61987C0349

Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 6. Juni 1991. - ELISSAVET PARASCHI GEGEN LANDESVERSICHERUNGSANSTALT WUERTTEMBERG. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: SOZIALGERICHT STUTTGART - DEUTSCHLAND. - SOZIALE SICHERHEIT - INVALIDITAETSRENTEN. - RECHTSSACHE 349/87.

Sammlung der Rechtsprechung 1991 Seite I-04501


Schlußanträge des Generalanwalts


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Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1. In der vorliegenden Rechtssache ersucht das Sozialgericht Stuttgart den Gerichtshof um Entscheidung über die Vereinbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften über die Gewährung von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrenten mit dem Gemeinschaftsrecht sowie über die Gültigkeit der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (1).

2. Ich werde kurz den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zusammenfassen. Frau Paraschi, die die griechische Staatsangehörigkeit besitzt, übte von 1965 bis 1979 in der Bundesrepublik Deutschland eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aus, für die insgesamt 102 Monatsbeiträge zur Rentenversicherung anfielen. Im Juli 1979 kehrte sie in ihr Heimatland zurück, wo sie wegen der Verschlimmerung ihres Gesundheitszustands keine Erwerbstätigkeit mehr aufnehmen und wegen der zu geringen Beitragszeit zur griechischen Rentenversicherung auch keine Invaliditätsrente erhalten konnte.

Zwei 1978 und 1980 gestellte Anträge auf eine deutsche Invaliditätsrente wurden vom Rentenversicherungsträger mit der Begründung abgelehnt, ihre Erwerbsfähigkeit sei nach deutschem Recht nicht in ausreichendem Maß beeinträchtigt.

Ein 1985 gestellter dritter Antrag wurde trotz der Feststellung, daß die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen wenigstens auf Zeit ihre Erwerbstätigkeit nicht mehr aufnehmen könne, ebenfalls abgelehnt. Diese Ablehnung wurde mit einer Rechtsvorschrift begründet, die 1984 eingeführt worden war, um die Voraussetzungen für die Gewährung von Invaliditätsrenten insofern zu verschärfen, als die Renten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit nur noch dann gewährt werden können, wenn a) der Versicherte eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeuebt und b) in den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt des Versicherungsfalles (Rahmenzeitraum) mindestens 36 Monatsbeiträge entrichtet hat.

3. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist allerdings zu beachten, daß nach der betreffenden Regelung bei der Ermittlung des Rahmenzeitraums einige abschließend aufgeführte besondere Zeiten ausser Betracht bleiben, so daß sich der 60-Monats-Zeitraum entsprechend verlängert. Zu diesen besonderen Zeiten zählen die Ausfallzeiten unter anderem wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit, die zum Bezug von Leistungen geführt oder unter bestimmten Voraussetzungen nicht geführt haben, sowie Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, sofern sie nicht bereits als Ausfallzeiten zu berücksichtigen sind.

Ausserdem ist eine Übergangsregelung vorgesehen, wonach die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätsrente, die am 31. Dezember 1983 galten, auch nach diesem Zeitpunkt gelten, wenn in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1984 freiwillige Beiträge entrichtet worden sind.

4. Das Sozialgericht Stuttgart, an das sich Frau Paraschi wegen der Anerkennung ihres Anspruchs auf eine deutsche Invaliditätsrente schließlich wandte, hat Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Regelung mit den einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts. Es hat daher das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof ersucht, über die Vereinbarkeit der Verordnung Nr. 1408/71 in Verbindung mit den söben genannten Änderungsvorschriften der Reichsversicherungsordnung mit den Artikeln 48 Absatz 2 und 51 EWG-Vertrag zu entscheiden.

5. Diese allgemein gehaltene Frage bedarf jedoch einer genaueren Formulierung unter Berücksichtigung insbesondere des dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts und der Gründe des Vorlagebeschlusses.

Daraus ergibt sich nämlich, daß das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen will, ob das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die Artikel 48 Absatz 2 und 51 EWG-Vertrag sowie die Verordnung Nr. 1408/71 der Anwendung von Rechtsvorschriften der beschriebenen Art entgegenstehen und ob die Verordnung Nr. 1408/71 gegebenenfalls im Hinblick auf die in den genannten Vorschriften des EWG-Vertrags aufgestellten Grundsätze gültig ist.

6. Für die Beantwortung der ersten Frage ist noch eine weitere Klarstellung angebracht. Für den vorliegenden Rechtsstreit sind nämlich zwei Gesichtspunkte des deutschen Rechts von Bedeutung: zum einen die Anordnung eines Rahmenzeitraums als solche, während dessen die Beiträge geleistet werden müssen, und zum anderen die möglichen diskriminierenden Auswirkungen, die auf den Modalitäten der Verlängerung dieses Rahmenzeitraums beruhen.

7. Zum ersten Punkt ist darauf hinzuweisen, daß Artikel 51 EWG-Vertrag und die Verordnung Nr. 1408/71 nach ständiger Rechtsprechung lediglich die Zusammenrechnung der in verschiedenen Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten vorsehen und nicht die Voraussetzungen für die Entstehung dieser Versicherungszeiten regeln; es ist nämlich Sache jedes Mitgliedstaats, durch den Erlaß von Rechtsvorschriften die Voraussetzungen festzulegen, unter denen eine Person einem System der sozialen Sicherheit beitreten kann oder muß, solange es dabei wohlgemerkt nicht zu einer diskriminierenden Unterscheidung zwischen Inländern und Angehörigen der übrigen Mitgliedstaaten kommt (2).

Daraus folgt, daß das Gemeinschaftsrecht der Befugnis des nationalen Gesetzgebers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätsrente gegebenenfalls zu verschärfen, grundsätzlich dann nicht entgegensteht, wenn diese Voraussetzungen keine offenkundige oder versteckte Diskriminierung von Gemeinschaftsbürgern mit sich bringen.

Die vom deutschen Gesetzgeber aufgestellte Voraussetzung für die Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrenten, also das Bestehen einer Versicherungspflicht für den Arbeitnehmer während eines Rahmenzeitraums vor Eintritt des Versicherungsfalles, stellt aber für sich gesehen eine objektive Voraussetzung dar, die unterschiedslos für deutsche Arbeitnehmer wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gilt, und ist daher gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstanden.

8. Das vorlegende Gericht weist auf etwaige Verletzungen des Eigentumsrechts und wohlerworbener Rechte bei Anwendung dieser Rechtsvorschriften auf nicht abgeschlossene Fallgestaltungen und auf bereits entstandene Ansprüche hin. Dazu ist zu sagen, daß eine solche Beeinträchtigung jedenfalls Folge der alleinigen Anwendung nationalen Rechts wäre und demzufolge allein nach den innerstaatlichen Verfassungsgrundsätzen zu beurteilen ist.

9. Schwieriger und komplizierter gestaltet sich dagegen die Bewertung der deutschen Regelung insoweit, als sie die Möglichkeit einer Verlängerung des Rahmenzeitraums vorsieht.

Hierzu ist vorab zu bemerken, daß die Anwendungspraxis der deutschen Behörden zunächst darin bestand, für die Verlängerung nur Zeiten zu berücksichtigen, in denen Leistungen nach deutschem Recht gewährt worden waren.

Um einer solchen Praxis Einhalt zu gebieten, hat der Gemeinschaftsgesetzgeber daher die Verordnung Nr. 1408/71 geändert, indem er dort rückwirkend einen Artikel 9a eingefügt hat (3), der wie folgt lautet:

"Ist nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Anspruch auf Leistungen davon abhängig, daß der Arbeitnehmer oder Selbständige in einem festgelegten Zeitraum (Rahmenzeitraum) vor Eintritt des Versicherungsfalles eine bestimmte Mindestversicherungszeit zurückgelegt hat, und sehen diese Rechtsvorschriften vor, daß Zeiten, in denen Leistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates gewährt wurden, oder Zeiten der Kindererziehung im Gebiet dieses Mitgliedstaats diesen Rahmenzeitraum verlängern, dann verlängert sich dieser Rahmenzeitraum auch durch Zeiten, in denen Invaliditäts- oder Altersrenten oder Leistungen wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfällen (mit Ausnahme von Renten) nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gezahlt wurden, und durch Zeiten der Kindererziehung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats."

10. Diese Vorschrift hat jedoch nicht alle Probleme und potentiellen Diskriminierungen beseitigen können, die sich aus den deutschen Rechtsvorschriften und der deutschen Praxis, wie sie beschrieben wurden, ergeben.

In der Praxis können nämlich Fallgestaltungen eintreten - und dies ist offensichtlich bei Frau Paraschi geschehen -, bei denen aus Gründen der unterschiedlichen Struktur der verschiedenen mitgliedstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit bestimmte Tatsachen oder Umstände, die im Staat des zuständigen Trägers einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen begründen, wodurch sich der Rahmenzeitraum verlängert, im Heimatland des Wanderarbeitnehmers keinen Anspruch auf entsprechende Leistungen begründen, mit der Folge, daß sich der Wanderarbeitnehmer in der Lage befindet, daß seine Erwartung, eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu erhalten, allein deshalb nicht erfuellt wird, weil er das Land, in dem er seine Ansprüche begründet hatte, verlassen hat, und dies trotz ordnungsgemässer Entrichtung der gesetzlich vorgeschriebenen Beiträge.

11. Zwar sieht Artikel 51 EWG-Vertrag nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nur eine Koordinierung, nicht bereits eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften vor und lässt daher Unterschiede zwischen den Systemen der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten und folglich auch bezueglich der Ansprüche der dort Beschäftigten bestehen (4); auch beziehen sich die Artikel 7 und 48 EWG-Vertrag, die den Mitgliedstaaten verbieten, ihr Recht je nach der Staatsangehörigkeit der Betroffen unterschiedlich anzuwenden, nicht auf etwaige Unterschiede in der Behandlung, die sich aus Divergenzen zwischen den einzelnen Rechtsordnungen ergeben. Das Gemeinschaftsrecht verlangt aber, daß diese Rechtsordnungen auf alle ihrer Herrschaft unterworfenen Personen nach objektiven Merkmalen und ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Betroffenen anwendbar sind (5).

Der Gerichtshof hat in dieser Hinsicht ausgeführt, daß eine Diskriminierung vorliegen würde, wenn die Voraussetzungen für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung bzw. für den Verlust oder das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen der sozialen Sicherheit so gestaltet würden, daß sie praktisch nur von den eigenen Staatsangehörigen erfuellt werden oder leichter in der Person der Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats als in der Person der Angehörigen des zuständigen Mitgliedstaats eintreten könnten (6).

Hinzu kommt, daß der Gleichbehandlungsgrundsatz nach ständiger Rechtsprechung nicht nur offenkundige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern alle verschleierten Formen der Diskriminierung verbietet, die durch Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu demselben Ergebnis führen (7).

12. Im Lichte der söben dargestellten Rechtsprechung muß eine Anwendungspraxis, die für die Verlängerung des Rahmenzeitraums Tatsachen und Umstände nicht berücksichtigt, die in einem anderen Mitgliedstaat eingetreten sind und Tatsachen und Umständen entsprechen, die nach den Vorschriften des zuständigen Staates den Anspruch auf eine Verlängerung des Rahmenzeitraums begründen, dann ernsthafte Bedenken wecken, wenn diese Fallgestaltung wegen der unterschiedlichen Struktur der Systeme der sozialen Sicherheit im Wohnsitzland nicht zu einem Anspruch auf Leistungsgewährung führt.

In einem solchen Fall würde sich der Wanderarbeitnehmer nämlich in der Lage befinden, daß er nicht nur die unvermeidlichen nachteiligen Folgen, die sich aus den Unterschieden zwischen den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten ergeben können, sondern die spezifischen Auswirkungen einer nationalen Regelung zu tragen hat, die dadurch, daß sie die Möglichkeit einer Verlängerung des Rahmenzeitraums vorsieht, eine Voraussetzung aufstellt, die von dem Angehörigen eines anderen als des zuständigen Mitgliedstaats schwerer erfuellt werden kann.

13. Denn wenngleich eine solche Regelung grundsätzlich unterschiedslos angewendet wird, kann sie die Wanderarbeitnehmer in weit schwerwiegenderer Weise benachteiligen, die aus verschiedenen, offensichtlichen Gründen dazu neigen, bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit in ihr Herkunftsland zurückzukehren, womit sie folglich einem anderen System der sozialen Sicherheit unterliegen.

Indem eine solche Regelung die nachteiligen Auswirkungen der Unterschiedlichkeit der Systeme der sozialen Sicherheit noch erhöht, bewirkt sie, daß den Wanderarbeitnehmern vielfach eine Wohnsitzpflicht auferlegt wird, und stellt so ein schwerwiegendes Hindernis für die Verwirklichung des Grundsatzes der Freizuegigkeit der Arbeitnehmer dar.

14. Der Erlaß einer Übergangsregelung durch den deutschen Gesetzgeber, wonach unter bestimmten Voraussetzungen die bisherige Regelung weiter angewendet werden konnte, vermag nebenbei bemerkt am Kern des Problems nichts zu ändern, und zwar auch ungeachtet dessen, daß es schwierig ist, die in ihre jeweiligen Länder zurückgekehrten Wanderarbeitnehmer über diese Regelung angemessen zu unterrichten.

15. Wenn die Artikel 48 Absatz 2 und 51 EWG-Vertrag demnach wie gesehen der Anwendung einer Regelung wie der beschriebenen insoweit entgegenstehen, als diese nicht die Möglichkeit einer Verlängerung des Rahmenzeitraums in bezug auf Tatsachen und Umstände vorsieht, die in einem anderen Mitgliedstaat eingetreten sind und Tatsachen und Umständen entsprechen, die nach der betreffenden Regelung eine solche Verlängerung gestatten, bleibt noch zu prüfen, ob das Fehlen einer Vorschrift in der Verordnung Nr. 1408/71, die diese Diskriminierung verhindert, ein Grund für die Ungültigkeit dieser Verordnung und insbesondere ihres Artikels 9a darstellen kann.

Hierzu ist zu sagen, daß Artikel 9a, wie sich aus dem Vorstehenden und aus den Erklärungen der Kommission ergibt, eigentlich keine Vorschrift zur Koordinierung der verschiedenen Systeme der sozialen Sicherheit darstellt, sondern das im EWG-Vertrag enthaltene Diskriminierungsverbot erläutert.

Dennoch ist darauf hinzuweisen, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber bei der Erläuterung dieses Verbots dessen Umfang unberechtigterweise eingeschränkt hat und daß die Anwendung der Vorschrift durch die nationalen Verwaltungen und Gerichte zu einer Diskriminierung führt, die mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar ist.

Unter diesem Gesichtspunkt ist Artikel 9a folglich insoweit für ungültig zu erklären, als er nicht vorsieht, daß für die Verlängerung des Rahmenzeitraums Tatsachen und Umstände zu berücksichtigen sind, die in einem anderen Mitgliedstaat eingetreten sind.

16. Was die Folgen einer etwaigen Ungültigkeitserklärung in dem söben ausgeführten Sinne betrifft, so ist zweierlei zu bemerken: Zum ersten ergibt sich die Diskriminierung unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles weniger aus der umstrittenen Bestimmung als aus dem Schweigen des Gesetzes, und zum zweiten folgt der Anspruch des einzelnen auf Verlängerung des Rahmenzeitraums im Hinblick auf Tatsachen und Umstände, die in einem anderen Mitgliedstaat eingetreten sind, unmittelbar aus dem EWG-Vertrag und würde somit auch ohne eine besondere Rechtsvorschrift bestehen.

Daraus folgt, daß die zuständigen nationalen Stellen bis zur Neuregelung den Umfang der Verpflichtung aus Artikel 9a in der angesprochenen Weise auszudehnen haben (8).

17. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof daher vor, auf die vom Sozialgericht Stuttgart vorgelegten Fragen wie folgt zu antworten:

1) Das Gemeinschaftsrecht hindert den nationalen Gesetzgeber nicht daran, die Zuerkennung des Anspruchs auf eine Leistung von der Zurücklegung einer Mindestversicherungszeit innerhalb eines vor dem Eintritt des Versicherungsfalles liegenden Rahmenzeitraums abhängig zu machen.

2) Wenn das Recht eines Mitgliedstaats die Zuerkennung des Anspruchs auf eine Leistung von der Zurücklegung einer Mindestversicherungszeit innerhalb eines vor dem Eintritt des Versicherungsfalles liegenden Rahmenzeitraums abhängig macht und vorsieht, daß sich dieser Rahmenzeitraum bei Eintritt bestimmter Tatsachen oder Umstände verlängert, so stehen die Artikel 48 Absatz 2 und 51 EWG-Vertrag der Anwendung dieser Regelung entgegen, falls dabei für die Ermittlung des Rahmenzeitraums entsprechende Tatsachen und Umstände nicht berücksichtigt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat eingetreten sind.

3) Artikel 9a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ist insoweit ungültig, als er nicht vorsieht, daß für die Verlängerung des vor dem Eintritt des Versicherungsfalles liegenden Rahmenzeitraums Tatsachen und Umstände zu berücksichtigen sind, die in einem anderen Mitgliedstaat eingetreten sind.

4) Bis zu einer Neuregelung haben die zuständigen nationalen Stellen den Umfang der Verpflichtung aus Artikel 9a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 in der angegebenen Art und Weise auszudehnen.

(*) Originalsprache: Italienisch.

(1) ABl. L 149, S. 2

(2) Urteil vom 28. Februar 1989 in der Rechtssache 29/88 (Schmitt, Slg. 1989, 581); Urteil vom 24. April 1980 in der Rechtssache 110/79 (Coonan, Slg. 1980, 1445, Randnr. 12); Urteil vom 12. Juli 1979 in der Rechtssache 266/78 (Brunori, Slg. 1979, 2705, Randnr. 5).

(3) Verordnung (EWG) Nr. 2332/89 des Rates vom 18. Juli 1989 (ABl. L 224, S. 1).

(4) Urteil vom 7. Februar 1991 in der Rechtssache C-227/89 (Rönfeldt, Slg. 1991, I-323, Randnr. 12); Urteil vom 27. September 1988 in der Rechtssache 313/86 (Lenoir, Slg. 1988, 5391, Randnr. 13); Urteil vom 15. Januar 1986 in der Rechtssache 41/84 (Pinna, Slg. 1986, 1, Randnr. 20).

(5) Urteil vom 28. Juni 1978 in der Rechtssache 1/78 (Kenny, Slg. 1978, 1489, Randr. 18).

(6) Urteil vom 28. Juni 1978 in der Rechtssache 1/78 (Kenny, a. a. O., Randnr. 17).

(7) Urteil vom 15. Januar 1986 in der Rechtssache 41/84 (Pinna, a. a. O., Randnr. 23); Urteil vom 12. Juli 1979 in der Rechtssache 237/78 (Toia, Slg. 1979, 2645, Randnr. 12); Urteil vom 15. Januar 1974 in der Rechtssache 152/73 (Sotgiu, Slg. 1974, 153, Randnr. 11).

(8) Wegen einer entsprechenden Lösung verweise ich auf das Urteil vom 29. Juni 1988 in der Rechtssache 300/86 (Van Landschoot, Slg. 1988, 3443, Randnrn. 22 bis 24).