61996C0415

Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 19. März 1998. - Königreich Spanien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Staatliche Beihilfen an Unternehmen des Textilsektors - Folgen eines Nichtigkeitsurteils für die vorbereitenden Handlungen der für nichtig erklärten Handlung. - Rechtssache C-415/96.

Sammlung der Rechtsprechung 1998 Seite I-06993


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Dieser Fall betrifft die Wirkungen eines Urteils des Gerichtshofes, mit dem einige Bestimmungen einer Entscheidung der Kommission nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag über staatliche Beihilfen gemäß Artikel 174 des Vertrages für nichtig erklärt worden sind. Konkret geht es um die Frage, ob die Kommission, wenn die Nichtigerklärung auf der unzulänglichen Begründung für eine bestimmte Feststellung über die Rechtswidrigkeit der staatlichen Beihilfe beruht, die Entscheidung anschließend in der Weise ändern darf, daß sie die für nichtig erklärten Bestimmungen durch neue Bestimmungen ersetzt, die den gleichen Inhalt haben, aber ausreichend begründet sind, ohne daß sie das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 neu einleitet und dadurch der anderen Seite erneut Gelegenheit zu einer Stellungnahme gibt.

2 Der Hintergrund der Frage lässt sich wie folgt zusammenfassen:

3 Im August 1990 leitete die Kommission das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages wegen der genannten Beihilfe ein, die Hilaturas y Tejidos Andaluces SA (nachstehend: Hytasa), einem auf dem Textilsektor tätigen Unternehmen, gewährt worden war. Nach den Feststellungen der Kommission gewährte der spanische Staat zwischen 1986, dem Zeitpunkt des Beitritts Spaniens zur Gemeinschaft, und 1989 Hytasa durch den Patrimonio del Estado (eine dem Ministerium für Wirtschaft und Finanzen unterstellte staatliche Holding) 7 100 Millionen PTA in Form von Kapitalaufstockungen zur Deckung von Betriebsverlusten. Im Juli 1990 wurde Hytasa privatisiert: In den Verkaufsbedingungen war eine weitere Kapitalaufstockung von 4 300 Millionen PTA durch den Patrimonio del Estado beim Verkauf zur Verbesserung der finanziellen Verfassung dieses Unternehmens, zur Finanzierung von Investitionen und zur Finanzierung von Entlassungsabfindungen sowie ein Verkaufspreis von 100 Millionen PTA für alle Anteile des Unternehmens vorgesehen. Der Kaufvertrag schloß die Verpflichtung des Erwerbers ein, das Unternehmen drei Jahre lang nicht zu verkaufen.

4 Die Kommission erklärte in einer Entscheidung aus dem Jahr 1992 (nachstehend: ursprüngliche Entscheidung)(1) die zwischen 1986 und 1989 gewährten Beihilfen mit der Begründung für rechtswidrig, daß sie unter Verletzung der Verfahrensvorschriften des Artikels 93 Absatz 3 des Vertrages gewährt worden sei, wonach die Kommission von jeder beabsichtigten Beihilfe so rechtzeitig zu unterrichten ist, daß sie sich dazu äussern kann. Sie war jedoch der Ansicht, daß die Beihilfe die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages erfuelle, d. h. eine Beihilfe zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete sei, die die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändere, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe, und daher mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei (Artikel 1 der Entscheidung). Bezueglich der Aufstockungen des Kapitals der Gesellschaft bei ihrer Privatisierung (abzueglich des Betrages des Kaufpreises) entschied die Kommission jedoch, daß es sich um eine Beihilfe handele, die nicht nur unter Verletzung der Verfahrensvorschriften des Artikels 93 Absatz 3 gewährt worden sei, sondern zudem keine der Bedingungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absätze 2 und 3 erfuelle und deshalb mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei (Artikel 2 der Entscheidung). Die Kommission verlangte in ihrer Entscheidung, daß die Beihilfe nach den Verfahren und Vorschriften des innerstaatlichen Rechts wieder einzuziehen sei (Artikel 3 der Entscheidung). Nach Artikel 4 der Entscheidung durften etwaige Vereinbarungen, die eine Entschädigung der Käufer durch den Staat oder durch den Patrimonio del Estado für die durch die Entscheidung verfügte Rückzahlung der Beihilfe vorsehen, nicht zur Ausführung gelangen. Schließlich verpflichtete Artikel 5 der Entscheidung die spanische Regierung, der Kommission die getroffenen Maßnahmen mitzuteilen.

5 Das Königreich Spanien war der Ansicht, daß die ursprüngliche Entscheidung sowie zwei andere Entscheidungen, die am selben Tag gegenüber zwei weiteren Unternehmen erlassen worden waren(2), unter Verstoß gegen die Artikel 92 und 93 des Vertrages ergangen seien, und erhob daher Klage beim Gerichtshof auf Nichtigerklärung u. a. der Artikel 2, 3, 4 und 5 der ursprünglichen Entscheidung (erstes Verfahren)(3). In diesem Verfahren machte das Königreich Spanien verschiedene Klagegründe geltend. Der Gerichtshof wies die Klagegründe zurück, mit denen Spanien geltend machte, daß es nicht gegen die Verfahrensvorschriften des Artikels 93 Absatz 3 des Vertrages verstossen habe, daß die Kapitalzuschüsse keine Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 darstellten und daß die Kommission mit ihrer unterschiedlichen Behandlung der Kapitalaufstockungen vor dem Verkauf und der Aufstockungen im Zusammenhang mit der Privatisierung gegen Artikel 190 des Vertrages verstossen habe(4). Dem Argument Spaniens, die Kapitalaufstockung bei der Privatisierung hätte jedenfalls gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a des Vertrages als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden müssen, da nach dieser Bestimmung Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung aussergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können, zeigte sich der Gerichtshof jedoch zugänglicher. Da die Entscheidung dieser Frage durch den Gerichtshof zu der vorliegenden Klage geführt hat, möchte ich auf den hier bedeutsamen Teil des Urteils näher eingehen.

6 Die Kommission räumte zwar ein, daß die Region Sevilla, in der Hytasa angesiedelt ist, unter Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a falle, erklärte diese Bestimmung aber trotzdem für unanwendbar. Laut dem Urteil gab es für die Kommission zwei Gründe hierfür.

7 Erstens führte die Kommission an, daß die betreffende Beihilfe nicht im Rahmen von Regionalförderungsprogrammen gewährt worden sei, sondern auf der Grundlage von Ad-hoc-Beschlüssen der spanischen Regierung in Form willkürlicher, auf Ermessen beruhender Kapitalaufstockungen, und daher nicht als Regionalbeihilfe angesehen werden könne. Der Gerichtshof wies die Begründung der Kommission hierfür zurück; in diesem Verfahren ist sie nicht von Bedeutung.

8 Zweitens stellte die Kommission folgendes fest:

"Selbst wenn die hier angesprochene Beihilfe als Regionalbeihilfe einzustufen wäre, könnte sie nicht nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a für vereinbar erklärt werden, da im Rahmen dieses Artikels gewährte Beihilfen zur langfristigen Entwicklung einer Region beitragen müssen - was in diesem Fall insbesondere bedeutet, daß die Beihilfe zumindest die Lebensfähigkeit des Unternehmens sichern muß, was bei Hytasa nach den der Kommission bislang vorliegenden Informationen nicht der Fall ist (auf diesen Aspekt wurde bereits in Teil IV näher eingegangen) -, ohne unvertretbare negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft zu haben."(5)

9 Die von der Kommission angeführten Informationen betrafen im wesentlichen ein Umstrukturierungsprogramm für Hytasa, das Spanien der Kommission in einem Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 vorgelegt hatte. Spanien bestritt insbesondere die Behauptung der Kommission, daß der Umstrukturierungsplan nicht geeignet gewesen sei, die Lebensfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten.

10 Der Gerichtshof verwies auf seine Rechtsprechung, wonach die Kommission bei der Anwendung des Artikels 92 Absatz 3 des Vertrages über ein weites Ermessen verfüge, dessen Ausübung wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetze, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen seien(6). Er schränkte dieses Ermessen jedoch durch die Feststellung ein, daß die Erwägungen der Kommission in sich schlüssig sein müssten. Die Kommission hatte die Ansicht vertreten, daß das Erfordernis nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a, daß die Beihilfe, um mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu sein, zur langfristigen Entwicklung einer Region beitragen müsse, in diesem Fall bedeute, daß die Beihilfe zumindest die Lebensfähigkeit des Unternehmens sichern müsse. Wie ich in meinen Schlussanträgen ausgeführt hatte, war die Schlüsselfrage deshalb, ob der von den Erwerbern von Hytasa akzeptierte Umstrukturierungsplan geeignet war, das gewünschte Ergebnis herbeizuführen. Unglücklicherweise waren die Ausführungen zu diesem Punkt in der angefochtenen Entscheidung ausserordentlich spärlich(7). Der Gerichtshof stimmte dem zu und nahm wie folgt Stellung.

11 Zunächst ging der Gerichtshof auf Teil IV der Entscheidung ein, auf den die Kommission sich in dem vorstehend wiedergegebenen Abschnitt bezogen hatte. Der Gerichtshof stellte fest, daß Teil IV eine andere Frage betreffe und nichts mit der Frage der Wiederherstellung der Lebensfähigkeit von Hytasa zu tun habe. Wie ich in meinen Schlussanträgen ausgeführt hatte, wurde Teil IV wahrscheinlich irrtümlich zitiert, denn Teil III behandelt die Frage eines Plans zur gesunden Umstrukturierung(8).

12 Der Gerichtshof wandte sich dann Teil III der Entscheidung zu, in dem die Kommission nach der Zusammenfassung des Inhalts der beiden Umstrukturierungspläne die Frage der Begründetheit der Annahmen der spanischen Behörden und der Prognosen aufwarf und erklärte, daß sie wegen der vielen Widersprüche zwischen den beiden Plänen die positiven Endprognosen des überarbeiteten Plans nicht teilen könne(9). Der Gerichtshof stellte fest, daß die Kommission jedoch kein besonderes Argument dafür vorgetragen habe, daß der neue Umstrukturierungsplan die Rentabilität von Hytasa nicht gewährleisten könne(10). Der Gerichtshof kam daher zu dem Ergebnis, daß die Frage der Wiederherstellung der Lebensfähigkeit von Hytasa auch nicht in Teil III behandelt worden sei.

13 Schließlich ging der Gerichtshof auf Teil VI ein, in dem die Kommission erklärt hatte, daß auf die Frage, ob die Investitionsvorhaben von Hytasa den von der Gemeinschaft verfolgten Interessen entsprächen und ob sie zu einer gesunden Umstrukturierung des Unternehmens beitrügen, "noch einzugehen sein" werde(11). Tatsächlich erörterte die Kommission nach den Feststellungen des Gerichtshofes im folgenden die nachteiligen Auswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen, ohne den Einfluß des überarbeiteten Plans auf die Wiederherstellung der Rentabilität von Hytasa zu untersuchen. Eine solche Untersuchung wäre jedoch nach Ansicht des Gerichtshofes im vorliegenden Fall um so mehr erforderlich gewesen, als der Plan eine wesentliche Umorientierung der Produktion auf die Herstellung von Bekleidung vorgesehen habe.

14 Der Gerichtshof kam daher zu dem Ergebnis, daß die von der Kommission durchgeführte Untersuchung der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a des Vertrages nicht die von ihr selbst aufgestellten Kriterien erfuelle. Er hob daher Artikel 2 Absatz 2 und die Artikel 3, 4 und 5 der ursprünglichen Entscheidung auf.

15 Im Oktober 1995 teilte die Kommission der Ständigen Vertretung Spaniens bei der Europäischen Union mit, daß sie im Einklang mit dem Urteil des Gerichtshofes einen neuen Entwurf ihrer endgültigen Entscheidung in dem von ihr gemäß Artikel 93 Absatz 2 eingeleiteten Verfahren vorbereite. Am 18. September 1996 erließ die Kommission eine neue Entscheidung(12) (nachstehend: Änderungsentscheidung) zur Änderung der ursprünglichen Entscheidung.

16 In Teil I der Änderungsentscheidung wird der Sachverhalt wiedergegeben, der zur ursprünglichen Entscheidung geführt hat, wird der Erlaß dieser Entscheidung dargestellt und werden die Feststellungen in der Entscheidung zusammengefasst.

17 In Teil II wird das Urteil des Gerichtshofes zusammengefasst, das im ersten Verfahren ergangen ist. Teil II schließt mit folgenden Erwägungen:

"Nach Auffassung des Gerichtshofes hatte die Kommission ihre Behauptung, der neue Umstrukturierungsplan werde die Lebensfähigkeit von Hytasa nicht sichern, nicht hinreichend ausgeführt. Die Kommission hatte die Auswirkungen des überarbeiteten Plans auf die Wiederherstellung der Rentabilität von Hytasa nicht untersucht, obwohl eine solche Untersuchung nach Auffassung des Gerichtshofes im vorliegenden Fall deswegen erforderlich gewesen wäre, weil der Plan eine wesentliche Umorientierung der Produktion auf die Herstellung von Fertigerzeugnissen vorsah. Dem Gerichtshof zufolge erfuellte demnach die Untersuchung der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) durch die Kommission nicht die von ihr selbst aufgestellten Kriterien.

Der Gerichtshof hob daher Artikel 2 Absatz 2 und die Artikel 3, 4 und 5 der Entscheidung 92/317/EWG auf. Das nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages eröffnete Verfahren läuft folglich weiter; da mit dem Urteil die Entscheidung 93/317/EWG teilweise aufgehoben wurde, muß die Kommission nun eine Entscheidung zur Änderung ihrer Entscheidung vom 25. März 1992 erlassen, um das Verfahren zum Abschluß zu bringen."

18 Im ersten Absatz des Teils III der Änderungsentscheidung wird folgendes ausgeführt: "Um dem Urteil des Gerichtshofes in geeigneter Weise Rechnung zu tragen, muß die Kommission erneut beurteilen, ob die von Patrimonio del Estado an Hytasa im Zuge von deren Privatisierung gewährte Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist." Dem folgt eine neue Untersuchung, aufgrund deren die Kommission zu dem Ergebnis kommt, daß der Umstrukturierungsplan die langfristige Lebensfähigkeit von Hytasa nicht gewährleiste und daher die Beihilfe weder aufgrund von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a noch aufgrund von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könne.

19 Teil IV der Änderungsentscheidung betrifft die Rückforderung der Beihilfe.

20 Da die von der Kommission in Erfuellung des Urteils des Gerichtshofes durchgeführte Untersuchung das Ergebnis bestätigte, zu dem sie in ihrer ursprünglichen Entscheidung gekommen war, ersetzte die Änderungsentscheidung Artikel 2 Absatz 2 und die Artikel 3 und 4 der ursprünglichen Entscheidung durch neue Bestimmungen gleichen Inhalts(13).

21 Im Dezember 1996 hat das Königreich Spanien die vorliegende Klage wegen Nichtigerklärung der Änderungsentscheidung im wesentlichen mit der Begründung erhoben, die Kommission habe mit Erlaß der Änderungsentscheidung die Wirkungen des im ersten Verfahren ergangenen Urteils unter Verstoß gegen Artikel 174 verkannt und darüber hinaus die Verfahrenserfordernisse des Artikels 93 nicht beachtet, da sie dem Königreich Spanien das rechtliche Gehör verweigert habe.

Die Wirkung des im ersten Verfahren ergangenen Urteils

22 Nach Artikel 174 Absatz 1 des Vertrages erklärt der Gerichtshof im Falle der Begründetheit einer Klage nach Artikel 173 die angefochtene Handlung für nichtig.

23 Nach Auffassung Spaniens bestimmen zwei Grundsätze die Wirkung eines Urteils nach Artikel 174 Absatz 1.

24 Erstens gelte der Grundsatz der Res judicata, wonach es zweifelhaft sei, ob die Kommission eine neue Entscheidung gegenüber Hytasa habe erlassen dürfen.

25 Bei diesem Argument werden meines Erachtens zwei getrennte Fragen vermengt. Der Grundsatz der Res judicata wirkt sich dahin aus, daß Spanien keine neue Klage erheben könnte, um die Gültigkeit der ursprünglichen Entscheidung anzufechten, da diese Frage vom Gerichtshof bereits entschieden worden ist. Dieser Grundsatz wirkt sich jedoch nicht dahin aus, daß ein Organ keine neue Maßnahme mit gleichem sachlichen Gehalt wie die wegen eines Form- oder Verfahrensfehlers für nichtig erklärte Maßnahme erlassen könnte: Der Grundsatz ist in diesem Zusammenhang einfach nicht einschlägig.

26 Sucht man nach einem Präzedenzfall dafür, daß die Ersetzung einer auf diese Weise für nichtig erklärten Maßnahme durch eine gleichlautende, verfahrensmässig aber fehlerfreie Maßnahme rechtmässig ist, so lässt sich ein solcher in den Isoglucose-Rechtssachen finden, die eine Verordnung betrafen, die wegen fehlender Anhörung des Parlaments für nichtig erklärt worden war. In den Rechtssachen Roquette Frères/Rat(14) und Maizena/Rat(15) erklärte der Gerichtshof die Verordnung Nr. 1293/79(16) wegen Verstosses gegen ein wesentliches Formerfordernis, nämlich wegen fehlender Anhörung des Parlaments, für nichtig. Unter Berücksichtigung dieser Urteile erließ der Rat nach Anhörung des Parlaments die Verordnung Nr. 387/81(17), die inhaltlich gleich war. Beim Gerichtshof wurde daraufhin Klage(18) wegen Nichtigerklärung der entsprechenden Bestimmung in der Verordnung Nr. 387/81 mit der Begründung erhoben, daß diese Bestimmung rückwirkende Kraft habe, soweit sie lediglich das Quoten- und Abgabensystem wieder eingeführt habe, das zuvor, als das System durch die Verordnung Nr. 1293/79 habe eingeführt werden sollen, für rechtswidrig erklärt worden sei. Der Gerichtshof stellte fest, daß die angefochtenen Bestimmungen der Verordnung Nr. 387/81 keine neuen Maßnahmen enthielten und lediglich die vorher vom Gerichtshof für nichtig erklärten Bestimmungen der Verordnung Nr. 1293/79 übernommen hätten(19), und wies die Klagen ab.

27 Zweitens macht Spanien geltend, daß die Nichtigerklärung nach Artikel 174 eine vollständige, uneingeschränkte und grundsätzliche Wirkung habe. Auch wenn Spanien die Möglichkeit einräumt, daß ein Urteil eine Maßnahme teilweise für nichtig erklärt, indem einige Bestimmungen für nichtig erklärt, andere aber bestehen gelassen werden, scheint es der Ansicht zu sein, daß in Fällen wie dem vorliegenden, wenn ein Urteil eine besondere und keine allgemeine Maßnahme betreffe, die Nichtigerklärung einiger Bestimmungen dieser Maßnahme nicht für eine teilweise Nichtigerklärung spreche. Auch wenn das im ersten Verfahren ergangene Urteil nur Artikel 2 Absatz 2 und die Artikel 3 bis 5 für nichtig erklärt habe, Artikel 1 und Artikel 2 Absatz 1 aber habe bestehen lassen, sei dies keine teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung, sondern eine vollständige Nichtigerklärung eines Teils einer Entscheidung.

28 Ausserdem erstrecke sich die Wirkung der Nichtigerklärung nach Artikel 174 auf alle "vorbereitenden Handlungen" und damit im vorliegenden Fall auf alle Handlungen der Kommission zur Vorbereitung des Erlasses der ursprünglichen Entscheidung. Das Urteil habe daher zur Beendigung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 geführt, das seinen Abschluß in der ursprünglichen Entscheidung gefunden habe, und habe damit allem der ursprünglichen Entscheidung Vorangegangenen jegliche Wirkung und Gültigkeit genommen; die richtige Lösung wäre daher gewesen, wenn die Kommission ein neues Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 eingeleitet hätte. Die Kommission könne nichtige Rechtsakte nicht nachträglich berichtigen. Wenn sie dies könnte, würde sie über einen nicht hinnehmbaren Vorteil verfügen: Es bestände keine Veranlassung für sie, ein Verfahren von Anfang an ordnungsgemäß zu führen, und für Dritte bestände keine Veranlassung, einen rechtswidrigen Akt anzufechten, wenn die Kommission nach der Nichtigerklärung des Rechtsakts einfach einen neuen Akt erlassen könnte, ohne das entsprechende Verfahren neu einzuleiten.

29 Die Kommission konzentriert sich bei der Analyse der Wirkung eines auf eine Nichtigkeitsklage ergangenen Urteils nicht auf Artikel 174, sondern auf Artikel 176. Sie macht insbesondere geltend, daß sich aus Artikel 174 Absatz 1 nicht herleiten lasse, daß sich die Ungültigkeit des für nichtig erklärten Rechtsakts auf alle vorbereitenden Handlungen erstrecke. Artikel 174 sei daher ohne Bedeutung für die Frage, welche Folgen ein auf eine Nichtigkeitsklage ergangenes Urteil für die vorbereitenden Handlungen habe: Die einschlägige Bestimmung sei die in Artikel 176 Absatz 1.

30 Nach dieser Bestimmung hat das Organ, dessen Handlung für nichtig erklärt worden ist, "die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes ergebenden Maßnahmen zu ergreifen". Ich möchte dazu bemerken, daß der Gerichtshof betont hat, daß das Organ, das die für nichtig erklärte Handlung erlassen hat, zu bestimmen hat, welche Maßnahmen erforderlich sind, um einem Urteil nachzukommen, durch das eine Entscheidung für nichtig erklärt worden ist(20). Der Gerichtshof hat in der Rechtssache Asteris/Kommission(21) Artikel 176 folgendermassen erläutert:

"Das Organ kommt dem Urteil nur dann nach und führt es nur dann voll durch, wenn es nicht nur den Tenor des Urteils beachtet, sondern auch die Gründe, die zu diesem geführt haben und die ihn in dem Sinne tragen, daß sie zur Bestimmung der genauen Bedeutung des Tenors unerläßlich sind. Diese Gründe benennen zum einen exakt die Bestimmung, die als rechtswidrig angesehen wird, und lassen zum anderen die spezifischen Gründe der im Tenor festgestellten Rechtswidrigkeit erkennen, die das betroffene Organ bei der Ersetzung des für nichtig erklärten Aktes zu beachten hat."

31 Nach Ansicht der Kommission verbietet im Falle einer Nichtigerklärung wegen materieller Rechtswidrigkeit Artikel 176 dem betreffenden Organ, den für nichtig erklärten Rechtsakt einfach durch einen anderen identischen zu ersetzen. Ich möchte dem hinzufügen, daß es selbst dann, wenn eine materielle Rechtswidrigkeit festgestellt worden ist, Umstände geben kann, die es dem betreffenden Organ erlauben, von Rechts wegen einen Rechtsakt zu erlassen, der die für nichtig erklärten Bestimmungen ersetzt, natürlich unter der Bedingung, daß die Rechtswidrigkeit durch den neuen Rechtsakt beseitigt wird.

32 Ist die Nichtigkeit jedoch Folge formaler oder verfahrensmässiger Fehler, so kann und manchmal muß das Organ nach Ansicht der Kommission die für nichtig erklärte Handlung ersetzen, wobei es die Beachtung der Form- und Verfahrenserfordernisse zu gewährleisten habe. Artikel 176 verlange nicht unbedingt, daß das betreffende Organ das Verfahren, das zu der für nichtig erklärten Maßnahme geführt habe, neu einleite und noch einmal das gesamte Verfahren vor Erlaß der Ersatzmaßnahme durchführe. Ein solches Vorgehen widerspräche in der Regel den ganz grundlegenden Voraussetzungen des Prinzips der Verfahrensökonomie. Wenn die Nichtigerklärung einer Maßnahme auf einem formalen oder verfahrensmässigen Fehler beruhe, könne das betreffende Organ nach ständiger Rechtsprechung das Verfahren in dem Stadium aufnehmen, in dem der Fehler vorgekommen sei(22). Im vorliegenden Fall sei die ursprüngliche Entscheidung für nichtig erklärt worden, weil die Kommission die Gründe für ihre Schlußfolgerung nicht hinreichend dargelegt habe, daß der Umstrukturierungsplan die Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens nicht gewährleiste. Die Kommission sei nach Artikel 176 lediglich verpflichtet gewesen, in einer neuen Entscheidung die Gründe für diesen Schluß ausreichend darzulegen. Die Änderungsentscheidung erfuelle diese Forderung.

33 Spanien widerspricht in seiner Erwiderung dem Argument der Kommission, die ursprüngliche Entscheidung sei wegen unzulänglicher Begründung für nichtig erklärt worden - was auch nach seiner Ansicht ein Form- oder Verfahrensfehler wäre -, und macht geltend, daß die Entscheidung vielmehr deshalb für nichtig erklärt worden sei, weil die Kommission nicht die erforderlichen Untersuchungen durchgeführt habe. Dem lässt sich entnehmen, daß Spanien den letztgenannten Grund für einen materiell-rechtlichen Grund hält.

34 Meines Erachtens ergibt sich aus dem vorstehend wiedergegebenen Wortlaut des im ersten Verfahren ergangenen Urteils eindeutig, daß der Gerichtshof die ursprüngliche Entscheidung für nichtig erklärt hat, weil die Kommission ihr - für die Feststellung, daß die Beihilfe nicht unter die Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe a falle, entscheidendes - Vorbringen, daß der Umstrukturierungsplan die Lebensfähigkeit von Hytasa nicht gewährleiste, unzulänglich begründet hatte. Erwähnenswert ist, daß die Auslegung, die von Spanien vorgetragen worden ist, offensichtlich im Gegensatz zu dem Ausgangspunkt steht, den Spanien im ersten Verfahren vor dem Gerichtshof gewählt hatte, nämlich daß - zumindest wie aus seiner Bezugnahme auf die Rechtssache Intermills/Kommission(23) zu schließen ist - die ursprüngliche Entscheidung insoweit unzulänglich begründet gewesen sei.

35 Es ist, wie die Kommission ausgeführt hat, ständige Rechtsprechung, daß im Falle der Nichtigerklärung allgemeiner oder besonderer Handlungen der Gemeinschaft wegen eines Form- oder Verfahrensfehlers (wenn z. B. die Begründung unzulänglich oder die Anhörung der in Betracht kommenden Organe unterblieben ist oder die betroffenen Parteien nicht angehört worden sind) das betreffende Organ, um dem Urteil nachzukommen, im allgemeinen nicht verpflichtet ist, das gesamte Rechtsetzungsverfahren noch einmal von Anfang an durchzuführen.

36 So war z. B. in der Rechtssache FEDESA(24) eine Richtlinie wegen eines Verfahrensfehlers, der die Art und Weise betraf, in der sie schließlich erlassen worden war, für nichtig erklärt und durch eine identische Richtlinie ersetzt worden, die in einem ordnungsgemäß durchgeführten Verfahren erlassen worden war. Der Gerichtshof wies das Argument, der Rat hätte das gesamte Verfahren noch einmal von Anfang an durch Einholung eines neuen Vorschlags der Kommission und einer neuen Stellungnahme seitens des Parlaments durchführen müssen, insbesondere mit der Feststellung zurück, daß die Nichtigerklärung der Richtlinie nicht die vorbereitenden Maßnahmen betroffen habe(25).

37 Selbstverständlich betrifft der Grundsatz, daß nicht das gesamte Verfahren, das zu einem wegen eines Verfahrensfehlers für nichtig erklärten Rechtsakt geführt hat, neu durchgeführt werden muß, nicht nur allgemeine gesetzgeberische Maßnahmen. Der Grundsatz wurde z. B. vom Gerichtshof in einem Verfahren angewandt, in dem die Nichtigerklärung der Feststellung des Präsidenten des Parlaments im Zusammenhang mit der Feststellung des Haushaltsplans der Gemeinschaft beantragt worden war(26). Der Gerichtshof stellte ausdrücklich fest, daß es "Sache des Rates und des Parlaments [ist], die sich aus dem vorliegenden Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen und das Haushaltsverfahren genau an dem Punkt wiederaufzunehmen", an dem der Fehler, der zur Ungültigkeit führte, unterlaufen ist(27). Generalanwalt Mancini führte darüber hinaus aus:

"Gemäß Artikel 176 wird das Parlament, dem dieses Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen haben ... Insoweit braucht meines Erachtens, entgegen der Ansicht des Beklagten, nicht erneut das gesamte Verfahren durchgeführt zu werden. Zumindest in rechtlicher Hinsicht spricht nichts dagegen, das Verfahren zu dem Zeitpunkt - der zweiten Lesung des Parlaments - wieder aufzugreifen, zu dem es aufgrund Ihrer Entscheidung als unterbrochen angesehen werden muß."(28)

38 In zahlreichen Rechtssachen haben der Gerichtshof und das Gericht erster Instanz entschieden, daß im Falle der Nichtigerklärung einer Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans in einem Verfahren nach Artikel 173 aus Form- oder Verfahrensgründen die richtige Reaktion des betreffenden Organs die Wiederaufnahme und nicht die erneute Einleitung des Verfahrens ist: vgl. z. B. Van Eick/Kommission(29), Alvarez/Parlament(30), Cimenteries CBR u. a./Kommission(31) und De Compte/Parlament(32).

39 Wie sich aus der Rechtssache Transocean Marine Paint/Kommission(33) klar ergibt, kann die Kommission, wenn der Gerichtshof eine besondere Bestimmung einer Entscheidung für nichtig erklärt, gemäß dem oben erörterten allgemeinen Grundsatz das Verfahren an dem Punkt wiederaufnehmen, an dem es durch den in Rede stehenden Verfahrensfehler ungültig wurde, und braucht nicht das ganze Verfahren neu durchzuführen. Ob eine Entscheidung insgesamt oder teilweise für nichtig erklärt worden ist, ist für die Feststellung, ob die Kommission demnach das der Entscheidung vorangegangene Verfahren neu einleiten muß, unerheblich. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist der Grund der Nichtigerklärung: Ist der Grund lediglich ein Form- oder Verfahrensfehler, kann die Kommission zulässigerweise den Fehler heilen, ohne das gesamte Verfahren zu wiederholen, und zu diesem Zweck eine neue Entscheidung erlassen, die die ursprüngliche ganz oder teilweise, soweit notwendig, ersetzt.

40 Mich überzeugt das Argument Spaniens nicht, daß der vorstehend beschriebene Grundsatz zu einem nicht hinnehmbaren Vorteil der Kommission führe. Zu bemerken ist, daß die Frage in den beiden Isoglucose-Fällen(34) aufgeworfen wurde, in denen argumentiert wurde, daß es, wenn der Gerichtshof eine Maßnahme für nichtig erklärt habe, ohne (gemäß Artikel 174 Absatz 2) anzuordnen, daß bestimmte Wirkungen in Kraft bleiben sollten, nicht zulässig sei, die Lage wiederherzustellen, so als wenn das Nichtigkeitsurteil nicht ergangen wäre, da die Parteien von der Einleitung eines Verfahrens abgeschreckt würden und der Gesetzgeber möglicherweise dazu verleitet würde, Verfahrenserfordernisse ausser acht zu lassen. Auch wenn der Gerichtshof diese Frage nicht behandelt hat, hat Generalanwalt Reischl das Argument doch ausdrücklich zurückgewiesen(35).

41 Als Ergebnis ist festzuhalten: Da der Gerichtshof im ersten Verfahren die ursprüngliche Entscheidung für nichtig erklärt hatte, weil die Kommission ihre Feststellung, daß der Umstrukturierungsplan die Lebensfähigkeit von Hytasa nicht gewährleiste, nicht hinlänglich begründet hatte, sind die Erfordernisse des Artikels 176 Absatz 1 durch den Erlaß einer neuen Entscheidung seitens der Kommission, in der sie die Gründe für diese Feststellung hinlänglich dargelegt hat, erfuellt. Zu bemerken ist, daß Spanien nicht geltend gemacht hat, daß die Begründung der Kommission in der Änderungsentscheidung unzulänglich sei.

Zum rechtlichen Gehör

42 Spanien trägt als gesonderten Klagegrund vor, die Kommission habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (les droits de la défense) verletzt. Damit wird geltend gemacht, daß die Kommission das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 hätte neu einleiten müssen. Wie ich ausgeführt habe, halte ich die Kommission dazu in keiner Weise verpflichtet. Auch ist der Anspruch Spaniens auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden. Die Kommission nahm meines Erachtens zu Recht das Verfahren in einem Stadium auf, in dem Spanien bereits gehört worden war. Offensichtlich (und unbestritten, worauf ich noch zurückkommen werde) stützte die Kommission ihre Analyse auf Unterlagen, die im Rahmen des Verfahrens des Artikels 93 Absatz 2, das mit der ursprünglichen Entscheidung abschloß, von Spanien vorgelegt oder ihm zugänglich gemacht worden waren; in diesem Verfahren wurde keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht. Es gab daher keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, auf das Spanien sich im vorliegenden Verfahren stützen könnte.

43 Nach Ansicht von Spanien ist es unerheblich, daß es im ursprünglichen Verfahren gehört worden sei, da es ein offenkundiger Unterschied sei, ob man zur Rentabilität des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt (1990 bis 1991) oder einige Jahre später Stellung nehme. Darüber hinaus verweist Spanien auf die letzten beiden Erwägungen des Teils III der Änderungsentscheidung, die folgendermassen lauten:

"Die Auffassung der Kommission, daß der obengenannte Umstrukturierungsplan die Lebensfähigkeit des Unternehmens nicht wiederherstellte, wird dadurch bestätigt, daß die spanischen Behörden nach 1992 zugunsten des Unternehmens finanziell einschreiten mussten. Der Umstrukturierungsplan wurde zu keiner Zeit durchgeführt. Nachdem einer der Eigentümer, Hilaturas Gossypium, in Konkurs geraten war, erwarb Improasa, das operative Unternehmen von Patrimonio del Estado, 1992 30 % der Anteile von MTT. Mehrere Liegenschaften von MTT wurden zugunsten von Improasa für rund 726 Mio. PTA. hypothekarisch belastet. Ausserdem erwarb Improasa von MTT ausgestellte Solawechsel im Wert von ca. 4 660 Mio. PTA.

Im Jahr 1992 gewährte das Instituto de Fomento de Andalucía (IFA) dem Unternehmen im Rahmen einer von der Kommission genehmigten Beihilferegelung zwei Darlehen in Höhe von 300 Mio. PTA. MTT befindet sich derzeit in einer schwierigen Finanzlage; die Verbindlichkeiten belaufen sich auf rund 10 000 Mio. PTA. Die zuständigen spanischen Behörden haben daher beschlossen, die Zahlungen auf unbefristete Zeit auszusetzen, damit das Unternehmen liquidiert werden kann und anschließend die Vermögenswerte veräussert werden können, um die Schulden zu begleichen."

44 Die Kommission verweist darauf, daß die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt stets durch Bezugnahme auf die Lage zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe zu untersuchen sei(36). In der Änderungsentscheidung sei die Vereinbarkeit der Beihilfe und insbesondere die Lebensfähigkeit im Zusammenhang mit dem Umstrukturierungsplan ordnungsgemäß ex ante und damit auf der Grundlage derselben Situation geprüft worden, von der die ursprüngliche Entscheidung ausgegangen sei, zu der Spanien bereits Stellung genommen habe. Die letzten beiden Erwägungen der Entscheidung seien bloß eine Bestätigung. Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, daß diese beiden Erwägungen, wenn sie ex post argumentiert hätte, allein ausreichend gewesen wären, da sie die früheren Zweifel der Kommission, ob der Plan zur Wiederherstellung der Rentabilität von Hytasa geeignet sei, bestätigt hätten.

45 Aus dem Wortlaut der letzten beiden Erwägungen ergibt sich klar, daß sie in der Tat nur als Bestätigung des Standpunkts der Kommission gedacht waren, daß der Plan das Unternehmen nicht lebensfähig mache. Dieser Standpunkt ist eingehend in der siebten bis sechsundzwanzigsten Erwägung des Teils III der Änderungsentscheidung dargelegt. Es ist nicht vorgetragen worden, daß die Darlegung in diesen Erwägungen auf anderem Material beruht als dem, das Spanien der Kommission im früheren Verfahren zur Verfügung gestellt hatte. Daher ist nicht erkennbar, wie Spaniens Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sein könnte.

46 Der Gerichtshof gelangte in der Rechtssache Bayer/Kommission(37) in dem entsprechenden Kontext des Verfahrens nach der Verordnung Nr. 17/62(38) zu dem gleichen Ergebnis. Er stellte fest, daß die Fortführung der Ermittlungen seitens der Kommission nach der Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte das rechtliche Gehör eines Unternehmens, gegen das ermittelt werde, nicht verletze, sofern sich die Kommission nicht aufgrund des Ermittlungsergebnisses veranlasst sehe, dem betroffenen Unternehmen neue Tatsachen zur Last zu legen oder den Nachweis bestrittener Zuwiderhandlungen auf eine erheblich geänderte Grundlage zu stellen. Insbesondere kann nach diesem Urteil die Tatsache, daß die das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung zusätzliche Beweismittel für die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte in Betracht gezogenen Tatsachen enthält, keine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen(39).

47 Schließlich führt Spanien in seinen Schriftsätzen angebliche Verstösse gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes an. Da es jedoch diese angeblichen Verstösse nicht näher substantiiert hat, erübrigt es sich meines Erachtens, näher darauf einzugehen.

Ergebnis

48 Infolgedessen bin ich der Meinung, daß

1. die Klage abzuweisen ist;

2. dem Königreich Spanien die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind.

(1) - Entscheidung 92/317/EWG der Kommission vom 25. März 1992 über eine Beihilfe Spaniens zugunsten von Hilaturas y Tejidos Andaluces SA, heute Mediterráneo Técnica Textil SA, und deren Käufern, ABl. L 171, S. 54.

(2) - Entscheidung 92/318/EWG der Kommission vom 25. März 1992 über Beihilfen Spaniens für Industrias Mediterráneas de la Piel SA (Imepiel), ABl. L 172, S. 76, und Entscheidung 92/321/EWG der Kommission vom 25. März 1992 über eine Beihilfe Spaniens zugunsten von Intelhorce SA (ehemals Industrias Textiles Guadalhorce SA), heute GTE, General Textil España SA, staatliches Unternehmen der Baumwollindustrie, ABl. L 176, S. 57.

(3) - Verbundene Rechtssachen C-278/92 bis C-280/92 (Spanien/Kommission, Slg. 1994, 4103).

(4) - Randnrn. 12 bis 43 und 70 bis 72 des Urteils.

(5) - Teil VI Absatz 8 der ursprünglichen Entscheidung.

(6) - Rechtssache C-303/88 (Italien/Kommission, Slg. 1991, I-1433, Randnr. 34).

(7) - Nr. 48.

(8) - Nr. 50 meiner Schlussanträge.

(9) - Absatz 16.

(10) - [Betrifft nur die englische Übersetzung des Urteils]

(11) - Absatz 9.

(12) - Entscheidung 97/242/EG der Kommission vom 18. September 1996 zur Änderung der Entscheidung 92/317/EWG über eine staatliche Beihilfe zugunsten von Hilaturas y Tejidos Andaluces SA, heute Mediterráneo Técnica Textil SA, und deren Käufer, ABl. L 96, S. 30.

(13) - Artikel 1 der Änderungsentscheidung.

(14) - Rechtssache 138/79 (Slg. 1980, 3333).

(15) - Rechtssache 139/79 (Slg. 1980, 3393).

(16) - Verordnung (EWG) Nr. 1293/79 des Rates vom 25. Juni 1979 zur Änderung der Verordnung Nr. 1111/77 des Rates zur Einführung gemeinsamer Vorschriften für Isoglucose, ABl. L 162, S. 10.

(17) - Verordnung (EWG) Nr. 387/81 des Rates vom 10. Februar 1981 zur Änderung der Verordnung Nr. 1111/77 vom 17. Mai 1977 zur Einführung gemeinsamer Vorschriften für Isoglucose, ABl. L 44, S. 1.

(18) - Rechtssache 108/81 (Amylum/Rat, Slg. 1982, 3107); Rechtssache 110/81 (Roquette Frères/Rat, Slg. 1982, 3159) und Rechtssache 114/81 (Tunnel Refineries/Rat, Slg. 1982, 3189).

(19) - Randnr. 10 der Urteile Amylum und Roquette und Randnr. 9 des Urteils Tunnel Refineries.

(20) - Vgl. z. B. Rechtssache 76/79 (Könecke/Kommission, Slg. 1980, 665, Randnrn. 13 bis 15) und Schlussanträge des Generalanwalts Reischl (S. 688 f).

(21) - Verbundene Rechtssachen 97/86, 193/86, 99/86 und 215/86 (Slg. 1988, 2181, Randnr. 27).

(22) - Rechtssache C-331/88 (FEDESA u. a., Slg. 1990, I-4023) und Rechtssache T-26/89 (De Compte/Parlament, Slg. 1991, II-781, Randnr. 70).

(23) - Rechtssache 323/82 (Slg. 1984, 3809). Vgl. Nr. 42 meiner Schlussanträge im ersten Verfahren.

(24) - Wiedergegeben in Fußnote 22.

(25) - Vgl. Randnrn. 33 und 34 des Urteils und ebenso Nrn. 56 und 57 der Schlussanträge von Generalanwalt Mischo.

(26) - Rechtssache 34/86 (Rat/Parlament, Slg. 1986, 2155).

(27) - Randnr. 47.

(28) - Nr. 18.

(29) - Rechtssache 13/69 (Slg. 1970, 3).

(30) - Rechtssache 347/82 (Slg. 1984, 1847, Randnrn. 11 bis 13) und Schlussanträge des Generalanwalts Verloren van Themaat (S. 1859).

(31) - Verbundene Rechtssachen T-10/92, T-11/92, T-12/92 und T-15/92 (Slg. 1992, II-2667, Randnr. 47).

(32) - Wiedergegeben in Fußnote 22, Randnr. 70.

(33) - Rechtssache 17/74 (Slg. 1974, 1063, Randnr. 20) und Schlussanträge des Generalanwalts Warner (S. 1090 bis 1092).

(34) - Amylum/Rat und Tunnel Refineries/Rat (beide wiedergegeben in Fußnote 18).

(35) - S. 3151 f.

(36) - Rechtssache C-261/89 (Italien/Kommission, Slg. 1991, I-4437, Randnr. 21).

(37) - Rechtssache 51/69 (Slg. 1972, 745).

(38) - Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages, ABl. 1962, S. 204.

(39) - Randnr. 11.