URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 14. JULI 1994. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN KOENIGREICH DER NIEDERLANDE. - VERTRAGSVERLETZUNG EINES MITGLIEDSTAATS - PFLICHT ZU VORHERIGER MITTEILUNG GEMAESS DER RICHTLINIE 83/189/EWG. - RECHTSSACHE C-52/93.
Sammlung der Rechtsprechung 1994 Seite I-03591
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor
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Mitgliedstaaten ° Verpflichtungen ° Durchführung der Richtlinien ° Nicht bestrittene Vertragsverletzung
(EWG-Vertrag, Artikel 169)
1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 26. Januar 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage auf Feststellung erhoben, daß das Königreich der Niederlande gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 8 und 9 der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 109, S. 8) verstossen hat, indem es am 9. Oktober 1990 die Änderung XIII der PVS-Verordnung über die Qualitätsnormen für Blumenzwiebeln (Iris, Lilien) erlassen hat, ohne der Kommission die Änderung im Entwurfsstadium mitgeteilt zu haben.
2 Artikel 8 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 83/189 bestimmt folgendes:
"Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission unverzueglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift, es sei denn, es handelt sich lediglich um eine vollständige Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm, wobei es dann ausreicht mitzuteilen, um welche Norm es sich handelt; sie unterrichten die Kommission gleichzeitig in einer kurzen Mitteilung über die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen, es sei denn, die Gründe gehen bereits aus dem Entwurf hervor."
3 Artikel 9 Absätze 1 und 2 sieht folgendes vor:
"(1) Unbeschadet des Absatzes 2 nehmen die Mitgliedstaaten den Entwurf einer technischen Vorschrift erst sechs Monate nach der Übermittlung gemäß Artikel 8 Absatz 1 an, wenn die Kommission oder ein anderer Mitgliedstaat binnen drei Monaten nach diesem Zeitpunkt eine ausführliche Stellungnahme abgibt, aus der hervorgeht, daß die geplante Maßnahme geändert werden sollte, um etwaige Handelshemmnisse, die sich aus der geplanten Maßnahme ergeben könnten, zu verhindern oder zu begrenzen.
(2) Die in Absatz 1 genannte Frist beträgt zwölf Monate, wenn die Kommission innerhalb von drei Monaten nach der Übermittlung gemäß Artikel 8 Absatz 1 ihre Absicht mitteilt, eine Richtlinie für den betreffenden Bereich vorzuschlagen oder zu erlassen."
4 Nachdem die Kommission erfahren hatte, daß die niederländischen Behörden am 9. Oktober 1990 die Änderung XIII der PVS-Verordnung über die Qualitätsnormen für Blumenzwiebeln (Iris, Lilien) erlassen hatten, beschloß sie, das Verfahren nach Artikel 169 EWG-Vertrag einzuleiten. Sie sieht in dieser Verordnung eine technische Vorschrift, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 83/189 falle, so daß der Entwurf dieser Änderung ihr hätte mitgeteilt werden müssen.
5 Mit Schreiben vom 31. Juli 1991 forderte die Kommission die niederländische Regierung auf, sich hierzu zu äussern; es handele sich um einen Fall, in dem die den Mitgliedstaaten durch die Richtlinie 83/189 auferlegten Verpflichtungen offenkundig nicht beachtet worden seien, was die sofortige Aussetzung der streitigen Maßnahme erforderlich mache. In diesem Schreiben wies die Kommission auch darauf hin, daß dieser Verstoß gegen die Richtlinie 83/189 zur Folge habe, daß die betreffende technische Vorschrift Dritten nicht entgegengehalten werden könne.
6 Die niederländischen Behörden räumten mit Schreiben vom 4. November 1991 ein, daß die PVS-Verordnung eine technische Vorschrift im Sinne der Richtlinie 83/189 sei und daß sie es versäumt hätten, der Kommission den Änderungsentwurf mitzuteilen.
7 Aufgrund der Feststellung, daß die Richtlinie 83/189 immer noch nicht angewandt wurde, richtete die Kommission mit Schreiben vom 18. Mai 1992 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die niederländische Regierung und forderte sie erneut auf, ihr binnen zwei Monaten die Änderung XIII in Form eines Entwurfs zu übermitteln und dessen Annahme für den in dieser Richtlinie vorgesehenen Zeitraum auszusetzen. Auch in dieser Stellungnahme wies die Kommission darauf hin, daß die betreffende technische Vorschrift Dritten gegenüber nicht durchgesetzt werden könne.
8 Die niederländische Regierung teilte der Kommission mit Schreiben vom 23. Juli 1992 mit, daß sie sich in Zukunft bemühen werde, derartige Versäumnisse zu vermeiden, und daß sie inzwischen eine weitere Änderung dieser Regelung mitgeteilt habe.
9 Die Kommission hat mit Klageschrift vom 26. Januar 1993 die vorliegende Klage erhoben.
10 Es steht fest, daß der Entwurf der Änderung XIII der PVS-Verordnung der Kommission nach Artikel 8 der Richtlinie 83/189 unverzueglich hätte mitgeteilt werden müssen und daß dies nicht geschehen ist.
11 Im übrigen hat die niederländische Regierung ihr Versäumnis schon zu Beginn des Vorverfahrens in dieser Sache eingeräumt.
12 Aufgrund dessen ist festzustellen, daß die niederländische Regierung gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 8 der Richtlinie 83/189 verstossen hat, indem sie am 9. Oktober 1990 die Änderung XIII der PVS-Verordnung über die Qualitätsnormen für Blumenzwiebeln (Iris, Lilien) erlassen hat, ohne der Kommission die Änderung im Entwurfsstadium mitgeteilt zu haben.
Kosten
13 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich der Niederlande mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1) Das Königreich der Niederlande hat gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 8 der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften verstossen, indem es am 9. Oktober 1990 die Änderung XIII der PVS-Verordnung über die Qualitätsnormen für Blumenzwiebeln (Iris, Lilien) erlassen hat, ohne der Kommission die Änderung im Entwurfsstadium mitgeteilt zu haben.
2) Das Königreich der Niederlande trägt die Kosten des Verfahrens.