Schlüsselwörter
Leitsätze

Schlüsselwörter

Kommission - Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Kommissionsdokumenten - Beschluß 94/90 - Handlung, mit der dem einzelnen Rechte verliehen werden - Ausnahmen vom Grundsatz des Zugangs zu Dokumenten - Auslegung - Begründungspflicht - Umfang - Verweigerung des Zugangs ohne Angabe der einzelnen Gründe, die die geltend gemachte Ausnahme rechtfertigen würden - Rechtswidrigkeit

(EG-Vertrag, Artikel 162 und 190; Beschluß 94/90 der Kommission)

Leitsätze

Der Beschluß 94/90 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten ist ungeachtet des Umstands, daß Artikel 162 des Vertrages als seine Rechtsgrundlage herangezogen worden ist, eine Handlung, die Bürgern ein Recht auf Zugang zu den im Besitz der Kommission befindlichen Dokumenten verleiht, da eine Regelung über die interne Organisation der Arbeit eines Organs rechtliche Wirkungen gegenüber Dritten entfalten kann. Nach diesem Beschluß, der allgemein gelten soll, kann jedermann die Einsicht in ein unveröffentlichtes Kommissionsdokument beantragen, ohne seinen Antrag begründen zu müssen.

Zwar gelten für das Zugangsrecht Ausnahmen, die sich in zwei Gruppen einteilen lassen; jedoch sind diese eng auszulegen, damit die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, der Öffentlichkeit möglichst umfassenden Zugang zu gewähren, nicht vereitelt wird. Was die erste Gruppe angeht, für die u. a. vorgesehen ist, daß "[d]ie Organe ... den Zugang zu Dokumenten [verweigern], wenn sich durch deren Verbreitung eine Beeinträchtigung ergeben könnte in bezug auf ... den Schutz des öffentlichen Interesses (öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen, Währungsstabilität, Rechtspflege, Inspektionstätigkeiten)", so hat die Kommission vor einer Entscheidung über einen Antrag für jedes gewünschte Dokument zu prüfen, ob dessen Offenlegung nach den ihr vorliegenden Informationen tatsächlich geeignet ist, eines der genannten Interessen zu beeinträchtigen. Ist dies der Fall, muß die Kommission den Antrag auf Zugang zu dem betreffenden Dokument ablehnen.

Um den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages zu genügen, muß die Begründung einer solchen Entscheidung - zumindest für jede betroffene Gruppe von Dokumenten - die einzelnen Gründe enthalten, aus denen die Offenlegung der gewünschten Dokumente nach Ansicht der Kommission unter eine der Ausnahmen der ersten Gruppe fällt, damit sich der Adressat der Entscheidung vergewissern kann, daß die genannte Prüfung tatsächlich stattgefunden hat, und damit er die Stichhaltigkeit der Ablehnungsgründe beurteilen kann.

Daher ist eine Verweigerung des Zugangs abzulehnen, die damit begründet wird, daß die angeforderten Dokumente eine Entscheidung beträfen, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sei, und die nur die Schlußfolgerung, daß die zum Schutz des öffentlichen Interesses (Rechtspflege) vorgesehene Ausnahme eingreife, jedoch keine - und sei es auch nur auf einzelne Dokumentengruppe bezogene - Erklärung enthält, die es ermöglichen würde, zu überprüfen, ob alle gewünschten Dokumente tatsächlich unter die geltend gemachte Ausnahme fallen, weil sie mit der Entscheidung in Zusammenhang stehen, deren Nichtigerklärung beantragt wird.