61991C0188

Schlussanträge des Generalanwalts Van Gerven vom 15. Oktober 1992. - DEUTSCHE SHELL AG GEGEN HAUPTZOLLAMT HAMBURG-HARBURG. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: FINANZGERICHT HAMBURG - DEUTSCHLAND. - VERSANDVERFAHREN - INTERNATIONALES UEBEREINKOMMEN. - RECHTSSACHE C-188/91.

Sammlung der Rechtsprechung 1993 Seite I-00363


Schlußanträge des Generalanwalts


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Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1. In dieser Rechtssache legt das Finanzgericht Hamburg eine Reihe von Fragen in bezug auf die Auslegung und Anwendung des Übereinkommens über ein gemeinsames Versandverfahren, das am 20. Mai 1987 zwischen der Gemeinschaft und den EFTA-Ländern geschlossen wurde (hiernach: Übereinkommen)(1), zur Vorabentscheidung vor. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Deutschen Shell Aktiengesellschaft, der Klägerin des Ausgangsverfahrens (hiernach: Shell AG), und dem Hauptzollamt Hamburg-Harburg (hiernach: Hauptzollamt).

Hintergrund

2. Das Übereinkommen enthält Bestimmungen für die Warenbeförderung zwischen der Gemeinschaft und den EFTA-Ländern sowie zwischen den einzelnen EFTA-Ländern. Für diese Waren wird unbeschadet ihrer Art oder ihres Ursprungs ein gemeinsames Versandverfahren eingeführt (Artikel 1 Absatz 1 des Übereinkommens)(2), das auch als gemeinsame Transitregelung bezeichnet wird. Das gemeinschaftliche Versandverfahren, wie es in der Verordnung (EWG) Nr. 222/77(3) niedergelegt ist, stand für diese Regelung Modell. Das Übereinkommen wurde mit Beschluß des Rates vom 15. Juni 1987 genehmigt(4).

Die Vorschriften über die Nämlichkeit der Waren im Versandverfahren sind in Artikel 11 des Übereinkommens festgelegt. Grundsätzlich wird die Nämlichkeit der Waren durch Verschluß gesichert (Artikel 11 Absatz 1). Die Abgangszollstelle kann vom Verschluß jedoch absehen, wenn die Nämlichkeit der Waren durch Beschreiben in der Anmeldung T1 oder T2 oder in den beigefügten Papieren unter Berücksichtigung etwaiger anderer Maßnahmen zur Nämlichkeitssicherung festgestellt werden kann (Artikel 11 Absatz 4). Diese Ausnahmebestimmung stimmt mit der für das gemeinschaftliche Versandverfahren geltenden überein(5).

Nach Artikel 63 der Anlage II des Übereinkommens können die Zollbehörden jedes Landes bestimmten Versendern bewilligen, daß der Abgangszollstelle weder die Waren gestellt werden noch die Anmeldung zum Versandverfahren dafür vorgelegt wird. Zu den Voraussetzungen für die Verleihung dieses Status eines "zugelassenen Versenders" gehört, daß die Anschreibungen der Versender es den Zollbehörden ermöglichen, die Warenbewegungen zu kontrollieren (Artikel 64 der Anlage II). In dieser Bewilligung müssen die zur Nämlichkeitssicherung zu treffenden Maßnahmen festgelegt werden. Die Zollbehörden können vorschreiben, daß die Beförderungsmittel oder die Packstücke vom zugelassenen Versender mit besonderen, von den Zollbehörden zugelassenen Verschlüssen versehen werden (Artikel 65 Buchstabe d der Anlage II).

3. Aufgrund des Übereinkommens wurde ein Gemischter Ausschuß eingesetzt, der die Aufgabe hat, das Übereinkommen zu verwalten und seine ordnungsgemässe Durchführung sicherzustellen. Der Ausschuß besteht aus Vertretern der Vertragsparteien ° die Gemeinschaft wird durch die Kommission vertreten ° und handelt in gegenseitigem Einvernehmen, also im Wege der Einstimmigkeit. Er spricht Empfehlungen zur Durchführung des Übereinkommens aus und kann durch Beschluß eine Reihe genau festgelegter Änderungen vornehmen bzw. Maßnahmen treffen (Artikel 14 und 15 des Übereinkommens).

Auf seiner ersten Jahrestagung vom 21. Januar 1988 verabschiedete der Gemischte Ausschuß eine Reihe von "Verwaltungsabsprachen" ("arrangements administratifs", "administrative arrangements"), die in dem Dokument XXI/1367/87 ° EFTA 2 enthalten sind. Ausweislich des Protokolls handelt es sich um eine von EWG-EFTA-Sachverständigen verfasste Zusammenstellung von Vorschriften, die bei der Durchführung des Übereinkommens anzuwenden sind(6). In Kapitel III mit der Überschrift "Förmlichkeiten bei der Abgangszollstelle" erscheint unter Punkt C, "Maßnahmen zur Nämlichkeitssicherung", eine ° im Sitzungsbericht ausführlich wiedergegebene ° Grundabsprache ("arrangement de base"), in der unter anderem festgestellt wird, daß der Zollverschluß die geeignetste Methode darstelle, um den Übergang über die Grenze zu erleichtern. Ferner wird bestimmt, daß auf die in Artikel 11 Absatz 4 des Übereinkommens vorgesehene Befreiung vom Verschluß und auf die dort vorgesehene Feststellung der Nämlichkeit der Waren durch Beschreibung nur dann zurückgegriffen werden kann, wenn diese Beschreibung "so genau ist, daß die Nämlichkeit der Waren nach Art und Menge ohne Schwierigkeit festgestellt werden kann".

Das Dokument enthält in Kapitel III unter Punkt C ausserdem besondere Bestimmungen für den Verkehr mit der Schweiz und Österreich, die ebenfalls im Sitzungsbericht wiedergegeben sind. Darin wird vorgeschrieben, daß "die den Zollverschluß betreffenden Bestimmungen des Übereinkommens ... strikt ... anzuwenden [sind]", wobei "aussergewöhnlich schwere oder sperrige Waren und Waren, die zur Beförderung unter Zollverschluß nicht geeignet sind (Tiere), sowie aus technischen Gründen nicht verschließbare Fahrzeuge" vom Zollverschluß ausnahmsweise befreit sind.

4. Die Shell AG ist eine zugelassene Versenderin nach der gemeinschaftlichen und der gemeinsamen Transitregelung. In dieser Eigenschaft wurde ihr vom Hauptzollamt geraume Zeit gestattet, ihre Mineralölerzeugnisse auf Schiffen ohne Zollverschluß zu befördern. Mit Bescheid vom 1. November 1988 änderte das Hauptzollamt diese Bewilligung unter anderem dahin ab, daß die Shell AG eine Nämlichkeitssicherung durch Beschreiben im gemeinsamen Versandverfahren mit (allen) EFTA-Ländern künftig nur noch durchführen kann, i) wenn es sich um Waren handelt, die schwer, sperrig oder zur Beförderung unter Zollverschluß nicht geeignet sind (Tiere), ii) wenn Fahrzeuge aus technischen Gründen nicht verschließbar sind oder iii) wenn eine Eingangszollstelle eines EFTA-Landes Bestimmungszollstelle ist. Das Hauptzollamt folgt damit den Anweisungen des Bundesministeriums der Finanzen, die auf das obengenannte Protokoll des Gemischten Ausschusses gestützt waren, insbesondere auf die darin enthaltenen besonderen Bestimmungen, die für den Verkehr mit der Schweiz und Österreich gelten.

5. Nachdem die Shell AG bei der Oberfinanzdirektion Hamburg erfolglos Rechtsbehelf eingelegt hatte, erhob sie Klage beim vorlegenden Gericht. Sie begehrt die Aufhebung des entsprechenden Teils des von der Oberfinanzdirektion erlassenen Bescheids. Sie möchte ihre im gemeinsamen Versandverfahren versandten Mineralölerzeugnisse wie bisher nur beschreiben. Sie meint, Artikel 11 Absatz 4 des Übereinkommens räume der Abgangszollstelle ein Ermessen in Einzelfällen ein. Diese Möglichkeit, unter Berücksichtigung jedes Einzelfalls die zur Nämlichkeitssicherung erforderlichen Maßnahmen festzulegen, werde durch die genannte Handlung des Gemischten Ausschusses beseitigt. Ausserdem hält die Shell AG die Auflage, beim Versand in die EFTA-Länder einen Zollverschluß anzulegen, für unverhältnismässig. Als zugelassene Versenderin stehe sie unter einer ständigen und wirksamen Kontrolle der Zollbehörden, die einen Mißbrauch des Versandverfahrens im wesentlichen ausschließe. Die bislang und auch im gemeinschaftlichen Versandverfahren geuebte Praxis der Nämlichkeitssicherung durch Beschreiben in den Versandpapieren habe nicht zu Beanstandungen geführt und sei zur Sicherung der Abgabeninteressen der am Versandverfahren beteiligten Staaten ausreichend. Hingegen bringe eine Nämlichkeitssicherung durch Verschluß einen beträchtlichen zeitlichen und personellen Mehraufwand bei der Versandabwicklung mit sich, insbesondere wenn Binnenschiffe verschlossen werden müssten. Dies würde bedeuten, daß jedes Binnenschiff in mehrstuendiger Arbeit mit 40 bis 60 Plomben gesichert werden müsste. Die Shell AG vermag nicht zu erkennen, daß zollrechtliche Belange diese Formalitäten beim Versand in die EFTA-Länder rechtfertigten, während nach eigener Beurteilung und Verwaltungspraxis des Hauptzollamts dergleichen bei einem Versand in Mitgliedstaaten nicht erforderlich sei.

Das beklagte Hauptzollamt und die Oberfinanzdirektion Hamburg als dem Ausgangsverfahren Beigetretene berufen sich vor dem vorlegenden Gericht darauf, daß die Absprachen im Gemischten Ausschuß der Sicherung einer einheitlichen Ermessensausübung in den Vertragsstaaten dienten. Die hier in Rede stehende Absprache sei erforderlich, um einen schnellen und reibungslosen Grenzuebergang sicherzustellen, insbesondere hinsichtlich des erheblichen Verkehrs durch die Schweiz und Österreich. Der Gemischte Ausschuß könne eine solche Absprache treffen, da er sogar zur Änderung der Anlagen des Übereinkommens befugt sei.

6. Da das Finanzgericht Hamburg der Ansicht ist, daß die Entscheidung des Rechtsstreits gemeinschaftsrechtliche Fragen aufwerfe, legt es dem Gerichtshof folgende Fragen vor:

1) Ist die Entschließung des nach Artikel 14 des Übereinkommens über ein gemeinsames Versandverfahren vom 20. Mai 1987 gebildeten Gemischten Ausschusses für die Mitgliedstaaten verbindlich, nach welcher das Dokument XXI/1367/87 ° EFTA 2 im gemeinsamen Versandverfahren angewendet werden soll? Unterliegt diese Entschließung der Jurisdiktion des Gerichtshofes?

2) Wenn die Frage 1 zu bejahen ist:

Ist diese Entschließung gültig?

3) Wenn die Frage 1 zu verneinen ist:

Unterliegt das Übereinkommen vom 20. Mai 1987 der Jurisdiktion des Gerichtshofes? Wenn diese Frage zu bejahen ist:

a) Sind die Artikel 11 Absatz 4 und 15 Absatz 2 des Übereinkommens dahin auszulegen, daß der Gemischte Ausschuß ermächtigt ist, die Entscheidungsbefugnis der Abgangszollstelle, von einem Verschluß abzusehen, dahin einzuengen, daß die Waren stets durch Verschlüsse zu sichern sind, sofern nicht die Eingangszollstelle des EFTA-Staates Bestimmungszollstelle ist oder ein Raumverschluß nicht angelegt werden kann?

b) Sind die in a) genannten Vorschriften dahin auszulegen, daß diese Entscheidung anstelle der Abgangszollstelle auch die oberste Behörde des betreffenden Mitgliedstaates treffen kann?

4) Wenn die Fragen zu 3 zu bejahen sein sollten:

Sind die dort genannten Bestimmungen in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit dahin zu verstehen, daß auch bei der Beförderung von Mineralölen in Tankzuegen und Schiffen durch einen nach Anlage II Kapitel II des Übereinkommens zugelassenen Versender ein Verschluß gefordert werden darf?

Zuständigkeit des Gerichtshofes und Rechtsnatur der beanstandeten Handlung

7. In der dritten und der ersten Vorabentscheidungsfrage spricht das vorlegende Gericht die Frage der Zuständigkeit des Gerichtshofes in bezug auf das Übereinkommen vom 20. Mai 1987 und auf die beanstandete Handlung des aufgrund des Übereinkommens eingesetzten Gemischten Ausschusses an.

Das vorlegende Gericht nimmt zu Recht an, daß die Auslegung des Übereinkommens in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fällt. Nach ständiger Rechtsprechung bilden die Bestimmungen eines vom Rat geschlossenen Übereinkommens von dessen Inkrafttreten an einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung(7). Für die Gemeinschaft stellt ein solches Übereinkommen jedenfalls die Handlung eines Gemeinschaftsorgans im Sinne des Artikels 177 Absatz 1 Buchstabe b EWG-Vertrag dar, so daß der Gerichtshof zur Vorabentscheidung über die Auslegung dieses Übereinkommens mit Geltung innerhalb der Gemeinschaft befugt ist(8).

8. Was die Zuständigkeit des Gerichtshofes im Hinblick auf die streitige Handlung des Gemischten Ausschusses betrifft, so ist zunächst in Beantwortung (des ersten Teils) der ersten Vorabentscheidungsfrage zu prüfen, wie die beanstandete Handlung nach dem Übereinkommen rechtlich zu qualifizieren ist.

Bereits über ihre Bezeichnung besteht Uneinigkeit. Das vorlegende Gericht spricht von einer Entschließung; dem widerspricht jedoch die Kommission. In den Dokumenten der betreffenden Zusammenkunft des Gemischten Ausschusses kommt diese Bezeichnung tatsächlich nicht vor. Klar erscheint mir allerdings, daß es sich nicht um einen Beschluß im Sinne von Artikel 15 Absatz 3 des Übereinkommens handelt. Dort werden die Bereiche, in denen der Gemischte Ausschuß rechtlich verbindliche Beschlüsse fassen kann, abschließend aufgezählt. Dabei handelt es sich um die Befugnis, ganz bestimmte Änderungen vorzunehmen und bestimmte (Übergangs-)Maßnahmen zu treffen. Die Handlung, um die es vorliegend geht, fällt nicht darunter. Aus dem Protokoll der Jahrestagung vom 21. Januar 1988 ergibt sich im übrigen, daß der Gemischte Ausschuß diese Maßnahme zur Durchführung ° und nicht zur Änderung ° des Übereinkommens für erforderlich hielt. Demnach ist in der Handlung eine Empfehlung im Sinne von Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe b des Übereinkommens zu sehen: Nach dieser Vorschrift empfiehlt der Gemischte Ausschuß "alle anderen Maßnahmen, die zur Durchführung des Übereinkommens erforderlich sind".

Damit ist die erste Teilfrage von Frage 1 bereits beantwortet: Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine rechtlich nicht bindende Handlung eines Verwaltungs- und Kontrollorgans, das aufgrund eines von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen Übereinkommens eingesetzt wurde.

9. Die Kommission, die in ihren schriftlichen Erklärungen ebenfalls zu dem Schluß kommt, daß es sich bei der beanstandeten Handlung um eine Empfehlung handele, folgert daraus, daß der Gerichtshof nicht zuständig sei, im Rahmen von Artikel 177 EWG-Vertrag über die Gültigkeit und die Auslegung derartiger Handlungen zu entscheiden. Ihrer Ansicht nach ist eine weite Auslegung des Artikels 177 nur angezeigt, wenn wirklich ein Bedürfnis danach bestehe. Dies sei nicht der Fall bei rechtlich nicht bindenden Handlungen von Organen, die aufgrund von der Gemeinschaft geschlossener internationaler Verträge tätig würden. Solche Handlungen seien nicht Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung. Die Kommission räumt ein, daß sich der Gerichtshof im Urteil Sevince für befugt angesehen habe, über die Auslegung von Beschlüssen eines gemischt beschickten Assoziationsrates zu entscheiden, der aufgrund eines von der Gemeinschaft mit einem Drittland geschlossenen Assoziationsabkommens eingesetzt worden war. Ausschlaggebend für die Anwendung des Artikels 177 EWG-Vertrag sei für den Gerichtshof jedoch die Notwendigkeit gewesen ° so versteht die Kommission das Urteil Sevince °, daß sämtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts in der gesamten Gemeinschaft einheitlich angewendet würden. Wenn eine Maßnahme keine bindende Wirkung habe, bestehe diese Notwendigkeit nicht. Die nationalen Gerichte könnten den Gerichtshof dann immer noch im Hinblick auf die Auslegung des Gemeinschaftsrechts anrufen, das diesen Handlungen zugrunde liege. Stelle sich heraus, daß diese Handlungen mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stuenden, gebe es selbstverständlich keine Probleme; doch auch im Falle ihrer Unvereinbarkeit stelle sich kein Problem, da die fragliche Handlung nicht bindend sei.

10. Ich stimme dieser Argumentation nicht zu. Ich vermag vor allem nicht zu erkennen, weshalb rechtlich nicht bindende Handlungen eines Organs, das aufgrund eines vom Rat genehmigten internationalen Übereinkommens eingesetzt wurde, nicht Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung sein sollten, während dies für bindende Handlungen eines solchen Organs der Fall ist. Aus der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt sich deutlich, daß nicht der bindende Charakter der Handlung entscheidend ist, sondern der unmittelbare Zusammenhang der Handlung mit dem von der Gemeinschaft geschlossenen internationalen Übereinkommen. Besteht ein solcher unmittelbarer Zusammenhang, so ist sie ebenso wie das internationale Übereinkommen, auf dem sie beruht, integrierender Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung(9). Ausschlaggebend für diesen engen Zusammenhang ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes, daß sich die Handlung "in den institutionellen Rahmen" des Übereinkommens einfügt(10) und "zu dessen Durchführung ergeht"(11). Das Erfordernis eines unmittelbaren Zusammenhangs wird daher erfuellt sein, sobald feststeht, daß die betreffende Handlung "von dem durch das Abkommen geschaffenen und mit dessen Durchführung beauftragten Organ" vorgenommen wurde(12). Daß ein solcher unmittelbarer Zusammenhang im vorliegenden Fall gegeben ist, steht ausser Zweifel: Wie sich noch zeigen wird, geht es vorliegend um eine Handlung, die im institutionellen Rahmen des Übereinkommens von dem durch das Übereinkommen beauftragten Verwaltungs- und Kontrollorgan (siehe Nr. 13) vorgenommen wurde und mit der das Übereinkommen in dem Sinne durchgeführt wird, daß sie der Abgangszollstelle hierfür praktische Leitlinien in bezug auf die Nämlichkeit der zu versendenden Waren an die Hand geben soll. Daher steht die Handlung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Hauptziel des Übereinkommens, nämlich der Vereinfachung der Warenbeförderung im Rahmen des Warenverkehrs zwischen der Gemeinschaft und der EFTA (siehe ferner Nrn. 15 und 16).

11. Wenn feststeht, daß eine Handlung Teil des Gemeinschaftsrechts ist, steht ihr nicht bindender Charakter der Anwendung des Artikels 177 nicht entgegen. Der Gerichtshof hat dies im Zusammenhang mit Empfehlungen, die aufgrund des EWG-Vertrags ausgesprochen wurden, schon mehrfach bestätigt(13). Im Urteil Grimaldi hat der Gerichtshof dazu ausgeführt:

"Insoweit genügt die Feststellung, daß Artikel 177 ° anders als Artikel 173 EWG-Vertrag, der die Überprüfung von Handlungen mit Empfehlungscharakter durch den Gerichtshof ausschließt ° dem Gerichtshof die Befugnis verleiht, im Wege der Vorabentscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft ohne jede Ausnahme zu entscheiden."(14)

Ich vermag nicht zu erkennen, weshalb dies nicht gleichermassen für Empfehlungen des Gemischten Ausschusses gelten soll, der aufgrund des hier in Rede stehenden internationalen Übereinkommens eingesetzt wurde, nachdem feststeht, daß diese Empfehlungen Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung sind, da sie in engem Zusammenhang zum Übereinkommen stehen. Solche Empfehlungen können zwar keine Rechte begründen ° so der Gerichtshof im Urteil Grimaldi °,

"auf die ... sich [die einzelnen] vor den innerstaatlichen Gerichten berufen könnten. Die innerstaatlichen Gerichte sind jedoch verpflichtet, diese Empfehlungen bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn die Empfehlungen geeignet sind, Aufschluß über die Auslegung anderer innerstaatlicher oder gemeinschaftlicher Bestimmungen zu geben"(15).

Entsprechend sind die nationalen Gerichte deshalb ebenfalls verpflichtet, die streitigen Empfehlungen des Gemischten Ausschusses zu berücksichtigen ° es sei denn, sie wären wegen Verstosses gegen das Übereinkommen oder gegen höherrangige Rechtsgrundsätze ungültig (siehe hierzu Nrn. 12 ff. bzw. Nr. 17) °, falls sie geeignet sind, Aufschluß über die Auslegung des Übereinkommens, im vorliegenden Fall von dessen Artikel 11 Absatz 4, zu geben.

Aus alledem folgt, daß der Gerichtshof sehr wohl zuständig ist, im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 177 über die Auslegung und die Gültigkeit der fraglichen Empfehlung zu entscheiden.

Vereinbarkeit der Handlung mit dem Übereinkommen

12. Die Frage nach der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Übereinkommen betrifft im wesentlichen die Auslegung des Übereinkommens selbst, insbesondere seiner Artikel 11 Absatz 4 und 15 Absatz 2 sowie der Artikel 63 und 65 der Anlage II.

Mit der dritten Vorabentscheidungsfrage möchte das vorlegende Gericht unter Buchstabe a insbesondere wissen, ob der Gemischte Ausschuß ermächtigt ist, ° im Wege einer aufgrund von Artikel 15 Absatz 2 des Übereinkommens ausgesprochenen Empfehlung ° die der Abgangszollstelle in Artikel 11 Absatz 4 des Übereinkommens eingeräumte Befugnis in der Weise einzuengen, wie dies in der beanstandeten Handlung geschieht. Im Anschluß daran möchte es unter Buchstabe b derselben Frage wissen, ob es gegen die genannten Vorschriften des Übereinkommens verstösst, wenn die der Abgangszollstelle vorbehaltene Entscheidung von der obersten Behörde des betreffenden Mitgliedstaats getroffen wird.

Zur Beantwortung dieser Fragen werde ich zunächst die Befugnis darstellen, die sich für den Gemischten Ausschuß aus Artikel 15 Absatz 2 des Übereinkommens ergibt (Nr. 13), und sodann erörtern, welche Befugnis der Abgangszollstelle oder anderen nationalen Behörden durch Artikel 11 Absatz 4 des Übereinkommens eingeräumt wird (Nr. 14), um schließlich zu prüfen, ob der Gemischte Ausschuß mit der streitigen Handlung die letztgenannte Befugnis einengen durfte (Nr. 15).

13. Wie erwähnt hat der Gemischte Ausschuß nach Artikel 15 Absatz 1 des Übereinkommens die Aufgabe, das Übereinkommen zu verwalten und seine ordnungsgemässe Durchführung sicherzustellen. Zu diesem Zweck stellt er ein Forum für Gespräche zwischen den Vertragsparteien (der Gemeinschaft und den EFTA-Ländern) dar, in deren Rahmen die praktischen Erfahrungen mit der Durchführung des Übereinkommens ausgetauscht werden, und dazu kommt ihm eine Beratungs- und in einigen Fällen eine Entscheidungsbefugnis zu. Im Hinblick auf Vorschläge zur Änderung des Übereinkommens (mit Ausnahme derjenigen Änderungen, die infolge von Änderungen der Anlagen notwendig werden, siehe Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe c) und Maßnahmen, die zur Durchführung des Übereinkommens erforderlich sind, verfügt der Gemischte Ausschuß nur über die Befugnis, Empfehlungen auszusprechen (Artikel 15 Absatz 2).

Nach dem Inhalt der beanstandeten Handlung und, wie bereits bemerkt (oben, Nr. 8), dem Protokoll der Tagung, bei der die Handlung erörtert wurde, betrifft diese Handlung eindeutig die Durchführung des Übereinkommens ° weshalb ich zuvor bereits zu dem Schluß gekommen bin, daß die betreffende Handlung keinen Beschluß, sondern eine Empfehlung darstellt. Im übrigen verweist auch das vorlegende Gericht in seiner Frage auf Artikel 15 Absatz 2.

Aus der Unterscheidung in Artikel 15 Absatz 2 zwischen Buchstabe a und Buchstabe b ergibt sich ferner, daß die in Buchstabe b genannten Empfehlungen nicht dazu geeignet sind, den Vertragsparteien eine Änderung zu empfehlen, sondern daß sie sich ausschließlich auf die Durchführung des Übereinkommens beziehen. So gesehen bezwecken Empfehlungen der letztgenannten Art meines Erachtens, die von den nationalen Zollverwaltungen jeweils geuebte Praxis miteinander zu vergleichen und soweit wie möglich aufeinander abzustimmen. Die im Hinblick auf eine solche Harmonisierung formulierten Empfehlungen müssen sich im Rahmen der Bestimmungen des Übereinkommens halten, was nicht ausschließt, daß diese Bestimmungen in der Empfehlung präzisiert werden(16). Dabei dürfen Wesen und Zweck der Bestimmungen des Übereinkommens jedoch nicht beeinträchtigt werden.

14. Als nächstes ist die Beurteilungsbefugnis zu bestimmen, die der Abgangszollstelle oder gegebenenfalls den höheren nationalen Zollbehörden in Artikel 11 Absatz 4 des Übereinkommens im Hinblick darauf verliehen wird, eine Abweichung von der allgemeinen Regel des Artikels 11 Absatz 1 zu gestatten, wonach die Nämlichkeit von Waren grundsätzlich durch Verschluß gesichert wird. Wie erwähnt kann die Abgangszollstelle eine solche Befreiung im Einzelfall erteilen, "wenn die Nämlichkeit der Waren durch Beschreiben in der Anmeldung T 1 oder T 2 oder in den beigefügten Papieren unter Berücksichtigung etwaiger anderer Maßnahmen zur Nämlichkeitssicherung festgestellt werden kann".

Die Regel des Artikels 11 Absatz 4 ist im Zusammenhang mit Artikel 65 Buchstabe d der Anlage II des Übereinkommens ° der integrierender Bestandteil des Übereinkommens ist(17) ° zu sehen, der die Zollbehörden anweist, im Rahmen der Voraussetzungen für die Bewilligung des Status eines zugelassenen Versenders bestimmte zur Nämlichkeitssicherung zu treffende Maßnahmen (darunter eine bestimmte Art von Verschluß) vorzuschreiben.

Aus der Gegenüberstellung dieser beiden Artikel ergibt sich meines Erachtens, daß die Beurteilungsbefugnis der Abgangszollstelle, die zwangsläufig Einzelfälle betrifft, nach dem Übereinkommen eingebettet ist in einen von den höheren Zollbehörden des betreffenden Staates festzulegenden allgemeinen Rahmen und deshalb innerhalb dieses Rahmens ausgeuebt werden muß. Dies scheint mir übrigens im Hinblick auf die Rechtssicherheit und darauf angezeigt, daß die Abgangszollstellen in einem bestimmten Staat die ihnen eingeräumte Befugnis, Abweichungen von dem Grundsatz des Verschlusses zu gestatten, gleichförmig anwenden. Versteht es sich nicht von selbst, daß es der höheren Zollbehörde zukommt, in die Entscheidungspraxis der einzelnen Zollstellen eine allgemeine Linie zu bringen?

Damit habe ich bereits die Frage unter Buchstabe b der dritten Vorabentscheidungsfrage beantwortet: Die oberste Zollbehörde eines Staates ist nicht befugt, in Einzelfällen Befreiungen zu erteilen, wohl aber, die Entscheidungspraxis der einzelnen Zollstellen mit Hilfe allgemeiner Leitlinien so weit wie möglich zu vereinheitlichen.

15. Bleibt die Frage, ob der Gemischte Ausschuß ° unter Berücksichtigung seiner Befugnis, wie sie sich aus den Bestimmungen des Übereinkommens ergibt, und der Beurteilungsbefugnis, die nach dem Übereinkommen den nationalen Behörden vorbehalten ist ° diese Beurteilungsbefugnis mit der beanstandeten Empfehlung in unzulässiger Weise eingeengt hat.

Die Beantwortung dieser Frage hat meines Erachtens davon auszugehen, i) daß der Gemischte Ausschuß, wie bereits gesehen, die Aufgabe hat, die Zollpraxis, die in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und in den EFTA-Ländern in bezug auf die Befreiung vom Zollverschluß geuebt wird, soweit wie möglich aufeinander abzustimmen, und ii) daß der Zollverschluß im Hinblick auf einen reibungslosen Warenverkehr die allgemeine Regel darstellt, von der zugunsten der betroffenen Unternehmen Ausnahmen gemacht werden können, wenn sich die Nämlichkeit der Waren auf eine andere, für die Unternehmen weniger belastende Weise zufriedenstellend feststellen lässt.

Hiervon ausgehend bin ich der Ansicht, daß jedenfalls die Grundabsprache, wie sie in der beanstandeten Handlung des Gemischten Ausschusses enthalten ist (oben, Nr. 3), keine unzulässige Einengung der Beurteilungsbefugnis der nationalen Zollstellen oder Zollbehörden bedeutet. Die dort ausgesprochenen Empfehlungen sind meiner Ansicht nach nicht mehr als eine Präzisierung, wenn nicht eine Paraphrase dessen, was in Artikel 11 des Übereinkommens geschrieben steht.

16. Auch die besonderen Bestimmungen, die in der beanstandeten Handlung für den Handel mit der Schweiz und Österreich aufgestellt werden (oben, Nr. 3), stellen meines Erachtens eine Präzisierung des allgemeinen Rahmens dar, innerhalb dessen Abweichungen von dem allgemeinen Grundsatz des Verschlusses gestattet werden können. Zwar wird die den nationalen Zollbehörden eingeräumte Möglichkeit der Abweichung dort für den Handel mit diesen beiden Ländern einschränkender präzisiert als für den Handel mit den anderen EFTA-Ländern. Wie sich aus dem Protokoll der Tagung des Gemischten Ausschusses vom 21. Januar 1988 ergibt, wird dies jedoch mit dem Umstand gerechtfertigt, daß bald nach Inkrafttreten des Übereinkommens festgestellt worden sei, daß die ° von der Shell AG angestrebte ° Nämlichkeitssicherung von Waren durch Beschreiben in den Versandpapieren anstatt durch Verschluß dazu geführt habe, daß der Grenzuebergang nach Österreich erschwert worden sei. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, hatte diese Methode der Nämlichkeitssicherung die schweizerischen und österreichischen Zollbehörden veranlasst, an den betreffenden Grenzen vermehrt Stichproben zu nehmen.

Angesichts dieser Begründung ° Hinwirken auf einen reibungsloseren Grenzuebergang, insbesondere an den verkehrsintensiven Grenzen zur Schweiz und zu Österreich, was mit dem Ziel des Übereinkommens völlig in Einklang steht(18) ° und der Notwendigkeit, auch in diesem Punkt eine gleichförmige Verwaltungspraxis bei der Durchführung des Übereinkommens sicherzustellen, stellt dieser Teil der Empfehlung meiner Ansicht nach ebenfalls keinen unzulässigen Eingriff in die Befugnis der nationalen Zollbehörden durch den Gemischten Ausschuß dar.

Vereinbarkeit der Handlung mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit

17. Die Shell AG macht noch geltend, die beanstandete Handlung verstosse gegen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, und zwar insbesondere gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Die Einengung der Beurteilungsbefugnis der nationalen Abgangszollstellen stelle gegenüber einem zugelassenen Versender wie der Shell AG eine unverhältnismässige Befugnisausübung dar. Das vorlegende Gericht spricht diese Problematik in der vierten Vorabentscheidungsfrage an.

Hierzu möchte ich folgendes bemerken. Zum einen steht fest, daß Nämlichkeitssicherung durch Verschluß im Übereinkommen als die geeignetste Methode für einen reibungslosen grenzueberschreitenden Warenverkehr angesehen wird. Zum anderen hat sich gezeigt, daß dieser Vorrang des Verschlusses vom Gemischten Ausschuß im Rahmen der ihm nach dem Übereinkommen eingeräumten Befugnisse bestätigt wurde. Bei einer solchen Sachlage steht es dem Gerichtshof nicht zu, seine eigene Ansicht an die Stelle dieser Einschätzung zu setzen, es sei denn, die Handlung des Gemischten Ausschusses verstieße offensichtlich gegen den gemeinschaftlichen Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Letzteres steht meines Erachtens im vorliegenden Fall keineswegs fest. Die Shell AG weist nämlich nicht nach, daß das von ihr als Methode zur Nämlichkeitssicherung vorgeschlagene Beschreibungsverfahren im Hinblick auf einen reibungslosen Warenverkehr eine ebenso zweckmässige Alternative zur Verschlußmethode darstellt, berücksichtigt man die erheblichen Probleme, zu denen die erstgenannte Methode beim Grenzuebergang in die Schweiz und nach Österreich führt. Die Verschlußmethode ist für die Shell AG zweifellos belastender; ich bin jedoch nicht der Ansicht, daß der Gemischte Ausschuß im Rahmen der Abwägung zwischen dem Interesse eines zugelassenen Versenders wie der Shell AG und dem bei der Verschlußmethode gewährleisteten reibungsloseren Grenzuebergang eine offensichtlich unverhältnismässige Maßnahme empfohlen hat(19).

Ergebnis und Antwortvorschlag

18. Aus den vorgetragenen Erwägungen ergibt sich ° und dies beantwortet die zweite Vorabentscheidungsfrage °, daß die beanstandete Handlung des Gemischten Ausschusses meiner Ansicht nach weder gegen das Übereinkommen noch gegen den gemeinschaftlichen Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstösst und daß demzufolge kein Grund ersichtlich ist, weshalb die Behörden der Mitgliedstaaten die in der Handlung verabschiedeten Empfehlungen nicht berücksichtigen dürften; sie müssen sie vielmehr beachten im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes, insbesondere des Urteils Grimaldi(20).

19. Aufgrund all dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des vorlegenden Gerichts wie folgt zu beantworten:

1) Bei den Verwaltungsabsprachen, die im Dokument XXI/1367/87 ° EFTA 2 vom 21. Januar 1988, das von dem aufgrund von Artikel 14 des Übereinkommens über ein gemeinsames Versandverfahren vom 20. Mai 1987 eingesetzten Gemischten Ausschuß angenommen wurde, enthalten sind, handelt es sich um Empfehlungen, die die Mitgliedstaaten nicht binden, von ihnen aber zu berücksichtigen sind, sofern sie nicht gegen das Übereinkommen oder höherrangige Rechtsgrundsätze, insbesondere den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, verstossen.

2) Nach den Artikeln 11 Absatz 4 und 15 Absatz 2 Buchstabe b des Übereinkommens in Verbindung mit den Artikeln 63 und 65 Buchstabe d der Anlage II des Übereinkommens ist es einer höheren Zollbehörde eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, den allgemeinen Rahmen zu bestimmen, innerhalb dessen die der Abgangszollstelle eingeräumte Befugnis, vom Verschluß abzusehen, auszuüben ist. Dem Gemischten Ausschuß war es nach diesen Vorschriften ebenfalls nicht verwehrt, diese Befugnis im Hinblick auf ihre einheitliche Anwendung durch die Vertragsparteien in den genannten Absprachen im Einklang mit Wesen und Zweck des Übereinkommens zu präzisieren.

3) Für einen Verstoß der genannten Absprachen gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist nichts ersichtlich.

(*) Originalsprache: Niederländisch.

(1) ° ABl. 1987, L 226, S. 2.

(2) ° Unter Versandverfahren ist ein Zollverfahren zu verstehen, in dem Waren unter zollamtlicher Überwachung von einer Zollstelle in einem Land zu einer anderen Zollstelle im selben oder in einem anderen Land befördert werden, wobei mindestens eine Grenze überschritten wird (Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a des Übereinkommens).

(3) ° Verordnung (EWG) Nr. 222/77 des Rates vom 13. Dezember 1976 über das gemeinschaftliche Versandverfahren (ABl. 1977, L 38, S. 1).

(4) ° ABl. 1987, L 226, S. 1.

(5) ° Vgl. Artikel 18 der Verordnung Nr. 222/77.

(6) ° Siehe Punkt 4 des Protokolls dieser Zusammenkunft, Anlage I zu den schriftlichen Erklärungen der Kommission.

(7) ° Vgl. bereits Urteil vom 30. April 1974 in der Rechtssache 181/73 (Hägeman, Slg. 1974, 449, Randnr. 5); vgl. ferner die Urteile vom 30. September 1987 in der Rechtssache 12/86 (Demirel, Slg. 1987, 3719, Randnr. 7), vom 14. November 1989 in der Rechtssache 30/88 (Griechenland/Kommission, Slg. 1989, 3711, Randnr. 12) und vom 20. September 1990 in der Rechtssache C-192/89 (Sevince, Slg. 1990, I-3461, Randnr. 8); aus jüngster Zeit vgl. das Gutachten 1/91 vom 14. Dezember 1991 (Slg. 1991, I-6079, Randnr. 37).

(8) ° Urteil Hägeman, Randnrn. 4 und 6; Urteil Demirel, Randnr. 7; Gutachten 1/91, Randnr. 38.

(9) ° Urteil Sevince, Randnr. 9; Urteil Griechenland/Kommission, Randnr. 13.

(10) ° Urteil vom 27. September 1988 in der Rechtssache 204/86 (Griechenland/Rat, Slg. 1988, 5323, Randnr. 20); Urteil Griechenland/Kommission, Randnr. 13.

(11) ° Urteil Sevince, Randnr. 9.

(12) ° Urteil Sevince, Randnr. 10.

(13) ° Vgl. die Urteile vom 15. Juni 1976 in der Rechtssache 113/75 (Frecassetti, Slg. 1976, 983), vom 9. Juni 1977 in der Rechtssache 90/76 (Van Ameyde, Slg. 1977, 1091) und vom 13. Dezember 1989 in der Rechtssache C-322/88 (Grimaldi, Slg. 1989, 4407, Randnr. 9).

(14) ° Urteil Grimaldi, Randnr. 8.

(15) ° A. a. O., Randnr. 19.

(16) ° Zu einer solchen Präzisierungsbefugnis siehe auch meine Schlussanträge in der Rechtssache 14/88 (Italien/Kommission, Slg. 1989, 3694 f., Nr. 13), wo es um die der Kommission nach der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 zustehende Befugnis zur Ausfuellung oder Präzisierung geht.

(17) ° Siehe Artikel 19 des Übereinkommens.

(18) ° Vgl. die erste Begründungserwägung in der Präambel des Beschlusses des Rates vom 15. Juni 1987 (ABl. 1987, L 226, S. 1).

(19) ° Die Shell AG macht geltend, das deutsche Bundesministerium der Finanzen habe die mit der beanstandeten handlung empfohlenen besonderen Regeln für Österreich und die Schweiz für allgemein anwendbar erklärt und wende sie daher auch auf den Verkehr mit anderen EFTA-Ländern an. Das vorlegende Gericht hat hierzu keine Frage gestellt. Im übrigen ist es nicht Sache des Gerichtshofes, über die Verhältnismässigkeit dieser weiter (als die Empfehlungen des Gemischten Ausschusses) gehenden nationalen Maßnahme zu entscheiden.

(20) ° Siehe oben, Nr. 11.