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Leitsätze

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1 Vorabentscheidungsverfahren - Anrufung des Gerichtshofes - Einzelstaatliches Gericht im Sinne des Artikels 177 des Vertrages - Begriff - Auf dem Gebiet der Vergabe von Aufträgen zuständige Nachprüfungsinstanz

(EG-Vertrag, Artikel 177)

2 Rechtsangleichung - Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge - Richtlinie 89/665 - Für Nachprüfungsverfahren zuständige Instanzen - Anwendbarkeit der Garantievorschriften des Artikels 2 Absatz 8 Unterabsatz 2 der Richtlinie - Voraussetzungen - Instanzen, die Gerichte sind - Unanwendbarkeit

(Richtlinie 89/665 des Rates, Artikel 2 Absatz 8 Unterabsatz 2)

Leitsätze

3 Zur Beurteilung der rein gemeinschaftsrechtlichen Frage, ob eine vorlegende Einrichtung Gerichtscharakter im Sinne von Artikel 177 des Vertrages besitzt, ist auf eine Reihe von Gesichtspunkten abzustellen, wie gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ständiger Charakter, obligatorische Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen durch die Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit. Das Tiroler Landesvergabeamt, das durch das Gesetz des Landes Tirol über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen als für Nachprüfungsverfahren im Rahmen der der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge zuständigen Instanz errichtet worden ist, erfuellt diese Kriterien.

Es ergibt sich nämlich aus den Vorschriften über die Zusammensetzung und Funktionsweise dieser Instanz, daß sie die ersten fünf Kriterien erfuellt und daß die Unabhängigkeit ihrer Mitglieder durch die Anwendung des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes gewährleistet ist, das sehr genaue Vorschriften über die Umstände enthält, unter denen sich die Mitglieder des betroffenen Organs der Stimme zu enthalten haben; die Nichterfuellung dieser Verpflichtung stellt einen Formfehler dar, auf den sich die Betroffenen vor Gericht berufen können. Das Landesgesetz untersagt ausserdem jede Weisung gegenüber den Mitgliedern des Tiroler Landesvergabeamts bei der Ausübung ihres Amtes.

4 Die in Artikel 2 Absatz 8 der Richtlinie 89/665 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge aufgestellten Voraussetzungen sind nicht auf Bestimmungen wie diejenigen zur Regelung der Zusammensetzung und der Funktionsweise des Tiroler Landesvergabeamts anwendbar, da die Garantievorschriften dieses Artikels nicht für eine Nachprüfungsinstanz gelten, die ein Gericht ist.

Nur wenn die Mitgliedstaaten die Lösung gewählt haben, die Zuständigkeit für solche Nachprüfungsverfahren Instanzen zu übertragen, die keine Gerichte sind, müssen die von diesen Instanzen getroffenen Entscheidungen zum Gegenstand einer Klage oder einer Nachprüfung bei einer anderen Instanz gemacht werden können, die den besonderen in Artikel 2 Absatz 8 der Richtlinie aufgestellten Erfordernissen entspricht, um eine angemessene Nachprüfung sicherzustellen.