SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GIUSEPPE TESAURO

vom 14. Juli 1993 ( *1 )

Herr Präsident,

meine Herren Richter,

1. 

Die Frage der Vereinbarkeit staatlicher Regelungen, die die wirtschaftliche latigkeit privater Unternehmen betreffen, mit den Artikeln 3 Buchstabe f, 5 Absatz 2 und 85 Absatz 1 EWG-Vertrag, die in den letzten Jahren mehrfach, immer auf Vorabentscheidungsersuchen hin, Gegenstand von Entscheidungen gewesen ist, erregt weiterhin wegen der durch sie berührten Grundsätze beträchtliches Interesse.

Die Vorlagen des Kammergerichts Berlin (Rechtssache C-2/91) und der Arrondissementsrechtbank Arnhcim (Rechtssache C-245/91) werfen diese Frage erneut in bezug auf zwei nationale Regelungen auf, eine deutsche und eine niederländische, die es Versicherungsunternchmen und Vermittlern untersagen, in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren; sie geben dem Gerichtshof Gelegenheit, sich hierzu näher zu äußern, und zwar insbesondere zu erläutern, wie eng der Zusammenhang zwischen staatlichen Maßnahmen der fraglichen Art und Verhaltensweisen von Einzelpersonen sein muß (gegebenenfalls, ob ein solcher Zusammenhang überhaupt erforderlich ist), um annehmen zu können, daß die Regelungen im Widerspruch zu den gemeinschaftsrcchtlichcn Wcttbewcrbsvorschriftcn stehen.

2. 

Ich stelle zunächst den nationalen rechtlichen Rahmen der Rechtssache C-2/91 unter Hinweis darauf dar, daß zwar das Provisionsabgabeverbot gegenwärtig für alle Versicherungszweige gilt ( 1 ), daß sich die Frage des vorlegenden Gerichts aber nur auf den Sektor der Kranken- und der Rechtsschutzversicherung bezieht.

Für die Krankenversicherung wurde das in Rede stehende Verbot mit der Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 5. Juni 1934 erlassen; für die Rechtsschutzversicherimg wurde dieses Verbot mit der Anordnung des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen vom 24. Januar 1967 eingeführt und in der Folge mit der Verordnung des Bundesaufsichtsamts vom 17. August 1982, die alle Versicherungssektoren betrifft, bestätigt. Während es nach der Anordnung von 1934 nur untersagt war, „in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren“, untersagt die Verordnung von 1982 „jede unmittelbare oder mittelbare Zuwendung neben den Leistungen auf Grund des Versicherungsvertrages, insbesondere jede Provisionsabgabe“.

Diese Regelungen sind gestützt auf Artikel 81 Absatz 2 Satz 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 6. Juni 1931 (VAG), früher Artikel 64 des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmen vom 12. Mai 1901. Diese Bestimmung, wonach die zuständige Behörde „allgemein oder für einzelne Versicherungszweige den Versicherungsunternehmen und Vermittlern von Versicherungsverträgen untersagen [kann], dem Versicherungsnehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren“, wurde durch ein Änderungsgesetz vom 19. Juli 1923 in das Gesetz von 1901 eingefügt und dann in das VAG von 1931 übernommen. Gemäß Artikel 144a Absatz 1 Nr. 1 VAG wird der Verstoß gegen die in Durchführung dieser Bestimmung erlassenen Regelungen mit Geldbuße geahndet.

Die zuständige Kontrollbehörde machte am 10. August 1923, also unmittelbar nach der Einfügung von Artikel 81, von der ihr dort eingeräumten Ermächtigung Gebrauch, indem sie das hier in Rede stehende Verbot für den Lebensversicherungssektor erließ.

3. 

Vor dem Erlaß der im vorliegenden Fall strittigen staatlichen Maßnahmen waren Vereinbarungen gleichen Inhalts zwischen den auf dem Lebensversicherungssektor tätigen Unternehmen geschlossen worden. Insbesondere ist zu verweisen auf das Heidelberger Abkommen von 1900, eine Vereinbarung zwischen den vier bedeutendsten Unternehmen des Sektors, das „Antirabattabkommen“ von 1911, dem sich die Mehrheit der Versicherungsunternehmen (des Sektors Leben) anschloß, und schließlich die sogenannten „Richtlinien“ von 1919, auf deren Grundlage diese Unternehmen den staatlichen Stellen sogar einen Gesetzentwurf unterbreiteten, der zu der Änderung des VAG vom Juli 1923 und dem darauffolgenden Erlaß der Anordnung vom 10. August 1923 führte.

Vollständigkeitshalber ist ferner auch auf die „Wiesbadener Vereinbarung“ von 1978, eine von den Vertretern der Verbände aller Versicherungssektoren getroffene Absprache, hinzuweisen. Wie sich auch aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten ergibt, untersagt es diese Vereinbarung, Provisionen, die im Hinblick auf Versicherungen jeder Art gezahlt werden, ganz oder teilweise weiterzugeben. Es handelt sich also um eine zwischen allen Versicherungsgesellschaften geschlossene Vereinbarung, nach der das fragliche Verbot für alle, auch selbständige, Vermittler gilt; zu dieser Vereinbarung kam es jedoch erst nach Erlaß der diesem Verfahren zugrunde liegenden staatlichen Maßnahmen.

4. 

Ich komme zur Rechtssache C-245/91, in der es um eine Regelung geht, deren Inhalt im wesentlichen den soeben beschriebenen deutschen Maßnahmen entspricht. In Artikel 16 Absatz 1 der Wet Assurantiebemiddelingsbedrijf vom 7. Februar 1991 (Gesetz über die Versicherungsvermittlungstätigkeit, nachstehend: VABB), mit dem im wesentlichen der Inhalt von Artikel 16 der Wet Assurantiebemiddeling von 1952 (Versicherungsvermittlungsgesetz, nachstehend: VAB) übernommen wurde, heißt es nämlich: „Es ist verboten, wegen einer Versicherung unmittelbar oder mittelbar einer anderen Person als dem Vermittler, in dessen Geschäftsbereich die Versicherung fällt, eine Provision, eine Rückvergütung oder irgendeinen anderen in Geld bestimmbaren Vorteil zu gewähren, zu überlassen oder zu versprechen.“ Der Verstoß gegen diese Vorschrift wird aufgrund der Wet op de economische delicten (Gesetz über Wirtschaftsstraftaten) mit Freiheitsstrafe oder Geldbuße geahndet.

5. 

Die den Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalte sind einfach und unstreitig. Herr Meng (Rechtssache C-2/91), ein selbständiger Finanzkaufmann, wird beschuldigt, gegen die einschlägige Regelung verstoßen zu haben, indem er die Provision, die er von Versicherungsgesellschaften für sechs Verträge erhalten hatte, von denen jeweils drei die Krankenversicherung und die Rechtsschutzversicherung betrafen, an seine Kunden abführte. Die Ohra (Rechtssache C-245/91) wird strafrechtlich verfolgt, weil sie für den Abschluß von Versicherungsverträgen Kreditkarten versprochen und/oder angeboten haben soll.

Vor den nationalen Gerichten haben Herr Meng und die Ohra geltend gemacht, die fraglichen staatlichen Maßnahmen seien im Hinblick auf die gcmcinschaftsrechtlichen Wettbcwerbsrcgeln rechtswidrig. Das Kammergericht und die Arrondissementsrechtbank hielten es daher für angebracht, Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zu richten, mit denen sie diesen im wesentlichen ersuchen, über die Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahmen mit den Artikeln 3 Buchstabe f, 5 Absatz 2 und 85 Absatz 1 EWG-Vertrag zu entscheiden. Das niederländische Gericht möchte ferner wissen, ob sich an der Antwort auf diese Frage etwas ändert, je nachdem, ob das Verbot der Gewährung von in Geld bestimmbaren Vorteilen ausschließlich für Vermittler, auch für mit den Vermittlern zusammenarbeitende Versicherungsunternehmen oder auch für Dircktversichcrcr (sogenannte „direct writers“) gilt.

6. 

Die Fragen betreffen also die Problematik des Verhältnisses zwischen den gcmcinschaftsrechtlichen Wcttbcwerbsvorschriftcn und nationalen Regelungen für die wirtschaftliche Tätigkeit der Unternehmen, Regelungen also, die'grundsätzlich im allgemeinen Interesse erlassen wurden, aber eine wettbewerbswidrige Wirkung haben: Können die erstgenannten der Anwendung letzterer entgegenstehen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Der Gerichtshof hat insoweit stets entschieden, daß die nationalen Regelungen für die wirtschaftliche Tätigkeit der Unternehmen nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der Artikel 85 und 86 fallen. Die Artikel 85 und 86 seien nämlich an die Unternehmen und nicht an die Mitgliedstaaten gerichtet (persönlicher Anwendungsbereich); sie sollten die Wettbewerbsfreiheit schützen, nicht aber die Vorrechte der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik einschränken, für die, soweit erforderlich, andere Bestimmungen des EWG-Vertrags gälten (sachlicher Anwendungsbereich).

Andererseits hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, daß „die Mitgliedstaaten ... aufgrund der Artikel 85 und 86 in Verbindung mit Artikel 5 EWG-Vertrag keine Maßnahmen, und zwar auch nicht in Form von Gesetzen oder Verordnungen, treffen oder beibehalten [dürfen], die die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbcwerbsrcgcln aufheben könnten“ ( 2 ).

Die beiden Feststellungen stehen durchaus im Einklang miteinander. Zwar betreffen die Artikel 85 und 86 wettbewerbswidrige Verhaltensweisen der Unternehmen, doch dürfen es die Mitglicdstaatcn den Unternehmen nicht ermöglichen, die Verbote zu umgehen, indem sie ihnen den „Schild“ einer gesetzlichen Deckung bieten. Andernfalls könnte den Artikeln 85 und 86 ihre Wirksamkeit genommen werden: Die Mitgliedstaaten dürfen demnach die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln nicht beeinträchtigen.

7. 

Dieser Grundsatz ist zwar äußerst klar formuliert, jedoch läßt sich das gleiche hinsichtlich des Inhalts der Verpflichtung und der Kriterien für die Entscheidung, wann diese verletzt ist, nicht sagen. Welche „Maßnahmen“ können, mit anderen Worten, die praktische Wirksamkeit von Artikel 85 aufheben? Wie konkretisiert sich das Kriterium der praktischen Wirksamkeit?

Für die Beantwortung dieser Frage erscheint es sinnvoll, zunächst auf die wesentlichen Gesichtspunkte der einschlägigen Rechtsprechung hinzuweisen, der Rechtsprechung also, die sich auf die Anwendung der Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrags auf staatliche Maßnahmen bezieht, die selbst zwar nicht Teil der Wettbewerbsregelung sind ( 3 ), aber Auswirkungen auf die Wettbewerbsordnung haben ( 4 ).

Der durch die Rechtsprechung gezogene Rahmen

8.

Bekanntlich war die erste Entscheidung des Gerichtshofes auf diesem Gebiet das Urteil INNO/ATAB ( 5 ), in dem es um eine belgische Vorschrift ging, nach der die Einzelhändler beim Verkauf von Tabakerzeugnissen den auf der Steuerbanderole angegebenen, vom Hersteller oder Importeur festgesetzten Preis einhalten mußten ( 6 ).

Der Gerichtshof hat auf der Grundlage von Artikel 5 Absatz 2 — wonach die Mitgliedstaaten „alle Maßnahmen unterlassen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrages gefährden könnten“ — entschieden: „Obgleich sich Artikel 86 an die Unternehmen richtet, begründet deshalb der Vertrag doch auch für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung, keine Maßnahmen zu treffen, oder beizubehalten, die die praktische Wirksamkeit dieser Bestimmung ausschalten könnten“ (Randnr. 31). Er ist demgemäß zu dem Ergebnis gekommen, daß „die Mitgliedstaaten keine Maßnahmen treffen [dürfen], die es privaten Unternehmen ermöglichen, sich den ihnen durch die Artikel 85 bis 94 des Vertrages auferlegten Bindungen zu entziehen“ (Randnr. 33).

Im damaligen Fall hat der Gerichtshof aus dieser grundsätzlichen Feststellung keine Konsequenzen hergeleitet; er stellte nämlich fest: „Eine innerstaatliche Vorschrift, die in ihrer Auswirkung die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung begünstigt, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist, wird jedenfalls normalerweise mit den Artikeln 30 und 34 unvereinbar sein, die mengenmäßige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung verbieten“ (Randnr. 35).

9.

In dem in Rede stehenden Urteil hat der Gerichtshof also das Kriterium der praktischen Wirksamkeit in der Verpflichtung der Mitgliedstaatcn gesehen, keine Maßnahmen zu erlassen, die es den Unternehmen ermöglichen, sich den ihnen durch die Artikel 85 und 86 auferlegten Verboten zu entziehen. Bei der Feststellung dieses Grundsatzes darf der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht außer acht gelassen werden, aus dem sich eindeutig ergibt, daß dem Erlaß der streitigen Maßnahme im Widerspruch zu Artikel 85 stehende Vereinbarungen vorausgegangen waren und daß die Maßnahme auf die Initiative eines Parlamentariers zurückging, der zugleich Sekretär einer an der Vereinbarung beteiligten Vereinigung war. Das Gebot, die praktische Wirksamkeit der Wettbcwerbsrcgcln nicht durch den Erlaß von Vorschriften zu beeinträchtigen, die es den Unternehmen ermöglichen, sich den in den Artikeln 85 und 86 geregelten Verboten zu entziehen, ist daher in diesem Zusammenhang zu sehen.

Die im Urteil INNO/ATAB ausgesprochenen, in der Lehre lebhaft diskutierten Grundsätze, ließen Zweifel daran bestehen, ob a) die praktische Wirksamkeit nur beeinträchtigt ist, wenn eine Verhaltensweise der Unternehmen die Ursache oder die Folge des Erlasses der fraglichen staatlichen Maßnahme ist (dann wäre die Entstehungsgeschichte der fraglichen Maßnahme oder die Tatsache, daß diese die Entstehung einer Vereinbarung begünstigt hat, von besonderer Bedeutung), oder ob b) die praktische Wirksamkeit schon beeinträchtigt ist, wenn die staatliche Maßnahme Gegenstand einer als solcher gegen Artikel 85 Absatz 1 verstoßenden Vereinbarung hätte gewesen sein können (wenn die Unternehmen, mit anderen Worten, in eine Lage versetzt werden, in die sie sich selbst ohne einen Verstoß gegen Artikel 85 nicht hätten versetzen können).

10.

Die unmittelbar nach dem Urteil INNO/ATAB ergangenen Urteile scheinen eher für die erstere Annahme zu sprechen. Der Gerichtshof hat nämlich in mehreren Entscheidungen insbesondere über nationale Preis- und Tarifregelungen festgestellt, daß diese Regelungen keine Frage der Vereinbarkeit mit den Artikeln 5 und 85 EWG-Vertrag aufwürfen ( 7 ), sondern vielmehr im Hinblick auf Artikel 30 zu prüfen seien.

Insoweit ist insbesondere auf das Urteil Van de Haar ( 8 ) zu verweisen, in dem es um eine nationale Regelung ging, die der belgischen Vorschrift entsprach, die der Rechtssache INNO/ATAB zugrunde lag. In diesem Urteil hat der Gerichtshof entschieden: „Zwar dürfen die Mitgliedstaaten keine Maßnahmen treffen, die es Privatunternehmen gestatten, sich den Anforderungen des Artikels 85 EWG-Vertrag zu entziehen, doch gehören die Bestimmungen dieses Artikels zu den Wettbewerbsregeln ‚für Unternehmen‘ und sollen somit für das Verhalten privater Unternehmen auf dem Gemeinsamen Markt maßgeblich sein. Sie kommen deshalb für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Rechtsvorschriften der Art, wie sie Gegenstand des Ausgangsverfahrens sind, mit dem Gemeinschaftsrecht nicht in Betracht“ (Randnr. 24).

Mit dem Urteil Van de Haar hat der Gerichtshof demnach klargestellt, daß die Beurteilung staatlicher Maßnahmen im Lichte der Artikel 5, 3 Buchstabe f und 85 Absatz 1 davon abhängt, welches Verhältnis zwischen diesen Maßnahmen und wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen der Unternehmen besteht.

11.

In der Folge scheint sich die Rechtsprechung, wenigstens auf den ersten Blick, in zwei verschiedene Richtungen entwickelt zu haben.

Ein erste Rechtsprechungsrichtung, die die Notwendigkeit eines Zusammenhangs zwischen staatlicher Maßnahme und wettbewerbswidrigem Verhalten der Unternehmen bestätigt und dessen Natur näher erläutert, umfaßt die Urteile BNIC/Clair ( 9 ), BNIC/Aubert ( 10 ), „Nouvelles Frontieres“ ( 11 ), Ahmed Saeed ( 12 ) und Vlaamse Reisbureaus (WR) ( 13 ). Es handelt sich im übrigen um die einzigen Urteile, in denen der Gerichtshof die angefochtenen Maßnahmen unter Berufung auf Artikel 5 Absatz 2 in Verbindung mit den Artikeln 3 Buchstabe f und 85 Absatz 1 für rechtswidrig erklärt hat.

12.

Im Urteil BNIC/Clair, in dem es um eine nationale Regelung ging, mit der eine innerhalb einer überberuflichen Einrichtung geschlossene Vereinbarung auf die übrigen Wirtschaftsteilnehmer des Sektors erstreckt wurde, hat der Gerichtshof entschieden, daß eine solche Vereinbarung eine Vereinbarung zwischen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen darstelle und daß das Handeln einer Behörde, das eine solche Vereinbarung für Dritte verbindlich machen solle, „diese Vereinbarung nicht der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 entziehen“ könne (Randnr. 23).

Der Gerichtshof hat deshalb, ohne ausdrücklich über die streitige staatliche Maßnahme zu entscheiden, lediglich festgestellt, daß die Verbote des Artikels 85 Absatz 1 weiterhin auf die fragliche Vereinbarung anwendbar seien ( 14 ).

13.

Über eine staatliche Maßnahme, mit der die Wirkungen einer Vereinbarung auf Dritte erstreckt werden, hat der Gerichtshof in der Rechtssache „Nouvelles Frontières“ entschieden; nach diesem Urteil ist die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, keine Maßnahmen zu treffen oder beizubehalten, die die praktische Wirksamkeit der Wettbewerbsvorschriften aufheben könnten, insbesondere dann verletzt, „wenn ein Mitgliedstaat Artikel 85 zuwiderlaufende Kartellabsprachen vorschreibt oder erleichtert oder deren Auswirkungen verstärkt“ (Randnr. 72).

Der Gerichtshof ist demgemäß zu dem Ergebnis gekommen, daß „es den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten nach Artikel 5 in Verbindung mit den Artikeln 3 Buchstabe i und 85, insbesondere Absatz 1, EWG-Vertrag widerspricht, Flugtarife zu genehmigen und damit ihre Wirkungen zu verstärken, wenn ... festgestellt wurde, daß diese Tarife das Ergebnis von Vereinbarungen, Beschlüssen von Untcrnehmensvereinigungen oder abgestimmten Verhaltensweisen sind, die Artikel 85 zuwiderlaufen“ ( 15 ) (Randnr. 77).

14.

Besonderes Interesse verdient die Rechtssache WR, in der es um eine nationale Regelung ging, die es Rciscvermittlern verbot, ihre Provisionen ganz oder teilweise an die Kunden weiterzugeben. Der Gerichtshof hat zunächst festgestellt, daß ein System von — durch die streitige Regelung rezipierten — Vereinbarungen bestehe, um dann zu entscheiden, daß diese Umwandlung einer rein vertraglichen in eine gesetzliche Verpflichtung eine Verstärkung bestehender Vereinbarungen darstelle.

Das Neue an diesem Urteil ist, daß der Gerichtshof nicht mehr das gleichzeitige Bestehen von Vereinbarung und staatlicher Maßnahme im Zeitpunkt des Rechtsstreits verlangt hat: Im zu entscheidenden Fall war nämlich nicht eindeutig erwiesen, daß die 1963 geschlossene Vereinbarung im Zeitpunkt des Rechtsstreits noch in Kraft war. Der Gerichtshof hat es jedoch als ausreichend angesehen, daß die Vereinbarung der fraglichen Maßnahme zugrunde lag: Dies war unmittelbar der Königlichen Verordnung von 1966 zu entnehmen, in der es hieß, daß der Reisevermittler „das vereinbarte Verbot einhalten [muß], die eingenommenen Provisionen mit dem Kunden zu teilen“.

Obwohl der Gerichtshof der Form nach am Fall einer Maßnahme zur Verstärkung der Wirkungen einer Vereinbarung angeknüpft hat, ist er wohl davon ausgegangen, daß die praktische Wirksamkeit von Artikel 85 auch verletzt ist, wenn die den Inhalt der Vereinbarung rezipierende staatliche Maßnahme die Vereinbarung kodifiziert und damit an deren Stelle tritt. In diesem Sinne könnte auch von einer Maßnahme gesprochen werden, die dadurch, daß sie an die Stelle der früheren Vereinbarungen tritt, selbständige wettbewerbswidrige Verhaltensweisen der beteiligten Wirtschaftsteilnchmcr überflüssig macht.

15.

Diese Feststellung leitet über zur zweiten, anderen Richtung in der Rechtsprechung des Gerichtshofes, die — nach Ansicht mancher Kommentatoren — unter Anknüpfung an das Urteil INNO/ATAB kein wettbewerbswidriges Verhalten der Unternehmen verlangt.

Ich verweise auf das Urteil Leclerc (Bücher) vom 10. Januar 1985 ( 16 ), in dem es um ein nationales Gesetz ging, wonach die Verleger oder Importeure von Büchern die Endverkaufspreise selbst frei festsetzen.

Der Gerichtshof hat in Anbetracht dessen, daß die fragliche Maßnahme nicht darauf gerichtet sei, den Abschluß von Vereinbarungen zwischen Verlegern und Einzelhändlern oder andere der in Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag genannten Verhaltensweisen vorzuschreiben, die Frage aufgeworfen, ob „solche nationalen Rechtsvorschriften, die nach Artikel 85 Absatz 1 verbotene Verhaltensweisen von Unternehmen dadurch überflüssig machen, daß sie den Verlegern oder Importeuren von Büchern die Verantwortung dafür übertragen, die für die Einzelhandelsstufe verbindlichen Preise frei festzusetzen, die praktische Wirksamkeit des Artikels 85 beeinträchtigen und daher Artikel 5 Absatz 2 EWG-Vertrag zuwiderlaufen“ (Randnr. 15).

Der Gerichtshof hat also, ohne im übrigen eine Antwort zu geben, die Frage aufgeworfen, ob die praktische Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln auch im Fall einer nationalen Maßnahme — die im zu entscheidenden Fall vergleichbare Wirkungen hatte, wie sie sich zuvor aus einem Netz von Vereinbarungen zwischen den Wirtschaftsteilnehmern des Sektors ergeben hatte — beeinträchtigt sei, die den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern selbst die Festsetzung der Einzelhandelspreise übertrage und auf diese Weise wettbewerbswidrige Verhaltensweisen der gemäß Artikel 85 Absatz 1 verbotenen Art überflüssig mache.

16.

Eine erste Antwort auf diese Frage findet sich schon in dem Urteil Leclerc (Treibstoffe) vom 29. Januar 1985 ( 17 ). Der Gerichtshof weist nämlich in diesem Urteil darauf hin, daß die fragliche Regelung „nicht darauf gerichtet [ist], den Abschluß von Vereinbarungen zwischen Lieferanten und Einzelhändlern oder andere der in Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag genannten Verhaltensweisen vorzuschreiben. Sie überträgt vielmehr die Aufgabe der Festsetzung den öffentlichen Stellen, die zu diesem Zweck eine Reihe von Faktoren heranziehen.“ Er stellt abschließend fest, daß der Umstand, daß zu den berücksichtigten Faktoren „die von den Lieferanten festgesetzten Übernahmepreise gehören, ... einer derartigen Regelung noch nicht ihren staatlichen Charakter [nimmt] und nicht geeignet [ist], die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln auszuschalten“ (Randnr. 17).

Aus diesen Feststellungen ergibt sich im Gegenschluß, daß die praktische Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln beeinträchtigt sein kann, wenn die fragliche Regelung ihren staatlichen Charakter dadurch verliert, daß sie es den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern selbst überläßt, den Markt zu regeln, nicht aber, wenn diese Verantwortung bei den öffentlichen Stellen verbleibt ( 18 ).

17.

Der bislang dargestellte von der Rechtsprechung gezogene Rahmen wird durch das Urteil Van Eycke vom 21. September 1988 ( 19 ) vervollständigt, in dem der Gerichtshof die beiden erörterten Richtungen „kodifiziert“ und festgestellt hat, die praktische Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln sei insbesondere dann beeinträchtigt, wenn ein Mitgliedstaat „gegen Artikel 85 verstoßende Kartellabsprachen vorschreibt, erleichtert oder deren Auswirkungen verstärkt oder wenn er der eigenen Regelung dadurch ihren staatlichen Charakter nimmt, daß er die Verantwortung für die in die Wirtschaft eingreifende Entscheidung privaten Wirtschaftsteilnehmern überträgt“ ( 20 ).

Zusammenfassende Überlegungen zur Rechtsprechung

18.

Aufgrund der bislang vorgenommenen Erörterung der Rechtsprechung kann zwar einerseits nicht ausgeschlossen werden, daß die Theorie der praktischen Wirksamkeit auch über die im Urteil Van Eycke typisierten Fälle hinaus Anwendung finden kann; andererseits ergibt sich daraus jedoch meines Erachtens überaus deutlich, daß Maßnahmen mit objektiv wettbewerbswidriger Wirkung nicht allein aus diesem Grunde nach den Artikeln 3 Buchstabe f, 5 und 85 beurteilt werden können ( 21 ).

In der Praxis ( 22 ) hat der Gerichtshof jedoch bisher die Rechtswidrigkeit der angefochtenen staatlichen Maßnahme vom Vorhandensein eines erheblichen Zusammenhangs zwischen der Maßnahme selbst und den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen der Unternehmen abhängig gemacht, so daß die praktische Wirksamkeit im Sinne von Artikel 85 beim Vorliegen zweier Voraussetzungen beeinträchtigt ist:

Bestehen einer gegen Artikel 85 Absatz 1 verstoßenden Vereinbarung;

Vorliegen einer staatlichen Maßnahme, die diese vorschreibt, erleichtert oder auch deren Wirkungen verstärkt.

Gewiß brauchen diese Voraussetzungen in dem — bisher nur in einer Grundsatzaussage behandelten — Fall nicht mehr vorzuliegen, in dem ein Mitgliedstaat privaten Wirtschaftstcilnehmem die Verantwortung für den Erlaß von Interventionsentscheidungen im Bereich der Wirtschaft überträgt, aber auch dann nur insoweit, als der Mitgliedstaat durch diese Delegierung seiner eigenen Regelung den staatlichen Charakter nimmt.

Insoweit gewinnt die bereits von Generalanwalt Capotorti in den Schlußanträgen in der Rechtssache van Tiggele ( 23 ) gestellte Frage Bedeutung, ob es „nicht ungenügend ist, wenn man bei der formalen Betrachtung des Charakters des hoheitlichen Aktes stehenbleibt, den der Staat den Entscheidungen einer Stelle verleihen kann (und vorliegend verliehen hat), die damit betraut ist, Aufgaben öffentlichen Interesses bei der Wirtschaftslenkung zu erfüllen“. Ich möchte diese Frage mit der Begründung bejahen, daß diese Entscheidungen nach den Artikeln 3 Buchstabe f, 5 und 85 beurteilt werden könnten, wenn sich ergäbe, daß die zu ihrem Erlaß ermächtigten Stellen derart zusammengesetzt sind, daß diese Entscheidungen tatsächlich einen „Beschluß von Unterneh-mcnsvcrcinigungcn“ oder auch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen konkretisieren. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß diese Auffassung in Fällen von den Parteien vorgetragen bzw. vom Gerichtshof ausgesprochen worden ist, in denen die auf der angefochtenen Maßnahme beruhende Regelung die gleichen Wirkungen hatte, wie sie sich zuvor aus einem Netz von Vereinbarungen zwischen den Wirtschaftsteilnehmern des Sektors ergaben ( 24 ).

Meines Erachtens läßt sich die angeführte Rechtsprechung abschließend folgendermaßen zusammenfassen: Eine Beeinträchtigung der praktischen Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln droht nur dann, wenn staatliche Vorschriften bestehen, aufgrund deren sich die privaten Unternehmen den Bindungen des Artikels 85 entziehen können, die also offensichtlich Umgehungscharakter haben, weil sie a) eine gesetzliche Deckung für andernfalls verbotene Verhaltensweisen bieten, oder b) diese Verhaltensweisen dadurch überflüssig machen, daß sie den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern selbst die Regelung des Marktes überlassen mit der Folge, daß das Handeln dieser Wirtschaftsteilnehmer im Grunde als Verhaltensweise von Unternehmen im Sinne von Artikel 85 angesehen werden kann.

Die streitigen Maßnahmen im Lichte der Rechtsprechung

19.

Ich möchte vorausschicken, daß die in der erwähnten Rechtsprechung kodifizierten Fälle, obwohl sie zur Schaffung eines sehr klaren Bezugssystems beitragen, nicht als erschöpfend angesehen werden können. Dennoch halte ich es für zweckmäßig, zunächst zu untersuchen, ob die von Herrn Meng und der Ohra angefochtenen Maßnahmen einem von ihnen zuzuordnen sind.

a) Rechtssache C-2/91

Es sei sogleich gesagt, daß im Fall Meng das Vorliegen von Umständen, die den fraglichen Maßnahmen den Charakter einer staatlichen Regelung nehmen, auszuschließen ist. Das Provisionsabgabeverbot wurde nämlich vom Bundesaufsichtsamt erlassen, einer dem Bundesminister der Finanzen nachgeordneten Verwaltungsbehörde, die zum Erlaß von Maßnahmen ermächtigt ist, die insbesondere auf das Verbot von Verhaltensweisen gerichtet sind, die die Interessen der Verbraucher beeinträchtigen können. Ferner ist hier darauf hinzuweisen, daß die Vertreter der Verbände der Versicherungsunternehmen lediglich zur Teilnahme an der Vorbereitung der Entscheidung des Bundesaufsichtsamts aufgefordert sind, nicht aber deren Inhalt selbst bestimmen ( 25 ).

20.

Wir kommen damit zur Beurteilung der vorliegenden Sache im Hinblick auf den anderen von der Rechtsprechung kodifizierten Fall. In diesem Fall wird vorausgesetzt, daß ein erheblicher Zusammenhang zwischen der streitigen Maßnahme und wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen der privaten Unternehmen besteht.

Insoweit ist zunächst auszuschließen, daß die fragliche Maßnahme bezweckt, neue Vereinbarungen vorzuschreiben oder zu erleichtern. Ich habe im übrigen erhebliche Bedenken, mich der Auffassung der Kommission anzuschließen, daß die fragliche Maßnahme zu einer Verstärkung der Auswirkungen bestehender Vereinbarungen im Sinne der Ausführung des Gerichtshofes in dem Urteil WR geführt habe ( 26 ), in dem es um eine innerstaatliche Vorschrift ging, mit der Reisevermittlern untersagt wurde, ihre Provisionen ganz oder teilweise an die Kunden abzuführen. Der Gerichtshof hat in dieser Sache entschieden, daß die Umwandlung einer rein vertraglichen Verpflichtung in eine gesetzliche Verpflichtung einen Fall der Verstärkung der Auswirkungen bestehender Vereinbarungen darstellt; zuvor hatte er aber selbstverständlich festgestellt, daß der Inhalt bereits bestehender Vereinbarungen in die fragliche Vorschrift übernommen worden war.

In unserem Fall ist die Situation aus dem einfachen Grund anders, daß für die in Rede stehenden Versicherungszweige (Krankheit und Rechtsschutz) ausweislich der Prozeßakten niemals Vereinbarungen zwischen Unternehmen bestanden haben; solche gab es, wie schon gesagt, ausschließlich für den Zweig Lebensversicherungen.

Die Kommission ist jedoch der Auffassung, die fraglichen Maßnahmen hätten die im Sektor Lebensversicherungen geschlossenen Vereinbarungen verstärkt, indem sie das Provisionsabgabeverbot auch auf andere Versicherungszweige ausgedehnt und damit seinen Geltungsbereich erweitert hätten. Meines Erachtens könnte diesem Gedankengang im vorliegenden Fall nur gefolgt werden, wenn das Provisionsabgabeverbot gleichzeitig für alle Versicherungssektoren eingeführt worden wäre. Eine Verstärkung der Wirkungen bestehender Abkommen könnte also allenfalls dann angenommen werden, wenn die innerstaatlichen Maßnahmen, mit denen der Inhalt der zwischen den Unternehmen des Lebensversicherungssektors geschlossenen Vereinbarungen rezipiert wurde, die also an deren Stelle traten, das Provisionsabgabeverbot nicht nur für die Wirtschaftstcilnchmer dieses Sektors bindend gemacht, sondern es zugleich auch auf die Wirtschaftsteilnehmer benachbarter Sektoren ausgedehnt hätten.

Da jedoch die angebliche „Ausdehnung“ auf benachbarte Sektoren — stellt man auf den Zeitpunkt ab, zu dem das Provisionsabgabeverbot für den Lebensversicherungssektor verbindlich wurde — mit einem Abstand von elf Jahren für die Krankenversicherung und von sogar 44 Jahren für die Rechtsschutzversichcrung erfolgte, erscheint diese Auffassung wenig überzeugend. Der eben angesprochene Umstand macht nämlich offenkundig, daß die Regelungen von 1934 (Krankenversicherung) und 1967 (Rechtsschutzversicherung) eine Vereinbarung nicht verstärkt haben können, die für den Lebensversicherungssektor per definitionem zu dem Zeitpunkt zu bestehen aufhörte, zu dem sie durch die ihren Inhalt rezipierenden staatlichen Maßnahmen „ersetzt“ wurde, also am 10. August 1923. Die Annahme, die fraglichen Maßnahmen hätten die Auswirkung einer im Zeitpunkt ihres Erlasses längst nicht mehr geltenden Vereinbarung verstärkt, wäre zumindest eigenartig.

21.

Alles in allem ergibt sich, daß kein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den fraglichen Maßnahmen und den von den Unternehmen im Sektor Lebensversicherung geschlossenen Vereinbarungen besteht. Dagegen ist festzustellen, daß diese Vereinbarungen dem Provisionsabgabeverbot zugrunde liegen, das ursprünglich nur für den Lebensversicherungsbereich erlassen worden war, dann aber, wenn auch schrittweise, für alle Versicherungszweige Geltung erlangte.

Dieser Umstand läßt sicher die Vermutung zu, daß die Unternehmen der anderen Versicherungszweige auf den Erlaß dieses für den Lebensversicherungsbereich bereits bestehenden Verbots „gedrungen“ haben, aber gewiß reicht er nicht für die Feststellung aus, daß die fraglichen Maßnahmen im Zusammenhang mit einer nach Artikel 85 EWG-Vertrag verbotenen wettbewerbswidrigen Verhaltensweise stehen. Im übrigen ist der Versicherungssektor als solcher kein homogener Markt; insbesondere der Lebensversicherungszweig weist im Vergleich mit den anderen Versicherungszweigen derart spezifische eigene Merkmale auf, daß ein wettbewerbswidriges Verhalten der in diesem Bereich tätigen Unternehmen als solches nicht den Schluß auf die Ansichten und Interessen der in den anderen Bereichen tätigen Unternehmen zuläßt, sondern insoweit nur als Hinweis dienen kann.

b) Rechtssache C-245/91

22.

Zur Rechtssache Ohra sei sogleich gesagt, daß weder der Vorlagebeschluß noch die Erklärungen der Ohra selbst das Vorhandensein einer Vereinbarung erkennen lassen, wie sie die angeführte Rechtsprechung verlangt.

Die Vereinbarungen zwischen Versicherungsunternehmen oder zwischen diesen und Vermittlern, auf die die Ohra in Beantwortung der Fragen des Gerichtshofes hinweist, erweisen sich nämlich schon bei oberflächlicher Betrachtung als vollkommen bedeutungslos für die fragliche staatliche Maßnahme ( 27 ) oder jedenfalls als nicht damit zusammenhängend, da eine deontologische Regel, in der lediglich „für alle Fälle“ der Wortlaut von Artikel 16 WABB wiedergegeben wird, gewiß nicht als ein gemäß Artikel 85 verbotenes wettbewerbswidriges Verhalten angesehen werden kann.

Zur Rechtswidrigkeit staatlicher Maßnahmen beim Fehlen eines Zusammenhangs mit wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Unternehmen

23.

Der Umstand, daß die fraglichen Maßnahmen zu keiner der vom Gerichtshof entwickelten Fallgruppen gehören und allgemein gesagt in keinem Zusammenhang mit Wettbewerbs widrigen Verhaltensweisen der Unternehmen des Sektors stehen, läßt jedoch offensichtlich noch keine abschließende Beantwortung der zu entscheidenden Frage zu.

Es bleibt nämlich zu untersuchen, ob die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die praktische Wirksamkeit der für die privaten Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln nicht zu beeinträchtigen, über die genannten Fälle hinaus auch durch eine staatliche Regelung verletzt werden kann — und gegebenenfalls in welchen Grenzen—, die in keinem Zusammenhang mit wettbewerbswidrigen und als solchen nach dem Gemeinschaftsrecht verbotenen Verhaltensweisen steht. Eben diese Frage ist denn auch nach der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, die den Parteien und allen Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben hat, gerade zu diesem Punkt Stellung zu nehmen, besonders eingehend erörtert worden.

Im Kern geht es offensichtlich darum, ob eine staatliche Regelung Artikel 85 allein dadurch seine praktische Wirksamkeit nimmt — und damit rechtswidrig ist —, daß sie die gleiche Wirkimg wie eine nach Artikel 85 verbotene Vereinbarung hat.

24.

Schon hier sei gesagt, daß die im vorliegenden Fall gebotene enge Auslegung zeigt, daß es für diese Auffassung an einer rechtlichen Grundlage fehlt.

Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den für die privaten Unternehmen geltenden Wettbcwcrbsregeln nicht ihre praktische Wirksamkeit zu nehmen, hat ihre Grundlage in Artikel 5 Absatz 2 EWG-Vertrag, der „eine allgemeine Verpflichtung der Mitglied-Staaten [begründet], deren konkreter Inhalt im Einzelfall von den Vertragsvorschriften oder den sich aus dem allgemeinen System des Vertrages ergebenden Rechtsnormen abhängt“ ( 28 ) und damit im vorliegenden Fall von Artikel 85. Es ist demnach unmöglich, die Rechtswidrigkeit staatlicher Maßnahmen, die die gleiche Wirkung wie eine gemäß Artikel 85 Absatz 1 verbotene Vereinbarung haben, auf Artikel 5 Absatz 2 zu stützen, sofern jeder, auch ein indirekter Zusammenhang mit einem wcttbcwcrbswidrigcn Verhalten der Unternehmen fehlt.

Hieran kann meines Erachtens auch Artikel 3 Buchstabe f, dem nach Teilen der Lehre eine grundlegende Rolle zukommt, nichts ändern. In Artikel 3 Buchstabe f ist nämlich nur ein Ziel der Gemeinschaft niedergelegt, das „in verschiedenen Vertragsbestimmungen über die Wettbcwcrbsregeln erläutert“ ( 29 ) wird. Jedenfalls nimmt Artikel 3 die Verwirklichung dieses Ziels nicht „nach

Maßgabe dieses Vertrages und der darin vorgesehenen Zeitfolge“ vorweg. Das System des freien Wettbewerbs ist zwar in Artikel 3 als Ziel niedergelegt, hat aber seine Regelung und damit auch seine Grenzen nach Mafigabe dieses Vertrages. Eine andere Auffassung würde die materiellrechtlichen Wettbewerbsvorschriften überflüssig machen: Artikel 3 wäre zur Regelung jedes in Betracht kommenden Falles ausreichend.

Es steht im Gegenteil fest, daß ebenso wie das Ziel des Artikels 3 Buchstabe a nach Maßgabe der nachfolgenden materiellrechtlichen Bestimmungen (Artikel 9 bis 12, 30 bis 37 und 95) verwirklicht werden muß, auch das in Artikel 3 Buchstabe f verankerte Ziel nur nach Maßgabe der matcricllrcchtlichen Bestimmungen der Artikel 85 bis 94 und — was insbesondere das Verhalten der Staaten betrifft — der Artikel 90 (öffentliche Unternehmen und Unternehmen mit besonderen oder ausschließlichen Rechten) sowie 92 und 93 (staatliche Beihilfen) verwirklicht werden kann.

25.

Da beim Fehlen einer speziellen Vorschrift „auf die allgemeine Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Artikel 5 EWG-Vertrag ... nicht verwiesen werden“ kann ( 30 ) und in Artikel 3 Buchstabe f nur ein in den Artikeln 85 bis 94 näher ausgeführter Grundsatz bzw. ein Ziel niedergelegt ist, können also etwaige wettbewerbswidrige Auswirkungen von an die privaten Unternehmen gerichteten staatlichen Maßnahmen, wenn sie die praktische Wirksamkeit von Artikel 85 beeinträchtigen, nur mit der Rüge einer Verletzung der in Artikel 85 Absatz 1 für die Unternehmen festgelegten Verbote beanstandet werden.

Wie zum x-tenmal im Urteil „Wood Pulp“ ( 31 ) ausgesprochen wurde, genügt der Nachweis der wettbewerbswidrigen Wirkung des Verhaltens der Unternehmen, die auf einem bloßen Parallelverhalten beruhen könnte, nicht, sondern es muß bewiesen werden, daß diesem Verhalten eine Abstimmung zugrunde liegt. Damit ist endgültig bestätigt, daß Artikel 85 keineswegs die wettbewerbswidrige Wirkung als solche verbietet, sondern die Bekämpfung der von den Unternehmen zu ihrer Erzielung eingesetzten Mittel — wie Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen — bezweckt. Erst recht darf daher bei einer staatlichen Maßnahme die etwaige mittelbare wettbewerbswidrige Wirkung nicht gerügt werden, wenn diese Wirkung nicht im Zusammenhang mit dem Verhalten der Unternehmen und letztlich mit Artikel 85 steht, wenn sie also in keiner Weise die mittelbare oder unmittelbare Dekkung eines — tatsächlichen, nicht lediglich möglichen — Verhaltens der Unternehmen ist.

Andernfalls müßte die angebliche Rechtswidrigkeit der staatlichen Maßnahme allein auf den Artikeln 3 Buchstabe f und 5 Absatz 2 beruhen: Artikel 3 Buchstabe f würde dann nicht mehr als ein nach Maßgabe des EWG-Vertrags zu verwirklichendes Ziel ausgelegt, sondern als ein fundamentaler und selbständiger Grundsatz, dem gegenüber die Wettbewerbsvorschriften rein akzessorisch wären. Dieses — bei systematischer Auslegung des EWG-Vertrags eher unwahrscheinlich erscheinende — Ergebnis würde offensichtlich das alles andere als einfach zu lösende Problem aufwerfen, welche Wirkung ein derartiger Grundsatz für die Rechtsstellung des einzelnen hätte. Im vorliegenden Fall ist es nämlich der Betroffene, der sich vor dem nationalen Gericht auf ein ihm angeblich nach dem Gemeinschaftsrecht zustehendes subjektives Recht beruft, das ihm das nationale Recht verweigere. Meines Erachtens ist jedoch jedenfalls auszuschließen, daß Artikel 3 Buchstabe f unmittelbare Wirkung beigemessen werden könnte.

26.

Im übrigen hat unter anderem die spanische Regierung im Laufe des Verfahrens unter Berufung auf die Rechtsprechung zu Artikel 90 und insbesondere auf die Feststellung in dem Urteil RTT ( 32 ), daß öffentliche Unternehmen und Unternehmen mit besonderen oder ausschließlichen Rechten nicht durch eine nationale Maßnahme in eine Lage versetzt werden dürften, die, wenn sie das Ergebnis eines selbständigen Verhaltens des Unternehmens wäre, einen Verstoß gegen Artikel 86 EWG-Vertrag darstellen würde, ausgeführt, daß dies auch für private Unternehmen gelten müsse: Es gebe nämlich keine Rechtfertigung dafür, daß für diese eine andere Regelung gelten sollte als für die unter Artikel 90 Absatz 1 fallenden Unternehmen.

Es ist also zu untersuchen, ob die Verpflichtungen aus den Artikeln 5 Absatz 2 und 90 Absatz 1 inhaltlich identisch sind.

Allein schon die Existenz von Artikel 90 Absatz 1, der die Mitgliedstaaten ausdrücklich verpflichtet, in bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine den Wettbewerbsregeln widersprechende Maßnahmen zu treffen oder beizubehalten, während Artikel 5 nur die Verpflichtung entnommen werden kann, die praktische Wirksamkeit dieser Regeln nicht zu beeinträchtigen, rechtfertigt die Geltung einer anderen Regelung für die fraglichen Unternehmen.

Über diese Wahl der Verfasser des EWG-Vertrags — die in der Tat mit der Natur der ausschließlichen Rechte (die als solche die Struktur des Marktes selbst beeinflussen) und den besonderen Interessen der Staaten im öffentlichen Sektor (also in ihrer Eigenschaft als Wirtschaftsteilnehmer) gerechtfertigt werden kann — läßt sich auf wissenschaftlicher Ebene diskutieren: Tatsache ist, daß diese Regelung in den EWG-Vertrag aufgenommen wurde und jedenfalls typischerweise eine Wahl des Gesetzgebers, nicht des Richters ist. Dies gilt insbesondere in einem System wie dem gcmcinschaftsrcchtlichen, das auf der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaatcn und der Gemeinschaft beruht. Insoweit ist auch auf die Artikel 101 und 102 EWG-Vertrag zu verweisen, die offensichtlich vom Bestehen und von der Rechtmäßigkeit wettbewerbswidriger staatlicher Maßnahmen ausgehen, abgesehen davon, daß sie Mechanismen bereithalten, mit denen diese unter Mitwirkung der Kommission und der Mitgliedstaatcn beseitigt werden sollen.

27.

Nach diesen grundsätzlichen Ausführungen kann nur gesagt werden, daß die im Laufe des Verfahrens erwogene, entgegengesetzte Antwort zwar verlockend ist, angesichts des Fehlens einer Rechtsgrundlage aber ein bloßer Diskussionsvorschlag bleibt.

Im übrigen hat eine Antwort, die sich ausschließlich auf die wettbewerbswidrige Wirkung einer staatlichen Regelung stützt, zahlreiche Nachteile, da der Gerichtshof gegenüber jeder nationalen Maßnahme zur Regelung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Unternehmen angerufen werden könnte ( 33 ) und vor allem wegen der rechtlichen Unsicherheit, die sich für die Betroffenen im Hinblick auf die Frage ergäbe, welche Art staatlicher Maßnahmen mit den Wettbewerbsregeln unvereinbar wäre.

Auch für den Fall, daß die Kontrolle derartiger Maßnahmen nur marginal und auf die Überprüfung der inneren Kohärenz der Maßnahmen beschränkt wäre, also eine Prüfung der Angemessenheit der eingesetzten Mittel im Verhältnis zu den angestrebten Zielen von allgemeinem Interesse, könnte schon die Möglichkeit, zu überprüfen, ob die Wahl des Gesetzgebers durch ein allgemeines Interesse gerechtfertigt ist und ob vor allem dieses Interesse schwerer wiegt als die wettbewerbswidrigen Wirkungen der fraglichen Regelung, zu willkürlichen Ergebnissen führen, falls die Rcchtmäßigkcitskriterien nicht im voraus festgelegt wären.

Jedenfalls würde es sich um eine künstliche Konstruktion handeln, deren mögliche Gefahren von den Mitgliedstaaten und der Kommission im Laufe dieses Verfahrens ausführlich dargestellt worden sind.

28.

Gewiß mag eine Lösung, die ausschließlich auf den Zusammenhang zwischen der staatlichen Regelung und den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen der Betroffenen abstellt, unbefriedigend erscheinen, da nicht ausgeschlossen ist, daß sich das Bestehen einer Vereinbarung der Unternehmen in einigen Fällen als ein rein formales Kriterium erweist.

Dazu kommt es dann (und genaugenommen nur dann), wenn eine staatliche Maßnahme den Wettbewerb auf dem Markt im wesentlichen im Sinne der Angaben der beteiligten Wirtschaftsteilnehmer verändert hat. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß der Einfluß einzelner auf das Gesetzgebungsverfahren eine Konstante der modernen Rechtsordnungen ist; im übrigen läßt sich nicht leicht feststellen, ob (und inwieweit) die fraglichen staatlichen Maßnahmen tatsächlich den Vorstellungen der einzelnen entsprechen, die im übrigen durchaus mit dem vom Gesetzgeber verfolgten öffentlichen Interesse übereinstimmen können.

29.

Dagegen könnte es Fälle geben, in denen es richtiger wäre, die Unvereinbarkeit der staatlichen Maßnahme trotz des Vorhandenseins eines Zusammenhangs mit der Verhaltensweise eines Unternehmens auszuschließen, weil — wie auch die französische Regierung ausgeführt hat — ein derartiger Zusammenhang erforderlich, aber nicht stets ausreichend dafür ist, um auf einen Verstoß gegen Artikel 85 schließen zu können.

Gewiß kann sich der Zusammenhang mit einer Vereinbarung zwischen Unternehmen als rein formales Kriterium erweisen. Dies bedeutet aber genaugenommen nur, daß allein diejenigen staatlichen Maßnahmen als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar angesehen werden dürften, die von den Verfassern des EWG-Vertrags selbst in den Artikeln 90 sowie 92 und 93 ausdrücklich genannt worden sind. Das Bestreben der Rechtsprechung, auch Maßnahmen als unvereinbar anzusehen, die den Verstoß gegen die für die Unternehmen geltenden Vorschriften erleichtern, hervorrufen oder unvermeidlich machen, darf jedoch nicht mißverstanden werden; die anscheinend geringere Strenge erweist sich stets als Anwendung des Kriteriums der systematischen Auslegung, wonach die Normen in ihrem systematischen Zusammenhang betrachtet werden müssen: Dabei darf man allerdings nicht zu weit gehen und mit einer Rechtsprechung der kleinen Schritte die stets erforderliche Norm aus den Augen verlieren, die Grundlage und Gegenstand der hermeneutischen Strenge ist, die im konkreten Fall geboten ist.

30.

Jedenfalls ist der Gerichtshof meines Erachtens bisher nicht so vorgegangen, daß er Maßnahmen, deren einziges Ziel die Umgehung der Wettbewerbsregeln war, Immunität gewährt hätte.

Insoweit möchte ich darauf hinweisen, daß die Fälle, in denen der Rückgriff auf die Artikel 3 Buchstabe f, 5 und 85 erforderlich ist, um die Rechtswidrigkeit einer nationalen Regelung festzustellen, die die gleichen Wirkungen wie eine gemäß Artikel 85 verbotene Vereinbarung hat, bloßen Residualcharakter haben. Der größte Teil der „wettbewerbswidrigen“ wirtschaftlichen Regelungen fällt nämlich schon nach den Artikeln 30 oder 59 unter die gemeinschaftliche Regelung des Gemeinsamen Marktes, denn eine staatliche Maßnahme, „welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist, wird jedenfalls normalerweise mit den Artikeln 30 und 34 unvereinbar sein“ ( 34 ).

Tatsächlich hat der Gerichtshof, wie bereits angedeutet, bei der Prüfung nationaler Preis-und Tarifregelungen, deren Vereinbarkeit mit den Wettbewerbsregeln in Zweifel gezogen worden war, entschieden, daß diese Regelungen anhand von Artikel 30 zu prüfen seien ( 35 ). Gewiß läßt sich über Artikel 30, wie auch in der Lehre ausgeführt wurde ( 36 ), das gleiche Ergebnis auf eine mit dem EWG-Vertrag „konforme“ Weise erlangen.

Die Anwendung der Artikel 30 oder 59 erfordert nämlich keine künstliche Konstruktion, da es sich um an die Mitgliedstaaten gerichtete Vorschriften handelt, die eng auszulegen sind und eine Überprüfung der fraglichen staatlichen Maßnahmen anhand von klaren und eindeutigen Kriterien ermöglichen.

31.

Die von Herrn Meng und der Ohra angefochtenen Maßnahmen z. B. könnten dem Gerichtshof durchaus zur Prüfung anhand des Artikels 59 vorgelegt werden, wenn dessen Voraussetzungen vorlägen, wenn also — anders als in den uns beschäftigenden Fällen — ein grenzüberschreitendes Element gegeben wäre. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, daß die streitigen nationalen Maßnahmen den deutschen und den holländischen Markt so strukturieren, daß der Zugang für in anderen Mitgliedstaaten ansässige Vermittler und Versicherungsgesellschaften erschwert wird.

Die in der Rechtssache Ohra streitige niederländische Regelung wurde von der Kommission bereits erörtert, wobei diese im übrigen zu dem Ergebnis kam, die Regelung sei hinsichtlich der Dienstleistungsfrciheit durch Gründe des Verbraucherschutzes gerechtfertigt. Die Kommission hat jedoch ferner, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, ausgeführt, aus den Akten ergebe sich eindeutig, daß es in der Rechtssache Ohra um eine rein innerstaatliche Situation gehe, da es sich um eine niederländische Versicherungsgesellschaft handele, die in der niederländischen Presse mit bestimmten Vorteilen werbe, die sie niederländischen Verbrauchern anbiete, die einen Versicherungsvertrag über in den Niederlanden gelegene Risiken abschlössen.

32.

Es ist jedoch darauf hingewiesen worden, daß staatliche Maßnahmen außerhalb des Anwendungsbereichs des EWG-Vertrags blieben, die im Sinne von Artikel 30 (oder 59) kein Hindernis für den Handelsverkehr darstellten, aber den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnten. Ein derartiger Fall könnte sich insbesondere bei Tarif- und Preisregelungen ergeben, die lediglich den Einzelhandelspreis einfrieren, im übrigen aber die Festsetzung des Einfuhrpreises nicht regeln.

Da jedoch Artikel 30 greift, sobald sich zeigt, daß der Einzelhandelspreis so festgesetzt worden ist, daß er den Absatz der eingeführten Waren gegenüber dem Absatz der inländischen Waren erschwert, wird es sich also um rein innerstaatliche Situationen handeln, die als solche nur ganz ausnahmsweise geeignet sein werden — wie in Artikel 85 Absatz 1 vorausgesetzt — den Handel zwischen Mitglicdstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

Angesichts des marginalen Charakters eines derartigen Falles sind demnach die im Laufe des Verfahrens herausgearbeiteten möglichen negativen Auswirkungen einer Vorgehensweise, bei der alle staatlichen Maßnahmen, die die gleichen Wirkungen wie eine nach Artikel 85 verbotene Vereinbarung haben, grundsätzlich — natürlich soweit nicht Gründe des öffentlichen Interesses nachgewiesen sind — als mit den Wettbewerbsvorschriften des EWG-Vertrags unvereinbar angesehen werden, im Hinblick auf das angestrebte Ziel unverhältnismäßig.

33.

Abschließend meine ich, daß die Rechtmäßigkeit einer staatlichen Maßnahme, die als solche objektiv die gleiche Wirkung wie eine nach Artikel 85 verbotene Vereinbarung hat, beim Fehlen eines Zusammenhangs mit wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen einzelner nicht an Hand von Artikel 5 Absatz 2 in Verbindung mit den Artikeln 3 Buchstabe f und 85 Absatz 1 gewürdigt werden kann.

34.

Nach alledem schlage ich Ihnen vor, die vom Kammergericht Berlin und von der Arrondissementsrechtbank Arnheim in den dort anhängigen Verfahren gestellten Fragen wie folgt zu beantworten:

a) Rechtssache C-2/91

Artikel 3 Buchstabe f, Artikel 5 Absatz 2 und Artikel 85 EWG-Vertrag sind dahin auszulegen, daß sie beim Fehlen eines Zusammenhangs mit nach Artikel 85 Absatz 1 verbotenen Verhaltensweisen der Unternehmen der Anwendung einer staatlichen Regelung nicht entgegenstehen, die es, wie im vorliegenden Fall, den Versicherungsvermittlern in den Sektoren der Kranken- und der Rechtsschutzversicherung untersagt, die ihnen zustehenden Provisionen ganz oder teilweise weiterzugeben.

b) Rechtssache C-245/91

Artikel 3 Buchstabe f, Artikel 5 Absatz 2 und Artikel 85 EWG-Vertrag sind dahin auszulegen, daß sie beim Fehlen eines Zusammenhangs mit nach Artikel 85 Absatz 1 verbotenen Verhaltensweisen der Unternehmer der Anwendung einer staatlichen Regelung nicht entgegenstehen, die es untersagt, wegen eines Versicherungsvertrags einer anderen Person als dem Vermittler, in dessen Geschäftsbereich die Versicherung fällt, eine Provision, eine Rückvergütung oder einen anderen in Geld bestimmbaren Vorteil zu gewähren, zu überlassen oder zu versprechen.


( *1 ) Originalsprache: Italienisch.

( 1 ) Es bestehen insoweit drei Regelungen: die den Bereich Lebensversicherungen betreffende Anordnung vom 8. März 1934, durch die eine Anordnung vom 10. August 1923 aufgehoben und ersetzt wurde, die Anordnung vom 5. Juni 1934 für die Krankenversicherung und schließlich die alle Schadcnversichcrungcn betreffende Verordnung vom 17. August 1982, durch die alle früheren für die einzelnen Bereiche erlassenen Verordnungen aufgehoben und ersetzt wurden: Unfall- und Haftpflichtversicherung (Anordnung vom 14. März 1924), Sachversicherung (Anordnung vom 8. März 1934) und Rechtsschutzversicherung (Anordnung vom 24. Januar 1967).

( 2 ) Vgl. zuletzt Urteil vom 28. Februar 1991 in der Rechtssache C-332/89 (Marchandise u. a., Slg. 1991, I-1027, Randnr. 22).

( 3 ) Selbstverständlich sind etwaige Kollisionen von Gcmcinchaftsrecht und nationalem Wettbewerbsrecht durch Anwendung des Grundsatzes vom Vorrang des Gcmcinschaftsrechts zu lösen; vgl. das vielzitierte Urteil vom 13. Februar 1969 in der Rechtssache 14/68 (Wilhelm, Slg. 1969, 1) und Urteil vom 10. Juli 1980 in den verbundenen Rechtssachen 253/78 und 1/79 bis 3/79 (Giry und Guerlain, Slg. 1980, 2327), in dem der Gerichtshof seine Feststellung wiederholte „daß eine gleichzeitige Anwendung des nationalen Wettbewerbsrechts nur statthaft ist, soweit sie die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftskartellrechts und die volle Wirksamkeit der zu seinem Vollzug ergangenen Maßnahmen auf dem gesamten Gemeinsamen Markt nicht beeinträchtigt“ (Randnr. 16).

( 4 ) Offensichtlich kann eine derart weite Definition staatliche Regelungen jeder Art erfassen: So könnten alle gesetzlichen und untergesetzlichen vcrwaltungsrcchtlichcn Regelungen erfaßt werden, die im öffentlichen Interesse die Tätigkeit der Unternehmen regeln, und vor allem Maßnahmen zur Regelung des Marktes, einschließlich der Preis- und Tarifregelungen, der Maßnahmen des Umweltschutzes, der wirtschaftsund geldpolitischcn Maßnahmen usw., sowie der Steuer-, Arbeits- und Sozialregelungen.

( 5 ) Urteil vom 16. November 1977 in der Rechtssache 13/77 (Slg. 1977, 2115). Der Gerichtshof ist jedoch mit einer derartigen Problematik schon in der mit Urteil vom 8. Juni 1971 entschiedenen Rechtssache Deutsche Grammophon (Rechtssache 78/70, Slg. 1971, 487) konfrontiert worden. Der Gerichtshof, der dort über die Vereinbarkeit einer nationalen Regelung des Urheberrechts mit den Artikeln 5 Absatz 2 und 85 Absatz 1 zu entscheiden hatte, beschränkte sich jedoch bei dieser Gelegenheit auf folgende Feststellung: „Falls die Ausübung des fraglichen ausschließlichen Rechts, die zum Tatbestand des Artikels 85 EWG-Vertrag gehörenden Merkmale der Vereinbarung oder Abstimmung nicht erfüllt, erfordert die Beantwortung der Frage die weitere Prüfung, ob die Ausübung des fraglichen Schutzrechts nicht gegen andere Vertragsvorschriften, insbesondere diejenigen über den freien Warenverkehr, verstößt“ (Randnr. 7).

( 6 ) Bekanntlich machte in dieser Rechtssache die Firma INNO, die sich auf das Recht berief, im Einzelhandel nicht an einen in Wirklichkeit von den Tabakherstcllern und -Importeuren festgelegten Preis gebunden zu sein, geltend, die nationale Regelung über den Festpreis sei nur dem Anschein nach Teil einer Steuerregelung, während sie in Wirklichkeit als Teil einer nationalen Wettbewerbsregelung aufzufassen sei, die einer Vereinbarung eine rechtliche Deckung gebe. Daher müsse es in dem zu entscheidenden Fall als rechtswidrig angesehen werden, daß der Staat „seine privaten Unternehmen ... zu einem Verhalten zwingen könne, das ohne die staatliche Maßnahme gegen Artikel 85 und 86 verstoßen würde“.

( 7 ) Ich verweise insoweit auf die Urteile vom 24. Januar 1978 in der Rechtssache 82/77 (van Tiggclc, Slg. 1978, 25. Mindestprcisregelung), vom 18. Oktober 1979 in der Rechtssache 5/79 (Buys, Slg. 1979, 3203, Lockpreisregelung), vom 29. November 1983 in der Rechtssache 181/82 (Roussel, Slg. 1983, 3849, Fcstprcisrcgclung) und vom 7. Februar 1984 in der Rechtssache 238/82 (Duphar, Slg. 1984, 523, Erstattung der Kosten von Arzneimitteln durch die Sozialvcrsichcrungsträger).

( 8 ) Urteil vom 5. April 1984 in den verbundenen Rechtssachen 177/82 und 178/82 (Slg. 1984, 1797). Ebenso das Urteil vom 2. Juli 1987 in der Rechtssache 188/86 (Lelévre, Slg. 1987, 2963, Festpreisregelung für den Verkauf von Rindfleisch im Einzelhandel).

( 9 ) Urteil vom 30. Januar 1985 in der Rechtssache 123/83 (Slg. 1985, 391).

( 10 ) Urteil vom 3. Dezember 1987 in der Rechtssache 136/86 (Slg. 1987, 4789).

( 11 ) Urteil vom 30. April 1986 in den verbundenen Rechtssachen 209/84 bis 213/84 (Nouvelles Frontières, Slg. 1986, 1425).

( 12 ) Urteil vom 11. April 1989 in der Rechtssache 66/86 (Slg. 1989, 803).

( 13 ) Urteil vom 1. Oktober 1987 in der Rechtssache 311/85 (Slg. 1987, 3801).

( 14 ) In dem nachfolgenden Urteil BNIC/Aubert vom 3. Dezember 1987, in dem es um einen in jeder Hinsicht mit der Rechtssache BNIC/Clair, a. a. O., vergleichbaren Fall ging, hat der Gerichtshof zunächst wiederholt, daß die Verbote des Artikels 85 Absatz 1 weiterhin auf die Untcrnchmensvereinbarung anwendbar seien, und demgemäß festgestellt, daß die staatliche Maßnahme, mit der die Wirkungen der Vereinbarung auf Dritte erstreckt würden, gleichfalls mit den Artikeln 5 und 85 unvereinbar sei.

( 15 ) Über die gleiche Frage hat der Gerichtshof mit dem Urteil vom 11. April 1989 (Ahmed Saccd, a. a. O.) entschieden, in dem er festgestellt hat, daß „die Genehmigung von gegen Artikel 85 Absatz 1 verstoßenden Tarifvcrcinbarungen durch die Luflvcrkchrsbehördcn mit dem Gcmcinschaîtsrecht, insbesondere mit Artikel 5 EWG-Vertrag, nicht vereinbar ist. Ferner ergibt sich daraus, daß die Luflvcrkchrsbehördcn alles zu unterlassen haben, was als Ermutigung der Luftfahrtuntcrnchmcn zum Abschluß von gegen den Vertrag verstoßenden Tarifvercinbarungen angesehen werden könnte“ (Randnr. 49).

( 16 ) Rechtssache 229/83 (Slg. 1985, 1).

( 17 ) Rechtssache 231/83 (Slg. 1985, 305).

( 18 ) Die gleiche Auffassung liegt der Rechtsprechung des Supreme Court der Vereinigten Staaten zugrunde, der Maßnahmen, die eine aktive staatliche Kontrolle vorsehen, als unbedenklich ansieht (vgl. etwa das Urteil Bates/State Bar of Arizona, 97 U. S. 2691, 1977), während er Maßnahmen als verfassungswidrig angesehen hat, die den Wirtschaftstcilnchmcrn die volle Verantwortung für die Regelung des Marktes überließen (vgl. etwa das Urteil Goldfarb/Virginia State Bar, 421 U. S., 1975, in dem eine Regelung beanstandet wurde, mit der die Festsetzung der Mindcsthonorarc der Standesorganisation der Anwälte überlassen wurde.

( 19 ) Urteil vom 21. September 1988 in der Rechtssache 267/86 (Slg. 1988, 4769). In diesem Fall ging es um eine staatliche Maßnahme betreffend eine Steuerbefreiung für die Einkünfte aus Spareinlagen, die in einem Sektor erlassen wurde, in dem Vereinbarungen zwischen den Banken bestanden, die eben die Begrenzung der Vergütung für Spareinlagen zum Ziel hatten. Der Gerichtshof hat jedoch entschieden, daß nicht nachgewiesen sei, daß die fragliche Regelung „bezweckt hätte, neue Kartellabsprachcn oder neue abgestimmte Verhaltensweisen vorzuschreiben oder zu erleichtern“, oder daß sie „die Elemente der zwischen Wirtschaftsteinchmern geschlossenen Vereinbarungen ganz oder teilweise“ übernommen hätte „und diese Wirtschaftstcilnchmcr zu deren Einhaltung verpflichtet oder anreizt“ (Randnr. 18); der Gerichtshof hat im übrigen ausgeschlossen, daß der Umstand, daß diese Regelung nach vorheriger Abstimmung mit den Vertretern des fraglichen Sektors erlassen wurde, dieser den Charakter einer staatlichen Maßnahme nehmen könne (Randnr. 19).

( 20 ) Der Gerichtshof hat diese Formel in den nachfolgenden Urteilen wiederholt, bei denen im übrigen die Überprüfung durch den Gerichtshof ergab, daß keine dieser Voraussetzungen erfüllt und die fraglichen Regelungen damit unter dem in Rede stehenden Gesichtspunkt nicht angreifbar waren (Urteil vom 24. Januar 1991 in der Rechtssache C-339/89, Alsthom Atlantique, Slg. 1991, I-107, Randnr. 11, und vom 28. Februar 1991 in der Rechtssache C-332/S9, Marchandise, Slg. 1991, I-1027, Randnr. 22). Vgl. ferner Urteil vom 19. März 1992 in der Rechtssache C-60/91 (Morais, Slg. 1992,I-2085, Randnrn. 11 und 12), in dem der Gerichtshof nicht einmal geprüft hat, ob die streitige Maßnahme zu einer der angegebenen Fallgruppen gehört: Da dicseden Mandel zwischen den Mitglicdstaaten nicht beeinträchtigen könne, sei sie jedenfalls nicht geeignet, Wirkungen hervorzurufen, die sich mit denen einer gegen Artikel 85 Absatz 1 verstoßenden Vereinbarung vergleichen ließen.

( 21 ) Besonders aufschlußreich sind insoweit die Urteile Van de Haar, a. a. O., und Leclerc (Treibstoffe), a. a. O.

( 22 ) Ich beziehe mich auf die Urteile Nouvelles frontières, BNIC/Aubcrt, Ahmed Saacd und VVR, in denen der Gerichtshof die Rechtswidrigkeit der angefochtenen staatlichen Maßnahmen festgestellt hat.

( 23 ) Schlußanträge vom 13. Dezember 1977 in der Rechtssache 82/77 (Slg. 1978, 42, insbesondere 48).

( 24 ) Dies ist in der Tat nicht nur im Urteil van Tiggele, sondern auch in den Urteilen Leclerc (Bücher) und Van Eycke der Fall. Ein vergleichbarer Sachverhalt lag der Rechtssache ΙΝΝΟ/AΤΑΒ zugrunde.

( 25 ) Ich weise insoweit darauf hin, daß der Gerichtshof im Urteil Van Eycke, a. a. O., entschieden hat, daß der Umstand, daß die Regelung nach vorheriger Abstimmung mit den Vertretern der Verbände des fraglichen Sektors erlassen worden sei, nichts an ihrem staatlichen Charakter ändere (Randnr. 19).

( 26 ) Urteil vom 1. Oktober 1987, a.a. O.

( 27 ) Dies gilt für Vereinbarungen, die, wie die Kommission ausgeführt hat, unter die Gruppenfrcistcllung fallen.

( 28 ) Urteil vom 8. Juni 1971 (Deutsche Grammophon, a. a. O., Randnr. 5).

( 29 ) Vgl. unter anderem das Urteil ΙΝΝΟ/AΤAΒ (a. a. O., Randnr. 29).

( 30 ) Beschluß vom 30. September 1987 in der Rechtssache 229/86 (Brother Industries, Slg. 1987, 3763).

( 31 ) Urteil vom 31. März 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-89/85, C-104/85, C-114/85, C-116/85, C-117/85 und C-125/85 bis C-129/85 (Ahlström u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1307).

( 32 ) Urteil vom 13. Dezember 1991 in der Rechtssache C-18/88 (Slg. 1991, I-5941, Randnr. 20).

( 33 ) Da eine Regelung des Marktes ihrer Nalur nach eine Beschränkung des Wettbewerbs beinhaltet, ist es nämlich selten, daß staatliche Maßnahmen zur Regelung der Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Unternehmen keine wettbewerbswidrigen Wirkungen haben.

( 34 ) Urteil vom 16. November 1977 (INNO/ATAB, a. a. O., Randnr. 35).

( 35 ) Vgl. z. B. die Urteile van Tiggele, a. a. O., Buys, a. a. O., Roussel, a. a. O., und Duphar, a. a. O., sowie das Urteil INNO/ATAB, a. a. O., und in gewissem Sinne das Urteil Lcclerc (Bücher), a. a. O.

( 36 ) Vgl. -/. B. Ulrich, State intervention and EEC competition law, World competition, 1990, S. 79 ff.