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Leitsätze

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1. Nichtigkeitsklage - Klage eines Unternehmens gegen eine EGKS-Einzelentscheidung, die nicht an es gerichtet ist - Entscheidung, mit der Konkurrenten Vorteile eingeräumt werden

(EGKS-Vertrag, Artikel 33 Absatz 2)

2. Nichtigkeitsklage - Klage eines Unternehmens im Rahmen des EGKS-Vertrags - Zulässigkeitsvoraussetzungen - Berücksichtigung der Rechtsprechung im Rahmen des EG-Vertrags - Rolle, die natürliche oder juristische Personen im Vorverfahren gespielt haben

(EGKS-Vertrag, Artikel 33 Absatz 2)

3. Nichtigkeitsklage - Klage nach Artikel 33 Absatz 1 EGKS-Vertrag - Klagegründe - Offensichtliche Verkennung der Bestimmungen des Vertrages oder irgendeiner bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm durch die Kommission - Begriff - Grenzen der Beurteilungsbefugnis des Richters - Wahrung von Amts wegen

(EGKS-Vertrag, Artikel 33 Absatz 1)

4. EGKS - Zusammenschlüsse - Vorherige Genehmigung - Verpflichtung der Kommission, mögliche künftige Unstimmigkeiten bei der Anwendung der verschiedenen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zu vermeiden - Verpflichtung, im Rahmen der Prüfung der Fusion eine möglicherweise mit dieser Fusion verbundene staatliche Beihilfe zu prüfen

(EGKS-Vertrag, Artikel 66 § 2)

Leitsätze

1. Gemäß Artikel 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag, dessen Wortlaut sich von dem des Artikels 173 Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 2 EG) unterscheidet, können Unternehmen Nichtigkeitsklage gegen die sie individuell betreffenden Entscheidungen und Empfehlungen erheben. Ein Unternehmen ist von einer Entscheidung der Kommission betroffen, wenn einem oder mehreren Unternehmen, die mit ihm im Wettbewerb stehen, Vorteile eingeräumt werden.

( vgl. Randnr. 59 )

2. Angesichts der Besonderheiten der EGKS-Regelung sind die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage eines Unternehmens im Rahmen des EGKS-Vertrags weniger streng als die einer vergleichbaren Klage im Rahmen des EG-Vertrags. Gleichwohl enthält die vom Gerichtshof im Rahmen des EG-Vertrags entwickelte Rechtsprechung, aus der hervorgeht, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Klage der Rolle, die natürliche oder juristische Personen im vorprozessualen Verfahren gespielt haben, Gewicht beizumessen ist, Bewertungen, die auch bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage im Rahmen des EGKS-Vertrags von Bedeutung sein können.

( vgl. Randnrn. 76, 79 )

3. Im Rahmen der Ausübung seiner gerichtlichen Kontrolle nach Artikel 33 EGKS-Vertrag darf das Gericht bei der Würdigung der aus den wirtschaftlichen Tatsachen oder Umständen sich ergebenden Gesamtlage, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegt, lediglich prüfen, ob die Kommission einen Ermessensmissbrauch begangen oder die Bestimmungen des EGKS-Vertrags oder eine bei seiner Durchführung anzuwendende Rechtsnorm offensichtlich verkannt hat, wobei der Begriff offensichtlich" in Artikel 33 voraussetzt, dass ein schwerwiegender Verstoß gegen die Bestimmungen des Vertrages vorliegt: Er muss in einer Beurteilung der der Entscheidung zugrunde gelegten wirtschaftlichen Lage bestehen, die, an den Bestimmungen des EGKS-Vertrags gemessen, offensichtlich irrig ist.

( vgl. Randnr. 87 )

4. Die Kommission muss grundsätzlich mögliche künftige Unstimmigkeiten bei der Anwendung der verschiedenen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen vermeiden. Diese Verpflichtung der Kommission, den Zusammenhang zwischen den Vorschriften des EGKS-Vertrags über die staatlichen Beihilfen und den sonstigen Vorschriften des Vertrages zu beachten, gilt ganz besonders dann, wenn mit diesen anderen Vorschriften ebenfalls das Ziel eines unverfälschten Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes verfolgt wird.

Daraus folgt insbesondere, dass die Kommission, wenn sie eine Entscheidung über die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt trifft, über die von einzelnen Wirtschaftsteilnehmern ausgehende Gefahr einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes nicht hinwegsehen darf. Ferner folgt daraus, dass die Kommission, wenn sie eine Entscheidung über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses zwischen Unternehmen mit dem Gemeinsamen Markt trifft, über die Folgen der Gewährung einer staatlichen Beihilfe für diese Unternehmen für die Aufrechterhaltung eines effektiven Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt nicht hinwegsehen darf. Diese letztgenannte Verpflichtung bedeutet jedoch nicht, dass die Kommission, bevor sie ein Verfahren mit einer Entscheidung über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses zwischen Unternehmen mit dem Gemeinsamen Markt abschließt, zwangsläufig das Ergebnis eines parallelen, aber unabhängigen Verfahrens bezüglich der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt abwarten müsste.

Darüber hinaus ergibt sich aus Artikel 66 § 2 EGKS-Vertrag, wonach die Kommission das beabsichtigte Vorgehen" zu prüfen hat, dass sie das Vorgehen insgesamt und nicht nur einen Teil zu prüfen hat.

( vgl. Randnrn. 112-115, 124 )