URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 26. JANUAR 1993. - TELEMARSICABRUZZO SPA UND TELALTITALIA SRL UND TELELAZIO SPA GEGEN CIRCOSTEL, MINISTERO DELLE POSTE E TELECOMUNICAZIONI UND MINISTERO DELLA DIFESA. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: PRETURA DI FRASCATI - ITALIEN. - VORLAGE ZUR VORABENTSCHEIDUNG NACH ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG - VORAUSSETZUNGEN. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN C-320/90, C-321/90 UND C-322/90.
Sammlung der Rechtsprechung 1993 Seite I-00393
Schwedische Sonderausgabe Seite I-00001
Finnische Sonderausgabe Seite I-00001
Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor
++++
Vorabentscheidungsverfahren ° Zuständigkeit des Gerichtshofes ° Grenzen ° In einem Zusammenhang, der eine nützliche Antwort ausschließt, gestellte Frage
(EWG-Vertrag, Artikel 177)
Die Notwendigkeit, zu einer dem nationalen Gericht nützlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu gelangen, macht es erforderlich, daß dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die von ihm gestellten Fragen einfügen, festlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen. Diese Anforderungen gelten ganz besonders im Bereich des Wettbewerbs, der durch komplexe tatsächliche und rechtliche Verhältnisse gekennzeichnet ist.
1 Der Vice Pretore von Frascati (Italien) hat mit Beschlüssen vom 4. September 1990, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Oktober 1990, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Wettbewerbsvorschriften des Vertrages zur Vorabentscheidung vorgelegt, um die Vereinbarkeit bestimmter Aspekte einer nationalen Regelung über die Aufteilung der Frequenzen zugunsten des Fernsehdienstes mit dem Gemeinschaftsrecht beurteilen zu können.
2 Diese Fragen stellen sich in Rechtsstreitigkeiten zwischen den Firmen Telemarsicabruzzo, Telaltitalia und Telelazio, Eigentümern von Fernsehsendern, einerseits und Circostel (Circolo costruzioni telegrafiche e telefoniche [Dienst für die Errichtung von telegraphischen und Fernsprechnetzen] von Rom), dem Ministerium für das Post- und Fernmeldewesen und dem Verteidigungsministerium andererseits.
3 Zur Erläuterung dieser Fragen führt der Vice Pretore von Frascati in den Rechtssachen C-320/90 und C-322/90 nach einer Wiedergabe des Inhalts von Artikel 86 EWG-Vertrag lediglich aus, daß diese Vorschrift alle Arten von Monopolen verbiete. In der Rechtssache C-321/90 fügt der vorlegende Richter hinzu, daß vor ihm eine Zuständigkeitsfrage aufgeworfen worden sei. Er meint jedoch, daß er diese Einrede wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht prüfen könne, bevor er dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt habe. Er führt weiter aus, selbst wenn er unzuständig sein sollte, seien diese Fragen aus Gründen der Prozessökonomie gerechtfertigt.
4 Die vom Vice Pretore von Frascati vorgelegten Vorabentscheidungsfragen lauten wie folgt:
1) Verstösst es gegen die Artikel 85 Absatz 3 und 86 EWG-Vertrag, daß die italienische Regierung sich die Nutzung bestimmter Kanäle für die Ausstrahlung von Fernsehsendungen vorbehalten hat, indem sie den Privatsektor daran hindert, diese Kanäle zwischen den Frequenzen 67 und 99 UHF, insbesondere die Kanäle 67, 68 und 69, zu nutzen, ohne Koordinierungsvorschriften über die Nutzung dieser Kanäle zu erlassen?
2) Ist ein solches Verhalten mit dem EWG-Vertrag und dessen Wettbewerbsvorschriften vereinbar?
5 Die Kommission bemerkt vorab, daß die Vorlagebeschlüsse besonders wortkarg seien und mit Erklärungen hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Umstände geizten, die es ermöglichten, den Gegenstand der gestellten Fragen zu ermitteln und somit ihren Sinn und ihre Tragweite zu verstehen.
6 Es ist daran zu erinnern, daß die Notwendigkeit, zu einer dem nationalen Gericht nützlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu gelangen, es erforderlich macht, daß dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die von ihm gestellten Fragen einfügen, festlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen.
7 Diese Anforderungen gelten ganz besonders im Bereich des Wettbewerbs, der durch komplexe tatsächliche und rechtliche Verhältnisse gekennzeichnet ist.
8 Die Vorlagebeschlüsse enthalten dazu jedoch keine Angabe.
9 Zwar haben die vom vorlegenden Gericht übermittelten Akten und die schriftlichen Erklärungen, wie sich aus dem Sitzungsbericht ergibt, ebenso wie die Ausführungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung dem Gerichtshof gewisse Informationen gegeben. Diese Informationen sind jedoch bruchstückhaft und ermöglichen es dem Gerichtshof mangels einer ausreichenden Kenntnis des dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts nicht, die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln im Hinblick auf die Situation, die Gegenstand dieses Rechtsstreits ist, auszulegen, wozu ihn das vorlegende Gericht auffordert.
10 Unter diesen Umständen braucht über die vom Vice Pretore von Frascati vorgelegten Fragen nicht entschieden zu werden.
Kosten
11 Die Auslagen der italienischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
auf die ihm vom Vice Pretore von Frascati mit Beschlüssen vom 4. September 1990 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:
Über die vorgelegten Fragen braucht nicht entschieden zu werden.