Schlüsselwörter
Leitsätze

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1. Verfahren ° Klagefristen ° Ausschlußwirkung ° Entschuldbarer Irrtum ° Begriff

2. Nichtigkeitsklage ° Klage gegen eine Entscheidung, durch die eine nicht fristgerecht angefochtene Entscheidung bestätigt wird ° Unzulässigkeit

(EG-Vertrag, Artikel 173)

3. Schadensersatzklage ° Selbständigkeit gegenüber der Nichtigkeitsklage ° Klage auf Aufhebung einer bestandskräftig gewordenen Einzelfallentscheidung ° Unzulässigkeit

(EG-Vertrag, Artikel 178 und 215 Absatz 2)

4. Ausservertragliche Haftung ° Voraussetzungen ° Amtsfehler ° Mangelnde Sorgfalt bei der Berichtigung eines der zuständigen Stelle bekannten Fehlers

(EG-Vertrag, Artikel 215 Absatz 2)

Leitsätze

1. Soweit es um die Klagefristen geht, die nicht zur Disposition des Gerichts oder der Parteien stehen und zwingendes Recht sind, ist der Begriff des entschuldbaren Irrtums eng auszulegen und kann sich nur auf Ausnahmefälle beziehen, insbesondere auf solche, in denen das Verhalten des betroffenen Gemeinschaftsorgans, das für sich genommen oder als entscheidender Faktor geeignet war, bei einem gutgläubigen Bürger, der alle Sorgfalt aufwendet, die von einem Wirtschaftsteilnehmer mit normalem Kenntnisstand zu verlangen ist, eine verständliche Verwirrung hervorzurufen. Angeblich von Beamten der Kommission gegebene mündliche Zusicherungen können, selbst wenn man sie als erwiesen ansieht, in Anbetracht der Obliegenheiten eines durchschnittlich umsichtigen Wirtschaftsteilnehmers keinen aussergewöhnlichen Umstand darstellen, der es entschuldigen könnte, daß der Adressat einer Entscheidung, mit der seinen Anträgen nicht stattgegeben wird, nicht rechtzeitig gegen diese Entscheidung Klage erhoben hat.

2. Ein Kläger, der die Frist für die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung, mit der unverkennbar eine Maßnahme erlassen wird, die Rechtswirkungen zur Folge hat, die seine Interessen berühren, und die für ihn verbindlich ist, hat verstreichen lassen, kann diese Frist nicht erneut in Lauf setzen, indem er das Gemeinschaftsorgan ersucht, seine Entscheidung rückgängig zu machen, und gegen die Ablehnungsentscheidung, mit der die frühere Entscheidung bestätigt wird, Klage erhebt.

3. Die Unzulässigkeit eines Aufhebungsantrags führt als solche nicht zur Unzulässigkeit eines Schadensersatzantrags, da die Klage nach den Artikeln 178 und 215 des Vertrages ein selbständiger Rechtsbehelf im System der Klagemöglichkeiten des Gemeinschaftsrechts ist. Anders ist dies jedoch, wenn mit der Schadensersatzklage in Wirklichkeit die Aufhebung einer bestandskräftig gewordenen Einzelfallentscheidung begehrt wird und sie, falls ihr stattgegeben würde, zur Folge hätte, daß die Rechtswirkungen dieser Entscheidung beseitigt würden.

4. Die offenkundig mangelnde Sorgfalt der Kommission, von der der Umstand zeugt, daß sie, obwohl sie sich des Fehlers durchaus bewusst war, den sie bei der Berechnung der Höhe einer durch einen Gemeinschaftszuschuß erstattungsfähigen Investition begangen hatte, für dessen Berichtigung fünfzehn Monate benötigte und damit die Zahlung an den Empfänger um diesen Zeitraum verzögerte, stellt einen Amtsfehler dar, der geeignet ist, die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft auszulösen.