Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 6. Dezember 2001. - Königreich Belgien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechtsmittel - EGKS-Vertrag - Staatliche Beihilfen - Fünfter Stahlbeihilfenkodex - Entscheidung 97/271/EGKS der Kommission, mit der bestimmte Finanzierungsmaßnahmen zugunsten eines Stahlunternehmens verboten werden - Artikel 33 EGKS-Vertrag - Verletzung. - Rechtssache C-197/99 P.
Sammlung der Rechtsprechung 2003 Seite I-08461
1. Die belgischen Behörden trafen 1996 eine Reihe von Finanzierungsmaßnahmen zugunsten des Stahlunternehmens Forges de Clabecq SA (im Folgenden: Forges de Clabecq). Die Kommission stellte mit Entscheidung vom 18. Dezember 1996 fest, dass die streitigen Maßnahmen mit dem gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen seien, und ordnete die Rückforderung der rechtswidrig geleisteten Beihilfen an.
2. Gegen diese Entscheidung sind mehrere Nichtigkeitsklagen vor dem Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften erhoben worden. Das Königreich Belgien begehrt mit der vorliegenden Klage die Aufhebung des Urteils des Gerichts vom 25. März 1999, soweit mit diesem die Klage der Forges de Clabecq abgewiesen worden ist.
I - Gemeinschaftsrechtlicher Rahmen
3. Der EGKS-Vertrag verbietet grundsätzlich staatliche Beihilfen für Eisen- und Stahlunternehmen. Nach seinem Artikel 4 Buchstabe c sind von den Staaten bewilligte Subventionen oder Beihilfen oder von ihnen auferlegte Sonderlasten, in welcher Form dies auch immer geschieht", als unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl gemäß den Bestimmungen des Vertrages untersagt.
4. Artikel 95 Absatz 1 EGKS-Vertrag lautet:
In allen in diesem Vertrag nicht vorgesehenen Fällen, in denen eine Entscheidung oder Empfehlung der Kommission erforderlich erscheint, um eines der in Artikel 2, 3 und 4 näher bezeichneten Ziele der Gemeinschaft auf dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl gemäß Artikel 5 zu erreichen, kann diese Entscheidung oder Empfehlung mit einstimmiger Zustimmung des Rates und nach Anhörung des Beratenden Ausschusses ergehen."
5. Um den Erfordernissen einer Umstrukturierung des Sektors der Eisen- und Stahlindustrie gerecht zu werden, erließ die Kommission aufgrund von Artikel 95 Absatz 1 seit den 80er Jahren in einer begrenzten Zahl von Fällen gemeinschaftliche Vorschriften über staatliche Beihilfen für die Eisen- und Stahlindustrie. Die gemeinschaftlichen Vorschriften, die im vorliegenden Fall in Kraft waren, wurden durch die Entscheidung Nr. 3855/91/EGKS der Kommission vom 27. November 1991 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie eingeführt (der so genannte Fünfte Stahlbeihilfenkodex").
6. Artikel 1 Absatz 1 des Beihilfenkodex lautet: Alle Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie ..., die ... von den Mitgliedstaaten bzw. den Gebietskörperschaften oder aus staatlichen Mitteln finanziert werden, können nur dann als Gemeinschaftsbeihilfen und somit als mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinsamen Marktes vereinbar angesehen werden, wenn sie den Bestimmungen der Artikel 2 bis 5 entsprechen."
7. In verfahrensrechtlicher Hinsicht bestimmt Artikel 6 Absatz 2 des Beihilfenkodex, dass die Kommission von allen Finanzierungsmaßnahmen, die die Mitgliedstaaten, nachgeordnete Gebietskörperschaften oder sonstige Organe unter Einsatz öffentlicher Mittel zugunsten von Stahlunternehmen vorzunehmen beabsichtigen, rechtzeitig zu unterrichten ist. Nach Artikel 6 Absatz 4 des Beihilfenkodex darf der betreffende Mitgliedstaat die genannten Maßnahmen nur mit Zustimmung der Kommission durchführen.
II - Sachverhalt
8. Am 25. Juni 1996 meldeten die belgischen Behörden bei der Kommission nach Artikel 6 Absatz 2 des Beihilfenkodex einen Umstrukturierungsplan an, der die Weiterführung des Betriebs der Forges de Clabecq zum Ziel hatte. Der Plan beinhaltete verschiedene Maßnahmen, u. a. eine Kapitalzuführung in Höhe von 1,5 Milliarden BEF und eine Verlängerung der Tilgungsfristen für die Schulden des Unternehmens. Nur die letztgenannte Finanzierungsmaßnahme steht in diesem Verfahren zur Debatte.
9. Die Schulden der Forges de Clabecq beruhten auf mehreren Darlehen, die von zwei belgischen Unternehmen gewährt worden waren, nämlich der Société nationale de crédit à l'industrie (staatliche Gesellschaft für Industriekredit; im Folgenden: SNCI) und der Compagnie belge pour le financement de l'industrie SA (belgische Gesellschaft für Industriefinanzierung; im Folgenden: Belfin).
10. In der ersten Hälfte der 80er Jahre hatte die SNCI den Forges de Clabecq vier Darlehen gewährt. Das erste Darlehen belief sich auf 1,5 Milliarden BEF und wurde in zwei aufeinander folgenden Teilbeträgen gewährt: einem ersten Teilbetrag von 820 Millionen BEF und einem zweiten Teilbetrag von 680 Millionen BEF. Das zweite Darlehen belief sich auf einen Betrag von 850 Millionen BEF. Das dritte Darlehen bezifferte sich auf 1,5 Milliarden BEF, und das vierte Darlehen, das 1985 gewährt wurde, betrug 650 Millionen BEF.
11. Mit zwei Entscheidungen vom 16. Dezember 1982 und vom 31. Juli 1985 genehmigte die Kommission einen Teil dieser SNCI-Darlehen unter bestimmten Bedingungen.
12. Die Belfin gewährte den Forges de Clabecq mittels Kapitalaufnahme bei Geldinstituten ebenfalls mehrere Darlehen. Das erste Darlehen, das 1991 gewährt wurde, belief sich auf 300 Millionen BEF und das zweite Darlehen, das 1994 gewährt wurde, auf 200 Millionen BEF.
13. Am 5. Juli 1996 richtete die Kommission an die belgischen Behörden ein Schreiben mit der Bitte um Auskunft, ob sie über die angemeldeten Finanzierungsmaßnahmen hinaus weitere Maßnahmen getroffen hätten. Sie wies auch darauf hin, dass die Anmeldung keine Angaben darüber enthalten habe, unter welchen Bedingungen die Tilgungsfristen für die Schulden der Forges de Clabecq verlängert würden.
14. Die belgischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 23. Juli 1996. Sie fügten ihrem Schreiben mehrere Anlagen bei, die auf ein grundsätzliches Einverständnis der SNCI und der Belfin mit einer Verlängerung der Tilgungsfristen für die Darlehen um drei Jahre hinwiesen.
15. Durch eine Mitteilung gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Beihilfenkodex, die am 11. Oktober 1996 veröffentlicht wurde, forderte die Kommission die belgische Regierung und alle anderen Beteiligten zur Stellungnahme auf. Das Königreich Belgien antwortete hierauf mit Schreiben vom 23. Oktober 1996.
16. Am 18. Dezember 1996 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung. Die Kommission stellte fest, dass sämtliche Interventionsmaßnahmen des Königreichs Belgien zugunsten der Forges de Clabecq mit dem gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen seien.
17. Bezüglich der Verlängerung der Tilgungsfristen für die Schulden des Unternehmens stellte die Kommission fest, dass die Darlehen der SNCI und der Belfin durch eine staatliche Bürgschaft abgesichert seien. Sie war der Auffassung, dass diese Bürgschaften staatliche Beihilfen seien, die nach Artikel 6 Absatz 2 des Beihilfenkodex hätten angemeldet werden müssen. Die Kommission wies außerdem darauf hin, dass sich mit der Verlängerung der staatlichen Bürgschaften um drei Jahre die in dieser Bürgschaft enthaltene Beihilfe erhöhe. Sie zog hieraus den Schluss, dass [d]ie Bürgschaften für die Darlehen von Belfin und SNCI sowie die Verlängerung dieser Bürgschaften bis zum neuen Fälligkeitstermin ... Elemente staatlicher Beihilfen [sind]" und dass diese Beihilfen ... unrechtmäßig [sind], da sie ohne [ihre] vorherige Genehmigung ... gewährt wurden".
18. Die Kommission forderte daher die belgischen Behörden auf, sämtliche Interventionsmaßnahmen aufzuheben und die Rückzahlung der unrechtmäßig gewährten Beihilfen zu verlangen.
19. Am 19. Dezember 1996, d. h. einen Tag nach dem Erlass der streitigen Entscheidung, stellte der Vorstand der Forges de Clabecq beim Tribunal de commerce Nivelles (Belgien) Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens.
III - Verfahren vor dem Gericht
20. Mit Klageschrift, die am 25. Februar 1997 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben die Forges de Clabecq gegen die streitige Entscheidung Nichtigkeitsklage. Das Königreich Belgien trat zur Unterstützung der Anträge der Klägerin bei.
21. Der spezifische Vortrag der belgischen Regierung richtete sich gegen die Auffassung der Kommission, wonach [d]ie [staatlichen] Bürgschaften für die Darlehen von Belfin und SNCI sowie die Verlängerung dieser Bürgschaften bis zum neuen Fälligkeitstermin ... Elemente staatlicher Beihilfen [und] unrechtmäßig [sind]".
22. Das Königreich Belgien machte vier Nichtigkeitsgründe geltend. Der erste Grund wurde auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht, der zweite auf einen Verstoß gegen die Entscheidungen der Kommission vom 16. Dezember 1982 und vom 31. Juli 1985, der dritte auf einen Verstoß gegen Artikel 6 des Beihilfenkodex und der vierte auf das Vorliegen eines offensichtlichen Ermessensfehlers sowie auf einen Verstoß gegen Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag gestützt.
IV - Das angefochtene Urteil
23. Mit seinem ersten Nichtigkeitsgrund machte das Königreich Belgien geltend, die streitige Entscheidung sei im Hinblick auf Artikel 15 EGKS-Vertrag nicht hinreichend begründet. Es führte aus, die Kommission habe die Darlehen der SNCI und der Belfin" beanstandet, ohne deutlich zu machen, welche Darlehen genau sie meine. Ohne eine solche Klarstellung sei der verfügende Teil der streitigen Entscheidung, wonach Belgien ... gehalten [ist], die ... genannten Beihilfen aufzuheben und die Rückzahlung der unrechtmäßig gewährten Beihilfen ... zu verlangen", unverständlich.
24. Das Gericht hat den ersten Nichtigkeitsgrund mit der Begründung zurückgewiesen, dass
110 ... die belgische Regierung nicht geltend machen [kann], dass sie nicht wissen könne, welche Darlehen betroffen seien. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich eindeutig, dass sämtliche Bürgschaften, die für sämtliche Darlehen der SNCI und der Belfin gestellt wurden, gemeint waren."
25. Der zweite Nichtigkeitsgrund betraf die staatlichen Bürgschaften, die für die SNCI-Darlehen gestellt worden waren.
Die belgische Regierung trug vor, dass sich die staatlichen Bürgschaften, die mit der angefochtenen Entscheidung beanstandet worden seien, auf den zweiten Teilbetrag von 680 Millionen BEF des ersten SNCI-Darlehens sowie auf das vierte SNCI-Darlehen von 650 Millionen BEF bezogen hätten.
Die staatliche Bürgschaft, die für das erste SNCI-Darlehen gestellt worden sei - einschließlich des zweiten Teilbetrags in Höhe von 680 Millionen BEF - sei ausdrücklich durch die Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 1982 (im Folgenden: Entscheidung von 1982) genehmigt worden. Die staatliche Bürgschaft, die für das vierte Darlehen in Höhe von 650 Millionen BEF gestellt worden sei, sei durch die Entscheidung vom 31. Juli 1985 (im Folgenden: Entscheidung von 1985) ebenfalls genehmigt worden.
Unter diesen Umständen habe die Kommission dieselben Interventionsmaßnahmen nur unter Verstoß gegen ihre früheren Entscheidungen anhand des gegenwärtig geltenden Beihilfenkodex prüfen, die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen feststellen und die Rückzahlung anordnen können. Die belgische Regierung wies darauf hin, dass sie die von der Kommission in den Entscheidungen von 1982 und 1985 gestellten Bedingungen für die Genehmigung beachtet habe.
26. Das Gericht hat den zweiten Nichtigkeitsgrund aus den folgenden Gründen zurückgewiesen:
97 Nach ständiger Rechtsprechung soll der Grundsatz der Rechtssicherheit die Voraussehbarkeit der unter das Gemeinschaftsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten ... Hierzu ist es wesentlich, dass die Gemeinschaftsorgane die Unantastbarkeit der von ihnen erlassenen Rechtsakte, die die rechtliche und sachliche Lage der Rechtssubjekte berühren, wahren; sie können diese daher nur unter Beachtung der Zuständigkeits- und Verfahrensregeln ändern ...
98 Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn das Rechtssubjekt, dessen rechtliche und sachliche Lage durch den fraglichen Rechtsakt berührt worden ist, die in diesem aufgestellten Bedingungen nicht eingehalten hat ...
99 Vorliegend ist festzustellen, dass 1996 keine der staatlichen Bürgschaften, die für die Darlehen von SNCI und von Belfin gegeben worden waren, mehr von der Genehmigung erfasst war, die die Kommission mit ihren Entscheidungen von 1982 und 1985 erteilt hatte. In den Jahren nach diesen Entscheidungen nahmen die belgischen Behörden bei den Tilgungsbedingungen dieser Darlehen nämlich einige wichtige, für die Klägerin besonders günstige Änderungen vor. Insbesondere aus den Erklärungen, die hierzu von der belgischen Regierung gegeben worden sind (Streithilfeschriftsatz, Nr. 12), ergibt sich, dass der belgische Staat einen Betrag von 198 Millionen BEF für den Kredit von 680 Millionen BEF übernahm und dass er den Aufschub der Fälligkeitstermine von mehreren Krediten der SNCI und der hierfür gewährten staatlichen Bürgschaften um mehrere Jahre erlaubte.
100 Diese Änderungen wurden bei der Kommission nicht angemeldet und können nicht als mit den Bedingungen vereinbar angesehen werden, von denen die Genehmigungen von 1982 und 1985 abhängig gemacht worden waren. In ihrer Entscheidung von 1982 hatte die Kommission der belgischen Regierung mitgeteilt, dass mit der Genehmigung der angemeldeten Maßnahme für die Klägerin nicht mehr die Möglichkeit bestehe, die Lösung ihrer Probleme weiterhin in der finanziellen Unterstützung des Staates zu suchen. Diese Modalität der Genehmigungsentscheidung wurde mit den späteren Änderungen der genehmigten Maßnahme durch die belgischen Behörden eindeutig nicht beachtet. In der Entscheidung von 1985 stellte die Kommission klar, dass die genehmigten Beihilfen bis zum 31. Dezember 1985 bewirkt sein müssten. Aufgrund dieser Bedingung war es ausgeschlossen, zu einem späteren Zeitpunkt zugunsten der Klägerin wichtige Änderungen an der genehmigten Darlehensregelung vorzunehmen. Die Genehmigungen der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen können sich jedenfalls offensichtlich nur auf die Maßnahmen erstrecken, wie sie angemeldet wurden, und sie dürfen nicht so verstanden werden, dass sie ihre Wirkungen über den für die Durchführung dieser Maßnahmen ursprünglich vorgesehenen Zeitraum hinaus behalten."
27. Der dritte Nichtigkeitsgrund wurde auf einen Verstoß gegen Artikel 6 des Beihilfenkodex gestützt.
Das Königreich Belgien wies darauf hin, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu der Auffassung gekommen sei, dass die Verlängerung der staatlichen Bürgschaften für die Darlehen der SNCI und der Belfin um drei Jahre eine rechtswidrige Beihilfe sei, weil sie ohne ihre vorherige Genehmigung gewährt worden sei. Das Königreich Belgien meinte, diese Auffassung sei fehlerhaft, da die streitige Verlängerung bei der Kommission am 25. Juni 1996 ordnungsgemäß angemeldet und niemals gemäß Artikel 6 Absätze 2 und 4 des Beihilfenkodex durchgeführt worden sei.
28. Das Gericht hat sich hierzu nicht geäußert.
29. Mit seinem vierten Nichtigkeitsgrund machte das Königreich Belgien geltend, die Kommission habe mit der Feststellung, dass die Belfin-Darlehen durch eine staatliche Bürgschaft abgesichert worden seien, einen offensichtlichen Ermessensfehler begangen. Nur die von der Belfin bei den Banken aufgenommenen Darlehen seien durch eine solche Bürgschaft abgesichert worden, nicht aber die Darlehen, die die Belfin den Unternehmen gewährt habe.
30. Das Gericht hat den vierten Nichtigkeitsgrund mit folgender Begründung zurückgewiesen:
70 Bezüglich der Darlehen der SNCI und der Belfin ist zunächst festzustellen, dass die Kommission diese Darlehen nicht als solche als Beihilfen bezeichnet hat, sondern die Bürgschaften, die sie absichern. Weiter ist festzustellen, dass das Argument der belgischen Regierung, dass für die Darlehen der Belfin keine staatliche Bürgschaft bestanden habe, im Widerspruch zu einem Schreiben der Belfin an die [Forges de Clabecq] vom 25. Juni 1996 steht, das die [Société wallonne pour la sidérurgie SA (SWS)] ihrem an die Kommission gerichteten Schreiben vom 23. Juli 1996 als Anlage beigefügt hat, dem zufolge das grundsätzliche Einverständnis in eine Verlängerung der Tilgungsfrist für das [den Forges de Clabecq] von der Belfin in Form von Darlehen zur Verfügung gestellte Kapital um drei Kalenderjahre unter der Bedingung einer ,Zustimmung des Staates (öffentlicher Kredit), seine Bürgschaft an den neuen Fälligkeitstermin anzupassen, erfolgte. Der staatliche Charakter der Staatsbürgschaften kann ebenfalls nicht mit Erfolg bestritten werden."
31. Das Gericht hat entschieden, dass die von den Forges de Clabecq und den anderen Streithelfern geltend gemachten Nichtigkeitsgründe ebenfalls nicht begründet seien. Es hat daher die Klage insgesamt abgewiesen.
V - Das Rechtsmittel
32. Mit Rechtsmittelschrift, die am 26. Juni 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Königreich Belgien das vorliegende Rechtsmittel eingelegt. Die Belfin ist als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rechtsmittelführers mit Beschluss vom 24. Januar 2000 zugelassen worden. Die beiden Beteiligten beantragen die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung.
33. Zur Begründung ihrer Anträge machen sie sechs Rechtsmittelgründe geltend. Zwei Gründe betreffen sowohl die SNCI-Darlehen als auch die Belfin-Darlehen (Buchstabe A), zwei Gründe betreffen speziell die SNCI-Darlehen (Buchstabe B) und zwei weitere Gründe betreffen speziell die Belfin-Darlehen (Buchstabe C).
A - Die Rechtsmittelgründe bezüglich der SNCI- und der Belfin-Darlehen
1. Erster Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht
a) Vorbringen des Rechtsmittelführers
34. Im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes beanstandet das Königreich Belgien die Randnummern 70 und 110 des angefochtenen Urteils. Es trägt wie folgt vor:
4 Das Gericht ... hat somit nicht festgestellt, um welche Darlehen es sich bei den von der Kommission genannten SNCI- und Belfin-Darlehen, insbesondere bei den genannten SNCI-Darlehen, handelte, obwohl der Rechtsmittelführer insoweit gerade den Begründungsmangel der [streitigen] Entscheidung beanstandet hatte (vgl. Nr. 21 des Streithilfeschriftsatzes).
Ebenso wie die Kommission erwähnt das Gericht diese Darlehen als ,die Darlehen der SNCI und der Belfin, ohne dabei klarzustellen, um welche Darlehen es sich handelt. Diese Konkretisierung ist jedoch erforderlich, da den Forges de Clabecq, wie das Gericht ... ausgeführt hat, mehrere Darlehen gewährt wurden.
5 Mangels angemessener Begründung in der [streitigen] Entscheidung ist der Rechtsmittelführer zum Ergebnis gekommen, dass es sich bei den betreffenden Darlehen bezüglich der SNCI-Darlehen um den zweiten Teilbetrag in Höhe von 680 [Millionen BEF] des ersten Investitionsdarlehens von 1 500 [Millionen BEF] und um das letzte Investitionsdarlehen von 650 [Millionen BEF] handelt. Bezüglich der Belfin-Darlehen hat der Rechtsmittelführer zwei Darlehen berücksichtigt, nämlich ein Darlehen über 300 [Millionen BEF] und ein weiteres über 200 [Millionen BEF].
6 Es war Sache des Gerichts, sich zur fehlenden Konkretisierung der in der Verurteilung der Kommission genannten Darlehen zu äußern. Die Feststellung des Gerichts erster Instanz, dass die Kommission die Darlehen angeblich hinreichend genau bezeichnet habe, findet in der Urteilsbegründung keine angemessene Stütze.
Das angefochtene Urteil weist somit einen Begründungsmangel auf."
b) Würdigung
35. Das Vorbringen des Königreichs Belgien erscheint mir ungenau und missverständlich. Es ist nicht klar, ob sich das Vorbringen auf die Begründungspflicht des Gerichts oder auf die Begründungspflicht der Kommission bezieht.
36. Einerseits stellt die belgische Regierung auf eine fehlende oder unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils ab. Sie trägt vor, dass [d]as angefochtene Urteil ... einen Begründungsmangel [aufweist]", da [d]as Gericht ... nicht festgestellt [hat], um welche Darlehen es sich bei den von der Kommission genannten SNCI- und Belfin-Darlehen ... handelt".
37. Andererseits beanstandet die belgische Regierung auch die Schlussfolgerung des Gerichts, dass die streitige Entscheidung hinreichend begründet sei. Sie betont, dass [d]ie Feststellung des Gerichts erster Instanz, dass die Kommission die Darlehen angeblich hinreichend genau bezeichnet habe, ... keine angemessene Stütze [findet]".
38. Das Königreich Belgien verwechselt somit zwei unterschiedliche Rechtsmittelgründe.
39. Der erste Rechtsmittelgrund bezieht sich auf das formale Vorhandensein einer Begründung. Mit ihm soll eine fehlende oder unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils beanstandet werden, und er beruht im vorliegenden Fall auf einem Verstoß gegen die Artikel 30 und 46 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes. Artikel 30 der EGKS-Satzung, der auf das Gericht nach Artikel 46 dieser Satzung anwendbar ist, bestimmt, dass [d]ie Urteile ... mit Gründen zu versehen [sind]".
40. Der zweite Rechtsmittelgrund jedoch bezieht sich auf die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Urteils. Er wird auf das Vorliegen eines Rechtsfehlers gestützt und soll zu der Feststellung führen, dass das Gericht den Umfang der Begründungspflicht der Kommission verkannt hat. In diesem Fall ist das Königreich Belgien der Auffassung, das Gericht habe mit der Feststellung, dass die Begründung der streitigen Entscheidung bezüglich der Konkretisierung der Darlehen der SNCI und der Belfin den Anforderungen des Artikels 15 EGKS-Vertrag entsprochen habe, einen Rechtsfehler begangen.
41. Da nicht genau festgestellt werden kann, was der Gegenstand des vom Königreich Belgien geltend gemachten Rechtsmittelgrunds ist, werde ich die beiden oben genannten Fälle der Reihe nach prüfen.
i) Erster Fall: Der Rechtsmittelgrund wird auf einen Verstoß gegen die Artikel 30 und 46 der EGKS-Satzung gestützt
42. Im ersten Fall ist das Königreich Belgien der Auffassung, das angefochtene Urteil weise einen Begründungsmangel auf, weil das Gericht die in der streitigen Entscheidung genannten Darlehen der SNCI und der Belfin nicht im Einzelnen bezeichnet habe.
43. Die Begründung des angefochtenen Urteils ist in diesem Punkt tatsächlich knapp gefasst. Das Gericht stellte lediglich fest, dass die belgische Regierung nicht geltend machen [kann], dass sie nicht wissen könne, welche Darlehen betroffen seien. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich eindeutig, dass sämtliche Bürgschaften, die für sämtliche Darlehen der SNCI und der Belfin gestellt wurden, gemeint waren".
44. Entgegen der Auffassung des Königreichs Belgien kann meines Erachtens dem Gericht jedoch nicht vorgehalten werden, dass es die in der streitigen Entscheidung genannten Darlehen der SNCI und der Belfin nicht im Einzelnen bezeichnet hat.
45. Es ist daran zu erinnern, dass das Gericht die SNCI-Darlehen in Randnummer 8 des angefochtenen Urteils wie folgt beschrieben hat:
In der ersten Hälfte der 80er Jahre wurde ein Sanierungsplan für die [Forges de Clabecq] aufgestellt, in dessen Rahmen ihr mehrere Investitionskredite gewährt wurden. ... Der erste Kredit belief sich auf 1,5 Milliarden BEF, der zweite auf 850 Millionen BEF und der dritte auf 1,5 Milliarden BEF. Der vierte und letzte Kredit dieser Reihe wurde 1985 gewährt und belief sich auf 650 Millionen BEF. Diese Gruppe [von Krediten] wird allgemein als ,SNCI-Darlehen (Darlehensverträge mit der Société nationale du crédit à l'industrie) bezeichnet."
46. In Randnummer 9 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ferner die Belfin-Darlehen wie folgt beschrieben:
Die Compagnie belge pour le financement de l'industrie (belgische Gesellschaft für Industriefinanzierung; im Folgenden: Belfin) ... gewährte [den Forges de Clabecq] mittels Kapitalaufnahme bei Geldinstituten ebenfalls mehrere Darlehen: ein Darlehen in Höhe von 104 Millionen BEF im Jahr 1988 und ein Darlehen in Höhe von 196 Millionen BEF im Jahr 1989. Diese Darlehen wurden 1991 in einen Kredit über 300 Millionen BEF und 1994 in einen Kredit über 200 Millionen BEF zur Ablösung eines im Jahr 1987 vereinbarten Darlehens umgewandelt."
47. Folglich können aufgrund des angefochtenen Urteils die in der streitigen Entscheidung genannten Darlehen der SNCI und der Belfin bestimmt werden. Das Gericht hat entscheiden, dass die Kommission die staatlichen Bürgschaften beanstandet hatte, die für die vier SNCI-Darlehen sowie für die zwei Belfin-Darlehen - d. h. für das Darlehen in Höhe von 300 Millionen BEF und das Darlehen in Höhe von 200 Millionen BEF - bestellt worden waren.
48. Ich bin daher der Auffassung, dass das Gericht seiner Begründungspflicht aus den Artikeln 30 und 46 der EGKS-Satzung nachgekommen ist. Der erste Rechtsmittelgrund ist somit zurückzuweisen, soweit er auf einen Verstoß gegen diese Bestimmungen gestützt wird.
ii) Zweiter Fall: Der Rechtsmittelgrund wird auf das Vorliegen eines Rechtsfehlers gestützt
49. Im zweiten Fall ist das Königreich Belgien der Auffassung, das Gericht habe mit der Feststellung, dass die Begründung der streitigen Entscheidung den Anforderungen des Artikels 15 EGKS-Vertrag entsprochen habe, einen Rechtsfehler begangen. Das Gericht habe nicht die Auffassung vertreten dürfen, dass die streitige Entscheidung bezüglich der Konkretisierung der SNCI- und der Belfin-Darlehen hinreichend begründet gewesen sei.
50. Die Frage des Umfangs der Begründungspflicht ist eine Rechtsfrage, die der Nachprüfung durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegen kann. Ein Rechtsmittelgrund, mit dem geltend gemacht wird, dass der Umfang dieser Verpflichtung verkannt wurde, ist zulässig, auch wenn er notwendigerweise zur Berücksichtigung der Tatsachen führt, aufgrund deren das Gericht zu seinem Schluss gelangt ist.
51. Bezüglich der in Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) vorgeschriebenen Begründung hat der Gerichtshof folgende Grundsätze aufgestellt:
52. Die Begründung muss der Natur des Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 190 EG-Vertrag genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist.
53. Nach der Rechtsprechung gelten dieselben Grundsätze für die Begründungspflicht der Kommission nach Artikel 15 EGKS-Vertrag.
54. Im vorliegenden Fall werden in der streitigen Entscheidung die Darlehen der SNCI und der Belfin, für die die beanstandeten Bürgschaften bestellt wurden, nicht namentlich bezeichnet. Die Kommission stellte in ihr lediglich fest, dass die Bürgschaften für die Darlehen von Belfin und SNCI" sowie deren Verlängerung unrechtmäßig gewährte Beihilfen seien, ohne dabei deutlich zu machen, welche Darlehen sie meinte.
55. Entgegen der Auffassung der belgischen Regierung bin ich jedoch der Ansicht, dass dieser Umstand nicht zur Folge haben kann, dass der streitigen Entscheidung ein Begründungsmangel anhaftet.
56. Nach der oben angeführten Rechtsprechung ist die Begründung eines Rechtsakts anhand ihres Kontexts sowie anhand sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen. Für den Bereich der staatlichen Beihilfen hat der Gerichtshof klargestellt, dass etwaige frühere Entscheidungen der Kommission sowie der Inhalt der Mitteilung zu berücksichtigen sind, mit der die Kommission das Untersuchungsverfahren eröffnet hat.
57. Im vorliegenden Fall werden in der Entscheidung über die Einleitung der Untersuchung die beanstandeten Darlehen der SNCI und der Belfin genau bezeichnet. In ihrer Mitteilung 96/C 301/03 gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Beihilfenkodex teilte die Kommission mit, dass sie die belgischen Behörden um nähere Angaben über die Umschuldung des Unternehmens Forges de Clabecq ersucht habe. Sie führte dort aus:
In ihrer Antwort vom 26. Juli 1996 ... teilten die belgischen Behörden folgendes mit: ... Bei den Darlehen der SNCI (680 und 650 Mio. BEF) und von Belfin (davon eines in Höhe von 200 Mio. BEF) wurden sämtliche Fälligkeiten um drei Jahre zurückgestellt."
58. Die Entscheidung über die Einleitung der Untersuchung bezeichnet die streitigen Darlehen somit als zwei SNCI-Darlehen - ein Darlehen in Höhe von 680 Millionen BEF und ein Darlehen in Höhe von 650 Millionen BEF - sowie als die Darlehen der Belfin - zu denen ein Darlehen in Höhe von 200 Millionen BEF gehört.
59. Die Kommission übernahm dabei die Informationen aus den Unterlagen, die die belgischen Behörden ihrem Schreiben vom 23. Juli 1996 als Anlage beigefügt hatten. Zu diesen Unterlagen zählte ein Schreiben der Belfin vom 25. Juni 1996 an die Forges de Clabecq, ein Nachtrag der Belfin vom 3. Mai 1996 an die Forges de Clabecq sowie ein Schreiben des belgischen Finanzministers vom 23. Mai 1996 an die SNCI.
Das erste Schriftstück besagte, dass die Belfin den Forges de Clabecq zwei Darlehen gewährt hatte. Dem zweiten Schriftstück konnte der Betrag eines dieser Darlehen entnommen werden, nämlich der Betrag von 200 Millionen BEF. Das dritte Schriftstück zeigte, dass die SNCI den Forges de Clabecq zwei Darlehen gewährt hatte, ein Darlehen in Höhe von 680 Millionen BEF und ein weiteres Darlehen in Höhe von 650 Millionen BEF.
60. In ihrem Kontext gesehen und unter Berücksichtigung der Entscheidung über die Einleitung der Untersuchung ermöglicht die streitige Entscheidung daher eine Identifizierung der genannten SNCI- und Belfin-Darlehen. Die Kommission hatte die staatlichen Bürgschaften beanstandet, die für den zweiten Teilbetrag des ersten SNCI-Darlehens (680 Millionen BEF), für das vierte SNCI-Darlehen (650 Millionen BEF) sowie für die beiden Belfin-Darlehen (300 Millionen BEF und 200 Millionen BEF) bestellt worden waren.
61. Das Vorbringen des Königreichs Belgien bestätigt im Übrigen, dass die streitige Entscheidung in diesem Punkt ausreichend begründet war. Aus der Rechtsmittelschrift geht nämlich hervor, dass die belgischen Behörden die von der Kommission genannten Darlehen zutreffend identifizierten.
62. Unter diesen Umständen beging das Gericht keinen Rechtsfehler, als es entschied, dass die Begründung der streitigen Entscheidung den Erfordernissen des Artikels 15 EGKS-Vertrag genügt. Der erste Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen, soweit er auf das Vorliegen eines solchen Rechtsfehles gestützt wird.
2. Zweiter Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Artikel 30 und 46 der EGKS-Satzung
a) Vorbringen des Rechtsmittelführers
63. Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund macht das Königreich Belgien geltend, das angefochtene Urteil weise einen Begründungsmangel auf.
Das Königreich Belgien trägt vor, es habe vor dem Gericht geltend gemacht, dass die streitige Entscheidung rechtswidrig sei, weil in ihr festgestellt werde, dass die Verlängerung der staatlichen Bürgschaften, die für die Darlehen der SNCI und der Belfin gestellt worden seien, eine rechtswidrige Beihilfe sei. Es weist darauf hin, dass sich das Gericht zu diesem Klagegrund nicht geäußert habe.
b) Würdigung
64. Das Gericht hat sich zu dem vom Königreich Belgien in der ersten Instanz vorgebrachten Klagegrund unstreitig nicht geäußert. Zu fragen ist somit, ob das Gericht verpflichtet war, sich zu diesem Vorbringen zu äußern.
65. Der Gerichtshof hat selten die Gelegenheit genutzt, den Inhalt der Begründungspflicht des Gerichts zu definieren. Eine Durchsicht der einschlägigen Urteile zeigt, dass der Gerichtshof lieber im Einzelfall entscheidet, ob das Gericht in dem betreffenden Fall seine Schlussfolgerung ausreichend begründet hat. Der derzeitigen Rechtsprechung können jedoch einige Grundsätze entnommen werden.
66. Es ist davon auszugehen, dass die Begründung eines Urteils die Überlegungen des Gerichts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Entscheidung entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Für eine Klage nach Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) bedeutet das Begründungserfordernis naturgemäß, dass das Gericht die vom Kläger geltend gemachten Nichtigkeitsgründe prüft und die Gründe für die Zurückweisung des Klagegrunds oder für die Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung darlegt.
67. In dem Urteil Connolly/Kommission setzte der Gerichtshof jedoch der Verpflichtung, sich mit den vorgebrachten Klagegründen zu befassen, Grenzen. Er vertrat die Auffassung, dass die Begründung eines Urteils in Anbetracht der Umstände des betreffenden Falles zu beurteilen sei und dass die Begründungspflicht nicht bedeuten könne, dass sich das Gericht detailliert mit jedem vom Rechtsmittelführer vorgebrachten Argument befassen müsse. Den Schlussanträgen des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer folgend stellte er fest, dass sich das Gericht nicht mit Argumenten befassen müsse, die nicht hinreichend klar und bestimmt" seien und sich nicht auf geeignete Beweismittel" stützten.
68. Zieht man die Rechtsprechung zu Artikel 190 EG-Vertrag heran, ist auch davon auszugehen, dass sich das Gericht nicht mit den Argumenten zu befassen braucht, die offensichtlich neben der Sache liegen oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben.
69. In Anbetracht dieser Grundsätze bin ich der Auffassung, dass sich das Gericht mit dem Klagegrund, den das Königreich Belgien in der vorliegenden Rechtssache geltend gemacht hatte, befassen musste.
70. Zum einen war das Argument des Rechtsmittelführers hinreichend klar und bestimmt" im Sinne des Urteils Connolly/Kommission. Die belgische Regierung hatte geltend gemacht, dass die Verlängerung der für die SNCI- und Belfin-Darlehen gestellten staatlichen Bürgschaften um drei Jahre keine rechtswidrige Beihilfe sei, da sie bei der Kommission nach Artikel 6 Absatz 2 des Beihilfenkodex angemeldet worden sei. Das Argument stützte sich zudem auf geeignete Beweismittel", da die Anmeldung, die die belgischen Behörden am 25. Juni 1996 bei der Kommission eingereicht hatten, zu den Gerichtsakten gegeben worden war.
71. Zum anderen kann kaum davon ausgegangen werden, dass das Argument des Königreichs Belgien offensichtlich neben der Sache" lag oder eindeutig untergeordnete Bedeutung" hatte.
72. Artikel 6 Absatz 4 des Beihilfenkodex untersagt den Mitgliedstaaten die Durchführung ihrer Finanzierungsmaßnahmen ohne vorherige Zustimmung der Kommission. Auch wenn dies vom Gerichtshof bisher nicht ausdrücklich festgestellt wurde, ist offensichtlich, dass diese Vorschrift unmittelbare Wirkung hat und Rechte der Einzelnen begründet, die die Gerichte der Mitgliedstaaten zu wahren haben.
73. Der Einzelne kann sich somit vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf eine Verletzung des Verbots nach Artikel 6 Absatz 4 des Beihilfenkodex berufen. Nach der Rechtsprechung müssen die nationalen Gerichte die Gewähr dafür bieten, dass aus dieser Verletzung entsprechend ihrem nationalen Recht sämtliche Folgerungen gezogen werden.
74. Auf der nationalen Ebene können sich aus der Feststellung, dass eine staatliche Beihilfe rechtswidrig ist, mehrere wichtige Folgen ergeben.
Erstens können Privatpersonen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen, das nationale Gericht ersuchen, die Rückerstattung der unter Verletzung des Verbots nach Artikel 6 Absatz 4 des Beihilfenkodex gewährten Beihilfe anzuordnen. Der Gerichtshof hat entschieden, dass anders als die Kommission die nationalen Gerichte berechtigt sind, die Rückerstattung einer staatlichen Beihilfe allein mit der Begründung anzuordnen, dass diese nicht angemeldet worden sei.
Zweitens kann das nationale Gericht unabhängig vom Inhalt der endgültigen Entscheidung der Kommission die Rechtswidrigkeit des die Beihilfe einführenden Aktes sowie die Rechtswidrigkeit der Durchführungsmaßnahmen feststellen. Folglich kann die Gültigkeit sämtlicher Maßnahmen berührt sein, die die Durchführung der Beihilfe betreffen. Diese Konsequenz stellt ein besonderes Problem dar, wenn Beihilfen in Form von staatlichen Bürgschaften gewährt werden, da in diesem Fall die Rechtswidrigkeit der Beihilfe Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Staat und dem Darlehensgeber haben kann. Die Kommission vertritt im Übrigen die Auffassung, dass die Frage, ob die Rechtswidrigkeit der Beihilfe das Rechtsverhältnis zwischen dem Staat und Dritten berührt, eine nach innerstaatlichem Recht zu prüfende Frage sei.
Drittens kann der Verstoß gegen das Durchführungsverbot als ein Verstoß angesehen werden, der im Sinne des Urteils Brasserie du pêcheur hinreichend qualifiziert" ist, um die Haftung des Staates zu begründen. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beihilfe kann somit dem nationalen Gericht als Grundlage dienen, um den Staat zum Ersatz des durch die Beihilfe entstandenen Schadens zu verurteilen. Die Haftungsklage könnte nicht nur vom Beihilfeempfänger, sondern auch von seinen Mitbewerbern erhoben werden, wenn die Rückzahlung der Beihilfe nicht geeignet ist, denselben Zustand wiederherzustellen, in dem die Mitbewerber sich vor der Leistung der Beihilfe befunden haben.
75. Der vom Königreich Belgien in der ersten Instanz geltend gemachte Klagegrund entsprach daher einem offenkundigen Interesse. Dadurch, dass die belgische Regierung die Rechtswidrigkeit der Verlängerung der staatlichen Bürgschaften in Frage stellte, wollte sie die Folgen abwenden, die sich aus der unmittelbaren Wirkung des Artikels 6 Absatz 2 des Beihilfenkodex ergeben, und vor allem ausschließen, dass ihre Haftung wegen des Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht und die Nichtigkeit der mit der Durchführung der streitigen Verlängerung zusammenhängenden öffentlichen und privaten Handlungen geltend gemacht werden kann.
76. Ich bin daher der Auffassung, dass das Gericht gegen seine Begründungspflicht verstoßen hat, indem es sich nicht mit dem Klagegrund des Königreichs Belgien befasst hat. Ich schlage somit dem Gerichtshof vor, das angefochtene Urteil in diesem Punkt aufzuheben.
B - Die Rechtsmittelgründe, die speziell die SNCI-Darlehen betreffen
77. Angesichts dieses Ergebnisses ist eine Prüfung der sonstigen Rechtsmittelgründe nicht mehr gerechtfertigt. Wenn nämlich, wie ich meine, das angefochtene Urteil mit der Begründung aufzuheben ist, dass das Gericht gegen seine Begründungspflicht verstoßen hat, greifen die sonstigen Rechtsmittelgründe des Königreichs Belgien nicht durch. Die folgende Prüfung nehme ich daher lediglich hilfsweise vor.
78. Das Königreich Belgien macht bezüglich der SNCI-Darlehen zwei Rechtsmittelgründe geltend. Der erste Grund wird auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, der zweite auf einen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils gestützt.
1. Erster Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit
a) Vorbringen des Rechtsmittelführers
79. Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe zu Unrecht festgestellt, dass sich die belgischen Behörden nicht auf die Entscheidungen von 1982 und von 1985 berufen durften. Er ist der Auffassung, dass die Erwägungen des Gerichts einen zweifachen Rechtsfehler aufweisen.
80. Erstens habe das Gericht den Sachverhalt rechtlich fehlerhaft gewürdigt. Es habe entschieden, dass in der Entscheidung von 1982 die Genehmigung der staatlichen Bürgschaft für das erste SNCI-Darlehen von der Bedingung abhängig gemacht worden sei, dass die Forges de Clabecq vom belgischen Staat keine weitere finanzielle Unterstützung erhielten. Eine solche Bestimmung sei unter den Bedingungen, die die Kommission für die Genehmigung der streitigen Bürgschaft aufgestellt habe, nicht zu finden. Die fehlerhafte Würdigung stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit dar, weil dadurch das Gericht den belgischen Behörden die Möglichkeit nehme, sich auf die Entscheidung von 1982 zu berufen.
81. Zweitens sei das Gericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Änderungen, die am vierten SNCI-Darlehen vorgenommen wurden, den von der Entscheidung von 1985 aufgestellten Bedingungen widersprochen hätten. Die streitigen Änderungen hätten tatsächlich nur darin bestanden, bestimmte Fälligkeitstermine für das Darlehen aufzuschieben, ohne hierbei die Rückzahlungsfrist zu ändern.
b) Würdigung
82. In den Randnummern 97 bis 101 hat das Gericht festgestellt, dass sich die belgischen Behörden nicht auf die Entscheidungen von 1982 und 1985 berufen können, weil sie dadurch, dass sie wichtige Änderungen bei den Rückzahlungsmodalitäten für die SNCI-Darlehen vorgenommen hätten, die von diesen Entscheidungen aufgestellten Bedingungen für die Genehmigung nicht eingehalten hätten.
83. Meines Erachtens weist das angefochtene Urteil insoweit einen Rechtsfehler auf. Das Gericht hat es unterlassen festzustellen, dass die streitige Entscheidung im Hinblick auf Artikel 15 EGKS-Vertrag nicht ausreichend begründet war.
84. Nach ständiger Rechtsprechung stellt der Klagegrund eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Begründung der Handlung eines Organs einen Mangel dar, den der Gemeinschaftsrichter von Amts wegen prüfen muss. Unterlässt er es, den Mangel von Amts wegen zu prüfen, obwohl die angefochtene Entscheidung den Begründungserfordernissen nicht gerecht wird, begeht das Gericht einen Rechtsfehler, der vom Gerichtshof zu ahnden ist.
85. Im vorliegenden Fall wurde die belgische Regierung durch die Entscheidung von 1982 ermächtigt, eine staatliche Bürgschaft für das erste SNCI-Darlehen in Höhe von 1,5 Milliarden BEF zu bestellen. Die Entscheidung von 1985 ihrerseits folgte auf die Anmeldung der belgischen Behörden vom 31. Mai 1985 und ermächtigte diese, eine Bürgschaft für das vierte SNCI-Darlehen in Höhe von 650 Millionen BEF zu bestellen. Mit diesen beiden Entscheidungen hatte die Kommission somit erklärt, dass die staatlichen Bürgschaften rechtmäßige Beihilfen und mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.
86. Unstreitig hat die Kommission diese Beurteilung in der streitigen Entscheidung zurückgenommen. Sie vertrat folgende Auffassung:
Staatliche Bürgschaften für Darlehen sind prinzipiell staatliche Beihilfen, die der Kommission gemeldet werden müssen und nicht ohne vorherige Genehmigung gewährt werden dürfen ... Die[s] wurde im Fall der Darlehen für die Forges de Clabecq nicht eingehalten. ...
Die Bürgschaften für die Darlehen von Belfin und SNCI ... sind Elemente staatlicher Beihilfen. Diese Beihilfen sind außerdem unrechtmäßig, da sie ohne vorherige Genehmigung durch die Kommission gewährt wurden."
87. Im Widerspruch zu den Anforderungen der Rechtsprechung brachte die streitige Entscheidung nicht zum Ausdruck, aus welchen Gründen die Kommission ihre Entscheidungen von 1982 und 1985 widerrief. Sie enthält keinen Hinweis, der erkennen ließe, warum die Kommission die 1982 und 1985 für die staatlichen Bürgschaften erteilten Genehmigungen rückwirkend aufhob. Weder können die Betroffenen daher der Begründung der streitigen Entscheidung die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen, noch kann der Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen.
88. Ich bin daher der Auffassung, dass das Gericht einen Rechtsfehler dadurch begangen hat, dass es den Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht nicht von Amts wegen geprüft hat. Ferner hat das Gericht mit der Darlegung, aus welchen Gründen seiner Auffassung nach die belgischen Behörden sich nicht auf die Entscheidungen von 1982 und 1985 berufen können, die Begründung der Kommission durch seine eigene Begründung ersetzt. Es hat somit die Grenzen seiner Zuständigkeit überschritten, die Artikel 33 EGKS-Vertrag ihm im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle der Gemeinschaftsakte verleiht. Aus all diesen Gründen schlage ich daher dem Gerichtshof vor, das angefochtene Urteil aufzuheben.
89. Für den Fall, dass der Gerichtshof diesem Ergebnis nicht zustimmen sollte, will ich hilfsweise kurz auf die Argumente des Königreichs Belgien eingehen.
90. Die Entscheidung von 1982 wurde in folgendem Zusammenhang erlassen. Am 4. November 1980 unterrichteten die belgischen Behörden die Kommission von ihrer Absicht, eine staatliche Bürgschaft für den ersten Teilbetrag des ersten SNCI-Darlehens (820 Millionen BEF) zu bestellen. Am 11. August 1982 unterrichteten sie die Kommission über ihre Entscheidung, die Bürgschaft auf das gesamte Darlehen zu erstrecken. Diese Unterrichtung bezog sich auch auf andere vom belgischen Staat zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie beabsichtigte Maßnahmen.
91. Mit einer Mitteilung vom 11. Oktober 1982 gemäß Artikel 8 Absatz 3 der Entscheidung Nr. 2320/81/EGKS beschloss die Kommission, das Untersuchungsverfahren einzuleiten und die Beteiligten zur Stellungnahme aufzufordern.
92. Am 16. Dezember 1982 traf die Kommission ihre Entscheidung über Investitionsbeihilfen, Rettungsbeihilfen sowie über eine Betriebsbeihilfe zugunsten der Forges de Clabecq in Bezug auf vier Verfahren, die zwischen dem 19. Dezember 1980 und dem 25. November 1982 eingeleitet worden waren. Die Kommission genehmigte einen Betrag von 1,985 Milliarden BEF als Bürgschaft, davon 1,5 Milliarden BEF für den ersten Abschnitt des Investitionsprogramms. Ihre Entscheidung hatte folgenden Wortlaut:
Unter diesen Umständen genehmigt die Kommission gegenwärtig nur die Stellung einer Bürgschaft über 1,985 Milliarden BEF (davon 1,5 Milliarden für den ersten Abschnitt des Investitionsprogramms und 485 Millionen für Betriebsbeihilfen). Diese Genehmigung wird jedoch unter folgenden Bedingungen erteilt:
i) Ihre Regierung wird die ursprünglich für Investitionen geplanten weiteren Beihilfen (Vergünstigung und Steuerbeihilfen für den ersten Abschnitt und Bürgschaft für den zweiten Abschnitt) nicht leisten.
ii) Die Bürgschaft für die letzte Maßnahme (SID/B/18) darf den Betrag von 820 Millionen BEF nicht überschreiten.
iii) Die Forges de Clabecq werden sich an die Vorschriften halten, die die Kommission erlässt, um zu verhindern, dass die Forges de Clabecq die Beihilfen zur Deckung von Verlusten verwenden, die daraus entstehen, dass sie die Preisvorschriften nicht einhalten. Die Kommission erwartet ferner, dass die belgische Regierung ihren Teil dazu beiträgt, dass die Forges de Clabecq ihren Verpflichtungen auf dem Gebiet der Produktionsquoten nachkommen.
Die Kommission wird über die Bürgschaften, die weiterhin Gegenstand des Verfahrens nach Artikel 8 Absatz 3 sind, eine Entscheidung treffen, sobald die Stellungnahmen der Beteiligten im Rahmen des genannten Verfahrens bei ihr eingegangen sind. Sie wird dabei die angebotenen Gegenleistungen berücksichtigen, aufgrund deren die vorliegende Entscheidung erlassen werden konnte.
Die Kommission macht die belgische Regierung darauf aufmerksam, dass mit der Leistung von Beihilfen in dieser Höhe für Clabecq unabhängig von der Marktentwicklung keine Möglichkeit mehr bestehen wird, öffentliche Unterstützung zu erhalten. Auch wenn die der Kommission vorgelegten Daten die Rentabilität des Unternehmens belegen, ist festzustellen, dass Clabecq gegenüber den Marktschwankungen extrem anfällig bleiben wird. Clabecq muss daher unverzüglich für eine Spezialisierung sorgen, durch die diese Rentabilität auf eine bessere Grundlage gestellt werden kann, da die Probleme, die sich noch für das Unternehmen stellen könnten, durch eine finanzielle Unterstützung des Staates nicht gelöst werden können."
93. In der Entscheidung von 1982 wird somit die Genehmigung der staatlichen Bürgschaft für das erste SNCI-Darlehen unter drei Bedingungen erteilt.
Erstens dürfen die belgischen Behörden bestimmte Beihilfen, die sie ursprünglich geplant hatten, nicht leisten. Zweitens müssen die belgischen Behörden die staatliche Bürgschaft für das dritte SNCI-Darlehen in Höhe von 1,5 Milliarden BEF auf einen Hoechstbetrag von 820 Millionen BEF beschränken. Drittens dürfen die Forges de Clabecq die Beihilfen nicht zur Deckung der Verluste verwenden, die durch die Nichteinhaltung der Preisvorschriften der Kommission entstehen. Die Forges de Clabecq müssen ferner den Verpflichtungen auf dem Gebiet der Produktionsquoten nachkommen.
94. Die Bedingung, dass mit der Genehmigung der angemeldeten Maßnahme für die [Forges de Clabecq] nicht mehr die Möglichkeit bestehe, die Lösung ihrer Probleme weiterhin in der finanziellen Unterstützung des Staates zu suchen", wurde somit entgegen den Feststellungen des Gerichts von der Kommission nicht aufgestellt.
95. Eine solche Bestimmung ist in der Entscheidung von 1982 nur als Abschlussbemerkung enthalten, nicht aber als Voraussetzung für die Genehmigung der staatlichen Bürgschaft. Wenn die Kommission ihre Genehmigung wirklich von einer solchen Bedingung hätte abhängig machen wollen, hätte sie diese Bestimmung dort aufgenommen, wo die Bedingungen für die Genehmigung aufgeführt werden. Da dem nicht so ist, kann es sich bei der Bemerkung der Kommission nur um einen bloßen Hinweis handeln, mit dem die ablehnende Haltung gegenüber einer weiteren Maßnahme der belgischen Behörden zugunsten der Forges de Clabecq zum Ausdruck gebracht wird.
96. Der Akteninhalt bestätigt, dass der streitige Hinweis keine Bedingung für die Genehmigung der staatlichen Bürgschaft sein konnte. Mit der Entscheidung von 1985 gestattete die Kommission der belgischen Regierung, den Forges de Clabecq eine neue Beihilfe in Höhe von 2 253 Millionen BEF zu gewähren, davon 650 Millionen als staatliche Bürgschaft für das vierte SNCI-Darlehen. Es kann schwerlich davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung von 1982 eine Bedingung enthielt, mit der jede weitere Beihilfe des belgischen Staates untersagt wurde, wenn drei Jahre später die Kommission selbst eine neue Beihilfe für die Forges de Clabecq genehmigte.
97. Meines Erachtens hat daher das Gericht eine fehlerhafte rechtliche Würdigung vorgenommen, als es entschied, dass die Entscheidung von 1982 eine Bedingung enthalte, mit der jede weitere Beihilfe des belgischen Staates zugunsten der Forges de Clabecq untersagt werde. Da das Gericht sich für seine Entscheidung, den belgischen Behörden eine Berufung auf die Entscheidung von 1982 zu verwehren, darauf gestützt hat, dass diese Bedingung nicht eingehalten wurde, hat es auch den Grundsatz der Rechtssicherheit verkannt.
98. Ohne dass die weiteren Argumente des Rechtsmittelführers zu prüfen wären, schlage ich dem Gerichtshof somit vor, das angefochtene Urteil aufzuheben.
2. Zweiter Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht
99. Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund macht das Königreich Belgien geltend, das angefochtene Urteil weise einen Begründungsmangel auf. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist die Prüfung dieses Rechtsmittelgrunds gegenstandslos geworden.
C - Die Rechtsmittelgründe, die speziell die Belfin-Darlehen betreffen
100. Das Königreich Belgien und die Belfin machen zwei Rechtsmittelgründe bezüglich der Belfin-Darlehen geltend. Der erste Grund wird auf eine Entstellung der dem Gericht vorgelegten Beweismittel, der zweite auf einen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils gestützt.
1. Erster Rechtsmittelgrund: Entstellung der Beweismittel
a) Vorbringen der Belfin
101. Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Belfin geltend, das Gericht habe zu Unrecht festgestellt, dass sich die staatliche Bürgschaft auf die Darlehen erstreckt habe, die sie den Forges de Clabecq gewährt habe.
102. In Randnummer 70 des angefochtenen Urteils stellte das Gericht fest, dass das Argument der belgischen Regierung, dass für die Darlehen der Belfin keine staatliche Bürgschaft bestanden habe, im Widerspruch zu einem Schreiben der Belfin an die [Forges de Clabecq] vom 25. Juni 1996 steht, ... dem zufolge das grundsätzliche Einverständnis in eine Verlängerung der Tilgungsfrist für das [den Forges de Clabecq] von der Belfin in Form von Darlehen zur Verfügung gestellte Kapital um drei Kalenderjahre unter der Bedingung einer ,Zustimmung des Staates (öffentlicher Kredit), seine Bürgschaft an den neuen Fälligkeitstermin anzupassen, erfolgte".
103. Die Belfin ist der Auffassung, das Schreiben vom 25. Juni 1996 belege in keiner Weise, dass die Bürgschaft des belgischen Staates für die von ihr den Forges de Clabecq gewährten Darlehen bestellt worden sei. Es bestätige lediglich, dass die Zustimmung des Staates für den Aufschub der Fälligkeitstermine derjenigen Darlehen erforderlich gewesen sei, die die Belfin bei ihren eigenen Darlehensgebern aufgenommen habe.
104. Die belgische Regierung habe dem Gericht geeignete Beweismittel vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass nur die von der Belfin aufgenommenen Darlehen durch eine Bürgschaft des belgischen Staates abgesichert gewesen seien. Das Gericht habe daher die ihm vorgelegten Beweismittel entstellt. Das angefochtene Urteil sei außerdem offenkundig unrichtig.
b) Würdigung
105. Nach Artikel 32d EGKS-Vertrag, der mit Artikel 168a EG-Vertrag (jetzt Artikel 225 EG) wortgleich ist, ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt. Ein Rechtsmittel kann somit nur auf Gründe gestützt werden, die sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften beziehen und jede Tatsachenwürdigung ausschließen.
106. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gerichtshof jedoch befugt, die Tatsachenfeststellungen des Gerichts zu überprüfen, sofern sich aus den Prozessakten ergibt, dass diese tatsächlich falsch sind. Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass sich diese Fehlerhaftigkeit aus den Prozessakten offensichtlich ergeben müsse, ohne dass eine erneute Würdigung der Tatsachen erforderlich sei.
107. Der Gerichtshof hat zudem wiederholt entschieden, dass zwar allein das Gericht dazu befugt sei, den Beweiswert der Beweismittel zu beurteilen, die Frage der Entstellung dieser Beweismittel jedoch eine Rechtsfrage sei, die im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegen könne.
108. Da der erste Rechtsmittelgrund auf derartige Rügen gestützt ist, ist er nach der vorstehend genannten Rechtsprechung als zulässig anzusehen.
109. Vor dem Gericht hat das Königreich Belgien geltend gemacht, die Kommission habe einen offenkundigen Fehler begangen, indem sie davon ausgegangen sei, dass für die Belfin-Darlehen eine staatliche Bürgschaft gestellt wurde. Es hat wiederholt vorgetragen, dass eine solche Bürgschaft nur für die Darlehen gestellt worden sei, die die Belfin selbst bei Kreditinstituten aufgenommen habe.
110. Zum Beweis hat die belgische Regierung dem Gericht mehrere Schriftstücke vorgelegt. Sie hat sich auf die Königliche Verordnung vom 29. Juni 1981 über die Errichtung einer belgischen Gesellschaft für Industriefinanzierung, auf die Vereinbarung der Aktionäre der Belfin vom 31. Juli 1981 und auf den am 25. April 1994 unterzeichneten Nachtrag Nr. 3 zu dieser Vereinbarung gestützt.
111. Entgegen den Feststellungen des Gerichts bin ich der Auffassung, dass alle diese Beweismittel belegen, dass sich die Bürgschaft des belgischen Staates auf die von der Belfin aufgenommenen Darlehen, nicht aber auf die Darlehen erstreckte, die den Forges de Clabecq gewährt wurden.
112. Nach Artikel 2 der Königlichen Verordnung vom 29. Juni 1981 besteht die Aufgabe der Belfin darin, zur Finanzierung der Investitionen beizutragen, die im Rahmen der Umstrukturierung und Entwicklung der verschiedenen Wirtschaftssektoren ... Belgiens vorgenommen werden".
Artikel 5 Absatz 1 dieser Verordnung bestimmt, dass mit der vorliegenden Verordnung ... die staatliche Bürgschaft in Höhe des Gesamtbetrags der Verbindlichkeiten - unter Einschluss von Hauptbetrag, Zinsen und Kosten - aus Schuldverschreibungen und Darlehen übernommen [wird], die die Société Belfin im Rahmen ihrer in Artikel 2 genannten Aufgabe ausgibt bzw. aufnimmt".
Artikel 5 Absatz 2 bestimmt darüber hinaus, dass [d]er Hauptbetrag der ausgegebenen Schuldverschreibungen und aufgenommenen Darlehen, für die die staatliche Bürgschaft übernommen wird, ... insgesamt den Betrag von 30 Milliarden BEF nicht übersteigen [darf]".
113. In der Vereinbarung der Aktionäre der Belfin werden die in der Königlichen Verordnung vom 29. Juni 1981 vorgesehenen Vorschriften präzisiert und ergänzt. Artikel 8 dieser Vereinbarung bestimmt, dass die Belfin ... Verpflichtungen bis zu einer Höhe von drei aufeinander folgenden Teilbeträgen von je 10 Milliarden BEF eingehen [wird], vor allem in Form von Darlehen. ... Sie wird diese Beträge Darlehensnehmern überlassen[, die] Endempfänger [genannt werden]".
Artikel 9 der Vereinbarung sieht vor, dass [d]er Staat ... von Anfang an für alle Darlehen - unter Einschluss von Hauptbetrag, Zinsen und Kosten -, die die Belfin innerhalb von 10 Jahren aufnehmen wird, zu 100 % die Bürgschaft [übernimmt ], wobei für alle Darlehensgeber der Belfin die gleichen Bedingungen gelten". In dieser Bestimmung heißt es weiter: Der Staat händigt innerhalb von fünf Werktagen nach Anforderung der Belfin für jedes Darlehen, das von ihr aufgenommen wurde, ... eine Bürgschaftsurkunde aus, die den Vorgaben des Darlehensgebers entspricht."
114. Der Nachtrag Nr. 3 zur Vereinbarung der Aktionäre schließlich wurde am 25. April 1994 unterzeichnet, um einen Tilgungsaufschub für bestimmte Schulden der Forges de Clabecq zu ermöglichen. Dort heißt es wie folgt:
Im Rahmen gemeinsamer Anstrengungen der Gläubiger langfristiger Darlehen der Forges de Clabecq ... wurde die Belfin aufgefordert, die Tilgungsfrist eines am 8. Mai 1994 fälligen Kredits in Höhe von 200 Millionen BEF zu verlängern. Zwecks Durchführung dieser Konsolidierung wird die Belfin ermächtigt, abweichend von Artikel 9 der Vereinbarung ... ein durch die Bürgschaft des belgischen Staates gesichertes Darlehen in Höhe von 200 Millionen BEF mit einer Laufzeit von 7 Jahren aufzunehmen und dieses Darlehen ,back to back mit derselben Laufzeit und zu den gleichen Bedingungen an die Forges de Clabecq auszureichen."
115. Das Schreiben vom 25. Juni 1996 diente dem Gericht als Grundlage für die Feststellung, dass für die Belfin-Darlehen eine staatliche Bürgschaft gestellt worden sei. Dieses Schreiben lautet:
Nach Beratung beauftragt der Verwaltungsrat [der Belfin] einstimmig Herrn P. Gérardin, über eine Verlängerung der Tilgungsfrist für das Kapital, das den Forges de Clabecq von Belfin in Form von Darlehen zur Verfügung gestellt wurde, um drei Kalenderjahre zu verhandeln, wobei ein Einverständnis insoweit nur unter folgenden Bedingungen erfolgen kann:
1. ...
2. ...
3. ...
4. Zustimmung des Staates (öffentlicher Kredit), seine Bürgschaft an den neuen Fälligkeitstermin anzupassen."
116. Anders als das Gericht bin ich der Auffassung, dass das vorstehend genannte Schreiben nicht im Widerspruch zu den sonstigen vom Rechtsmittelführer vorgelegten Beweismitteln steht.
117. Zwar kann aus diesem Schreiben bei isolierter Betrachtungsweise geschlossen werden, dass sich die staatliche Bürgschaft auf die Belfin-Darlehen erstreckt. Im einleitenden Absatz und in Nummer 4 dieses Schreibens werden Begriffe verwendet, die denselben Sachverhalt zu bezeichnen scheinen. Da im einleitenden Absatz von einer Verlängerung" der Tilgungsfrist für das Kapital, das den Forges de Clabecq ... in Form von Darlehen zur Verfügung gestellt wurde", die Rede ist, gibt Nummer 4, in der diese Verlängerung davon abhängig gemacht wird, dass der Staat seine Bürgschaft an den neuen Fälligkeitstermin" anpasst, Anlass zur Vermutung, dass die staatliche Bürgschaft für die von der Belfin gewährten Darlehen bestellt wurde.
118. Man braucht das streitige Schreiben jedoch nur den sonstigen vom Königreich Belgien vorgelegten Beweismitteln gegenüberzustellen, um festzustellen, dass Nummer 4 die Fälligkeitstermine der Darlehen betrifft, die von der Belfin aufgenommen wurden.
Aus den vom Rechtsmittelführer vorgelegten Schriftstücken geht hervor, dass die gesetzliche Aufgabe der Belfin darin besteht, in mehreren Wirtschaftssektoren die Investitionen zu finanzieren. Hierzu nimmt die Belfin bei Kreditinstituten Darlehen auf und reicht ihrerseits diese Mittel als Darlehen an Unternehmen aus. Nach belgischem Recht erfolgt die Übernahme der staatlichen Bürgschaft für Darlehen, die von der Belfin aufgenommen werden, automatisch.
Den von der Belfin gewährten Darlehen entsprechen somit Darlehen, die zur Finanzierung der Ersteren aufgenommen werden. Der am 25. April 1994 unterzeichnete Nachtrag Nr. 3 zur Vereinbarung der Aktionäre der Belfin bestätigt, dass die Belfin, die aufgefordert wird, die Tilgungsfrist eines ... Kredits ... zu verlängern", zugleich ermächtigt [wird], ... ein durch die Bürgschaft des belgischen Staates gesichertes Darlehen" in derselben Höhe aufzunehmen.
119. Aufgrund der Symmetrie, die zwischen den Belfin-Darlehen und den von der Belfin aufgenommenen Darlehen besteht, lässt sich somit die Bedeutung der Nummer 4 des Schreibens vom 25. Juni 1996 erschließen. Da die Belfin, um die Tilgungsfrist der den Forges de Clabecq gewährten Darlehen zu verlängern", über eine Verlängerung der Tilgungsfrist ihrer eigenen bei Kreditinstituten aufgenommenen Darlehen verhandeln musste, machte sie ihr Einverständnis davon abhängig, dass der belgische Staat seine Bürgschaft an den neuen Fälligkeitstermin" anpasste. Aus dem Zusammenhang und den Beweismitteln, die vom Rechtsmittelführer vorgelegt wurden, ergibt sich somit, dass Nummer 4 des Schreibens vom 25. Juni 1996 die Tilgungsfrist für die Darlehen betrifft, die von der Belfin aufgenommen wurden, nicht aber die Tilgungsfrist der Darlehen, die den Forges de Clabecq gewährt wurden.
120. Meines Erachtens konnte sich daher das Gericht für die Schlussfolgerung, dass die staatliche Bürgschaft die Belfin-Darlehen betrifft, nicht allein auf das Schreiben vom 25. Juni 1996 stützen. Indem das Gericht dieses Schriftstück zur Begründung seiner Schlussfolgerung herangezogen hat, obwohl drei weitere Dokumente einer solchen Auslegung widersprachen, hat es die anderen ihm von der belgischen Regierung vorgelegten Beweismittel entstellt. Ich schlage somit dem Gerichtshof aus diesem vierten Grund vor, das angefochtene Urteil aufzuheben.
2. Zweiter Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen die Artikel 30 und 46 der EGKS-Satzung
a) Vorbringen der Beteiligten
121. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund machen das Königreich Belgien und die Belfin einen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils geltend.
122. Sie führen aus, die belgische Regierung habe vor dem Gericht die streitige Entscheidung insoweit angegriffen, als es dort heiße, dass die staatlichen Bürgschaften, die für die von der Belfin aufgenommenen Darlehen gestellt worden seien, staatliche Beihilfen gewesen seien. Der Rechtsmittelführer habe vorgetragen, dass die staatliche Bürgschaft für die von der Belfin aufgenommenen Beträge immer durch die Endempfänger der Darlehen gesichert gewesen sei. Nach Artikel 11 der Vereinbarung der Aktionäre der Belfin seien die Darlehensempfänger zur Leistung von Zahlungen in einen bei der Belfin eingerichteten Bürgschaftsfonds" verpflichtet. Nach Artikel 10 dieser Vereinbarung hafte die Belfin zudem als Rückgriffsschuldnerin nach Inanspruchnahme der Bürgschaft für die aufgenommenen Beträge gegenüber dem Staat bis zur Höhe der den Bürgschaftsfonds bildenden Beträge. Die genannte Bürgschaft sei folglich privater Natur und könne selbst dann keine staatliche Beihilfe sein, wenn die Darlehen der Belfin durch Bürgschaften abgesichert wären.
123. In Randnummer 70 des angefochtenen Urteils habe das Gericht dagegen lediglich festgestellt, dass [d]er staatliche Charakter der Staatsbürgschaften ... ebenfalls nicht mit Erfolg bestritten werden [kann]". Der Rechtsmittelführer und die Streithelferin sind der Auffassung, dass diese Beurteilung nicht ausreichend begründet sei.
b) Würdigung
124. In den Randnummern 66 bis 68 dieser Schlussanträge habe ich die Grundsätze dargelegt, die meines Erachtens bei der Definition des Inhalts der Begründungspflicht des Gerichts zu berücksichtigen sind.
125. Die Begründung eines Urteils muss die Überlegungen des Gerichts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Entscheidung entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Die Begründungspflicht ist jedoch unter Berücksichtigung des konkreten Falles zu beurteilen. Sie verlangt nicht, dass sich das Gericht mit Argumenten befasst, die nicht hinreichend klar und bestimmt" sind oder die eindeutig untergeordnete Bedeutung" haben.
126. Im vorliegenden Fall wird meines Erachtens Randnummer 70 des angefochtenen Urteils diesen Begründungserfordernissen nicht gerecht.
127. Der Begriff der Beihilfe" im Sinne des Artikels 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag ist weiter als der Begriff der Subvention, denn er umfasst nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, welche ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat".
128. Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass der Begriff der Beihilfe zwangsläufig die unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln finanzierten Vorteile sowie diejenigen [einbezieht], die eine zusätzliche Belastung für den Staat oder die für diesen Zweck benannten oder errichteten Einrichtungen darstellt". Nicht alle von einem Staat gewährten Vorteile stellen daher zwangsläufig eine staatliche Beihilfe dar. Nur die unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln finanzierten Vorteile sind als Beihilfen" im Sinne des Artikels 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag anzusehen.
129. Im vorliegenden Fall hat das Gericht nicht dargelegt, aus welchen Gründen die staatlichen Bürgschaften für die von der Belfin aufgenommenen Darlehen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln finanzierte Vorteile waren. Es hat nur allgemein festgestellt, dass der staatliche Charakter einer Staatsbürgschaft nicht bestritten werden kann.
130. Das Königreich Belgien hatte jedoch die streitige Entscheidung insoweit ausdrücklich in Frage gestellt. Es hatte vorgetragen, dass wegen der Zahlungen, die die Endempfänger der Belfin-Darlehen in den Bürgschaftsfonds" leisteten, die Bürgschaften des belgischen Staates für die von der Belfin aufgenommenen Darlehen nicht aus staatlichen Mitteln, sondern aus privaten Mitteln finanziert worden seien. Die schriftlichen Erklärungen der Kommission bestätigen zudem, dass für die Prüfung dieses Vorbringens bestimmte Ausführungen erforderlich waren. Die Kommission hatte nämlich der Auffassung der belgischen Regierung lange mit der Behauptung widersprochen, dass die Sicherungsmöglichkeit, die durch die Vereinbarung der Aktionäre der Belfin eingerichtet worden sei, eine Schutzkonstruktion" darstelle.
131. Meines Erachtens hat daher das Gericht gegen seine Begründungspflicht verstoßen. Aus diesem fünften Grund schlage ich somit dem Gerichtshof vor, das angefochtene Urteil aufzuheben.
VI - Entscheidung des Rechtsstreits durch den Gerichtshof nach der Aufhebung
132. Ist das Rechtsmittel begründet, hebt der Gerichtshof nach Artikel 54 Absatz 1 der EGKS-Satzung die Entscheidung des Gerichts auf. Der Gerichtshof kann in diesem Fall den Rechtsstreit selbst entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.
133. Im vorliegenden Fall ist die Sache meines Erachtens zur Entscheidung reif. Ich schlage daher dem Gerichtshof vor, den Rechtsstreit endgültig zu entscheiden.
VII - Begründetheit
134. Das Königreich Belgien beantragt, die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese [d]ie [staatlichen] Bürgschaften für die Darlehen von Belfin und SNCI sowie die Verlängerung dieser Bürgschaften bis zum neuen Fälligkeitstermin" betrifft.
135. Zur Begründung seines Antrags macht das Königreich Belgien vier Nichtigkeitsgründe geltend. Diese Gründe werden gestützt auf (1) einen Verstoß gegen die Begründungspflicht, (2) einen Verstoß gegen die Entscheidungen von 1982 und 1985, (3) einen Verstoß gegen Artikel 6 des Beihilfenkodex und (4) einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Verstoß gegen Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag.
1. Erster Nichtigkeitsgrund: Verstoß gegen Artikel 15 EGKS-Vertrag
136. Das Königreich Belgien macht geltend, die streitige Entscheidung sei im Hinblick auf Artikel 15 EGKS-Vertrag nicht ausreichend begründet.
Die Kommission habe die Darlehen der SNCI und der Belfin" beanstandet, ohne deutlich zu machen, welche Darlehen genau sie meine. Ohne eine solche Klarstellung sei der verfügende Teil der streitigen Entscheidung, wonach Belgien ... gehalten [ist], die in Artikel 1 genannten Beihilfen aufzuheben und die Rückzahlung der unrechtmäßig gewährten Beihilfen ... zu verlangen", unverständlich.
137. In den Nummern 51 bis 62 dieser Schlussanträge habe ich dargelegt, aus welchen Gründen die streitige Entscheidung in diesem Punkt ausreichend begründet ist. Der Entscheidung kann entnommen werden, dass die Kommission die staatlichen Bürgschaften beanstandet hatte, die für den zweiten Teilbetrag des ersten SNCI-Darlehens (680 Millionen BEF), für das vierte SNCI-Darlehen (650 Millionen BEF) sowie für die beiden Belfin-Darlehen (300 Millionen BEF und 200 Millionen BEF) bestellt worden waren. Ich schlage daher dem Gerichtshof vor, den ersten Nichtigkeitsgrund zurückzuweisen.
2. Zweiter Nichtigkeitsgrund: Verstoß gegen die Entscheidungen von 1982 und 1985
138. Das Königreich Belgien trägt vor, die staatlichen Bürgschaften, die für das erste und vierte SNCI-Darlehen bestellt worden seien, seien mit den Entscheidungen von 1982 und 1985 genehmigt worden. Die Kommission habe erklärt, dass diese Maßnahmen rechtmäßig und mit dem gemeinsamen Markt vereinbar seien.
139. In der streitigen Entscheidung habe die Kommission jedoch diese Maßnahmen im Hinblick auf die Bestimmungen des Beihilfenkodex erneut geprüft. Sie habe diese als rechtswidrige Beihilfen und als unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt bezeichnet. Damit habe die Kommission gegen ihre früheren Entscheidungen verstoßen.
140. Bei der Rechtsmittelprüfung bin ich zum Ergebnis gekommen, dass die streitige Entscheidung in diesem Punkt nicht ausreichend begründet war.
141. Ich habe festgestellt, dass die belgische Regierung durch die Entscheidung von 1982 ermächtigt wurde, eine staatliche Bürgschaft für das erste SNCI-Darlehen in Höhe von 1,5 Milliarden BEF zu bestellen. Die Entscheidung von 1985 folgte auf eine Anmeldung der belgischen Behörden vom 31. Mai 1985 und ermächtigte diese, eine Bürgschaft für das vierte SNCI-Darlehen in Höhe von 650 Millionen BEF zu bestellen.
142. Unstreitig hat die Kommission diese Beurteilung in der streitigen Entscheidung zurückgenommen. Sie vertrat folgende Auffassung: Staatliche Bürgschaften für Darlehen sind prinzipiell staatliche Beihilfen, die der Kommission gemeldet werden müssen und nicht ohne vorherige Genehmigung gewährt werden dürfen ... Die[s] wurde im Fall der Darlehen für die Forges de Clabecq nicht eingehalten."
143. Im Widerspruch zu den Anforderungen der Rechtsprechung brachte die streitige Entscheidung nicht zum Ausdruck, aus welchen Gründen die Kommission ihre Entscheidungen von 1982 und 1985 widerrief. Sie enthält keinen Hinweis, der erkennen ließe, warum die Kommission die 1982 und 1985 für die staatlichen Bürgschaften erteilten Genehmigungen rückwirkend aufhob.
144. Da weder die Betroffenen der streitigen Entscheidung die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können, noch der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann, ist die streitige Entscheidung im Hinblick auf Artikel 15 EGKS-Vertrag nicht ausreichend begründet.
145. Die Gründe, weshalb die Kommission ihre früheren Entscheidungen zurückgenommen hat, sind vielmehr während des Rechtsmittelverfahrens zutage getreten. In ihrer Klagebeantwortung hat die Kommission vorgetragen, die belgischen Behörden könnten sich nicht auf die Entscheidungen von 1982 und 1985 berufen, da sie bei den Tilgungsbedingungen der SNCI-Darlehen wesentliche Änderungen vorgenommen hätten. Diese Begründung ist offensichtlich - auch wenn sie zutreffen sollte - verspätet und kann nicht das Fehlen der Begründung in der streitigen Entscheidung in rechtsgültiger Weise ausgleichen". Ich schlage dem Gerichtshof somit vor, diese Entscheidung wegen Begründungsmangel aufzuheben.
146. Gemäß Artikel 34 EGKS-Vertrag wird die Kommission die Maßnahmen zu ergreifen haben, die sich aus dem zu erlassenden Urteil ergeben. Sie wird somit vor allem zu prüfen haben, ob die belgischen Behörden die in den Entscheidungen von 1982 und 1985 für die Genehmigung der streitigen Bürgschaften gestellten Bedingungen eingehalten haben. Wenn dies nicht der Fall ist, kann die Kommission beschließen, die genannten Entscheidungen zu widerrufen. Bei diesem Widerruf müssen aber die im EGKS-Vertrag und im Stahlbeihilfenkodex vorgesehenen Verfahren eingehalten werden.
3. Dritter Nichtigkeitsgrund: Verstoß gegen Artikel 6 des Beihilfenkodex
147. Angesichts dieses Ergebnisses ist eine Prüfung der sonstigen Nichtigkeitsgründe nicht mehr gerechtfertigt. Wenn nämlich, wie ich meine, die streitige Entscheidung aufzuheben ist, weil die Kommission gegen Artikel 15 EGKS-Vertrag verstoßen hat, greifen die sonstigen vom Königreich Belgien geltend gemachten Gründe nicht durch. Die folgende Prüfung nehme ich daher lediglich hilfsweise vor.
148. Das Königreich Belgien macht geltend, die Kommission habe die Verlängerung der staatlichen Bürgschaften für die Darlehen der SNCI und der Belfin um drei Jahre zu Unrecht als rechtswidrige Beihilfen qualifiziert. Es meint, diese Qualifizierung sei fehlerhaft, da die streitige Verlängerung bei der Kommission am 25. Juni 1996 angemeldet und niemals gemäß Artikel 6 Absätze 2 und 4 des Beihilfenkodex durchgeführt wurden sei.
149. Ich weise insoweit darauf hin, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen aufgrund der Informationen zu beurteilen ist, über die die Kommission bei deren Erlass verfügte. Der Gerichtshof hat entschieden, dass sich ein Mitgliedstaat für die Behauptung, dass eine Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen rechtswidrig sei, nicht auf Umstände berufen könne, die er der Kommission nicht im Verwaltungsverfahren zur Kenntnis gebracht habe. So liegt offensichtlich der Fall, wenn der Staat ein ausdrückliches Auskunftsersuchen der Kommission unbeantwortet gelassen hat.
150. Außerdem sind die Mitgliedstaaten nach Artikel 5 EG-Vertrag (jetzt Artikel 10 EG) bei der Anwendung des Artikels 93 EG-Vertrag zur Zusammenarbeit verpflichtet. Aufgrund dieser Mitwirkungspflicht haben die Mitgliedstaaten der Kommission alle Informationen bereitzustellen, die zur Erfuellung ihrer Verpflichtungen, insbesondere aber zur Prüfung der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen erforderlich sind. Ein Mitgliedstaat, der seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren nicht nachkommt, kann nicht später der Kommission vorwerfen, sie habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen oder ihre Entscheidung unzureichend begründet.
151. Dieselben Grundsätze gelten für die Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie, da Artikel 86 EGKS-Vertrag den Mitgliedstaaten eine Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit auferlegt, die mit der in Artikel 5 EG-Vertrag vorgesehenen Verpflichtung vergleichbar ist.
152. Ich werde somit prüfen, ob die Kommission angesichts der Informationen, die die belgischen Behörden im Verwaltungsverfahren mitgeteilt hatten, einen offenkundigen Fehler beging, als sie davon ausging, dass die staatlichen Bürgschaften für die Darlehen der SNCI und der Belfin ohne ihre vorherige Genehmigung verlängert worden waren.
153. Die von den belgischen Behörden im Verwaltungsverfahren vorgelegten Akten enthielten mehrere Unterlagen.
Ein Teil der Unterlagen bezog sich auf das Einverständnis der SNCI und der Belfin, die Fälligkeitstermine der Darlehen, die diese den Forges de Clabecq gewährt hatten, um drei Jahre aufzuschieben. Aus ihnen ging hervor, dass das Einverständnis der Kreditinstitute unter der Bedingung erfolgte, dass die belgischen Behörden bereit waren, die staatliche Bürgschaft aufrechtzuerhalten und an den neuen Fälligkeitstermin anzupassen. Keiner dieser Unterlagen konnte jedoch entnommen werden, dass die belgischen Behörden die streitigen Bürgschaften bereits verlängert hatten.
Ein anderer Teil der Unterlagen zeigte dagegen, dass der belgische Finanzminister den Vorschlag der Kreditinstitute angenommen hatte. Aus ihnen ging hervor, dass der zuständige Minister einen Nachtrag zur Kreditvereinbarung zwischen der Belfin und den Forges de Clabecq unterzeichnet hatte, damit die Fälligkeitstermine auf den 16. Dezember 1996 verschoben werden konnten.
154. Aufgrund dieser Informationen war die Kommission der Ansicht, dass die belgischen Behörden die streitigen Bürgschaften im Zeitpunkt der Anmeldung vom 25. Juni 1996 bereits verlängert hatten. Sie übernahm daher diese Tatsache in ihre Entscheidung über die Einleitung des Untersuchungsverfahrens mit dem Hinweis, dass die langfristige Neuaushandlung der Schulden (Aufschub der Fälligkeiten um drei Jahre und Herabsetzung der Zinssätze) ... bereits durchgeführt [wurde]".
155. Die belgischen Behörden haben aber in dem Verwaltungsverfahren zu keinem Zeitpunkt die Beurteilung der Kommission in Frage gestellt. Obwohl sie zum Mahnschreiben Stellung nahmen, haben sie niemals bestritten, dass die streitigen Bürgschaften vor der Anmeldung vom 25. Juni 1996 verlängert worden waren.
156. Angesichts der Informationen, die die belgischen Behörden im Verwaltungsverfahren mitgeteilt hatten, konnte daher die Kommission zu Recht annehmen, dass die staatlichen Bürgschaften ohne ihre vorherige Genehmigung verlängert worden waren.
157. Unter diesen Umständen hat die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie die streitige Maßnahme als rechtswidrige Beihilfe bezeichnete. Der dritte Nichtigkeitsgrund des Königreichs Belgien ist somit zurückzuweisen.
4. Vierter Nichtigkeitsgrund: Offensichtlicher Ermessensfehler und Verstoß gegen Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag und Artikel 1 Absatz 2 des Beihilfenkodex
158. Das Königreich Belgien macht geltend, die Kommission habe mit der Feststellung, dass die Belfin-Darlehen durch eine staatliche Bürgschaft abgesichert worden seien, einen offensichtlichen Ermessensfehler begangen. Nur die von Belfin bei den Banken aufgenommenen Darlehen seien durch eine solche Bürgschaft abgesichert worden, nicht aber die Darlehen, die Belfin den Unternehmen gewährt habe. Dieser Fehler der Kommission sei umso weniger zu rechtfertigen, als der Kommission das Tätigwerden der Belfin durch die frühere Anmeldung einer Beihilfe für das Unternehmen Cockerill-Sambre bekannt gewesen sei.
Hilfsweise trägt die belgische Regierung vor, die Kommission habe mit der Feststellung, dass die streitigen Bürgschaften staatliche Beihilfen seien, gegen Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag verstoßen. Die staatliche Bürgschaft für die von der Belfin aufgenommenen Beträge sei stets durch die Endempfänger gesichert gewesen. Nach Artikel 11 der Vereinbarung der Aktionäre der Belfin seien die Darlehensempfänger zur Leistung von Zahlungen in einen bei der Belfin eingerichteten Bürgschaftsfonds" verpflichtet. Nach Artikel 10 dieser Vereinbarung hafte die Belfin zudem als Rückgriffsschuldnerin nach Inanspruchnahme der Bürgschaft für die aufgenommenen Beträge gegenüber dem Staat bis zur Höhe der den Bürgschaftsfonds bildenden Beträge. Die genannte Bürgschaft sei folglich privater Natur und könne selbst dann keine staatliche Beihilfe sein, wenn die Darlehen der Belfin durch Bürgschaften abgesichert seien.
159. Bei der Rechtsmittelprüfung bin ich zum Ergebnis gekommen, dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist, weil das Gericht die vom Königreich Belgien vorgelegten Beweismittel entstellt hat. Diese Beweismittel belegen meines Erachtens, dass sich die staatliche Bürgschaft auf die von der Belfin aufgenommenen Darlehen, nicht aber auf die Darlehen erstreckte, die von der Belfin gewährt wurden.
160. Dieses Ergebnis kann indessen nicht auf die Beurteilung der Kommission in der streitigen Entscheidung übertragen werden.
161. Wie dargelegt ist die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen aufgrund der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission bei deren Erlass verfügte. Ich habe auch dargelegt, dass aufgrund der in Artikel 86 EGKS-Vertrag vorgesehenen Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit die Mitgliedstaaten der Kommission alle Informationen bereitzustellen haben, die zur Prüfung des Vorliegens und der Vereinbarkeit einer Beihilfe erforderlich sind. Ein Mitgliedstaat, der seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren nicht nachkommt, kann nicht später der Kommission vorwerfen, sie habe einen offensichtlichen Ermessensfehler begangen.
162. Im vorliegenden Fall aber haben die belgischen Behörden keine Informationen vorgelegt, aufgrund deren die Kommission hätte wissen können, dass nur die von der Belfin aufgenommenen Darlehen durch eine staatliche Bürgschaft abgesichert waren. Aus den von den belgischen Behörden im Verwaltungsverfahren vorgelegten Akten geht vielmehr hervor, dass die Kommission zu Recht davon ausgehen konnte, dass sich die staatliche Bürgschaft auf die Belfin-Darlehen erstreckte.
163. Die Akten enthielten folgende Beweisstücke:
164. In dem Schreiben des belgischen Finanzministers vom 19. Juni 1996 an die Belfin hieß es:
Was die Forges de Clabecq angeht, kann ich Ihnen bereits mitteilen, dass für die Verwaltung eine Verlängerung der Tilgungsfrist ... um drei Jahre im Prinzip vertretbar ist, sofern dies mit einem allgemeinen Umstrukturierungsplan zusammenpasst, der dem Unternehmen eine Überlebenschance gibt. Dies gilt für die Belfin-Darlehen wie für die [SNCI-]Darlehen mit staatlicher Bürgschaft."
165. Im Schreiben von Belfin an die Forges de Clabecq vom 25. Juni 1996 heißt es:
Nach Beratung beauftragt der Verwaltungsrat [der Belfin] einstimmig Herrn P. Gérardin, über eine Verlängerung der Tilgungsfrist für das Kapital, das den Forges de Clabecq von Belfin in Form von Darlehen zur Verfügung gestellt wurde, um drei Kalenderjahre zu verhandeln, wobei ein Einverständnis insoweit nur unter folgenden Bedingungen erfolgen kann:
1. ...
2. ...
3. ...
4. Zustimmung des Staates (öffentlicher Kredit), seine Bürgschaft an den neuen Fälligkeitstermin anzupassen."
166. In dem Schreiben des Finanzministers vom 25. Juni 1996 an den Ministerpräsidenten der wallonischen Regierung heißt es:
Unter Bezugnahme auf das mit Ihnen geführte Telefongespräch vom heutigen Tage bestätige ich Ihnen,
1. dass die Fälligkeitstermine am 15.12.95 für die durch die staatliche Bürgschaft abgesicherten SNCI-Darlehen bis zum 16. Dezember 1996 aufgeschoben werden (vgl. anliegende Kopie);
2. dass dies auch für den Fälligkeitstermin am 9. Mai 1996 für das Belfin-Darlehen gilt (vgl. Anlage).
Bis zum 16. Dezember 1996 ergeben sich damit für die staatliche Bürgschaft keine Probleme ...
Bezüglich des Aufschubs der Fälligkeitstermine für die langfristigen Darlehen um drei Jahre ... hat die Belfin bereits eine Grundsatzentscheidung getroffen. Was die Auffassung des Staates angeht, so ist die Verwaltung ... der Ansicht, dass der Aufschub gerechtfertigt ist ..., sofern alle Teile des Umstrukturierungsplans umgesetzt werden ... Sobald dies geschehen ist, wird die Verwaltung die Sache mit befürwortender Stellungnahme dem Finanzminister zur Genehmigung vorlegen."
167. Meines Erachtens konnte die Kommission anhand dieser einzelnen Beweismittel - bei isolierter Betrachtungsweise ohne Berücksichtigung des im vorliegenden Verfahren dargelegten Kontextes - zu Recht davon ausgehen, dass sich die Bürgschaft des belgischen Staates auf die Darlehen erstreckte, die die Belfin gewährt hatte.
168. Entgegen der von der belgischen Regierung vorgetragenen Auffassung kann den Akten ferner nicht entnommen werden, dass der Kommission das Tätigwerden der Belfin vor der Anmeldung vom 25. Juni 1996 bekannt war. Zwar beweist der Wortlaut der Entscheidung vom 29. Juni 1983, dass die Kommission die Vereinbarkeit von Investitionsbeihilfen für das Stahlunternehmen Cockerill-Sambre zu prüfen hatte. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass der Umstrukturierungsplan teilweise vom Fonds belge pour le financement de l'industrie (Belgischer Fonds für Industriefinanzierung), der späteren Belfin, finanziert wurde.
169. In Anbetracht der Informationen, über die sie verfügte, hat die Kommission daher mit der Feststellung, dass die Belfin-Darlehen durch eine staatliche Bürgschaft abgesichert seien, meines Erachtens keinen offensichtlichen Ermessensfehler begangen.
170. Das Hilfsvorbringen des belgischen Königreichs ist aus denselben Gründen zurückzuweisen. Aus den Akten, die dem Gerichtshof vorgelegt worden sind, geht hervor, dass die belgischen Behörden während des gesamten Verwaltungsverfahrens weder dargelegt haben, dass es eine durch die Vereinbarung der Aktionäre der Belfin eingerichtete Sicherungsmöglichkeit gibt, noch, wie diese beschaffen ist. Das Königreich Belgien kann daher der Kommission nicht vorwerfen, sie habe mit der Feststellung, dass die staatlichen Bürgschaften staatliche Beihilfen seien, gegen Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag verstoßen.
171. Ich schlage somit dem Gerichtshof vor, den vierten Nichtigkeitsgrund zurückzuweisen.
VIII - Kosten
172. Nach Artikel 122 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet.
173. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof die Kosten teilen, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Nach Artikel 69 § 4 kann der Gerichtshof anordnen, dass ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt.
174. Im vorliegenden Fall bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass nahezu alle Rechtsmittelgründe begründet sind. Dagegen hat sich bei der Prüfung der vier in der ersten Instanz geltend gemachten Klagegründe nur bei einem ein Grund für die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung ergeben. Es erscheint mir daher angemessen, der Kommission neben ihren eigenen Kosten die Kosten aufzuerlegen, die dem Königreich Belgien und der Belfin im Rechtsmittelverfahren entstanden sind. Im Übrigen sehe ich keinen Grund für eine Änderung des Tenors des angefochtenen Urteils oder für eine Abweichung von der Verfahrensordnung.
IX - Ergebnis
175. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich daher dem Gerichtshof folgende Entscheidung vor:
1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 25. März 1999 in der Rechtssache T-37/97 (Forges de Clabecq/Kommission) wird aufgehoben.
2. Die Entscheidung 97/271/EGKS der Kommission vom 18. Dezember 1996 betreffend EGKS-Stahl - Forges de Clabecq wird aufgehoben, soweit sie die staatlichen Bürgschaften betrifft, die für diejenigen Darlehen gestellt wurden, die die Société nationale de crédit à l'industrie (SNCI) den Forges des Clabecq SA gewährte.
3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die dem Königreich Belgien und der Compagnie belge pour le financement de l'industrie SA (Belfin) im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverfahren entstanden sind.
4. Das Königreich Belgien trägt die Kosten, die ihm im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Gericht erster Instanz entstanden sind.
5. Die Forges de Clabecq SA, die wallonische Region und die Société wallonne pour la sidérurgie SA (SWS) tragen ihre eigenen Kosten.