Schlussanträge des Generalanwalts Lenz vom 24. März 1994. - STRAFVERFAHREN GEGEN M. VOOGD VLEESIMPORT EN -EXPORT BV. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: GERECHTSHOF 'S-GRAVENHAGE - NIEDERLANDE. - GEMEINSAME AGRARPOLITIK - AUSFUHRERSTATTUNGEN - ERSTATTUNGSNOMENKLATUR - GEFLUEGELFLEISCH - TARIFIERUNG. - RECHTSSACHE C-151/93.
Sammlung der Rechtsprechung 1994 Seite I-04915
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Herr Präsident,
meine Herren Richter!
A - Einführung
1. Der vorliegende Fall gibt dem Gerichtshof Gelegenheit, sich eingehender mit der Anatomie des Huhns (Gallus gallus domesticus) zu befassen.
2. Die Firma M. Voogd Vleesimport en -export BV (im folgenden "Voogd" genannt) exportierte in den Jahren 1987 und 1988 verschiedene Partien Gefluegelfleisch in Drittstaaten und machte dafür Ausfuhrerstattungen geltend. Bei den Produkten, die zu dem vorliegenden Verfahren Anlaß gegeben haben, handelte es sich den Angaben im Vorlagebeschluß zufolge zum einen um Hühnerschenkel mit (einem Teil des) Rücken(s) (ohne Sterz) und zum anderen um vordere Rückenteile mit Flügeln (hauptsächlich) von italienischen Lieferanten stammend, von diesen unter anderem als "pipistrelli" bezeichnet. Ich werde für diese Erzeugnisse im folgenden der Einfachheit halber die Ausdrücke "Schenkel mit Rückenstück" und "Flügel mit Rückenstück" verwenden.
3. Es scheint, daß die Firma Voogd die genannten Erzeugnisse in ihren Anträgen auf Ausfuhrerstattungen als "Schenkel" beziehungsweise "Flügel" bezeichnet und die für diese Produkte festgesetzten Ausfuhrerstattungen in Anspruch genommen hat. Die für die Gewährung der Erstattungen zuständigen Behörden in den Niederlanden sind der Auffassung, daß die Firma Voogd daher insoweit falsche Angaben gemacht habe. Gegen die Firma Voogd wurde wegen dieses Sachverhalts eine Strafklage erhoben, mit der sich der Gerechtshof Den Haag zu befassen hat.
4. Der Gerechtshof hat dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.1. Was ist bei zutreffender Auslegung der Anhänge der nachstehend genannten Verordnungen der Kommission zu verstehen unter den jeweils nachstehend unter a bis f angegebenen Beschreibungen von Gefluegelfleisch-Erzeugnissen, die zu den dabei genannten Tarifpositionen gehören?
a) Beschreibung: "B. Teile von Gefluegel (ausgenommen genießbarer Schlachtabfall):
II. nicht entbeint:
e) Schenkel und Teile davon:
3. von anderem Gefluegel"
Tarifposition: 02.02.B.II. e) 3.
Verordnung: (EWG) Nr. 1151/87 der Kommission vom 27. April 1987 (ABl. L 111, S. 21), in Kraft getreten am 1. Mai 1987 und
(EWG) Nr. 2800/87 der Kommission vom 18. September 1987 (ABl. L 268, S. 47), in Kraft getreten am 21. September 1987
b) Beschreibung: "B. Teile von Gefluegel (ausgenommen genießbarer Schlachtabfall):
II. nicht entbeint:
a) Hälften oder Viertel:
1. von Hühnern"
Tarifposition: 02.02.B.II. a) 1.
Verordnung: (EWG) Nr. 1151/87 und
(EWG) Nr. 2800/87
c) Beschreibung: "B. Teile von Gefluegel (ausgenommen genießbarer Schlachtabfall):
II. nicht entbeint:
g) andere"
Tarifposition: 02.02.B.II. ex g)
Verordnung: (EWG) Nr. 1151/87 und
(EWG) Nr. 2800/87
d) Beschreibung: "Teile und Schlachtnebenerzeugnisse (ausgenommen Lebern) von Gefluegel, gefroren:
von Hühnern:
Teile:
nicht entbeint:
Schenkel und Teile davon"
Tarifposition: 0207.41.51.000
Verordnung: (EWG) Nr. 3846/87 der Kommission vom 17. Dezember 1987 (ABl. L 366, S. 1), in Kraft getreten am 1. Januar 1988
e) Beschreibung: "Teile und Schlachtnebenerzeugnisse (ausgenommen Lebern) von Gefluegel, gefroren:
von Hühnern:
Teile:
nicht entbeint:
andere: - Hälften oder Viertel, ohne Sterze"
Tarifposition: 0207.41.71.100
Verordnung: (EWG) Nr. 3846/87
f) Beschreibung: "Teile und Schlachtnebenerzeugnisse (ausgenommen Lebern) von Gefluegel, gefroren:
von Hühnern:
Teile:
nicht entbeint:
andere: - andere"
Tarifposition: 0207.41.71.900
Verordnung: (EWG) Nr. 3846/87
1.2. Zu welcher Tarifposition gehörten Hühnerschenkel mit (einem Teil des) Rücken(s) (ohne Sterz)
- im Zeitraum vom 1. Mai 1987 bis zum 1. November 1987,
- im Zeitraum vom 1. Januar 1988 bis zum 1. Oktober 1988?
1.3. Für den Fall, daß diese Frage nicht allgemein beantwortet werden kann, sondern von der Grösse des Teiles des Rückens abhängt:
Wie groß muß dieser Teil sein und wo und wie muß er ausgeschnitten sein, damit der Hühnerschenkel mit (diesem Teil des) Rücken(s) (ohne Sterz) zu der einen oder anderen oben unter 1.1.a bis f genannten (für den genanten Zeitraum geltenden) Tarifposition gehört?
2.1. Was ist bei zutreffender Auslegung der Anhänge der nachstehend genannten Verordnungen der Kommission zu verstehen unter den nachstehend unter a und b angegegebenen Beschreibungen von Gefluegelfleisch-Erzeugnissen, die zu den dabei für die Ausfuhrerstattung im Bereich des Schlachtgefluegelfleisches genannten Tarifpositionen gehören?
a) Beschreibung: "B. Teile von Gefluegel (ausgenommen genießbarer Schlachtabfall):
II. nicht entbeint:
b) ganze Flügel, auch ohne Flügelspitzen"
Tarifposition: 02.02.B.II.b)
Verordnung: (EWG) Nr. 267/87 der Kommission vom 28. Januar 1987 (ABl. L 26, S. 33), in Kraft getreten am 1. Februar 1987 und
(EWG) Nr. 1151/87
b) Beschreibung: "Teile und Schlachtnebenerzeugnisse (ausgenommen Lebern) von Gefluegel, gefroren:
von Hühnern:
Teile:
nicht entbeint:
ganze Flügel, auch ohne Flügelspitzen"
Tarifposition: 0207.41.21.000
Verordnung: (EWG) Nr. 3846/87
2.2. Zu welcher der unter 2.1. a oder b oder 1.1. c genannten Tarifposition gehörten vordere Rückenteile mit Flügeln von Hühnern
- im Zeitraum vom 1. Februar 1987 bis zum 1. November 1987,
- im Zeitraum vom 1. Januar 1988 bis zum 1. September 1988?
2.3. Für den Fall, daß diese Frage nicht allgemein beantwortet werden kann, sondern davon abhängt, wie das Teil ausgeschnitten ist:
Wie muß es ausgeschnitten sein, damit Flügel mit dazwischen liegendem Rückenteil zu der einen oder anderen der unter 2.1. a und b und unter 1.1. c genannten (in den oben genannten Zeiträumen geltenden) Tarifpositionen gehört?
B - Stellungnahme
5. Ich stimme der Kommission darin zu, daß die zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen umzuformulieren sind. Eine Beantwortung der Fragen zu 1.1 und zu 2.1 würde bedeuten, daß die Bedeutung und der Inhalt der dort genannten Tarifpositionen vom Gerichtshof rein abstrakt und ganz allgemein zu interpretieren wären. Dies kann nicht Aufgabe des Gerichtshofes sein. Aus dem Zusammenhang der Vorlagefragen ergibt sich jedoch ohne weiteres, daß das vorlegende Gericht im Grunde eine Antwort auf die Frage erhalten möchte, unter welche der von ihm genannten Tarifpositionen ein Schenkel mit Rückenstück und Flügel mit Rückenstück einzuordnen sind. Für den Fall, daß die Antwort auf diese Fragen von der Grösse des Rückenstücks und/oder der Art und Weise abhängt, in der es ausgeschnitten wird, begehrt das vorlegende Gericht auch insoweit entsprechende Erläuterungen des Gerichtshofes.
6. In seinen Vorlagefragen 1.2 und 2.2 begehrt das vorlegende Gericht Antwort auf die Frage, zu welcher der von ihm aufgeführten Tarifpositionen die jeweiligen Erzeugnisse zwischen dem 1. Mai 1987 und dem 1. November 1987 sowie zwischen dem 1. Januar 1988 und dem 1. Oktober 1988 im einen Fall (Schenkel mit Rückenstück) und zwischen dem 1. Februar 1987 und dem 1. November 1987 sowie zwischen dem 1. Januar 1988 und dem 1. September 1988 im anderen Fall (Flügel mit Rückenstück) gehörten.
Der Übersichtlichkeit halber will ich hier zunächst die in den fraglichen Zeiträumen geltenden Verordnungen der Kommission zur Festsetzung der Ausfuhrerstattungen auf dem Gefluegelfleischsektor in chronologischer Reihenfolge und mit Nennung des Tages ihres jeweiligen Inkrafttretens aufzählen:
- Verordnung Nr. 267/87: 1. Februar 1987
- Verordnung Nr. 1151/87: 1. Mai 1987
- Verordnung Nr. 2303/87 (1): 1. August 1987
- Verordnung Nr. 2800/87: 21. September 1987
- Verordnung Nr. 3205/87 (2): 1. November 1987
- Verordnung Nr. 3865/87 (3): 1. Januar 1988
- Verordnung Nr. 158/88 (4): 23. Januar 1988
- Verordnung Nr. 717/88 (5): 21. März 1988
- Verordnung Nr. 1792/88 (6): 1. Juli 1988
- Verordnung Nr. 2882/88 (7): 1. Oktober 1988
In den Vorlagefragen wird die Verordnung Nr. 2303/87 nicht erwähnt. Da die im Anhang dieser Verordnung aufgeführten Tarifpositionen jedoch - soweit für den vorliegenden Fall maßgeblich - mit jenen im Anhang der Verordnungen Nr. 267/87, Nr. 1151/87 und Nr. 2800/87 übereinstimmen, braucht auf diese Verordnung nicht gesondert eingegangen zu werden. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Vorlagefragen zu 2. für die Verordnungen Nr. 2303/87 und 2800/87, auf die dort nicht verwiesen wird, obwohl sie von dem Zeitraum, auf den sich die Frage 2.2 bezieht, erfasst werden.
Was die für den Zeitraum vom 1. Januar 1988 bis zum 1. September (bzw. 1. Oktober) 1988 geltenden Verordnungen betrifft, benutzen alle diese Vorschriften die durch die Verordnung Nr. 3846/87 eingeführte Nomenklatur. Da die Verordnung Nr. 3846/87 im genannten Zeitraum - was die hier betroffenen Erzeugnisse angeht - keine Änderung erfahren hat, braucht auf die einzelnen Verordnungen zur Festsetzung der Ausfuhrerstattungen für das Jahr 1988 daher an dieser Stelle nicht näher eingegangen zu werden.
Zur Einordnung eines Schenkels mit Rückenstück
7. Betrachtet man die erste Vorlagefrage, so ergibt sich, daß das vorlegende Gericht fragt, ob ein Schenkel mit Rückenstück einer von drei Tarifpositionen zuzuordnen ist, die man vereinfachend wie folgt zusammenfassen kann: Viertel, Schenkel und Sonstiges.
Es ist unstreitig, daß keine dieser Tarifpositionen in den hier zu prüfenden Verordnungen - Nr. 1151/87, Nr. 2800/87 und Nr. 3846/87 - definiert wird.
8. Angesichts dieses Umstandes ist es naheliegend, auf die zollrechtlichen Vorschriften zurückzugreifen. Nach Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2777/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Gefluegelfleisch (8) - auf die die genannten Verordnungen der Kommission gestützt sind - gelten nämlich für die Tarifierung der unter diese Verordnung fallenden Erzeugnisse die allgemeinen Tarifierungsvorschriften und die besonderen Vorschriften über die Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs.
9. Diesen zollrechtlichen Vorschriften lassen sich zwar keine Aufschlüsse darüber entnehmen, wie die hier zu erörternden Tarifpositionen "Schenkel (und Teile davon)" sowie "andere" auszulegen sind. Sie enthalten jedoch - wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - Anhaltspunkte für die Auslegung der Begriffe "Hälfte" und "Viertel". In den Erläuterungen zum Zolltarif (9) heisst es hierzu, daß unter "Hälften" die linke und die rechte Tierhälfte zu verstehen sind, "die durch Längsteilung entlang dem Rückgrat voneinander getrennt worden sind". Zu den "Vierteln" gehören danach
"Hinterviertel, bestehend aus Unterschenkel, Oberschenkel, hinterem Rückenteil und Schwanzstück; ferner Vorderviertel, bestehend im wesentlichen aus der halben Brust mit dem Flügel."
10. Das hier zu betrachtende Erzeugnis umfasst nach den Angaben des vorlegenden Gerichts kein Schwanzstück. Daraus ergibt sich, daß dieser Schenkel mit Rückenstück kein "Viertel" darstellt und daher nicht unter die Tarifposition 02.02.B.II. a) 1. der Verordnungen Nr. 1151/87 und Nr. 2800/87 fällt. Der Vertreter der Firma Voogd hat zwar in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß es sich beim Sterz eines Huhns um einen sehr kleinen Teil handelt, der im Vergleich zu anderen Teilen nicht sonderlich ins Gewicht fällt. Dies allein rechtfertigt es aber noch nicht, von dem Erfordernis, daß ein Hinterviertel auch ein Schwanzstück aufzuweisen hat, abzusehen. Dafür wären entsprechende Anhaltspunkte in der gesetzlichen Regelung erforderlich, an denen es hier fehlt. Angesichts der Bestimmungen der Verordnung Nr. 3846/87 darf man auch annehmen, daß das Vorhandensein des Sterzes für die Frage der Ausfuhrerstattungen durchaus bedeutsam ist.
11. Die Tarifposition 0207.41.71.100 der Verordnung Nr. 3846/87 gilt hingegen für Hälften oder Viertel "ohne Sterze". Dies ist kein Zufall, findet sich doch in derselben Verordnung eine weitere Tarifposition (0207.41.11.000) für "Hälften oder Viertel". Der Unterschied zwischen beiden Tarifpositionen besteht demnach darin, daß im einen Fall der Sterz (oder ein Teil davon) vorhanden sein muß, im anderen hingegen nicht. Der hier zu betrachtende Schenkel mit Rückenstück könnte daher unter die Tarifposition 0207.41.71.100 der Verordnung Nr. 3846/87 einzuordnen sein. Dies setzt voraus, daß das fragliche Erzeugnis ein "Hinterviertel, bestehend aus Unterschenkel, Oberschenkel" und "hinterem Rückenteil" darstellt (10).
Ob dies der Fall ist, wird das nationale Gericht zu klären haben. Es wird dabei mangels genauerer Bestimmungen im Gemeinschaftsrecht die nationalen Gegebenheiten und Gewohnheiten hinsichtlich der Frage, wie ein Hinterviertel ausgeschnitten werden muß, zu beachten haben. Die bereits erwähnten Erläuterungen zum Zolltarif helfen dabei meines Erachtens nicht sehr viel weiter. Dort wird zwar beschrieben, wie eine Hälfte geschnitten werden muß. Es wird jedoch nicht gesagt, daß ein "Hinterviertel" zwangsläufig aus einer dergestalt hergestellten Hälfte herausgeschnitten werden müsste (11).
12. Wenden wir uns nun der Frage zu, ob es sich bei dem Schenkel mit Rückenstück um einen "Schenkel" oder um "anderes" im Sinne der genannten Verordnungen handelt. Für den Zeitraum nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 3846/87 stellt sich diese Frage natürlich nur, wenn das nationale Gericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß das fragliche Erzeugnis kein "Viertel" im oben genannten Sinn darstellt.
13. In ihrer schriftlichen Stellungnahme hat die Kommission in diesem Zusammenhang auf die nunmehr geltende Regelung für die Vermarktung von Gefluegelfleisch hingewiesen. Wäre diese Regelung anwendbar, so wäre sie in der Tat inhaltlich geeignet, die hier zu prüfende Frage ohne weiteres zu beantworten. In Artikel 1 Ziffer 2 der Verordnung Nr. 1538/91 (12) heisst es unter der Überschrift "Gefluegelteilstücke":
"e) Schenkel: Femus (Oberschenkelknochen), Tibia (Schienbein) und Fibula (Wadenbein) einschließlich anhaftendem Muskelfleisch. Die beiden Schnitte werden an den Gelenken angesetzt.
f) Hähnchenschenkel mit Rückenstück: Das anhaftende Rückenstück darf höchstens 25 % des Gewichts des Teilstücks ausmachen."
Es darf darauf hingewiesen werden, daß auch die Verordnung Nr. 3846/87 inzwischen entsprechend geändert worden ist. Sie enthält nunmehr eine Tarifposition 0207.41.71.200 mit der Beschreibung "Teile und Schlachtnebenerzeugnisse (ausgenommen Lebern) von Gefluegel, gefroren: von Hühnern: Teile: nicht entbeint: andere: - Teile, bestehend aus einem ganzen Schenkel oder einem Teilstück davon und einem Teilstück des Rückens, wobei das Teilstück des Rückens 25 GHT des Gesamtgewichts nicht überschreiten darf. "(13)
Es scheint, daß diese Bestimmungen - wie der Vertreter der Firma Voogd in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - gerade zu dem Zweck erlassen worden sind, die in Fällen wie dem hier vorliegenden aufgetretenen Unklarheiten auszuräumen. Es versteht sich von selbst, daß diese nach dem hier relevanten Zeitraum (1987 und 1988) erlassenen Vorschriften die Auslegung der zur Zeit der hier maßgeblichen Ereignisse geltenden Texte nicht beeinflussen darf (14).
14. Es stellt sich damit die Frage, wie die Tarifposition "Schenkel" im hier maßgeblichen Zeitraum zu verstehen ist. Der Vertreter der Kommission hat dies in der mündlichen Verhandlung auf den Punkt gebracht: Ist ein "Schenkel" nicht mehr als "Schenkel" anzusehen, wenn ihm ein Rückenstück beigefügt ist?
Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, daß sich bei einer maschinellen Zerlegung - die wohl die Regel darstellen dürfte
- kaum vermeiden lässt, daß ein kleineres Stück des Rückens am Schenkel verbleibt. Dies wird auch durch die von mir konsultierte Fachliteratur bestätigt (15). Nach der bereits erwähnten Verordnung Nr. 1538/91 sind bei einem Schenkel die Schnitte "an den Gelenken" anzusetzen. Obwohl diese Verordnung hier - wie bereits ausgeführt - nicht anwendbar ist, erlaubt sie doch bestimmte Rückschlüsse auf den vorliegenden Fall. Am Ende von Artikel 1 Ziffer 2 dieser Verordnung heisst es nämlich, daß bei bestimmten Erzeugnissen (zu denen auch die "Schenkel" gehören) die Schnitte bis zum 31. Dezember 1991 "in der Nähe der Gelenke" angesetzt werden können. Daraus lässt sich schließen, daß beim Erlaß dieser Verordnung ein solcher "Schenkel" nach der in den Mitgliedstaaten jeweils vorherrschenden Auffassung nicht notwendigerweise auf den Schenkel als solchen (16) beschränkt sein musste. Die von der Firma Voogd in einer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichtshofes geäusserte Ansicht, daß in den Niederlanden der Begriff des "Hühnerschenkels" sich nicht auf den anatomischen Schenkel beschränke, sondern stets "etwas mehr" umfasse, mag daher durchaus zutreffend sein.
15. Die Kommission hat vorgetragen, daß sich eine Antwort auf die Frage nach der Abgrenzung der beiden Tarifpositionen ohne weiteres aus der Vermarktungsregelung für Gefluegelfleisch ableiten lasse. Die gemeinsame Marktorganisation für Gefluegelfleisch findet ihre Grundlage in der bereits erwähnten Verordnung Nr. 2777/75. Gemäß Artikel 5 Absatz 1 dieser Verordnung werden dabei die Abschöpfungen auf Gefluegelteile nach Maßgabe des Gewichtsverhältnisses zwischen den verschiedenen Erzeugnissen berechnet (17). Diese Koeffizienten sind auch bei der Festsetzung der Ausfuhrerstattungen zu berücksichtigen (18). Würde man ein Erzeugnis auch dann noch unter eine bestimmte Tarifposition einordnen, wenn es zugleich noch andere Gefluegelteile enthielte, so würde das Gleichgewicht, auf dem die Berechnung der jeweiligen Ausfuhrerstattungen ruht, nach Ansicht der Kommission empfindlich gestört werden.
16. Dieser Argumentation der Kommission kann schwerlich widersprochen werden. Solange es im Recht der Gemeinschaft Ausfuhrerstattungen gibt und solange für verschiedene Teile eines Huhns unterschiedliche Beträge vorgesehen sind, muß zwischen diesen Teilen klar unterschieden werden. Andernfalls wäre dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet (19).
Mir scheint jedoch gleichwohl, daß diese Argumentation für den vorliegenden Fall nicht nutzbar gemacht werden kann. Den Ausführungen der Kommission ist nämlich nicht zu entnehmen, wie die Abgrenzung konkret zu erfolgen habe. Die Kommission erwägt zwar zunächst, ob nicht in den Fällen, in denen ein kleines Stück des Rückens am Schenkel haftet, dieser nicht gleichwohl noch als "Schenkel" im Sinne der hier zu prüfenden Verordnungen angesehen werden könnte. Mache das Rückenstück mehr als 25 % des Gesamtgewichts aus, sei diese Toleranzmarge jedoch sicherlich überschritten. In ihrer Schlußfolgerung stellt sich die Kommission jedoch auf den Standpunkt, daß ein Schenkel mit Rückenstück unter die Tarifposition "andere" zu subsumieren sei. Dem liegt ersichtlich die Auffassung zugrunde (die der Vertreter der Kommission in der mündlichen Verhandlung näher erläutert hat), daß unter "Schenkel" nur der anatomische Schenkel zu verstehen sei und die Hinzufügung eines Rückenstücks diesen Schenkel in jedem Fall in die Tarifposition "andere" fallen lasse.
Diese Auffassung hat den Vorzug der Klarheit für sich, und sie dürfte denn auch der heute geltenden Rechtslage entsprechen. Für den hier zu betrachtenden Zeitraum ist sie jedoch nicht anwendbar, da angesichts der von mir bereits angestellten Überlegungen (20) davon auszugehen ist, daß ein Schenkel mit einem kleinen Rückenstück in den Jahren 1987/88 durchaus unter die Tarifposition "Schenkel" fallen konnte.
17. Eine Antwort auf die hier zu prüfende Frage findet sich auch nicht in den philologischen Erwägungen, die der Vertreter der Firma Voogd in der mündlichen Verhandlung zu der Frage nach der Bedeutung des Begriffes "Schenkel" angestellt hat. Ob es im Niederländischen zwischen den Worten "poot" und "dij" im vorliegenden Zusammenhang einen Unterschied gibt, kann dahingestellt bleiben. Auch wenn dem so sein sollte, wäre damit noch nicht entschieden, wie ein Schenkel mit Rückenstück für die Zwecke der Gewährung von Ausfuhrerstattungen zu behandeln wäre.
18. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil im Falle Ekro ausgeführt, daß sowohl der Grundsatz einer einheitlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts wie auch der Gleichheitsgrundsatz es gebieten, einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die hinsichtlich der Erläuterung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf nationales Recht verweist, "in der Regel in der gesamten Gemeinschaft eine autonome und einheitliche Auslegung zu geben" (21). Wie sich gezeigt hat, lässt sich jedoch auch unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs und der Zielsetzung der fraglichen Vorschriften nicht entnehmen, welche genaue anatomische Abgrenzung für den Begriff "Schenkel" maßgeblich sein soll.
Ebenso wie im Fall Ekro ist mangels einer entsprechenden Bestimmung (wie sie etwa die Verordnung Nr. 1538/91 enthält) nicht anzunehmen, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber in der Regelung über die Ausfuhrerstattungen eine Harmonisierung oder Vereinheitlichung der Zerlegungsmethoden vornehmen wollte (22). Die Gemeinschaftsregelung verweist daher insoweit "stillschweigend" auf die in den Mitgliedstaaten gebräuchlichen Methoden. Die genaue anatomische Abgrenzung dieses als "Schenkel" bezeichneten Gefluegelteiles ist daher vom nationalen Gericht anhand der in dem betreffenden Mitgliedstaat oder der betreffenden Region herrschenden Gepflogenheiten vorzunehmen (23).
19. Man wird gleichwohl - und ohne dem Urteil des nationalen Gerichtes damit vorgreifen zu wollen - vermuten dürfen, daß diese Prüfung allenfalls zu dem Ergebnis führen wird, daß ein Gefluegelteil auch dann noch als Schenkel angesehen werden kann, wenn es mit einem kleinen Rückenstück verbunden ist. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch allem Anschein nach um ein relativ bedeutendes Stück des Rückens, das an dem Schenkel hängt. Es stellt sich damit notwendigerweise die weitere Frage, ob ein Gefluegelteil, der nach der Einschätzung des nationalen Gerichts als "Schenkel" im genannten Sinne anzusehen wäre, diese Eigenschaft auch dann behält, wenn er mit einem (oder gegebenenfalls mit einem weiteren) Rückenstück verbunden ist.
20. Die Lösung dieser Frage ist meines Erachtens in den allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des Gemeinsamen Zolltarifs zu suchen, so wie dies der Gerichtshof bereits in seinem Urteil im Falle Ekro (24) getan hat. In diesem Falle ging es um Ausfuhrerstattungen für Rindfleisch. In der Beschreibung der relevanten Tarifposition war von Fleischstücken "mit Ausnahme von Fleisch- und Knochendünnung" die Rede. Es stellte sich daher unter anderem die Frage, ob ein Fleischstück, das auch Fleisch- und Knochendünnung enthielt, noch unter diese Tarifposition fiel. Der betroffene Exporteur hatte die Ansicht vertreten, ein Anteil von bis zu 20 % Fleisch- und Knochendünnung sei insoweit unschädlich.
Der Gerichtshof stellte hingegen auf die allgemeine Tarifierungsvorschrift A 3b zum Schema des Gemeinsamen Zolltarifs ab (25). Nach dieser Bestimmung werden "Gemische (Mischungen) ... nach dem charakterbestimmenden Stoff oder Bestandteil definiert, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann" (26). Was bei einem solchen Stück Fleisch charakterbestimmend ist, hängt nach der Entscheidung des Gerichtshofes nicht von einem festen Prozentsatz ab, "sondern ist anhand der Gewohnheiten der Verbraucher und des Handels sowie der in dem Mitgliedstaat oder der betreffenden Region gebräuchlichen Methoden für das Zerlegen und Entbeinen von Rindfleisch zu bestimmen. Diese Beurteilung ist Sache des einzelstaatlichen Gerichts." (27)
21. Von diesem Ansatz ist auch im vorliegenden Fall auszugehen. Das nationale Gericht hat danach zu prüfen, ob das Rückenstück, das sich an dem Schenkel (28) befindet, einen solchen Umfang hat, daß es für das Gefluegelteil als ganzes charakterbestimmend ist. Erst wenn dies der Fall ist, muß dieser Gefluegelteil der Tarifposition "anderes" zugeordnet werden (29). Obwohl dabei kein fester Prozentsatz aufgestellt werden kann, darf das nationale Gericht bei dieser Prüfung meines Erachtens durchaus in Erwägung stellen, daß die Firma Voogd selbst den Standpunkt vertreten hat (in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichtshofes), daß ein "Schenkel" nicht mehr vorliege, wenn das zusätzliche Rückenstück mehr als 25 % des Gesamtgewichts ausmacht.
22. Es ist nicht zu verkennen, daß es diese Lösung einem geschickten Wirtschaftsteilnehmer ermöglicht, Ausfuhrerstattungen (oder höhere Ausfuhrerstattungen) auch für Gefluegelteile zu erlangen, für die der Gesetzgeber solches nicht vorsehen wollte. Dies erscheint jedoch aus zwei Gründen akzeptabel: Zum einen hätte es der Gesetzgeber in der Hand gehabt, dem durch eine klare Definition der fraglichen Teile vorzubeugen. Zum anderen gilt das hier vertretene Ergebnis nur für die Vergangenheit, da der Gesetzgeber die Unklarheit inzwischen beseitigt hat. Ich erlaube mir ausserdem - ohne damit die Entscheidung des niederländischen Gerichts präjudizieren zu wollen - noch die Anmerkung, daß es mir im vorliegenden Fall sehr zweifelhaft erscheint, ob der Firma Voogd angesichts der geschilderten Unsicherheiten und Unklarheiten überhaupt der Vorwurf schuldhaften Vorgehens gemacht werden könnte.
Zur Einordnung von Flügeln mit Rückenstück
23. Hinsichtlich der Einordnung von Flügeln mit Rückenstück stellt sich die Frage, ob dieses Erzeugnis als "ganze Flügel, auch ohne Flügelspitzen" im Sinne der Verordnung Nr. 1151/87 und der Verordnung Nr. 3846/87 anzusehen ist oder ob es unter die Rubrik "andere" fällt (30). Ich kann hier - mutatis mutandis - weitgehend auf meine bisherigen Ausführungen verweisen.
24. Auch die Frage, was ein Flügel ist, wird in den hier zu prüfenden Verordnungen nicht definiert. Auch hier ist - der Vollständigkeit halber - darauf hinzuweisen, daß die heute geltende Regelung von diesem Mangel befreit ist. In Artikel 1 Ziffer 2 der Verordnung Nr. 1538/91 (31) heisst es unter der Überschrift "Gefluegelteilstücke":
"i) Flügel: Humerus (Oberarm), Radius (Speiche) und Ulan (Elle) einschließlich anhaftendem Muskelfleisch. ... Die Schnitte werden an den Gelenken angesetzt.
j) Beide Flügel, ungetrennt: beide Flügel am Stück, verbunden durch einen Teil des Rückens, der gewichtsmässig höchstens 45 % des Gesamtgewichts des Teilstücks ausmacht."
Die Verordnung Nr. 3846/87 enthält nunmehr eine Tarifposition 0207.41.71.400 mit der Beschreibung "Teile und Schlachtnebenerzeugnisse (ausgenommen Lebern) von Gefluegel, gefroren: von Hühnern: Teile: nicht entbeint: andere: - Teile, bestehend aus den beiden Flügeln und einem Teilstück des Rückens, wobei das Teilstück des Rückens 45 GHT des Gesamtgewichts nicht überschreiten darf" (32).
Diese Bestimmungen sind jedoch für den hier zu betrachtenden Zeitraum (1987 und 1988) ohne Bedeutung.
25. Auch hier obliegt es aus den bereits genannten Gründen (33) dem vorlegenden Gericht, für den maßgeblichen Zeitraum die genaue anatomische Abgrenzung von "Flügeln" zu bestimmen. Ebenso hat das nationale Gericht zu beurteilen, ob das Rückenstück, das sich an den Flügeln befindet, einen solchen Umfang hat, daß es für das Gefluegelteil als solches charakterbestimmend ist. Nach meiner persönlichen Auffassung spricht hier in der Tat viel dafür, das fragliche Erzeugnis unter die Tarifposition "andere" einzureihen. Ein endgültiges Urteil über diese Frage ist natürlich dem vorlegenden Gericht vorbehalten.
C - Schlussantrag
26. Ich schlage Ihnen daher vor, auf die Vorlagefragen wie folgt zu antworten:
1.1. Ein Hühnerschenkel mit (einem Teil des) Rücken(s) (ohne Sterz) stellt kein "Viertel" im Sinne der Tarifposition 02.02.B.II. a) 1 des Verzeichnisses im Anhang zur Verordnung (EWG) Nr. 1151/87 der Kommission vom 27. April 1987, im Anhang zur Verordnung (EWG) Nr. 2303/87 vom 30. Juli 1987 und im Anhang zur Verordnung (EWG) Nr. 2800/87 der Kommission vom 18. September 1987 dar.
1.2. Ein solches Erzeugnis ist - was den Zeitraum vom 1. Januar 1988 bis zum 1. Oktober 1988 betrifft - ein "Viertel, ohne Sterze" im Sinne der Tarifposition 0207.41.71.100 des Verzeichnisses im Anhang zur Verordnung (EWG) Nr. 3846/87 der Kommission vom 17. Dezember 1987, wenn es als Hinterviertel, bestehend aus Unterschenkel, Oberschenkel und hinterem Rückenteil angesehen werden kann. Die Feststellung, ob das streitige Erzeugnis dieser Definition entspricht, ist Sache des nationalen Gerichts.
1.3. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der im betreffenden Mitgliedstaat gebräuchlichen Methode für das Zerlegen von Hühnerkörpern den Teil des Huhns anatomisch genau abzugrenzen, der in der Tarifposition 02.02.B.II. e) 3 des Verzeichnisses in den Anhängen zu den in der Antwort zu 1.1 genannten Verordnungen und in der Tarifposition 0207.41.51.000 im Anhang der Verordnung Nr. 3846/87 (in ihrer bis zum 1. Oktober 1988 gültigen Fassung) als "Schenkel und Teile davon" bezeichnet wird.
1.4. Gelangt das nationale Gericht zu der Ansicht, daß es sich bei einem Hühnerschenkel mit (einem Teil des) Rücken(s) (ohne Sterz) nicht um ein "Viertel" im Sinne der unter Ziffer 1.2 gegebenen Antwort handelt, sondern um einen mit einem Stück des Rückens verbundenen "Schenkel oder Teile davon" im Sinne der unter Ziffer 1.3 gegebenen Antwort, so fällt das betreffende Erzeugnis unter die in Ziffer 1.3 genannten Tarifpositionen, wenn der Anteil dieses Rückenstücks am gesamten Erzeugnis unter Berücksichtigung der Gewohnheiten der Verbraucher und des Handels sowie der in dem betreffenden Mitgliedstaat oder der betreffenden Region gebräuchlichen Methoden für das Zerlegen eines Huhns für das Erzeugnis nicht charakterbestimmend ist.
Ist das Rückenstück jedoch für das gesamte Erzeugnis charakterbestimmend, so ist dieses Erzeugnis der Tarifposition 02.02.B.II. ex g) ("andere") des Verzeichnisses in den Anhängen zu den in Ziffer 1.1 der vorliegenden Antwort genannten Verordnungen beziehungsweise der Tarifposition 0207.41.71.900 ("andere") der Verordnung Nr. 3846/87 - in ihrer bis zum 1. Oktober 1988 gültigen Fassung - zuzurechnen.
2.1. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der im betreffenden Mitgliedstaat gebräuchlichen Methode für das Zerlegen von Hühnerkörpern den Teil des Huhns anatomisch genau abzugrenzen, der in der Tarifposition 02.02.B.II. b) des Verzeichnisses in den Anhängen zu den Verordnungen Nr. 267/87, 1151/87, 2303/87 und 2800/87 und in der Tarifposition 0207.41.21.000 im Anhang der Verordnung Nr. 3846/87 (in ihrer bis zum 1. September 1988 gültigen Fassung) als "ganze Flügel, auch ohne Flügelspitzen" bezeichnet wird.
2.2. Gelangt das nationale Gericht zu der Ansicht, daß es sich bei vorderen Rückenteilen mit Flügeln um mit einem Stück des Rückens verbundene "ganze Flügel, auch ohne Flügelspitzen" im Sinne der unter Ziffer 2.1 gegebenen Antwort handelt, so fällt das betreffende Erzeugnis unter die in Ziffer 2.1 genannten Tarifpositionen, wenn der Anteil dieses Rückenstücks am gesamten Erzeugnis unter Berücksichtigung der Gewohnheiten der Verbraucher und des Handels sowie der in dem betreffenden Mitgliedstaat oder der betreffenden Region gebräuchlichen Methoden für das Zerlegen eines Huhns für das Erzeugnis nicht charakterbestimmend ist.
Ist das Rückenstück jedoch für das gesamte Erzeugnis charakterbestimmend, so ist dieses Erzeugnis der Tarifposition 02.02.B.II. ex g) ("andere") des Verzeichnisses in den Anhängen zu den in Ziffer 2.1 der vorliegenden Antwort genannten Verordnungen beziehungsweise der Tarifposition 0207.41.71.900 ("andere") der Verordnung Nr. 3846/87 - in ihrer bis zum 1. September 1988 gültigen Fassung - zuzurechnen.
(*) Originalsprache: Deutsch.
(1) - Verordnung (EWG) Nr. 2303/87 vom 30. Juli 1987 (ABl. L 209, S. 56).
(2) - Verordnung (EWG) Nr. 3205/87 vom 27. Oktober 1987 (ABl. L 306, S. 7).
(3) - Verordnung (EWG) Nr. 3865/87 vom 22. Dezember 1987 (ABl. L 363, S. 40).
(4) - Verordnung (EWG) Nr. 158/88 vom 20. Januar 1988 (ABl. L 18, S. 12).
(5) - Verordnung (EWG) Nr. 717/88 vom 18. März 1988 (ABl. L 74, S. 37).
(6) - Verordnung (EWG) Nr. 1792/88 vom 24. Juni 1988 (ABl. L 158, S. 24).
(7) - Verordnung (EWG) Nr. 2882/88 vom 19. September 1988 (ABl. L 260, S. 37).
(8) - ABl. L 282, S. 77.
(9) - Vor dem 1. Januar 1988 galten die Erläuterungen zur NRZZ (Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens). Seit der Einführung der Kombinierten Nomenklatur am 1. Januar 1988 sind die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur maßgeblich. Beide Texte weisen für den fraglichen Zeitraum (1987 und 1988) hinsichtlich der hier zu betrachtenden Frage einen übereinstimmenden Inhalt auf.
(10) - Siehe oben Nr. 9 am Ende.
(11) - Die Frage ist geklärt durch die nunmehr geltende Regelung über die Vermarktung von Gefluegelfleisch. Die Verordnung (EWG) Nr. 1906/90 des Rates vom 26. Juni 1990 (ABl. L 173, S. 1) legte Vermarktungsnormen für Gefluegelfleisch fest. Durchführungsvorschriften zu dieser Verordnung wurden in der Verordnung (EWG) Nr. 1538/91 der Kommission vom 5. Juni 1991 (ABl. L 143, S. 11) festgelegt. In Artikel 1 Ziffer 2 a wird eine Hälfte als durch geraden Längsschnitt am Brustbein und Rückgrat entlang gewonnener halber Schlachtkörper definiert; unter einem Viertel ist eine in zwei Teile zerlegte Hälfte zu verstehen (Ziffer 2 b). Diese Vorschriften wurden jedoch erst nach dem hier maßgeblichen Zeitraum erlassen und können daher nicht herangezogen werden (siehe unten Nr. 13).
(12) - Siehe oben Fußnote 11.
(13) - Vgl. die Verordnung (EG) Nr. 3567/93 der Kommission vom 21. Dezember 1993 zur Änderung der Verordnung Nr. 3846/87 (ABl. L 327, S. 1).
(14) - Urteil vom 18. Januar 1984 in der Rechtssache 327/82 (Ekro/Produktschap voor Vee en Vlees, Slg. 1984, 107, Randnr. 22).
(15) - Siehe Scholtyssek, S.: Gefluegel, Stuttgart, 1987, S. 91 (mit schematischen Abbildungen). Dieses Werk wurde mir freundlicherweise vom Lycée technique agricole in Ettelbrück zur Verfügung gestellt.
(16) - Ich verwende diesen Ausdruck hier (ohne Anspruch auf Wissenschaftlichkeit), um einen an den Gelenken abgeschnittenen Schenkel zu bezeichnen.
(17) - Erforderlichenfalls erfolgt die Berechnung nach Maßgabe des durchschnittlichen Verhältnisses zwischen ihrem Handelswert. Diese Koeffizienten wurden festgesetzt durch die Verordnung (EWG) Nr. 3011/79 der Kommission vom 20. Dezember 1979 (ABl. L 337, S. 65).
(18) - Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2779/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von Gefluegelfleisch und über die Kriterien für die Festsetzung des Erstattungsbetrags (ABl. L 282, S. 90).
(19) - Es darf darauf hingewiesen werden, daß der Vertreter der Kommission in der mündlichen Verhandlung die Ansicht vertreten hat, daß die von der Firma Voogd exportierten Erzeugnisse bewusst so geschnitten worden seien, daß sie ein Rückenteil enthielten.
(20) - Siehe oben Nr. 14.
(21) - A. a. O. (Fußnote 14), Randnr. 11.
(22) - A. a. O. (Fußnote 14), Randnr. 13.
(23) - A. a. O. (Fußnote 14), Randnr. 15.
(24) - Siehe Fußnote 14.
(25) - A. a. O. (Fußnote 14), Randnr. 20.
(26) - Die zitierte Formulierung stammt aus der für das Jahr 1987 geltenden Fassung des Gemeinsamen Zolltarifs, wie sie sich aus der Verordnung (EWG) Nr. 3618/86 des Rates vom 24. November 1986 (ABl. L 345, S. 1) ergab. In der am 1. Januar 1988 in Kraft getretenen Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 (ABl. L 256, S. 1), durch die die bereits erwähnte Kombinierte Nomenklatur eingeführt wurde, weist der entsprechende Passus eine etwas andere Formulierung auf: Mischungen ... werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann. Ein sachlicher Unterschied gegenüber der früheren Fassung dürfte hierin jedoch nicht zu sehen sein.
(27) - A. a. O. (Fußnote 14), Randnr. 24.
(28) - Es ist hier noch einmal daran zu erinnern, daß die Bestimmung der genauen anatomischen Grenzen eines Schenkels in diesem Sinne dem nationalen Gericht obliegt (siehe oben Nr. 18).
(29) - Hinzuweisen ist noch auf die allgemeine Tarifierungsvorschrift (beziehungsweise die allgemeine Vorschrift für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur) A 3c: Ist eine Einreihung nach der Vorschrift A 3b nicht möglich, so ist die Ware der von den in Betracht kommenden Positionen zuletzt genannten Tarifnummer [Position] zuzuweisen.
(30) - Die Vorlagefragen 2.2 und 2.3 verweisen hinsichtlich der zuletzt genannten Tarifposition zwar nur auf Ziffer 1.1. c der Vorlagefragen und damit auf die Verordnungen Nr. 1151/87 und Nr. 2800/87. Man darf jedoch annehmen, daß das vorlegende Gericht auch die entsprechende Tarifposition im Auge hatte, die in der Verordnung Nr. 3846/87 benutzt wird. Es dürfte sich insoweit um ein - angesichts des Umfangs der Vorlagefragen keineswegs verwunderliches - Versehen gehandelt haben, so daß ich mich bei meinen Ausführungen jeweis auch auf die zuletzt genannte Verordnung beziehen werde. In der Sache selbst ergibt sich ohnehin kein Unterschied.
(31) - Siehe oben Fußnote 11.
(32) - Siehe oben Fußnote 13.
(33) - Siehe oben Nr. 18.