1. Freier Dienstleistungsverkehr - Beschränkungen - Verpflichtung der Dienstleistungen erbringenden Unternehmen des Baugewerbes, auf zu diesem Zweck entsandte Arbeitnehmer die Urlaubsregelung des Aufnahmemitgliedstaats anzuwenden - Zulässigkeit - Voraussetzungen
(EG-Vertrag, Artikel 59 [nach Änderung jetzt Artikel 49 EG] und Artikel 60 [jetzt Artikel 50 EG])
2. Freier Dienstleistungsverkehr - Beschränkungen - Anwendung einer nationalen Regelung, die eine über die in der Richtlinie 93/104 vorgesehene Mindestlänge hinausgehende Urlaubslänge für Arbeitnehmer im Baugewerbe vorsieht, auf die entsandten Arbeitnehmer der Unternehmen des Baugewerbes - Zulässigkeit
(EG-Vertrag, Artikel 59 [nach Änderung jetzt Artikel 49 EG] und Artikel 60 [jetzt Artikel 50 EG]; Richtlinie 93/104 des Rates)
3. Freier Dienstleistungsverkehr - Beschränkungen - Nationale Regelung, die für in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmen des Baugewerbes keinen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für Urlaubsvergütungen gegen die Kasse vorsieht, sondern einen direkten Anspruch der entsandten Arbeitnehmer gegen diese Kasse begründet - Zulässigkeit - Voraussetzungen
(EG-Vertrag, Artikel 59 [nach Änderung jetzt Artikel 49 EG] und Artikel 60 [jetzt Artikel 50 EG])
4. Freier Dienstleistungsverkehr - Beschränkungen - Verpflichtung der Dienstleistungen erbringenden Unternehmen des Baugewerbes, den Behörden des Aufnahmemitgliedstaats zusätzliche Auskünfte zu erteilen - Rechtfertigung durch Gründe des Allgemeininteresses - Sozialer Schutz der Arbeitnehmer - Verhältnismäßigkeit des Auskunftsverlangens - Beurteilung durch das nationale Gericht
(EG-Vertrag, Artikel 59 [nach Änderung jetzt Artikel 49 EG])
5. Freier Dienstleistungsverkehr - Diskriminierungsverbot - Unternehmen des Baugewerbes, die Dienstleistungen erbringen - Anwendung der Urlaubsregelung des Aufnahmemitgliedstaats auf die entsandten Arbeitnehmer der in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen - Andere Kriterien für die Beurteilung des dieser Regelung unterliegenden Unternehmens bei im Inland ansässigen Unternehmen - Unzulässigkeit
(EG-Vertrag, Artikel 59 [nach Änderung jetzt Artikel 49 EG] und Artikel 60 [jetzt Artikel 50 EG])
1. Die Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) stehen dem nicht entgegen, dass ein Mitgliedstaat ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen des Baugewerbes, das eine Dienstleistung im Gebiet des ersten Mitgliedstaats erbringt, einer nationalen Regelung unterwirft, durch die den zu diesem Zweck von dem Unternehmen entsandten Arbeitnehmern Urlaubsansprüche garantiert werden, sofern zum einen die Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften des Niederlassungsmitgliedstaats ihres Arbeitgebers keinen im Wesentlichen vergleichbaren Schutz genießen, so dass die Anwendung der nationalen Regelung des ersten Mitgliedstaats ihnen einen tatsächlichen Vorteil verschafft, der deutlich zu ihrem sozialen Schutz beiträgt, und zum anderen die Anwendung dieser Regelung des ersten Mitgliedstaats im Hinblick auf das verfolgte im Allgemeininteresse liegende Ziel verhältnismäßig ist.
( vgl. Randnr. 53, Tenor 1 )
2. Die Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) stehen der Ausdehnung der Regelung eines Mitgliedstaats, die eine Urlaubslänge vorsieht, die über die in der Richtlinie 93/104 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vorgesehene hinausgeht und die für den sozialen Schutz der Arbeitnehmer im Baugewerbe erforderlich ist, auf die von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Dienstleistenden des Baugewerbes in diesen Mitgliedstaat entsandten Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung nicht entgegen.
( vgl. Randnrn. 58-59, Tenor 2 )
3. Sofern eine unterschiedliche Behandlung durch objektive Unterschiede zwischen Unternehmen des Baugewerbes, die im Aufnahmemitgliedstaat ansässig sind, und solchen, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, bezüglich der tatsächlichen Durchführung der Verpflichtung zur Zahlung von Urlaubsvergütungen an die Arbeitnehmer gerechtfertigt ist, stehen die Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) einer nationalen Regelung nicht entgegen, die den Erstgenannten einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld gegen die Urlaubskasse zubilligt, für die Zweitgenannten aber einen solchen Anspruch nicht vorsieht, sondern stattdessen einen direkten Anspruch der entsandten Arbeitnehmer gegen diese Kasse begründet.
( vgl. Randnr. 65, Tenor 2 )
4. Die durch eine nationale Regelung, die die Arbeitnehmer im Baugewerbe insbesondere im Hinblick auf ihre Urlaubsansprüche wirksam schützen soll, den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen, die Arbeitnehmer in das nationale Hoheitsgebiet entsenden, auferlegte Verpflichtung, der Urlaubskasse mehr Auskünfte zu erteilen als die im nationalen Hoheitsgebiet ansässigen Arbeitgeber, stellt eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne des Artikels 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) dar.
Eine derartige Beschränkung kann gerechtfertigt sein, wenn sie erforderlich ist, um dem zwingenden Grund des Allgemeininteresses, den der soziale Schutz der Arbeitnehmer darstellt, effektiv und mit den geeigneten Mitteln Rechnung zu tragen.
Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu ermitteln, welche Arten von Auskünften die Behörden des betroffenen Mitgliedstaats von den im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ansässigen Dienstleistenden zulässigerweise verlangen können. Zu diesem Zweck hat das vorlegende Gericht zu beurteilen, ob objektive Unterschiede zwischen der Situation von im Inland ansässigen Unternehmen und derjenigen von in den anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen die von Letzteren verlangten zusätzlichen Auskünfte sachlich erforderlich machen.
( vgl. Randnrn. 69-72, 75, Tenor 2 )
5. Die Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) stehen der Anwendung der Urlaubsregelung eines Mitgliedstaats auf alle Unternehmen, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind und im Gebiet des ersten Mitgliedstaats Dienstleistungen im Baugewerbe erbringen, entgegen, wenn nicht alle in dem ersten Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen, die nur einen Teil ihrer Tätigkeit in diesem Gewerbe ausüben, dieser Regelung in Bezug auf ihre in diesem Gewerbe beschäftigten Arbeitnehmer unterliegen.
( vgl. Randnr. 83, Tenor 3 )