Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Nichtigkeitsklage - Anfechtbare Handlungen - Handlungen, die Rechtswirkungen erzeugen - Entscheidung der Kommission, ein förmliches Prüfverfahren in Bezug auf eine in der Durchführung begriffene staatliche Maßnahme einzuleiten, und damit einhergehende vorläufige Einstufung als neue Beihilfe

(Artikel 87 Absatz 1 EG, 88 Absätze 2 und 3 EG und 230 EG)

2. Nichtigkeitsklage - Natürliche oder juristische Personen - Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen - Entscheidung der Kommission, ein förmliches Prüfverfahren in Bezug auf eine in der Durchführung begriffene staatliche Maßnahme einzuleiten - Klage einer Regionalbehörde, die die genannte Maßnahme getroffen hat - Zulässigkeit

(Artikel 88 Absatz 2 EG und 230 Absatz 4 EG)

3. Staatliche Beihilfen - Entscheidung der Kommission, ein förmliches Prüfverfahren in Bezug auf eine staatliche Maßnahme einzuleiten - Gerichtliche Nachprüfung - Grenzen

(Artikel 88 Absatz 2 EG)

4. Staatliche Beihilfen - Entscheidung der Kommission, ein förmliches Prüfverfahren in Bezug auf eine staatliche Maßnahme einzuleiten - Selektive Maßnahme, die Unternehmen, die am Handel zwischen Mitgliedstaaten teilnehmen, spürbar begünstigt - Kein offensichtlicher Beurteilungsfehler

(Artikel 88 Absatz 2 EG)

5. Staatliche Beihilfen - Bestehende und neue Beihilfen - Ermittlung des Beihilfecharakters - Frühere Praxis der Kommission - Unerheblich

(Artikel 87 EG und 88 EG)

6. Staatliche Beihilfen - Entscheidung der Kommission, ein förmliches Prüfverfahren in Bezug auf eine staatliche Maßnahme einzuleiten - Vorläufiger Charakter der Beurteilung durch die Kommission - Folgen

(Artikel 88 Absatz 2 EG)

7. Staatliche Beihilfen - Entscheidung der Kommission, ein förmliches Prüfverfahren in Bezug auf eine staatliche Maßnahme einzuleiten, und damit einhergehende vorläufige Einstufung als neue Beihilfe - Begründungspflicht - Umfang

(Artikel 88 Absatz 2 EG; Verordnung Nr. 659/1999 des Rates, Artikel 6)

Leitsätze

1. Die Entscheidung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren über eine in der Durchführung begriffene Maßnahme, die nach Ansicht des betroffenen Mitgliedstaats nicht unter Artikel 87 Absatz 1 EG fällt, mit der Begründung einzuleiten, dass es sich um eine neue Beihilfe handele, ist eine anfechtbare Handlung im Sinne des Artikels 230 EG, da sie zwangsläufig die rechtliche Bedeutung der betreffenden Maßnahme sowie die Rechtslage der beihilfebegünstigten Unternehmen ändert.

Denn die durch eine solche Entscheidung hervorgerufenen erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geprüften Maßnahme können, abgesehen davon, dass sie den Mitgliedstaat veranlassen müssen, die Maßnahme auszusetzen, vor einem nationalen Gericht geltend gemacht werden und sowohl den Beihilfeempfänger als auch seine Wirtschaftspartner zu der Auffassung gelangen lassen, dass die erhaltene Vergünstigung nicht endgültig erworben ist.

( vgl. Randnrn. 37-38, 40 )

2. Eine innerstaatliche Einrichtung kann zulässigerweise auf Nichtigerklärung der Entscheidung klagen, mit der die Kommission im Rahmen ihrer Befugnisse auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen das förmliche Prüfverfahren über Steuermaßnahmen eingeleitet hat, die von der innerstaatlichen Einrichtung in Ausübung ihrer eigenen Befugnisse erlassen und angewandt worden sind.

( vgl. Randnr. 41 )

3. Stellen die Kläger bei einer Klage gegen eine Entscheidung über die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens über eine in der Durchführung begriffene Maßnahme die Bewertung der Kommission betreffend die Einstufung der streitigen Maßnahme als staatliche Beihilfe in Frage, ist die Kontrolle durch den Gemeinschaftsrichter auf die Prüfung beschränkt, ob der Kommission ein offenkundiger Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie der Meinung war, sie habe bei einer ersten Prüfung der betroffenen Maßnahme diese Frage nicht ohne Schwierigkeiten beantworten können.

( vgl. Randnr. 49 )

4. Die Kommission begeht keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler, wenn sie nach einer ersten Prüfung in Ausübung ihrer Befugnisse auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen der Ansicht ist, dass ein förmliches Prüfverfahren über Steuermaßnahmen einzuleiten sei, die, indem sie eine Steuergutschrift einführen, die Unternehmen vorbehalten ist, die beträchtliche Investitionen vornehmen, den durch sie Begünstigten gegenüber ihren Wettbewerbern einen spürbaren Vorteil sichern und ihrem Wesen nach vor allem Unternehmen zugute kommen, die sich am Handel zwischen Mitgliedstaaten beteiligen.

( vgl. Randnrn. 65, 69, 71 )

5. Da gemäß Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v der Beihilfeverfahrensverordnung" Nr. 659/1999 bestehende Beihilfen Beihilfen sind, die als bestehende Beihilfen gelten, weil nachgewiesen werden kann, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurden, keine Beihilfe waren und später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben, kann eine etwaige Änderung der Entscheidungspraxis der Kommission z. B. auf der Ebene der Selektivitätskriterien, wenn sie nicht auf die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zurückzuführen ist, nicht geltend gemacht werden, um zu bestreiten, dass eine staatliche Maßnahme eine neue Beihilfe ist.

Die Eigenschaft als bestehende oder als neue Beihilfe kann nämlich nicht von einer subjektiven Einschätzung durch die Kommission abhängen und ist unabhängig von einer etwaigen früheren Verwaltungspraxis der Kommission zu bestimmen.

( vgl. Randnrn. 78, 80 )

6. Der Kommission kann ein Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 2 EG nicht deshalb vorgeworfen werden, weil sie in einer Entscheidung über die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens über nationale Maßnahmen mit Blick auf die gemeinschaftlichen Beihilfevorschriften die betreffende Maßnahme vorbehaltlos als staatliche Beihilfe eingestuft hat. Eine solche Entscheidung enthält nämlich nur eine vorläufige Beurteilung der fraglichen Maßnahme hinsichtlich ihrer Einstufung und ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt, und die Kommission muss darin ihre Bedenken nur hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt äußern.

( vgl. Randnrn. 81-84 )

7. Beschließt die Kommission, ein förmliches Prüfverfahren über eine nationale Maßnahme einzuleiten, so kann die Entscheidung über die Einleitung nach Artikel 6 der Beihilfeverfahrensverordnung" Nr. 659/1999 auf eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung" des Beihilfecharakters der fraglichen staatlichen Maßnahme und Ausführungen über die Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt beschränkt werden. Nach derselben Vorschrift muss die Einleitungsentscheidung es den Betroffenen erlauben, sich in wirksamer Weise am förmlichen Prüfverfahren zu beteiligen, in dem sie ihre Argumente geltend machen können. Hierfür genügt es, dass die Beteiligten erfahren, welche Überlegungen die Kommission zu der vorläufigen Ansicht veranlasst haben, dass die in Rede stehende Maßnahme eine neue, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe darstellen könnte.

( vgl. Randnrn. 104-105 )