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Leitsätze

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1 Sozialpolitik - Männliche und weibliche Arbeitnehmer - Gleiches Entgelt - Entgelt - Begriff - Entschädigung wegen ungerechtfertigter Entlassung - Einbeziehung

(EG-Vertrag, Artikel 119)

2 Sozialpolitik - Männliche und weibliche Arbeitnehmer - Gleiches Entgelt - Artikel 119 EG-Vertrag - Gleichbehandlung beim Zugang zur Beschäftigung und bei den Arbeitsbedingungen - Richtlinie 76/207 - Jeweiliger Anwendungsbereich

(EG-Vertrag, Artikel 119; Richtlinie 76/207 des Rates)

3 Sozialpolitik - Männliche und weibliche Arbeitnehmer - Gleiches Entgelt - Nationale Maßnahme, die eine mittelbare Diskriminierung enthält - Beurteilung durch das nationale Gericht - Kriterien - Dem Mitgliedstaat obliegender Beweis einer objektiven Rechtfertigung

(EG-Vertrag, Artikel 119)

Leitsätze

4 Die durch Gerichtsentscheidung gewährte Entschädigung wegen Verletzung des Anspruchs auf Schutz vor sozial ungerechtfertigter Entlassung ist Entgelt im Sinne von Artikel 119 EG-Vertrag. Diese Entschädigung soll dem Arbeitnehmer vor allem das ersetzen, was er erhalten hätte, wenn der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis nicht rechtswidrig beendet hätte.

Daraus folgt, daß die Entschädigung wegen sozial ungerechtfertigter Entlassung dem Arbeitnehmer aufgrund der Beschäftigung gezahlt wird, die er ausgeuebt hat und die er weiterhin ausüben würde, wenn es nicht zu der sozial ungerechtfertigten Entlassung gekommen wäre. Diese Entschädigung fällt somit unter den Begriff des Entgelts im Sinne von Artikel 119 des Vertrages.

5 Die Voraussetzungen, unter denen ein Arbeitnehmer im Fall einer sozial ungerechtfertigten Entlassung Anspruch auf eine Entschädigung hat, fallen unter Artikel 119 EG-Vertrag. Hingegen fallen die Voraussetzungen, unter denen ein Arbeitnehmer im Fall einer sozial ungerechtfertigten Entlassung einen Anspruch auf Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung hat, unter die Richtlinie 76/207 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen.

6 Das nationale Gericht, das unter Berücksichtigung aller maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände den Zeitpunkt zu bestimmen hat, der bei der Beurteilung der Rechtmässigkeit einer Regelung eines Mitgliedstaats zugrunde zu legen ist, hat bei der Beurteilung der Frage, ob eine Regelung, nach der der Schutz vor ungerechtfertigter Kündigung nur auf Arbeitnehmer anwendbar ist, die mindestens zwei Jahre lang beschäftigt waren, derart unterschiedliche Wirkung für Männer und Frauen hat, daß sie eine mittelbare Diskriminierung im Sinne von Artikel 119 des Vertrages darstellt, zu prüfen, ob sich aus den verfügbaren statistischen Daten ergibt, daß ein wesentlich geringerer Prozentsatz der weiblichen als der männlichen Arbeitnehmer die durch diese Regelung aufgestellte Voraussetzung erfuellen kann. Ist dies der Fall, so liegt eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, es sei denn, diese Regelung wäre durch Faktoren sachlich gerechtfertigt, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.

Der Mitgliedstaat als Urheber der möglicherweise diskriminierenden Vorschrift hat insofern darzutun, daß diese Vorschrift einem legitimen Ziel seiner Sozialpolitik dient, daß dieses Ziel nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat und daß er vernünftigerweise annehmen durfte, daß die gewählten Mittel zur Verwirklichung dieses Zieles geeignet seien. Allgemeine Behauptungen, daß eine bestimmte Maßnahme zur Förderung von Einstellungen geeignet sei, reichen nicht aus, um darzutun, daß das Ziel der streitigen Vorschrift nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat, und um die Annahme zu begründen, daß diese Maßnahme zur Verwirklichung dieses Zieles geeignet sei.