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Leitsätze

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1. Vorabentscheidungsverfahren ° Anrufung des Gerichtshofes ° Erfordernis einer vorherigen streitigen Verhandlung ° Beurteilung durch das nationale Gericht

(EWG-Vertrag, Artikel 177)

2. Vorabentscheidungsverfahren ° Zuständigkeit des Gerichtshofes ° Grenzen ° Unerhebliche Frage, die für das Ausgangsverfahren nicht objektiv erforderlich ist

(EWG-Vertrag, Artikel 177)

3. Verkehr ° Seeverkehr ° Freier Dienstleistungsverkehr ° Diskriminierungsverbot ° Anwendung von Vorzugstarifen auf Lotsendienste im Hafen zugunsten von Schiffen, die zur nationalen Seekabotage zugelassen sind ° Unzulässigkeit

(Verordnung Nr. 4055/86 des Rates, Artikel 1)

4. Wettbewerb ° Öffentliche Unternehmen und Unternehmen, denen die Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte gewähren ° Monopol für die Erbringung von Lotsendiensten im Hafen ° Genehmigung der Tarife durch eine nationale Behörde ° Diskriminierung der Benutzer, wobei hinsichtlich der Tarife derjenige, der Beförderungen zwischen zwei inländischen Häfen vornimmt, gegenüber demjenigen begünstigt wird, der einen Verkehr mit einem Hafen in einem anderen Mitgliedstaat betreibt ° Mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung

(EWG-Vertrag, Artikel 86 und 90 Absatz 1)

Leitsätze

1. Nach Artikel 177 EWG-Vertrag hängt die Anrufung des Gerichtshofes nicht davon ab, ob das Verfahren, in dem das nationale Gericht die Vorlagefrage abfasst, streitigen Charakter aufweist, wenngleich es im Interesse einer geordneten Rechtspflege liegen kann, daß eine Vorlagefrage erst nach einer streitigen Verhandlung gestellt wird.

2. In dem Verfahren nach Artikel 177 EWG-Vertrag ist der Gerichtshof für eine Beantwortung gegenüber dem Gericht, das ihm ein Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt hat, nicht zuständig, wenn die ihm vorgelegten Fragen keinen Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits aufweisen und folglich für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht objektiv erforderlich sind.

3. Es verstösst gegen Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4055/86 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschiffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern, wenn in einem Mitgliedstaat auf gleiche Lotsendienste unterschiedliche Tarife angewendet werden, je nachdem ob das Schiff, das von einem Unternehmen betrieben wird, das Beförderungen im Seeverkehr zwischen zwei Mitgliedstaaten vornimmt, zur Seekabotage, die den unter der Flagge dieses Staates fahrenden Schiffen vorbehalten ist, zugelassen ist oder nicht. Eine derartige Praxis stellt nämlich eine ° zumindest mittelbare ° Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, da unter inländischer Flagge fahrende Schiffe in der Regel von inländischen Wirtschaftsteilnehmern betrieben werden, während Verkehrsunternehmer aus anderen Mitgliedstaaten im allgemeinen keine im erstgenannten Mitgliedstaat registrierten Schiffe betreiben.

4. Obwohl die Schaffung einer beherrschenden Stellung durch die Gewährung ausschließlicher Rechte im Sinne von Artikel 90 Absatz 1 EWG-Vertrag für sich genommen nicht mit Artikel 86 EWG-Vertrag unvereinbar ist, verbieten es diese beiden Bestimmungen einer nationalen Behörde, ein Unternehmen, das das ausschließliche Recht hat, vorgeschriebene Lotsendienste auf einem wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes anzubieten, durch Genehmigung seiner Tarife dazu zu veranlassen, unterschiedliche Tarife auf Seeschiffahrtsunternehmen anzuwenden, je nachdem ob diese Unternehmen Beförderungen zwischen Mitgliedstaaten oder aber zwischen inländischen Häfen vornehmen, da eine derartige Diskriminierung den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann.