Gerichtshofes vom 19. Januar 1993 in der Rechtssache C-89/91, (Shearson Lehman Hutton, Slg. 1993, I-139).
(10) - Siehe oben, Nr. 30.
(11) - Oder, in den meisten Sprachfassungen des Übereinkommens, dass es eine vertragliche Angelegenheit oder eine Angelegenheit, die einen Vertrag betrifft, sein sollte.
(12) - Siehe auch Nr. 87 der Schlussanträge von Generalanwalt Darmon in der in Fußnote 10 genannten Rechtssache Shearson Lehmann Hutton.
(13) - Oder Artikel 15 bei einer die Zuständigkeit bestimmenden Vereinbarung, die den Voraussetzungen dieser Vorschrift genügt.
(14) - Urteile des Gerichtshofes vom 22. März 1983 in der Rechtssache 34/82, (Peters, Slg. 1983, 987, Randnr. 10) und vom 8. März 1988 in der Rechtssache 9/87 (Arcado, Slg. 1988, 1539, Randnr. 11).
(15) - Urteil des Gerichtshofes vom 4. März 1982 in der Rechtssache 38/81 (Effer, Slg. 1982, 825, Randnr. 6); siehe auch Rechtssache Peters, zitiert in Randnr. 15, Randnrn. 11 bis 14.
(16) - Urteil des Gerichtshofes vom 6. Oktober 1976 in der Rechtssache 14/76 (De Bloos, Slg. 1976, 1497, Randnr. 9).
(17) - Urteil des Gerichtshofes vom 17. Juni 1992 in der Rechtssache C-26/91 (Handte, Slg. 1992, I-3967, Randnr. 18).
(18) - Urteil Shearson Lehmann Hutton, zitiert in Fußnote 10, Randnr. 18.
(19) - Zitiert in Fußnote 16, Nr. 3 der Schlussanträge; siehe auch Randnr. 7 des Urteils.
(20) - Urteil Peters, zitiert in Fußnote 15, Randnr. 17.
(21) - Zitiert in Fußnote 10, Nr. 108.
(22) - Randnrn. 13, 15 und 18.
(23) - Zitiert in Fußnote 18.
(24) - Randnr. 15.
(25) - Randnr. 16.
(26) - Urteil Handte, Randnr. 19.
(27) - Zitiert in Fußnote 18, Nr. 24 der Schlussanträge.
(28) - Siehe Urteil Effer, insbesondere Randnr. 7.
(29) - Siehe oben, Nr. 33.