SITZUNGSBERICHT

in der Rechtssache C-373/90 ( *1 )

I — Sachverhalt und Verfahren

A — Rechtlicher Rahmen des Verfahrens

a) Gemeinschaftsrecht

1.

Die Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (ABl. L 250, S. 17) stellt nach ihrer siebten Begründungserwägung objektive Mindestkriterien auf, nach denen beurteilt werden kann, ob eine Werbung irreführend ist.

Artikel 2 Nr. 2 definiert „irreführende Werbung“ wie folgt:

„... jede Werbung, die in irgendeiner Weise — einschließlich ihrer Aufmachung — die Personen, an die sie sich richtet oder die von ihr erreicht werden, täuscht oder zu täuschen geeignet ist und die infolge der innewohnenden Täuschung ihr wirtschaftliches Verhalten beeinflussen kann oder aus diesen Gründen einen Mitbewerber schädigt oder zu schädigen geeignet ist.“

Artikel 3 führt einige Bestandteile auf, die bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen sind, ob eine Werbung irreführend ist.

Artikel 4 Absatz 1 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sorgen im Interesse sowohl der Verbraucher als auch der Mitbewerber und der Allgemeinheit für geeignete und wirksame Möglichkeiten zur Bekämpfung der irreführenden Werbung.“

Artikel 6 der Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten übertragen den Gerichten oder Verwaltungsbehörden Befugnisse, die sie ermächtigen, in den in Artikel 4 vorgesehenen Verfahren vor den Zivilgerichten oder Verwaltungsbehörden

a)

vom Werbenden Beweis für die Richtigkeit von in der Werbung enthaltenen Tatsachenbehauptungen zu verlangen, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden und anderer Verfahrensbeteiligter im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint, und

b)

Tatsachenbehauptungen als unrichtig anzusehen, wenn der gemäß Buchstabe a) verlangte Beweis nicht angetreten wird oder wenn er von dem Gericht oder der Verwaltungsbehörde für unzureichend erachtet wird.“

Nach Artikel 7 hindert diese Richtlinie schließlich die Mitgliedstaaten nicht daran, Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder zu erlassen, die einen weiterreichenden Schutz der Verbraucher vorsehen.

b) Nationales Recht

2.

Artikel 44 des französischen Gesetzes Nr. 73-1193 vom 27. Dezember 1973 zur Regulierung von Handel und Handwerk, des sogenannten „Royer“-Gesetzes, ist die Maßnahme, die die französische Regierung als Rechtsvorschrift, durch die die genannte Richtlinie umgesetzt wird, mitgeteilt hat. Dieser Artikel lautet wie folgt:

„I. Jede Werbung, die in irgendeiner Form falsche Behauptungen, Angaben oder Anpreisungen enthält, die irreführend sein können, ist verboten, wenn sich diese auf eines oder mehrere der nachstehenden Merkmale beziehen: Vorhandensein, Art, Zusammensetzung, wesentliche Eigenschaften, Gehalt an sachdienlichen Prinzipien, Art, Ursprung, Menge, Herstellungsverfahren und -datum, Eigentumsverhältnisse, Preis und Bedingungen für den Verkauf von Gegenständen oder für Dienstleistungen, die Gegenstand der Werbung sind, Bedingungen ihrer Verwendung, Ergebnisse, die von ihrer Verwendung erwartet werden können, Gründe oder Verfahren des Verkaufs oder der Dienstleistung, Umfang der vom Werbenden eingegangenen Verpflichtungen, Identität, Eigenschaften oder Fähigkeiten des Herstellers, der Wiederverkäufer, der Werbenden oder Dienstleistenden.“

Täuschende oder irreführende Werbung wird bei dem Werbenden mit den Sanktionen des Artikels 1 des Gesetzes vom 1. August 1905 zur Bekämpfung von Betrügereien, d. h. mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zwei Jahren und/oder Geldbuße von 500 bis 250000 FF geahndet (Artikel 44-II Absatz 9 des Gesetzes Nr. 73-1193). Die Geldbuße kann sich auf 50 % der Ausgaben der Werbung, mit der das Delikt begangen wurde, belaufen, wenn der Werbeetat höher ist als 500000 FF (Artikel 44-II, Absatz 10).

B — Vorgeschichte des Verfahrens

3.

Am 20. Februar 1990 erstattete Jean-Pierre Richard, Verwaltungsratsvorsitzender der SA Richard-Nissan beim dienstältesten Ermittlungsrichter beim Tribunal de grande instance Bergerac nach Artikel 44 des Gesetzes Nr. 73-1193 vom 27. Dezember 1973 Strafanzeige wegen irreführender und rechtswidriger Werbung.

Die Firma Richard-Nissan ist Alleinimporteur von Fahrzeugen der Marke Nissan in Frankreich. Diese Fahrzeuge werden über ein Netz von Vertragshändlern vertrieben.

Die Strafanzeige richtet sich gegen ein Autohaus in Bergerac, das in der Presse Anzeigen mit dem Hinweis „Kaufen Sie Ihren Neuwagen billiger“ und dem Zusatz „Herstellergarantie ein Jahr“ erscheinen ließ.

Diese Werbung bezieht sich auf Fahrzeuge, die im Hinblick auf die Einfuhr zugelassen, aber niemals gefahren worden sind und in Frankreich billiger als zu den von den örtlichen Vertragshändlern verlangten Preisen verkauft werden, weil die belgischen Grundmodelle gegenüber den in Frankreich verkauften Grundmodellen mit weniger Zubehör ausgestattet sind.

C — Vorlagefrage

4.

Unter diesen Umständen hat der Ermittlungsrichter beim Tribunal de grande instance Bergerac mit Schreiben vom 12. Dezember 1990 dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob „eine solche Verkaufspraxis im Einklang mit den derzeitigen europäischen Vorschriften“ steht.

D — Verfahren vor dem Gerichtshof

5.

Das Schreiben des Tribunal de grande instance Bergerac ist am 17. Dezember 1990 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen worden.

Gemäß Artikel 20 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Xavier Lewis und Maria Con-dou-Durande, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, am 2. April 1991 beim Gerichtshof schriftliche Erklärungen eingereicht.

Der Gerichtshof hat auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.

II — Beim Gerichtshof eingereichte schriftliche Erklärungen

6.

Die Kommission führt vorab aus, daß die Richtlinie 84/450 zwei Zwecken diene: zum einen, einen Gemeinschaftsrahmen für den Schutz der Verbraucher gegen irreführende Werbung zu setzen, und zum anderen, zu verhindern, daß die Mitgliedstaaten bei der Anwendung unterschiedlicher einschlägiger Rechtsvorschriften den freien Warenverkehr behindern könnten. Diese beiden Zwecke seien im übrigen von Generalanwalt Lenz in seinen Schlußanträgen vom 19. September 1984 in der Rechtssache 177/83 (Kohl, Slg. 1984, 3665) anerkannt worden.

Daher müsse das französische Gericht nach neuerer Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-106/89, Marleasing, Slg. 1990, I-4135) das Gesetz Nr. 37-1193 vom 27. Dezember 1973 im Lichte dieser beiden Zwecke der Richtlinie 84/450 auslegen.

Obwohl es sich im vorliegenden Fall nicht um grenzüberschreitende Werbung handele, habe die Beschwerde Fahrzeuge zum Gegenstand, die eine Grenze zwischen zwei Mitgliedstaaten überschritten. Die Werbung des Autohauses in Bergerac sei das Ergebnis einer Vermarktung, die einen gewissen Schutz durch das Gemeinschaftsrecht genieße. Daher sei auf die Gefahr hinzuweisen, daß das innerstaatliche Recht zur Durchführung der Richtlinie 84/450 auf eine Art und Weise angewandt werde, die die erklärten Zwecke dieser Richtlinie, nämlich den Verbraucherschutz und den Grundsatz des freien Warenverkehrs, gefährde.

Die Werbung des Autohauses enthalte drei Bestandteile, die das nationale Gericht nach den in der Richtlinie 84/450 aufgezählten Auslegungskriterien prüfen müsse. Die fragliche Werbung behaupte nämlich, daß es sich um

1)

billigere Fahrzeuge;

2)

Neuwagen;

3)

Fahrzeuge mit Herstellergarantie handele.

Das nationale Gericht müsse daher feststellen, ob diese drei Behauptungen falsch im Sinne von Artikel 44 des Gesetzes Nr. 73-1193, ausgelegt im Lichte des Wortlauts und der Zwecke der Richtlinie 84/450, seien.

Was erstens den Umstand angehe, daß das Fahrzeug billiger sein solle, so sei nach Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie die Beschaffenheit des verkauften Fahrzeugs ein Bestandteil, der bei der Beurteilung der Frage, ob diese Behauptung falsch im Sinne des genannten französischen Gesetzes oder irreführend im Sinne von Artikel 2 Nr. 2 der Richtlinie sei, berücksichtigt werden müsse. Daher müsse das nationale Gericht konkret prüfen, ob diese Behauptung anhand der zum Verkauf angebotenen Fahrzeuge, ihrer Ausstattung und des Preises dieser Ausstattung sowie anhand der Kenntnisse, der Wünsche und der Überzeugungen der Gruppe von Verbrauchern, an die sich die Werbung richte, falsch oder irreführend sei.

Zum Charakter als Neuwagen führt die Kommission zweitens aus, daß Artikel 44 des französischen Gesetzes Nr. 73-1193 jede Werbung untersage, die falsche Angaben insbesondere zu den „wesentlichen Eigenschaften“ des zum Verkauf angebotenen Gegenstands enthalte. Die Strafkammer der französischen Cour de cassation habe in einem Urteil vom 18. April 1989 (Nr. 87-82. 313. P. F.) festgestellt, daß der Charakter eines Fahrzeugs als Neuwagen eines seiner wesentlichen Eigenschaften im Sinne des französischen Gesetzes vom 1. August 1905 zur Bekämpfung von Betrügereien sei. Die Cour de cassation habe ausgeführt, daß ein Fahrzeug, „um als Neuwagen eingestuft werden zu können, nicht nur nicht gefahren worden, sondern auch noch nicht zugelassen sein darf“. Selbst wenn diese Regel allgemein und abstrakt abgefaßt sei, habe die Cour de cassation im nachfolgenden Abschnitt des Urteils ausgeführt, daß die Kunden von dieser Zulassung nicht unterrichtet worden seien.

Hingegen sei in Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 84/450 eine „wesentliche Eigenschaft“ des Gegenstands, für den geworben werde, nicht erwähnt. Diese Unterlassung sei jedoch unerheblich, denn diese Bestimmungen enthielten eine nicht abschließende Aufzählung der Merkmale, die bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen seien, ob eine Werbung irreführend sei.

Im Gemeinschaftsrecht gebe es keine ausdrückliche Definition des Begriffs „Neuwagen“. Artikel 32 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) erwähne Gebrauchtgegenstände, ohne sie jedoch zu definieren. Die Kommission habe am 3. Februar 1988 einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Artikel 32 und 28 der Richtlinie 77/388/EWG — Sonderregelung für Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Antiquitäten und Sammlungsstücke verfaßt. „Gebrauchtgegenstände“ seien für die Zwecke dieses Vorschlags kurz definiert worden als „bewegliche, gebrauchte Gegenstände, die in ihrem derzeitigen Zustand oder nach Instandsetzung erneut verwendbar sind, einschließlich aller Verkehrsmittel“.

In Ermangelung einer positiven Definition des Neuwagens im Gemeinschaftsrecht sei es Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob über ein Merkmal des zum Verkauf angebotenen Wagens getäuscht worden sei und ob diese Täuschung über dieses Merkmal das wirtschaftliche Verhalten eines Verbrauchers im Sinne von Artikel 2 Nr. 2 der Richtlinie 84/450 beeinflussen könne.

Das nationale Gericht müsse diese Feststellung unter Berücksichtigung des doppelten Zwecks der Richtlinie vornehmen: Verbraucherschutz und Schutz des Grundsatzes des freien Warenverkehrs.

Nach den Akten habe Michel Boussat, Autohändler und Geschäftsführer des Autohauses Lilian-Boussat, der Auftraggeber der im Ausgangsverfahren streitigen Werbung sei, angegeben, daß die Fahrzeuge aus Belgien kämen, wo sie für die Zwecke der Einfuhr nach Frankreich zugelassen worden seien, und daß sie niemals am Verkehr auf öffentlichen Straßen teilgenommen hätten.

Daher müsse das nationale Gericht nicht nur die Wahrheit dieser Angabe prüfen, sondern auch untersuchen, ob der Umstand, daß das Fahrzeug niemals am Verkehr teilgenommen habe und daß es für die Zwecke der Einfuhr zugelassen worden sei, Bestandteile seien, über die der Verbraucher getäuscht worden sei. Die Frage nach der Verwendung des Fahrzeugs dürfte eine reine Tatfrage sein. Hingegen könne die Frage nach der Zulassung des Fahrzeugs in Belgien vor seiner Auslieferung an den Endverbraucher in Frankreich gewisse Schwierigkeiten aufwerfen.

Das nationale Gericht müsse ermitteln, ob den Käufern dieser Fahrzeuge die Zulassung in Belgien bekannt sei und ob diese Zulassung nicht in ihrem Namen, sondern im Namen eines Autohändlers oder eines Zwischenhändlers erfolgt sei. Sei ihnen dies nicht bekannt, müsse das Gericht diese Zulassung als zu berücksichtigenden Bestandteil im Sinne von Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 84/450 ansehen, der bei der Beurteilung der Frage maßgebend sei, ob die Werbung irreführend sei.

Beispielsweise verstieße es gegen die Richtlinie, wenn die Behauptung, daß das Fahrzeug ein Neuwagen sei, nur deshalb als irreführend angesehen werde, weil das Fahrzeug vor seiner Auslieferung an den Käufer nur für den Zweck des Einfuhrvorgangs zugelassen worden sei, wenn diese Zulassung für die Durchführung dieses Vorgangs erforderlich sei.

Zwar ermächtige Artikel 7 der Richtlinie die Mitgliedstaaten, einen weiterreichenden Schutz der Verbraucher, als in der Richtlinie vorgesehen, zu gewährleisten; jedoch lasse sich die Ansicht nicht vertreten, daß die rechtliche Qualifizierung eines Neuwagens als Wagen, der niemals zugelassen worden sei, eine Maßnahme des Verbraucherschutzes sei. Die Anwendung dieser französischen Regel führe, abgesehen von anderen Tatumständen dazu, daß die Werbung für ein Fahrzeug, das nur für die Zwecke der Einfuhr zugelassen worden sei, als Neuwagen und somit attraktives Fahrzeug, verboten würde. Ebenso könne eine solch allgemeine und abstrakte Regel nicht als aus zwingenden Gründen des Verbraucherschutzes im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes gerechtfertigt angesehen werden (Urteile vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78, Rewe-Zentral, „Cassis de Dijon“, Sig. 1979, 649, vom 26. Juni 1980 in der Rechtssache 788/79, Gilli und Andres, Slg. 1980, 2071, und vom 7. März 1990 in der Rechtssache C-362/88, GB-INNO-BM, Slg. 1990, I-667).

Das vorlegende Gericht müsse prüfen, ob diese Zulassung in Belgien erforderlich sei, damit ein Autohändler wie der Auftraggeber der streitigen Werbung ein Einfuhrgeschäft tätigen könne. Falls die Einfuhr rechtlich von einem solchen Autohändler getätigt werden könne, ohne die Zulassung des Fahrzeugs im Namen einer anderen Person als des Enderwerbers vorzunehmen, müsse das Gericht prüfen, ob diese Zulassung das Geschäft nicht einfacher oder rentabler gestalte.

In diesem Zusammenhang genüge der Hinweis darauf, daß die Verordnung (EWG) Nr. 222/77 des Rates vom 13. Dezember 1976 über das gemeinschaftliche Versandverfahren (ABl. L 38, S. 1) in Artikel 39 ff. die Zulassung eines Kraftfahrzeugs nicht verlange, damit das interne gemeinschaftliche Versandverfahren ermöglicht werde, wohl aber die Versandanmeldung „T 2“.

Tatsächlich könne man daran denken, daß, wenn der bloße Umstand, daß ein aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführtes Neufahrzeug zuvor für die Zwecke der Einfuhr zugelassen worden sei, einen Parallelimporteur daran hindere, in der Werbung hierfür anzugeben, daß das Fahrzeug neu sei, diesem Parallelimporteur die Möglichkeit genommen werde, diese Art von Handel einzurichten und zu entwickeln. Zu diesem Zweck müsse der Autohändler Werbung betreiben können. Damit die Werbung anziehend sei, müsse er behaupten können, daß das Fahrzeug neu sei.

Das Gemeinschaftsrecht gewähre dem „Paralleľ“-Vertrieb von Fahrzeugen einen gewissen Schutz. Die Kommission habe nämlich am 12. Dezember 1984 die Verordnung (EWG) Nr. 123/85 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge (ABl. 1985, L 15, S. 16) erlassen. Nach Artikel 10 Nr. 2 dieser Verordnung könne die Kommission den Vorteil der Anwendung dieser Verordnung entziehen, „wenn der Hersteller oder ein Unternehmen des Vertriebsnetzes es Endverbrauchern ... dauernd oder systematisch erschwert, innerhalb des Gemeinsamen Marktes Vertragswaren oder ihnen entsprechende Waren sich zu beschaffen sowie Kundendienst für solche Waren zu erlangen“.

Die Kommission habe in ihrer Bekanntmachung zu dieser Verordnung (ABl. 1985, C 17, S. 4) einige Beispiele für mißbräuchliche Behinderungen gegeben: Hersteller oder ihre Importeure verweigerten ihre Mitwirkung bei der Zulassung von Fahrzeugen, die von europäischen Endverbrauchern aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt würden; ungewöhnlich lange Lieferfristen.

Daher müsse das nationale Gericht, wenn es der Ansicht sei, daß im vorliegenden Fall die Anwendung der allgemeinen und abstrakten Regel, wonach ein Neuwagen ein Fahrzeug sei, das niemals zugelassen worden sei, unvermeidlich zu dem Ergebnis führe, daß die fragliche Werbung irreführend sei und daher verboten werden müsse, was im Ergebnis unmittelbar oder mittelbar jeden freien Warenverkehr behindere, die Anwendung der nationalen Bestimmung ausschließen. Selbstverständlich könne dies nur dann der Fall sein, wenn es im vorliegenden Fall an jedem Anhaltspunkt fehle, der dem Gericht die Feststellung erlaube, daß es sich um irreführende Werbung im Sinne der Artikel 2 und 3 der Richtlinie 84/450 handele.

Zur dritten und letzten Frage, ob für das verkaufte Fahrzeug eine Herstellergarantie gegeben werde, führt die Kommission aus, daß für ein eingeführtes Fahrzeug die vom Hersteller im Einfuhrland gewährte Garantie gegeben werden müsse. Die Dauer dieser Garantie hänge von den im Einfuhrland geltenden Vertragsbedingungen ab. Die Bekanntmachung der Kommission zur Verordnung Nr. 123/85 führe unter den Beispielen für mißbräuchliche Behinderungen die Verweigerung der Ausführung von Garantiearbeiten durch Händler an Fahrzeugen an, die sie nicht verkauft hätten und die aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt würden. Die Kommission schlägt daher vor, auf die Frage wie folgt zu antworten:

1)

Ein nationales Gericht, bei dem ein Verfahren auf einem Gebiet anhängig ist, das in den Anwendungsbereich der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung fällt, muß sein nationales Recht im Lichte des Wortlauts und der Zielsetzung dieser Richtlinie anwenden, um den Verbraucher gegen irreführende Werbung zu schützen.

2)

Die Artikel 2 und 3 der Richtlinie 84/450 sind so auszulegen, daß das nationale Gericht unter Berücksichtigung des Sachverhalts des Einzelfalles ermitteln muß, ob die fragliche Werbung objektiv geeignet ist, die Gruppe von Verbrauchern zu täuschen, an die sie sich richtet, und ihr Verhalten beeinflussen oder einen Mitbewerber schädigen kann.

3)

Die Artikel 2 und 3 der Richtlinie 84/450 sind auch so auszulegen, daß das nationale Gericht die Anwendung einer allgemeinen und abstrakten nationalen Vorschrift ausschließen muß, die zum Verbot der Werbung für ein Neufahrzeug führen würde, wenn dieses bereits nur für die Zwecke der Einfuhr zugelassen worden ist, soweit kein weiterer täuschender Bestandteil im Sinne der Richtlinie vorliegt, wenn ein solches Verbot den freien Warenverkehr unmittelbar oder mittelbar behindert.

III — Mündliche Verhandlung

7.

Der Nebenkläger des Ausgangsverfahrens, der keine schriftlichen Erklärungen eingereicht hat, hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, was erstens den preisgünstigeren Charakter des Fahrzeugs betreffe, so könnten die Preise nur dann verglichen werden, wenn die Erzeugnisse vergleichbar seien, was hier nicht der Fall sei. Die Fahrzeuge, die in Frankreich von den französischen Verbrauchern erworben und von der Firma Richard-Nissan eingeführt würden, seien Fahrzeuge mit Komplettausstattung, d. h. Fahrzeuge, die mit allen Sonderausstattungen ausgerüstet seien, während die von dem Autohändler in Bergerac und den übrigen Parallelimporteuren eingeführten Fahrzeuge „nackte“ Fahrzeuge seien. Daher sei Werbung von der in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Art, die das Fahrzeug billiger erscheinen lasse, in dem Sinne irreführend, daß die Verbraucher, wenn sie bei einem Parallelimporteur kauften, glaubten, daß sie das Fahrzeug unter denselben Voraussetzungen wie bei einem Kauf beim Vertragshändler erworben hätten.

Was zweitens den Charakter des Fahrzeugs als Neuwagen angeht, so führt der Nebenkläger des Ausgangsverfahrens unter Berufung auf die Rechtsprechung der französischen Cour de cassation aus, daß die Fahrzeuge nach dieser Rechtsprechung keine Neuwagen seien, denn in Frankreich werde ein von einem Parallelimporteur eingeführtes Fahrzeug nicht als Neuwagen zugelassen, und es handele sich daher bei einem Weiterverkauf nicht um einen Erwerb aus „erster Hand“, sondern aus „zweiter Hand“.

Drittens hat der Nebenkläger des Ausgangsverfahrens in der mündlichen Verhandlung schließlich zur Herstellergarantie erklärt, daß die Parallelimporteure bei einem möglichen Käufer den Anschein erweckten, daß sie selbst diese Garantie gewährten, während in Wirklichkeit nicht sie die Fahrzeuge reparierten, wenn Schwierigkeiten aufträten. Dann müßten sich die Käufer an das Netz der Vertragshändler wenden. Nähmen die Parallelimporteure Arbeiten an einem Fahrzeug vor, obwohl sie keine Vertragshändler seien, so verliere der Kunde die Garantie.

G. C. Rodríguez Iglesias

Berichterstatter


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)

16. Januar 1992 ( *1 )

In der Rechtssache C-373/90

betreffend ein dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag vom Ermittlungsrichter beim Tribunal de grande instance Bergerac/Frankreich im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen

X

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (ABl. L 250, S. 17)

erläßt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten Sir Gordon Slynn in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten, der Richter F. Grévisse, J. C. Moitinho de Almeida, G. C. Rodríguez Iglesias und M. Zuleeg,

Generalanwalt: G. Tesauro

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Xavier Lewis und Maria Condou-Durande, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen des Privatklägers im Ausgangsverfahren, Jean-Pierre Richard, vertreten durch Rechtsanwalt J. M. Reynaud, Versailles, und der Kommission in der Sitzung vom 25. September 1991,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Oktober 1991,

folgendes

Urteil

1

Der Ermittlungsrichter beim Tribunal de grande instance Bergerac hat mit Schreiben vom 12. Dezember 1990, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Dezember 1990, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (ABl. L 250, S. 17) vorgelegt.

2

Diese Frage stellt sich im Zusammenhang mit einer gegen X im Rahmen einer Strafanzeige von Herrn Jean-Pierre Richard, Verwaltungsratsvorsitzender der Société anonyme Richard-Nissan, Alleinimporteur von Fahrzeugen der Marke Nissan in Frankreich, erhobenen Nebenklage. Diese auf Artikel 44 des französischen Gesetzes Nr. 73-1193 vom 27. Dezember 1973 zur Regulierung von Handel und Handwerk, des sogenannten „Royer“-Gesetzes, gestützte Strafanzeige bezieht sich auf irreführende und rechtswidrige Werbemaßnahmen.

3

Bei der betreffenden Vorschrift des französischen Gesetzes handelt es sich, wie sich aus der Mitteilung der französischen Regierung an die Kommission ergibt, um die Rechtsvorschrift, durch die die genannte Richtlinie umgesetzt wird.

4

Die erwähnte Strafanzeige ist gegen ein Autohaus in Bergerac gerichtet, das in der Presse Anzeigen mit dem Hinweis „Kaufen Sie Ihren Neuwagen billiger“ und dem Zusatz „Herstellergarantie 1 Jahr“ erscheinen ließ. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergibt sich im übrigen, daß diese Werbung sich auf aus Belgien eingeführte Fahrzeuge bezieht, die im Hinblick auf die Einfuhr zugelassen worden sind, niemals gefahren worden sind und in Frankreich billiger als zu den von den örtlichen Vertragshändlern verlangten Preisen verkauft werden, weil die belgischen Grundmodelle gegenüber den in Frankreich verkauften Grundmodellen mit weniger Zubehör ausgestattet sind.

5

Vor diesem Hintergrund hat der Ermittlungsrichter beim Tribunal de grande instance Bergerac, bei dem das Verfahren anhängig ist, dieses bis zu einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes darüber ausgesetzt, ob „eine solche Verkaufspraxis im Einklang mit den derzeitigen europäischen Vorschriften“ steht.

6

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs sowie der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

7

Zunächst ist festzustellen, daß nach nunmehr ständiger Rechtsprechung die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie die Aufgabe der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 EWG-Vertrag, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Hoheitsträgern der Mitgliedstaaten einschließlich der Gerichte im Rahmen ihrer Zuständigkeiten obliegen und daß daher ein nationales Gericht bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses Recht anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auslegen muß, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Artikel 189 Absatz 3 EWG-Vertrag nachzukommen (Urteile vom 10. April 1984 in der Rechtssache 14/83, Von Colson und Kamann, Slg. 1984, 1891, Randnr. 26, und vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-106/89, Marleasing, Slg. 1990, I-4135, Randnr. 8).

8

Die Frage des vorlegenden Gerichts ist also so zu verstehen, daß es darum geht, ob die Richtlinie 84/450 des Rates einer Werbung der im Ausgangsverfahren streitigen Art entgegensteht.

9

Wie sich aus den Begründungserwägungen dieser aufgrund von Artikel 100 EWG-Vertrag erlassenen Richtlinie ergibt, soll sie den Verbraucherschutz verbessern und Verfälschungen des Wettbewerbs sowie Behinderungen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs, die sich aus den Abweichungen zwischen den Vorschriften der Mitgliedstaaten gegen irreführende Werbung ergeben, abstellen. Dies soll durch die Aufstellung objektiver Mindestkriterien erreicht werden, nach denen beurteilt werden kann, ob eine Werbung irreführend ist.

10

Gemäß Artikel 2 Nr. 2 dieser Richtlinie bedeutet „irreführende Werbung“

„jede Werbung, die in irgendeiner Weise — einschließlich ihrer Aufmachung — die Personen, an die sie sich richtet oder die von ihr erreicht werden, täuscht oder zu täuschen geeignet ist und die infolge der ihr innewohnenden Täuschung ihr wirtschaftliches Verhalten beeinflussen kann oder aus diesen Gründen einen Mitbewerber schädigt oder zu schädigen geeignet ist“.

11

Zur Auslegung dieser Vorschrift im Hinblick auf die Merkmale einer Werbung der im Ausgangsverfahren streitigen Art müssen alle drei in dieser Werbung enthaltenen Elemente geprüft werden, also der Umstand, daß es sich um Neuwagen handelt, daß sie billiger sind und daß für sie eine Herstellergarantie übernommen wird.

12

Vor dieser Prüfung ist darauf hinzuweisen, daß diese Werbeelemente von großer praktischer Bedeutung für die Tätigkeit der Parallelimporteure von Fahrzeugen sind und daß Paralleleinfuhren — wie der Generalanwalt in den Nummern 5 und 6 seiner Schlußanträge ausgeführt hat — einen gewissen gemeinschaftsrechtlichen Schutz genießen, da sie die Entwicklung des Handelsverkehrs und die Stärkung des Wettbewerbs begünstigen.

13

Was erstens den Hinweis darauf angeht, daß es sich bei den streitigen Fahrzeugen um Neuwagen handelt, so ist festzustellen, daß eine derartige Werbung nicht schon deshalb als irreführend im Sinne von Artikel 2 der Richtlinie angesehen werden kann, weil diese Fahrzeuge vor der Einfuhr zugelassen worden sind.

14

Seine Eigenschaft als Neuwagen verliert ein Fahrzeug nämlich nicht durch die Zulassung, sondern durch den Gebrauch. Im übrigen erleichtert die Zulassung vor der Einfuhr, wie die Kommission dargelegt hat, Paralleleinfuhren erheblich.

15

Es ist allerdings Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der Umstände des vorliegenden Falles zu prüfen, ob diese Werbung unter Berücksichtigung der Verbraucher, an die sie sich richtet, möglicherweise insoweit irreführend ist, als sie zum einen den Umstand verdecken sollte, daß die als neu bezeichneten Fahrzeuge vor der Einfuhr zugelassen wurden, und als dieser Umstand zum anderen geeignet gewesen wäre, eine erhebliche Zahl von Verbrauchern von ihrer Kaufentscheidung abzuhalten.

16

Was zweitens die Werbung mit dem niedrigeren Preis der Fahrzeuge angeht, so könnte diese Werbung nur dann als irreführend eingestuft werden, wenn nachgewiesen wäre, daß eine erhebliche Zahl von Verbrauchern, an die sich die streitige Werbung richtet, ihre Kaufentscheidung getroffen hat, ohne zu wissen, daß der niedrigere Preis der Fahrzeuge damit verbunden ist, daß die vom Parallelimporteur verkauften Fahrzeuge mit weniger Zubehör ausgestattet sind.

17

Was schließlich drittens den Hinweis auf die Herstellergarantie angeht, so ist festzustellen, daß eine solche Angabe nicht als irreführende Werbung betrachtet werden kann, wenn sie der Wahrheit entspricht.

18

Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof in seinem Urteil vom 10. Dezember 1985 in der Rechtssache 31/85 (ETA, Slg. 1985, 3933, Randnr. 14) festgestellt hat, daß ein Garantiesystem, bei dem der Warenlieferant die Garantie allein den Kunden eines Alleinvertriebshändlers vorbehält, diesen und seine Wiederverkäufer gegenüber den Parallelimporteuren und -händlern privilegiert und damit eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag bezweckt oder bewirkt.

19

Auf die Vorlagefrage ist daher zu antworten, daß die Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 dahin auszulegen ist, daß sie es nicht verbietet, daß in einer Anzeige Fahrzeuge als neu, billiger und mit Herstellergarantie versehen dargestellt werden, wenn diese Fahrzeuge nur im Hinblick auf die Einfuhr zugelassen worden sind, niemals gefahren worden sind und — weil sie mit weniger Zubehör ausgestattet sind — in einem Mitgliedstaat zu einem niedrigeren Preis als dem verkauft werden, der von den in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Vertragshändlern verlangt wird.

Kosten

20

Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Bestandteil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

 

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

auf die ihm vom Ermittlungsrichter beim Tribunal de grande instance Bergerac mit Schreiben vom 12. Dezember 1990 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

 

Die Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung ist dahin auszulegen, daß sie es nicht verbietet, daß in einer Anzeige Fahrzeuge als neu, billiger und mit Herstellergarantie versehen dargestellt werden, wenn diese Fahrzeuge nur im Hinblick auf die Einfuhr zugelassen worden sind, niemals gefahren worden sind und — weil sie mit weniger Zubehör ausgestattet sind — in einem Mitgliedstaat zu einem niedrigeren Preis als dem verkauft werden, der von den in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Vertragshändlern verlangt wird.

 

Slynn

Grévisse

Moitinho de Almeida

Rodríguez Iglesias

Zuleeg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Januar 1992.

Der Kanzler

J.-G. Giraud

Der Präsident der Fünften Kammer

in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten

Gordon Slynn


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.