SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
MARCO DARMON
vom 19. Januar 1993 (1)



Rechtssache C-8/92



General Milk Products GmbH
gegen
Hauptzollamt Hamburg-Jonas


(Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts Hamburg)

„Währungsausgleichsbeträge – Anwendung auf ein außergemeinschaftliches landwirtschaftliches Erzeugnis bei der Ausfuhr in einen anderen Mitgliedstaat“






Herr Präsident,meine Herren Richter!

1. Können auf Cheddar-Käse, der aus Neuseeland in einen Mitgliedstaat der Gemeinschaft eingeführt und sofort wieder in andere Mitgliedstaaten ausgeführt wird, auch dann positive Währungsausgleichsbeträge bei der Ausfuhr angewandt werden, wenn er bei seiner ursprünglichen Einfuhr weder negativen Währungsausgleichsbeträgen noch einer Mindestpreisregelung unterlag? Das ist im wesentlichen die Frage, die Ihnen das Finanzgericht Hamburg stellt.

2. Die deutsche Gesellschaft General Milk Products GmbH, Tochter einer neuseeländischen Gesellschaft (im folgenden: die GmbH), vertreibt in der Gemeinschaft von ihrer Muttergesellschaft hergestellte Milcherzeugnisse, insbesondere Käse. Während die gesamte Ware über den Hamburger Hafen eingeführt wird, wo sie vollständig zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in Deutschland angemeldet wird, wird ein Teil in andere europäische Staaten, insbesondere Dänemark und Frankreich, wiederausgeführt.

3. Diese Vorgänge sind, was die anwendbaren Währungsausgleichsbeträge angeht, zwei aufeinanderfolgenden Regelungen unterworfen worden.

4. Zunächst wurde die Einfuhr von Cheddar-Käse aus Neuseeland nach der Übereinkunft über abgestimmte Regelungen zwischen Neuseeland und der Gemeinschaft betreffend Käse, die durch den Beschluß 80/272/EWG des Rates vom 10. Dezember 1979 (2) genehmigt wurde, einer Mindestpreisregelung unterworfen, die auf der Verordnung (EWG) Nr. 2915/79 des Rates vom 18. Dezember 1979 (3) in der Fassung des Artikels 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1463/82 des Rates vom 27. Mai 1982 (4) beruht. Nach dem geänderten Artikel 9 der Verordnung Nr. 2915/79 ist bei der Einfuhr von Cheddar-Käse der Frei-Grenze-Wert zu beachten und eine Abschöpfung zu zahlen. Nach Artikel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1767/82 der Kommission vom 1. Juli 1982 (5) und der Fußnote 12 des Anhangs I Teil 5 der Verordnung (EWG) Nr. 900/84 der Kommission vom 31. März 1984 (6) (im folgenden: Fußnote 12) wird bei der Einfuhr kein Währungsausgleichsbetrag angewandt. Gemäß Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 974/71 des Rates vom 12. Mai 1971 (7) in Verbindung mit Artikel 1 der Verordnung Nr. 900/84 können für in Mitgliedstaaten der Gemeinschaft wiederausgeführte Partien positive Währungsausgleichsbeträge gewährt werden.

5. Sodann wurde die Mindestpreisregelung nach Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3340/84 des Rates vom 28. November 1984 (8) , mit dem Artikel 9 Absatz 1 sowie die Buchstaben e und f des Anhangs II der Verordnung Nr. 2915/79 aufgrund eines neuen Abkommens zwischen der Gemeinschaft und Neuseeland (9) erneut geändert wurden, mit Wirkung vom 16. Dezember 1984 ausgesetzt . Jeder Hinweis auf einen Frei-Grenze-Wert wurde gestrichen. Nach dieser neuen Regelung unterliegt die Einfuhr von Cheddar-Käse weiterhin keiner Anwendung eines Währungsausgleichsbetrags beim Eingang in die Gemeinschaft (10) .

6. Am 18. Dezember 1984 ließ die GmbH vom Hauptzollamt Hamburg-Ericus eine Partie Cheddar-Käse zur Freigutverwendung abfertigen und führte sogleich einen Teil dieser Partie nach Dänemark und einen anderen Teil nach Frankreich wieder aus.

7. Unter Berufung auf die Fußnote 12 in der Fassung der Verordnung Nr. 3522/84 der Kommission (11) beantragte die GmbH beim Hauptzollamt die Anwendung von Ausgleichsbeträgen für die aus Deutschland ausgeführten Partien, was ihr verweigert wurde.

8. Die GmbH focht diese Entscheidung vor dem Finanzgericht Hamburg an. Sie vertrat die Auffassung, keine Bestimmung der Regelung beschränke die Anwendung von Ausgleichsbeträgen bei der Ausfuhr auf Erzeugnisse mit Ursprung im Ausfuhrland oder auf Erzeugnisse, die in den Ausfuhrmitgliedstaat eingeführt und Ausgleichsbeträgen oder einer Mindestpreisregelung unterworfen worden seien. Sie machte geltend, Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1371/81 der Kommission vom 19. Mai 1981 (12) verlange nur, daß die Erzeugnisse das Gebiet des Ausfuhrmitgliedstaats verlassen hätten (13) .

9. Mit seiner Vorabentscheidungsfrage möchte das vorlegende Gericht von Ihnen wissen, ob die Vorschriften der Verordnung Nr. 900/84 in Verbindung mit der Verordnung Nr. 1371/81 dahin auszulegen sind, daß dann, wenn neuseeländischer Cheddar-Käse in einen Mitgliedstaat eingeführt wird, ohne negativen Währungsausgleichsbeträgen oder einer Mindestpreisregelung zu unterliegen, nicht bei der Wiederausfuhr dieses Erzeugnisses in einen anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft keine positiven Währungsausgleichsbeträge anzuwenden sind (14) .

10. Bekanntlich haben die Währungsausgleichsbeträge den Zweck, den Grundsatz der garantierten vorgeschriebenen Preise in einer Gemeinschaft, in der weder feste Wechselkurse noch eine Währungsunion bestehen, durch einen Mechanismus zu wahren, der in der Praxis das Wechselkursrisiko ausschaltet (15) . Sie werden im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik angewandt.

11. Diese bezweckt, die Einkommen der Landwirte dadurch zu stabilisieren, daß sie für viele landwirtschaftliche Erzeugnisse gemeinsame Marktorganisationen mit garantierten Preisen vorsieht, die in einer gemeinsamen Währungseinheit, der Rechnungseinheit, festgesetzt werden. Diese Preise werden zu einem Wechselkurs, dem sogenannten grünen Kurs, in die Landeswährung umgerechnet. Per definitionem können sich die garantierten Preise nicht entsprechend den Währungsschwankungen wöchentlich ändern. Es ist jedoch vorgekommen, daß die in jeder Landeswährung festgesetzten Preise zwischen zwei Landwirtschaftsjahren wegen der Abwertung oder der Aufwertung der Währung schwankten.

12. Die Ausgleichsbeträge sollen gerade die Preisunterschiede bei der Ausfuhr und bei der Einfuhr ausgleichen, die sich aus den Währungsunterschieden zwischen dem grünen Kurs, zu dem die Preise festgesetzt sind, und dem Kurs auf dem Markt der betreffenden Währung ergeben. Da die Ausgleichsbeträge die durch die Schwankungen der Landeswährungen hervorgerufenen Störungen auf den Märkten der landwirtschaftlichen Erzeugnisse beseitigen, tragen sie zur Garantie des einheitlichen Preises bei (16) .

13. Es gibt positive und negative Ausgleichsbeträge. Positive Ausgleichsbeträge gleichen ein nationales Preisniveau aus, das höher ist als das gemeinschaftliche Preisniveau; für negative Ausgleichsbeträge gilt das Gegenteil (17) . Wie bei den Abschöpfungen und Erstattungen werden positive Ausgleichsbeträge bei der Einfuhr erhoben und bei der Ausfuhr gewährt. Umgekehrt werden negative Ausgleichsbeträge bei der Ausfuhr erhoben und bei der Einfuhr gewährt (18) .

14. Zwar gilt für Cheddar-Käse in der Gemeinschaft kein Interventionspreis, er könnte jedoch als Folgeprodukt eines Erzeugnisses, für das ein Interventionspreis gilt (Milch), der Anwendung von Währungsausgleichsbeträgen unterworfen sein.

15. Wie wir gesehen haben, unterlag Cheddar-Käse zunächst einer Mindestpreisregelung, die bewirkte, daß sein Einfuhrpreis den Gemeinschaftspreisen angenähert oder angeglichen wurde.

16. Da der Mindestpreis in ECU ausgedrückt war, war es nicht erforderlich, bei der Einfuhr des fraglichen Erzeugnisses Währungsausgleichsbeträge anzuwenden (19) .

17. Dagegen war es im Fall der Wiederausfuhr in einen anderen Mitgliedstaat notwendig, Währungsausgleichsbeträge anzuwenden, wenn zwischen dem Marktkurs und dem grünen Kurs der betreffenden Währungen ein Unterschied bestand. So war es gerechtfertigt, auf dieses Erzeugnis bei seiner Wiederausfuhr in ein EG-Land mit schwächerer Währung positive Währungsausgleichsbeträge anzuwenden, die bei der Ausfuhr gewährt wurden, um den Vertrieb des Erzeugnisses in den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, deren Währung im betreffenden Zeitpunkt gegenüber der Währung des Ursprungsstaats niedriger bewertet wurde.

18. Wie verhält es sich, wenn für die in die Gemeinschaft eingeführte Ware kein Mindestpreis mehr gilt?

19. Auch hier ist es nicht erforderlich, auf die Einfuhren aus einem Drittland einen Währungsausgleichsbetrag anzuwenden. Die frei gebildeten Preise werden in die Währung des Einfuhrlandes automatisch zum Marktkurs umgerechnet, ohne daß ein sich aus der Anwendung des grünen Kurses ergebendes Wechselkursrisiko besteht.

20. Ist ein bei der Ausfuhr gewährter positiver Währungsausgleichsbetrag dann, wenn das Erzeugnis bei seiner Einfuhr in die Gemeinschaft nicht der Währungspolitik der gemeinsamen Marktorganisationen unterworfen war, nicht als eine Prämie ohne Gegenleistung, kurz, als ein Geschenk an den Exporteur, anzusehen, da für das Erzeugnis nie die Bedingungen des Gemeinschaftsmarkts gegolten haben?

21. Klärend ist hier eine Prüfung der Ratio legis: Das Fehlen sowohl von Mindestpreisen als auch von Währungsausgleichsbeträgen bei der Einfuhr in die Gemeinschaft scheint von vornherein jeden Anspruch auf die Gewährung von Währungsausgleichsbeträgen bei der Wiederausfuhr in einen anderen Mitgliedstaat auszuschließen.

22. So hat Generalanwalt Warner in der Rechtssache Lesieur Cotelle (20) auf folgendes hingewiesen:[Der] Gerichtshof [hat] mehrmals ausgeführt, daß die Ausgleichsbeträge nur dann angewandt werden dürfen, wenn sie erforderlich sind, um Störungen des guten Funktionierens der gemeinsamen Marktorganisation für bestimmte Erzeugnisse zu verhindern; er hat ferner entschieden, daß die Kommission zur Aufhebung der Beträge verpflichtet ist, wenn sie überzeugt ist, daß die Marktverhältnisse ihre Beibehaltung zu diesem Zweck überflüssig machen, und daß sie bei der Beurteilung der damit zusammenhängenden Fragen über einen weiten Ermessensspielraum verfügt. (21)

23. Ging mit der Aussetzung der Mindestpreisregelung ab 16. Dezember 1984 eine Aussetzung der Ausgleichsbeträge bei der Ausfuhr einher?

24. Auf einem so technischen und komplexen Gebiet wie dem der Währungsausgleichsbeträge verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, daß die Vorschriften aus sich heraus verständlich sind und daß sich die Rechte und Pflichten der Wirtschaftsteilnehmer aus dem Wortlaut der Regelung selbst ergeben, auf die sie sich berufen können müssen.

25. Unter Anwendung dieses Grundsatzes haben Sie im Urteil vom 22. Februar 1989 in den verbundenen Rechtssachen 92/87 und 93/87 (Kommission/Frankreich und Vereinigtes Königreich) (22) ausgeführt:[Nach] der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Urteil vom 9. Juli 1981 in der Rechtssache 169/80, Gondrand, Slg. 1981, 1931) [verlangt] der Grundsatz der Rechtssicherheit ..., daß eine den Abgabenpflichtigen belastende Regelung klar und deutlich ist, damit er seine Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und somit seine Vorkehrungen treffen kann. (23)

26. Wurde mit der Regelung über die Währungsausgleichsbeträge, die auf aus Neuseeland eingeführten Cheddar-Käse anwendbar waren, die Gewährung dieser Beträge bei der Wiederausfuhr des Erzeugnisses von dem Tag an, an dem es nicht mehr der Mindestpreisregelung unterlag, eindeutig ausgesetzt, da diese Beträge schon bei der Einfuhr unanwendbar waren?

27. Die Gewährung von Ausgleichsbeträgen bei der Wiederausfuhr von Cheddar-Käse beruht auf Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1371/81, wonach Währungsausgleichsbeträge auf Erzeugnisse angewandt werden, die eingeführt oder ausgeführt werden, soweit nicht andere Verordnungsbestimmungen diese Gewährung ausschließen.

28. Hier ist gleich festzustellen, daß keine auf das fragliche Erzeugnis anwendbare Bestimmung einen solchen Ausschluß vorsieht.

29. Die ursprüngliche Fassung der Fußnote 12 sah vor, daß auf bestimmte eingeführte Käsesorten kein Ausgleichsbetrag angewandt wird, unabhängig davon, ob sie der Mindestpreisregelung unterliegen (24) oder ob sie von dieser ausgeschlossen sind (25) .

30. Auch in den früheren Verordnungen ist nur in bezug auf eingeführte Käsesorten von Währungsausgleichsbeträgen die Rede (26) .

31. Die Fußnote 12 in der Fassung des Artikels 1 der Verordnung Nr. 3522/84 bestimmt:Bei den Käsesorten, die unter den Bedingungen gemäß Artikel 7 Absatz 1, Artikel 9 Absatz 1, Artikel 10 und Artikel 11 der (geänderten) Verordnung (EWG) Nr. 2915/79 eingeführt werden, wird kein Ausgleichsbetrag angewandt, sofern der gegebenenfalls für die entsprechende Käsesorte vorgesehene gültige Frei-Grenze-Betrag eingehalten wird, oder wenn die Einfuhrpreise für die fragliche Käsesorte nicht unter den in Artikel 11 Absatz 1 der genannten Verordnung aufgeführten Beträgen liegen. Auch für die in Artikel 9 Absatz 1 und in Artikel 11 Absatz 2 derselben Verordnung genannten Käsearten wird kein Ausgleichsbetrag angewandt, wenn es sich um unter den Buchstaben e), f) und r) des Anhangs II dieser Verordnung aufgeführte Erzeugnisse handelt und feststeht, daß die Erzeugnisse der darin aufgeführten Bezeichnung entsprechen. (27)

32. Der erste Satz betrifft namentlich Erzeugnisse, die zu einem Frei-Grenze-Mindestbetrag eingeführt werden. Er schließt für eingeführte Käsesorten Währungsausgleichsbeträge aus. Nur der zweite Satz betrifft Cheddar-Käse aus Neuseeland, der, ohne einer Mindestpreisregelung unterworfen zu sein, eingeführt wird. Er stellt nicht klar, ob der Ausschluß der Währungsausgleichsbeträge nur für die Einfuhr von Käse oder auch für seine Wiederausfuhr in einen anderen Mitgliedstaat gilt.

33. Mit der Kommission bin ich der Auffassung, daß die Fußnote 12 in dieser Fassung die Anwendung von Währungsausgleichsbeträgen auf Erzeugnisse, die aus einem Drittstaat eingeführt werden, ausschließt, daß sie es jedoch nicht verbietet, diese Beträge auf die Wiederausfuhr dieses Erzeugnisses in einen anderen Mitgliedstaat anzuwenden.

34. Der erste Satz betrifft nämlich die einer Mindestpreisregelung unterliegenden Erzeugnisse und sieht vor, daß kein Währungsausgleichsbetrag angewandt wird, sofern der Frei-Grenze-Betrag eingehalten wird. Ein solcher Betrag besteht nur für Einfuhren aus Drittländern.

35. In Anbetracht der Aussetzung des Mindestpreises enthält der zweite Satz, der speziell Cheddar-Käse betrifft, keinen Hinweis auf den Frei-Grenze-Betrag. Er verweist auf die Bezeichnung Cheddar-Käse in den Buchstaben e und f des Anhangs II, in denen vom Bestehen eines jährlichen Zollkontingents die Rede ist, das nur die Einfuhren aus Drittländern betreffen kann.

36. Überdies kann der Begriff Ausgleichsbetrag im ersten und im zweiten Satz ein und desselben Absatzes nicht unterschiedlich ausgelegt werden.

37. Schließlich ergibt sich aus der zweiten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 3522/84, daß mit den Änderungen der Fußnote 12 der neuen Lage Rechnung getragen werden sollte, die durch die Aussetzung der Mindestpreise für Cheddar-Käse aus Australien und Neuseeland geschaffen worden war. Das erklärt, daß der Hinweis auf Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2915/79, soweit er Cheddar-Käse betrifft, vom ersten Satz der Fußnote in den zweiten Satz übertragen wurde, um der Aussetzung der Mindestpreisregelung Rechnung zu tragen, ohne daß jedoch die Regelung der Währungsausgleichsbeträge, insbesondere für den Fall der Wiederausfuhr, geändert werden sollte.

38. Durch die Aussetzung des Mindestpreises bei der Einfuhr ist somit hinsichtlich der Währungsausgleichsbeträge keine neue Regelung geschaffen worden; insbesondere hat sie nicht dazu geführt, daß bei der Wiederausfuhr keine Ausgleichsbeträge erhoben werden können. Die Regelung macht die Anwendung von Ausgleichsbeträgen bei der Ausfuhr nicht vom Bestehen einer Regelung über Mindestpreise oder Währungsausgleichsbeträge bei der Einfuhr abhängig.

39. Im übrigen sieht Artikel 8 der Verordnung Nr. 1767/82 ausdrücklich vor, daß bei der Überführung der in Anhang I a), b), d), e), f), g), i), k), l) und m) genannten Erzeugnisse in den freien Verkehr ... kein Währungsausgleichsbetrag angewandt [wird] (28) .

40. Der Ausdruck Überführung in den freien Verkehr ist hier unter Berücksichtigung des Artikels 10 Absatz 1 EWG-Vertrag und des Artikels 1 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1371/81 so auszulegen, daß er einschränkend speziell die Einfuhr aus einem Drittland betrifft.

41. Zu beachten ist, daß der vorgenannte Artikel 8 durch Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 611/88 (29) geändert wurde, wonach für den Fall, daß bestimmte Erzeugnisse nach ihrer Überführung in den freien Verkehr im Einfuhrmitgliedstaat nach einem anderen Mitgliedstaat versandt oder wieder ausgeführt werden, kein Währungsausgleichsbetrag angewandt wird. Cheddar-Käse aus Neuseeland fällt jedoch nicht unter die genannten Erzeugnisse.

42. Daraus folgt, daß keine Verordnungsbestimmung den Ausschluß der Gewährung von Währungsausgleichsbeträgen bei der Wiederausfuhr von aus Neuseeland in die Gemeinschaft eingeführtem Cheddar-Käse in einen Mitgliedstaat zuläßt. Daher konnte keine ausdrückliche Bestimmung für die Wirtschaftsteilnehmer die Annahme begründen, daß bei einer Wiederausfuhr kein Anspruch auf Währungsausgleichsbeträge mehr bestehe.

43. Somit sind gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1371/81 Währungsausgleichsbeträge dann anwendbar, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. Ist erwiesen, daß das Erzeugnis das Gebiet des Ausfuhrmitgliedstaats verlassen hat, so kann der Währungsausgleichsbetrag geschuldet werden (30) .

44. Eine letzte Bemerkung. Ist die Lösung die gleiche, wenn die Ware nur in den ersten Mitgliedstaat eingeführt wurde, um ohne tatsächlichen Vertrieb in diesem Staat sofort wieder in einen anderen Mitgliedstaat ausgeführt zu werden?

45. In der Rechtssache Töpfer (31) war in Dänemark Weizen zur Lieferung nach der Bundesrepublik Deutschland verladen worden. Unterwegs hatte der Exporteur einen Halt in Großbritannien zu dem ausschließlichen Zweck eingelegt, einen Beitrittswährungsausgleichsbetrag zu vereinnahmen, da die Preise in diesem neuen Mitgliedstaat niedriger waren. Sie haben entschieden, daßder Exporteur, der landwirtschaftliche Erzeugnisse aus einem Mitgliedstaat mit höherem Preisniveau in einen neuen Mitgliedstaat befördert, nicht die Zahlung von Beitrittsausgleichsbeträgen verlangen kann, wenn die Erzeugnisse nicht nach der Erfüllung der Zollförmlichkeiten in dem den zuständigen Behörden des Ausfuhrmitgliedstaats als Bestimmungsstaat angegebenen Mitgliedstaat auf dem Markt dieses letztgenannten Staates tatsächlich in den Handel gebracht worden sind (32) .

46. Auf den ersten Blick ─ und diesen Punkt hat übrigens das vorlegende Gericht bei seiner Würdigung aufgegriffen ─ scheinen die Akten keinen Anhaltspunkt dafür zu enthalten, daß die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in Deutschland nur zum Schein und nur zu dem Zweck erfolgte, bei der Wiederausfuhr in den Genuß positiver Währungsausgleichsbeträge zu kommen.

47. Wie das vorlegende Gericht hervorhebt (33) , kann die Anwendung positiver Währungsausgleichsbeträge bei der Ausfuhr nur dann ausgeschlossen werden, wenn ─ was hier keineswegs der Fall sei ─ nachgewiesen sei, daß der Exporteur das System der Währungsausgleichsbeträge mißbräuchlich ausnutzen wollte.

48. Demgemäß schlage ich Ihnen vor, wie folgt für Recht zu erkennen:Die Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1371/81 in Verbindung mit der Verordnung (EWG) Nr. 900/84 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3522/84 sind dahin auszulegen, daß positive Währungsausgleichsbeträge bei der Wiederausfuhr von Cheddar-Käse, der aus Neuseeland in einen Mitgliedstaat eingeführt wurde, in einen anderen Mitgliedstaat angewandt werden können, auch wenn bei der Einfuhr in den erstgenannten Staat weder ein negativer Währungsausgleichsbetrag noch eine Mindestpreisregelung angewandt wurde, es sei denn, es wird nachgewiesen, daß die Ware zum Schein und nur zu dem Zweck in den zollrechtlich freien Verkehr dieses Staates überführt wurde, die obengenannten Rechtsvorschriften mißbräuchlich auszunutzen.


1
Originalsprache: Französisch.


2
Beschluß über den Abschluß der bilateralen Vereinbarungen, die im Zuge der Handelsverhandungen von 1973 bis 1979 getroffen wurden (ABl. 1980, L 71, S. 129). Siehe besonders Anhang 3 des Beschlusses, in dem die Vereinbarungen protokolliert werden, S. 149.


3
Verordnung zur Festlegung der Erzeugnisgruppen und der besonderen Vorschriften für die Berechnung der Abschöpfungen für Milch und Milcherzeugnisse und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 329, S. 1).


4
Verordnung zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2915/79 bezüglich der Voraussetzungen für die Zulassung bestimmter Käsesorten zu bestimmten Tarifnummern sowie zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 159, S. 1).


5
Verordnung mit Durchführungsbestimmungen für Sonderabschöpfungen bei der Einfuhr für bestimmte Milcherzeugnisse (ABl. L 196, S. 1).


6
Verordnung zur Festsetzung der Währungsausgleichsbeträge und bestimmter für ihre Anwendung erforderlicher Koeffizienten und Umrechnungskurse (ABl. L 92, S. 2).


7
Verordnung über bestimmte konjunkturpolitische Maßnahmen, die in der Landwirtschaft im Anschluß an die vorübergehende Erweiterung der Bandbreiten der Währungen einiger Mitgliedstaaten zu treffen sind (ABl. L 106, S. 1).


8
Verordnung zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2915/79 durch eine neue Einfuhrregelung für bestimmte Käsesorten aus Australien und Neuseeland (ABl. L 312, S. 5).


9
Siehe Beschluß 84/561/EWG des Rates vom 22. November 1984 über den Abschluß des Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Regierung Neuseelands zur Änderung der Übereinkunft über zwischen Neuseeland und der Gemeinschaft abgestimmte Regelungen betreffend Käse (ABl. L 308, S. 59) und die zweite Begründungserwägung der vorgenannten Verordnung Nr. 3340/84.


10
Nach der Fußnote 12 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3522/84 der Kommission vom 14. Dezember 1984 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 900/84 hinsichtlich der Nichtanwendung der Währungsausgleichsbeträge auf aus Australien und Neuseeland eingeführte Käsesorten (ABl. L 328, S. 18).


11
Siehe Nachweise oben Fußnote 9.


12
Verordnung über Durchführungsvorschriften für die Währungsausgleichsbeträge (ABl. L 138, S. 1).


13
Vorlagebeschluß, S. 2 bis 4.


14
Siehe Vorlagebeschluß, S. 2.


15
Siehe Randnr. 41 des Urteils vom 14. Mai 1975 in der Rechtssache 74/74 (CNTA/Kommission, Slg. 1975, 533).


16
Siehe z. B. Randnr. 22 des Urteils vom 15. Oktober 1980 in der Rechtssache 4/79 (Providence Agricole de la Champagne/ONIC, Slg. 1980, 2823).


17
Siehe Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1677/85 des Rates vom 11. Juni 1985 über die Währungsausgleichsbeträge im Agrarsektor (ABl. L 164, S. 6). Siehe auch Barthelemy und Heine: Les montants compensatoires monétaires et leur démantèlement, Cahiers de droit européen , 1987, S. 397 bis 434.


18
Artikel 1 der vorgenannten Verordnung Nr. 1371/81.


19
Siehe zweite Begründungserwägung der Verordnung (EWG) Nr. 3014/79 der Kommission vom 27. Dezember 1979 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2140/79 betreffend bestimmte Währungsausgleichsbeträge für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 337, S. 73).


20
Urteil vom 17. März 1976 in den verbundenen Rechtssachen 67/75 bis 85/75 (Slg. 1976, 391); Schlußanträge a. a. O., 412.


21
Slg. 1976, 418.


22
Slg. 1989, 405.


23
Randnr. 22.


24
Erster Satzteil.


25
Siehe Punkt r des Anhangs II der Verordnung Nr. 2915/79, der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3042/82 des Rates vom 15. November 1982 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2195/79 hinsichtlich der Anwendung eines ermäßigten Abschöpfungssatzes für bestimmte Käsesorten (ABl. L 322, S. 1) angefügt wurde.


26
Siehe insbesondere Fußnote 13 der Verordnung (EWG) Nr. 2140/79 der Kommission vom 28. September 1979 (ABl. L 247, S. 1) in der Fassung der genannten Verordnung Nr. 3014/79 sowie die Antwort der Kommission auf die zweite Frage des Gerichtshofes.


27
Cheddar-Käse ist unter den Buchstaben e und f dieses Anhangs II aufgeführt.


28
Cheddar-Käse aus Australien und Neuseeland ist in diesem Anhang unter den Buchstaben e und f aufgeführt.


29
Verordnung der Kommission vom 4. März 1988 zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 1767/82 und (EWG) Nr. 3938/87 hinsichtlich der Nichtanwendung der Währungsausgleichsbeträge bei unter Sonderbedingungen eingeführten Käsesorten (ABl. L 60, S. 19).


30
Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1371/81.


31
Urteil vom 27. Oktober 1981 in der Rechtssache 250/80 (Slg. 1981, 2465).


32
Randnr. 18, Hervorhebung von mir.


33
Vorlagebeschluß, S. 7.