Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

1. Rechtsmittel - Gründe - Fehlerhafte Tatsachenwürdigung - Unzulässigkeit - Zurückweisung

(Artikel 32d § 1 KS; EGKS-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 51)

2. Verfahren - Beweisaufnahme - Antrag auf Vorlage eines Schriftstücks - Ermessen des Gerichts

(Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 49 und 65 Buchstabe b)

3. Rechtsmittel - Zuständigkeit des Gerichtshofes - Beweisaufnahme - Ausschluss

(EGKS-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 54 Absatz 1)

4. EGKS - Kartelle - Beeinträchtigung des Wettbewerbs - Wettbewerbswidriger Zweck - Feststellung ausreichend

(EGKS-Vertrag, Artikel 65 § 1)

5. EGKS - Kartelle - Geldbußen - Höhe - Berechnungsmethode - Festsetzung bei allen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen in Ecu anhand des in Ecu ausgedrückten Umsatzes im letzten vollständig in den Zeitraum der Zuwiderhandlung fallenden Jahr - Zulässigkeit

(EGKS-Vertrag, Artikel 65 § 5)

Leitsätze

1. Nach den Artikeln 32d § 1 KS und 51 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt. Daher ist allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig, vorbehaltlich einer Verfälschung des Sachverhalts oder der Beweismittel.

( vgl. Randnr. 25 )

2. Es ist Sache des Gemeinschaftsrichters, gemäß den Bestimmungen der Verfahrensordnung über die Beweisaufnahme anhand der Umstände des Rechtsstreits zu entscheiden, ob die Vorlage eines Schriftstücks erforderlich ist. Für das Gericht ergibt sich aus Artikel 49 in Verbindung mit Artikel 65 Buchstabe b seiner Verfahrensordnung, dass die Aufforderung zur Vorlage von Schriftstücken zu den Beweiserhebungen gehört, die das Gericht in jedem Verfahrensstadium anordnen kann, wenn es sie zum Beweis der Echtheit für erforderlich hält.

( vgl. Randnrn. 28-29 )

3. Der Antrag einer Partei, der Gerichtshof möge selbst die Erhebung von Beweisen, z. B. die Vorlage von Schriftstücken, anordnen, geht über den Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens hinaus, das zur Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung des Gerichts dient und auf Rechtsfragen beschränkt ist.

Zum einen würden nämlich Beweiserhebungen den Gerichtshof notwendigerweise zur Entscheidung über Tatsachenfragen veranlassen.

Zum anderen betrifft das Rechtsmittel nur das angefochtene Urteil und ermöglicht es dem Gerichtshof gemäß Artikel 54 Absatz 1 seiner EGKS-Satzung nur bei dessen Aufhebung, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden.

( vgl. Randnrn. 30-32 )

4. Da Artikel 65 § 1 EGKS-Vertrag Vereinbarungen verbietet, die darauf abzielen würden, den normalen Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, ist nach dieser Bestimmung eine Vereinbarung unzulässig, die den Wettbewerb einschränken soll, deren wettbewerbswidrige Wirkungen aber nicht erwiesen sind, so dass die Kommission zur Feststellung einer Verletzung von Artikel 65 § 1 EGKS-Vertrag das Vorliegen einer nachteiligen Auswirkung auf den Wettbewerb nicht nachzuweisen braucht.

( vgl. Randnrn. 59-60 )

5. Verhängt die Kommission im Rahmen des EGKS-Vertrags gegen mehrere Unternehmen Geldbußen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln, so ist die Heranziehung des von den einzelnen Unternehmen im Referenzjahr - dem letzten vollständig in den Zeitraum der Zuwiderhandlung fallenden Jahr - erzielten Umsatzes für die Beurteilung der Schwere der von den einzelnen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung relevant. Zum einen ist nämlich bei der Beurteilung von Größe und Wirtschaftskraft eines Unternehmens zur Zeit einer Zuwiderhandlung zwangsläufig der zu dieser Zeit und nicht der zum Zeitpunkt des Erlasses der Bußgeldentscheidung erzielte Umsatz heranzuziehen. Zum anderen gibt die Heranziehung eines einheitlichen Referenzjahrs für alle an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen jedem Unternehmen die Gewissheit, ebenso behandelt zu werden wie die anderen Unternehmen, da die Sanktionen in einheitlicher Weise und ohne Einbeziehung externer und zufallsabhängiger Elemente ermittelt werden, die den Umsatz zwischen dem letzten Jahr der Zuwiderhandlung und dem Zeitpunkt des Erlasses der Bußgeldentscheidung beeinflusst haben könnten. Im Übrigen ermöglicht die Tatsache, dass das Referenzjahr zum Zeitraum der Zuwiderhandlung gehört, eine Beurteilung des Ausmaßes der begangenen Zuwiderhandlung anhand der wirtschaftlichen Gegebenheiten in diesem Zeitraum.

Was die Geldbuße selbst anbelangt, so kann zum einen durch ihre Festsetzung in Ecu auf der Grundlage des Umsatzes im Referenzjahr zum damaligen Wechselkurs eine Verfälschung der Beurteilung der jeweiligen Größe der an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen durch die Berücksichtigung externer und vom Zufall abhängiger Umstände wie z. B. der Entwicklung nationaler Währungen in der Folgezeit verhindert werden. Zum anderen verbietet Artikel 65 § 5 EGKS-Vertrag die Heranziehung einer gemeinsamen Währung wie des Ecu bei der Festsetzung der Geldbußen für die an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen nicht; sie ist vielmehr durch das Bestreben gerechtfertigt, die Unternehmen in einheitlicher Weise mit Sanktionen zu belegen.

Schließlich handelt es sich bei den Währungsschwankungen um einen Zufallsfaktor, der sich sowohl vorteilhaft als auch nachteilig auswirken kann, mit dem sich die Unternehmen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten ständig auseinander setzen müssen und dessen Existenz als solche nicht zur Unangemessenheit der Höhe einer Geldbuße führen kann, die anhand der Schwere der Zuwiderhandlung und des Umsatzes im letzten Jahr ihrer Begehung rechtmäßig festgesetzt wurde.

( vgl. Randnrn. 101-106 )