Rechtssache C-363/99
Koninklijke KPN Nederland NV
gegen
Benelux-Merkenbureau
(Vorabentscheidungsersuchen des Gerechtshof Den Haag)
«Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104/EWG – Artikel 3 Absatz 1 – Eintragungshindernisse – Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände – Verbot der Eintragung einer Marke für bestimmte Waren oder Dienstleistungen unter der Voraussetzung, dass sie ein bestimmtes
Merkmal nicht aufweisen – Wort, dessen Bestandteile Merkmale der betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreiben»
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Schlussanträge des Generalanwalts D. Ruiz-Jarabo Colomer vom 31. Januar 2002 |
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Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 12. Februar 2004 |
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Leitsätze des Urteils
- 1.
- Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Eintragung einer neuen Marke – Prüfung des Zeichens durch die zuständige Behörde – Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände
(Richtlinie 89/104 des Rates, Artikel 3)
- 2.
- Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Eintragung einer neuen Marke – Prüfung des Zeichens durch die zuständige Behörde – Eintragung einer ähnlichen Marke für ähnliche Waren oder Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat – Unbeachtlich
(Richtlinie 89/104 des Rates, Artikel 3)
- 3.
- Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Ablehnung der Eintragung oder Ungültigkeit – Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale der Waren oder Dienstleistungen
dienen können – Existenz anderer gebräuchlicherer Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung derselben Merkmale – Zahl der Konkurrenten, die ein Interesse an der Benutzung derselben Zeichen oder Angaben haben können – Unbeachtlich – Eintragung, die sich in einem Gebiet, in dem mehrere Sprachen nebeneinander bestehen, auf die Übersetzungen einer Wortmarke
erstreckt – Prüfung der Übersetzungen durch die zuständige Behörde
(Richtlinie 89/104 des Rates, Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c)
- 4.
- Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Ablehnung der Eintragung oder Ungültigkeit – Fehlende Unterscheidungskraft – Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware dienen können – Verhältnis zwischen Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c
(Richtlinie 89/104 des Rates, Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben b und c)
- 5.
- Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Ablehnung der Eintragung oder Ungültigkeit – Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Merkmale einer Ware dienen können – Begriff – Wortmarke, deren Bestandteile Merkmale der betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreiben – Einbeziehung, sofern die Kombination nicht ungewöhnlich ist
(Richtlinie 89/104 des Rates, Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c)
- 6.
- Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Eintragung einer neuen Marke – Prüfung des Zeichens durch die zuständige Behörde – Eintragung für bestimmte Waren oder Dienstleistungen unter der Voraussetzung, dass sie ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen
– Unzulässigkeit
(Richtlinie 89/104 des Rates)
- 7.
- Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Eintragung einer neuen Marke – Prüfung des Zeichens durch die zuständige Behörde – Ablehnung der Eintragung beschränkt auf „offensichtlich unzulässige“ Marken – Unzulässigkeit
(Richtlinie 89/104 des Rates, Artikel 3)
- 1.
- Artikel 3 der Ersten Richtlinie 89/104 über die Marken ist dahin auszulegen, dass eine für die Eintragung von Marken zuständige
Behörde neben der Marke in der hinterlegten Form alle relevanten Tatsachen und Umstände berücksichtigen muss.
- Eine solche Behörde hat vor dem Erlass einer endgültigen Entscheidung über einen Antrag auf Eintragung einer Marke alle relevanten
Tatsachen und Umstände zu berücksichtigen. Auch das mit einer Klage gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Eintragung
einer Marke befasste Gericht hat im Rahmen der Ausübung seiner in der einschlägigen nationalen Regelung festgelegten Befugnisse
alle relevanten Tatsachen und Umstände zu berücksichtigen.
(vgl. Randnr. 37, Tenor 1)
- 2.
- Die Tatsache, dass eine Marke in einem Mitgliedstaat für bestimmte Waren oder Dienstleistungen eingetragen wurde, hat keinen
Einfluss auf die Prüfung, der ein Antrag auf Eintragung einer ähnlichen Marke für ähnliche wie die für die erste Marke eingetragenen
Waren oder Dienstleistungen durch die in einem anderen Mitgliedstaat für die Eintragung von Marken zuständige Behörde unterzogen
wird.
(vgl. Randnr. 44, Tenor 2)
- 3.
- Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Ersten Richtlinie 89/104 über die Marken steht der Eintragung einer Marke entgegen, die
ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen
dienen können, für die die Eintragung beantragt wird, auch wenn es gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser
Merkmale gibt; dies gilt unabhängig von der Zahl der Konkurrenten, die ein Interesse an der Benutzung der Zeichen oder Angaben
haben können, aus denen die Marke besteht.
- Sehen die anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften vor, dass sich das von einer zuständigen Behörde in einem Gebiet, in dem
mehrere offiziell anerkannte Sprachen nebeneinander bestehen, durch die Eintragung einer in einer dieser Sprachen abgefassten
Wortmarke verliehene ausschließliche Recht von Rechts wegen auf die Übersetzungen in die übrigen Sprachen erstreckt, so muss
die zuständige Behörde bei jeder dieser Übersetzungen prüfen, dass sie nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht,
welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der fraglichen Waren oder Dienstleistungen dienen.
(vgl. Randnr. 61, Tenor 3)
- 4.
- Artikel 3 Absatz 1 der Ersten Richtlinie 89/104 über die Marken ist dahin auszulegen, dass eine Marke, die im Sinne von Buchstabe
c dieser Bestimmung die Merkmale bestimmter Waren oder Dienstleistungen, nicht aber die Merkmale anderer Waren oder Dienstleistungen
beschreibt, nicht zwangsläufig als unterscheidungskräftig im Sinne von Buchstabe b der genannten Bestimmung hinsichtlich dieser
anderen Waren oder Dienstleistungen angesehen werden kann.
- Ob eine Marke die Merkmale bestimmter Waren oder Dienstleistungen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie
beschreibt, ist für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dieser Marke hinsichtlich anderer Waren oder Dienstleistungen
im Sinne von Buchstabe b dieses Absatzes unerheblich.
(vgl. Randnr. 79, Tenor 4)
- 5.
- Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Ersten Richtlinie 89/104 über die Marken ist dahin auszulegen, dass eine Marke, die sich
aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt,
für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter
im Sinne der genannten Bestimmung hat, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe
seiner Bestandteile besteht; dies setzt entweder voraus, dass das Wort aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug
auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer
Zusammenfügung der seinen Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht,
oder dass das Wort in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen ist und dort eine ihm eigene Bedeutung erlangt hat, so dass
es nunmehr gegenüber seinen Bestandteilen autonom ist. Im letztgenannten Fall ist noch zu prüfen, ob das Wort, das eine eigene
Bedeutung erlangt hat, nicht selbst beschreibend im Sinne der genannten Bestimmung ist.
- Bei der Beurteilung, ob eine solche Marke unter das Eintragungshindernis des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie
fällt, spielt es keine Rolle, ob es Synonyme gibt, mit denen dieselben Merkmale der im Eintragungsantrag aufgeführten Waren
oder Dienstleistungen bezeichnet werden können, oder ob die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die beschrieben werden
können, wirtschaftlich wesentlich oder nebensächlich sind.
(vgl. Randnr. 104, Tenor 5)
- 6.
- Die Erste Richtlinie 89/104 über die Marken hindert eine für die Eintragung von Marken zuständige Behörde daran, eine Marke
für bestimmte Waren oder Dienstleistungen unter der Voraussetzung einzutragen, dass sie ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen.
(vgl. Randnr. 117, Tenor 6)
- 7.
- Artikel 3 der Ersten Richtlinie 89/104 über die Marken steht der Praxis einer für die Eintragung von Marken zuständigen Behörde
entgegen, die darin besteht, nur die Eintragung „offensichtlich unzulässiger“ Marken abzulehnen.
(vgl. Randnr. 126, Tenor 7)