61987C0021

Schlussanträge des Generalanwalts Sir Gordon Slynn vom 19. April 1988. - FELIX BOROWITZ GEGEN BUNDESVERSICHERUNGSANSTALT FUER ANGESTELLTE. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM BUNDESSOZIALGERICHT. - SOZIALE SICHERHEIT - VERORDNUNG NR. 1408/71 - SOZIALVERSICHERUNGSABKOMMEN ZWISCHEN EINEM MITGLIEDSTAAT UND EINEM DRITTSTAAT. - RECHTSSACHE 21/87.

Sammlung der Rechtsprechung 1988 Seite 03715


Schlußanträge des Generalanwalts


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Herr Präsident,

meine Herren Richter!

Herr Borowitz wurde im Jahr 1910 in Polen geboren . Nachdem er dort die Höhere Schule besucht und eine Hochschulausbildung abgeschlossen hatte, ging er ein Arbeitsverhältnis ein und entrichtete von 1937 bis 1939 28 Monate lang Beiträge zur polnischen Rentenversicherung . Von 1939 bis 1945 befand er sich in deutscher Kriegsgefangenschaft .

Von 1948 bis 1952 war Herr Borowitz in den Niederlanden beschäftigt und entrichtete dort 51 Monate lang Pflichtversicherungsbeiträge . Er zog sodann in die Bundesrepublik Deutschland, wo er Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten entrichtete . Er wurde 1961 deutscher Staatsangehöriger und legte eine Versicherungszeit von insgesamt 113 Monaten in der Bundesrepublik Deutschland zurück, bevor er die Altersgrenze erreichte und bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ( BfA ) einen Antrag auf Altersruhegeld stellte . Streitig wurde zwischen Herrn Borowitz und der BfA die Frage, ob seine Schul - und Hochschulzeiten bei der Berechnung seines Rentenanspruchs zu berücksichtigen sind oder nicht . Sind sie zu berücksichtigen, erhält er eine höhere Rente .

Die Antwort auf diese Frage hängt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts von dem Verhältnis zwischen dem deutschen innerstaatlichen Recht und dem Gemeinschaftsrecht ab .

Was das deutsche innerstaatliche Recht anbelangt, so bestimmen die §§ 35 und 36 des Angestelltenversicherungsgesetzes, daß bei der Berechnung der zurückgelegten Versicherungsjahre für ein Altersruhegeld sogenannte "Ausfallzeiten" ( zu diesen gehören Zeiten einer Schulausbildung und einer weiteren Ausbildung an einer Ingenieurschule oder Universität ) angerechnet werden können, wenn die Zeit vom Eintritt in die Versicherung bis zur Entstehung des Anspruchs mindestens zur Hälfte mit Beiträgen für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt ist . Ausfallzeiten ( und bestimmte andere Zeiten ) können somit nicht zum Nachweis dafür herangezogen werden, daß die Hälfte der Zeit mit Beiträgen belegt ist, sie erhöhen jedoch die Rente, sofern eine "Halbbelegung" erreicht ist . Weist demgegenüber der Versicherungsverlauf keine "Halbbelegung" auf, werden Ausfallzeiten bei der Berechnung der Rente nicht berücksichtigt .

Aufgrund eines zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen geschlossenen Abkommens über Renten - und Unfallversicherung (" Abkommen von 1975 ") war unter anderem ( Artikel 4 Absatz 2 ) vorgesehen, daß bei der Berechnung einer Altersrente aufgrund von deutschen Versicherungszeiten in Polen zurückgelegte Beschäftigungszeiten und gleichgestellte Zeiten zu berücksichtigen sind, als ob sie in Deutschland zurückgelegt worden wären; das Abkommen sollte jedoch ausdrücklich "Bestimmungen, die von einer zwischenstaatlichen Einrichtung erlassen sind, deren Mitglied ein Staat ist", nicht berühren ( Artikel 3 ).

Was das Gemeinschaftsrecht anbelangt, gilt die Verordnung ( EWG ) Nr . 1408/71 des Rates ( ABl . 1971, L 149, S . 2 ), deren jüngste kodifizierte Fassung in Anhang I der Verordnung ( EWG ) Nr . 2001/83 des Rates ( ABl . 1983, L 230, S . 6 ) wiedergegeben ist, für Arbeitnehmer, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder gegolten haben . Artikel 1 Buchstabe j definiert den Begriff "Rechtsvorschriften" als die "in jedem Mitgliedstaat ... bestehenden und künftigen Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in bezug auf die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit ".

Titel III Kapitel 3 der Verordnung ((" Alter und Tod ( Renten )")) behandelt die Gewährung von Altersrenten in Fällen, in denen für die betreffenden Personen die Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten gegolten haben . Artikel 44 Absatz 2 legt den allgemeinen Grundsatz fest, wonach die Feststellung der Leistungen unter Berücksichtigung aller Rechtsvorschriften zu erfolgen hat, die für die betreffende Person gegolten haben . Nach Artikel 45 Absatz 1 ist der den Rentenanspruch feststellende Träger in Fällen, in denen der Anspruch von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig ist, verpflichtet, soweit erforderlich die Versicherungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, zu berücksichtigen, als handelte es sich um Zeiten, die nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind . Nach Artikel 46 ist bei der Gewährung von Altersrenten ( soweit ein Arbeitnehmer die Anspruchsvoraussetzungen nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, die für ihn gegolten haben, erfuellt hat ) eine Berechnung nicht nur der Leistung anzustellen, die der Gesamtdauer der Versicherungs - oder Wohnzeiten entspricht, die nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats zu berücksichtigen sind, sondern auch der Leistung, die all den Versicherungs - oder Wohnzeiten entspricht, die nach den Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten, die für ihn gegolten haben, zurückgelegt worden sind . Die Höhe der von dem erstgenannten Mitgliedstaat geschuldeten Leistung wird sodann nach dem Verhältnis bestimmt, das zwischen der Länge der nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungszeiten und der gesamten Länge der Versicherungszeiten besteht . Der höhere dieser beiden Beträge - der tatsächlich geschuldete Betrag und der Betrag, der sich aus der Anwendung des Berechnungsverfahrens ergibt ( der "theoretische Betrag ") - wird sodann berücksichtigt .

Anhang VI Abschnitt C der kodifizierten Fassung der Verordnung Nr . 1408/71 von 1983 ( früher Anhang V Abschnitt B ) besagt, daß für die Entscheidung, ob Ausfallzeiten als solche anzurechnen sind, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats entrichteten Pflichtbeiträge und der Eintritt in die Versicherung eines anderen Mitgliedstaats den Pflichtbeiträgen nach den deutschen Rechtsvorschriften und dem Eintritt in die deutsche Rentenversicherung gleichstehen .

Bei der ersten Berechnung des Rentenanspruchs rechnete die BfA nach Korrektur eines ursprünglichen Fehlers die in den Niederlanden zurückgelegten Pflichtversicherungszeiten zu den Monaten hinzu, in denen in der Bundesrepublik Deutschland Beiträge entrichtet worden waren . Aufgrund dessen kam sie zu dem Ergebnis, daß Herr Borowitz eine Halbbelegung mit Pflichtbeiträgen erreicht habe, und berücksichtigte bei der Feststellung der Höhe des Rentenanspruchs die "Ausfallzeiten", in denen Herr Borowitz eine höhere Schule und eine Hochschule besucht hatte, wobei es nach deutschem Recht anscheinend unerheblich war, daß diese Ausbildung in Polen und nicht in Deutschland stattgefunden hatte .

Nach der Ratifizierung des Abkommens von 1975 nahm die BfA am 9 . Januar 1978 eine Neuberechnung der Rente vor, wobei sie das deutsche Recht, das Abkommen von 1975 sowie die Verordnung Nr . 1408/71 berücksichtigte . Zunächst rechnete sie die Ausfallzeiten weiterhin an, stellte jedoch später mit einem Neuberechnungsbescheid vom 4 . Juli 1978 fest, daß dies irrtümlich geschehen sei . Sie nahm sodann zwei getrennte Rentenberechnungen vor . Bei der einen Berechnung wurden die polnischen und die deutschen Beiträge berücksichtigt, nicht aber die in den Niederlanden entrichteten Beiträge . Bei der anderen Berechnung wurden die deutschen und die niederländischen Beiträge berücksichtigt, nicht aber die polnischen Beiträge . Entsprechend ihrer Verwaltungspraxis gewährte die BfA Herrn Borowitz sodann die höhere der sich aus diesen beiden Berechnungen ergebenden Renten . Nach keiner dieser getrennten Berechnungen erreichte Herr Borowitz jedoch eine Halbbelegung mit Pflichtversicherungsbeiträgen, so daß die Ausfallzeiten nicht mehr berücksichtigt werden konnten .

So wurde in einem Neufeststellungsbescheid vom 29 . August 1979 ( korrigiert durch einen Bescheid vom 2 . Oktober 1979 ) verfahren, der den Rentenanspruch von Herrn Borowitz mit 1 203,50 DM auswies . Herrn Borowitz wurde der frühere höhere Betrag ( das heisst der Betrag, der sich bei Berücksichtigung der Ausfallzeiten ergab ) aus Besitzstandsgründen weitergezahlt, wobei ihm jedoch bedeutet wurde, daß sich diese Rente nur erhöhen würde, wenn die neue Berechnungsmethode in der Zukunft zu einem höheren Rentenanspruch führen würde .

Herr Borowitz ging hiergegen mit einer Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen vor . Er machte geltend, es sei eine einzige einheitliche, von den Beitragszeiten in der Bundesrepublik Deutschland, den Niederlanden und Polen ausgehende Berechnung anzustellen, die für ihn eine Halbbelegung ergeben würde, was wiederum eine Berücksichtigung der Ausfallzeiten möglich machen würde . Das Sozialgericht Reutlingen schloß sich in seinem Urteil vom 10 . Februar 1982 der Auffassung von Herrn Borowitz an . Die BfA legte Berufung beim Landessozialgericht ein, das das vorinstanzliche Urteil am 18 . Dezember 1984 bestätigte . Die BfA legte Revision beim Bundessozialgericht ein; dieses setzte am 25 . November 1986 das Verfahren aus und legte dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vor :

"Lässt die Verordnung Nr . 1408/71 des Rates vom 14 . Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu - und abwandern, es zu, daß der deutsche Versicherungsträger bei der Entscheidung über die Anrechnung von Ausfallzeiten den nach den deutschen Rechtsvorschriften entrichteten Pflichtbeiträgen und dem Eintritt in die deutsche Versicherung nicht nur die in anderen Mitgliedstaaten entrichteten Pflichtbeiträge und den Eintritt in die Versicherung anderer Mitgliedstaaten, sondern ausserdem die Pflichtbeiträge und den Versicherungseintritt in einem Drittstaat ( hier : Polen ) gleichstellt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über die gegenseitige Gleichstellug von Versicherungszeiten geschlossen hat?"

In ihrer schriftlichen Erklärung hat die Kommission die Auffassung vertreten, ein Abkommen wie das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Polen abgeschlossene, das in der Bundesrepublik Deutschland angewendet werde, stelle eine Rechtsvorschrift im Sinne des Artikels 1 Buchstabe j der Verordnung dar, so daß die polnischen Versicherungszeiten im Hinblick auf Kapitel 3 der Verordnung als deutsche Versicherungszeiten anzusehen seien . Das Vereinigte Königreich hat geltend gemacht, ein derartiges Abkommen sei keine Rechtsvorschrift in diesem Sinne und die Mitgliedstaaten könnten anderen Mitgliedstaaten durch den Abschluß eines bilateralen Abkommens mit einem anderen Staat auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts keine Verpflichtungen auferlegen . In der mündlichen Verhandlung haben die Kommission und das Vereinigte Königreich jedoch einen ähnlichen Standpunkt eingenommen, der zu einer Bejahung der eigentlichen Frage führen würde - diese lautet nämlich, ob die Verordnung es "zulässt", daß die deutschen Stellen sowohl Pflichtversicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten als auch - aufgrund des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Versicherungszeiten - Pflichtversicherungszeiten nach den polnischen Rechtsvorschriften berücksichtigen .

Die Kommission hat die Auffassung vertreten, die ganze Frage betreffe lediglich die besondere deutsche Bestimmung über Ausfallzeiten . Diese Regelung sei spezifisch für das deutsche Recht . Ich halte die Frage nicht für so beschränkt . Meines Erachtens umfasst sie weit mehr .

Nach meiner Auffassung besteht kein Zweifel daran, daß Kapitel 3 der Verordnung eine Berücksichtigung der Versicherungszeiten in den Niederlanden bei der Berechnung der Rente des Herrn Borowitz gebietet . Gleichermassen eindeutig erscheint mir, daß die Verordnung nichts enthält, was einer Berücksichtigung der polnischen Zeiten bei der Berechnung eines Rentenanspruchs nach deutschem innerstaatlichen Recht entgegensteht .

Die Verordnung Nr . 1408/71 regelt zwar die Berechnung von Renten in bezug auf Zeiten, die nach den Rechtsvorschriften von mehr als einem Mitgliedstaat zurückgelegt worden sind, beseitigt jedoch keine Ansprüche, die sonst nach innerstaatlichem Recht bestehen . Nach deutschem innerstaatlichem Recht hatte Herr Borowitz Anspruch darauf, daß die polnischen Zeiten bei der Berechnung seiner Rente berücksichtigt würden . Der Umstand, daß er aufgrund der Verordnung Nr . 1408/71 auch Anspruch auf Berücksichtigung der niederländischen Zeiten hat, schließt seine Ansprüche nach innerstaatlichem Recht nicht aus . Sollte die Verordnung Nr . 1408/71 so zu verstehen sein, daß sie einer Berücksichtigung der polnischen Zeiten entgegensteht, würde dies meines Erachtens gegen den allgemeinen Grundsatz des Artikels 51 EWG-Vertrag verstossen, aufgrund dessen diese Verordnung unter anderem erlassen wurde ( den Grundsatz nämlich, daß die für die Herstellung der Freizuegigkeit der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu erlassen sind ); wüsste nämlich der Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, daß er im Falle seines Umzugs aus diesem Mitgliedstaat in einen anderen, um dort zu arbeiten, die Rechte aufgrund von Versicherungszeiten verliert, die er in einem Drittstaat zurückgelegt hat und die in dem erstgenannten Mitgliedstaat anerkannt wurden, so würde er vom Umzug abgehalten .

Ob die Verordnung Nr . 1408/71 die Berücksichtigung der polnischen Zeiten gebietet ( und nicht nur zulässt ), fragt das nationale Gericht nicht . Wäre dies zu beantworten, so würde ich die Meinung vertreten, daß sich aus den Artikeln 6, 7 oder 8 der Verordnung für die Antwort nichts ergibt und daß für ein derartiges Gebot nur vorgebracht worden ist, daß Artikel 4 Absatz 1 in Verbindung mit der Definition in Artikel 1 Buchstabe j ausreichend weit sei, um durch innerstaatliches Recht anerkannte oder inkorporierte bilaterale Abkommen zu umfassen .

Die Definition in Artikel 1 Buchstabe j der Verordnung ist eindeutig weit gefasst, umfasst sie doch nicht nur Gesetze, Verordnungen und andere Vorschriften, sondern auch "alle anderen Durchführungsvorschriften" in bezug auf die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit . Darunter können Vorschriften und Maßnahmen in einzelnen Mitgliedstaaten fallen, mit denen ein bilaterales Abkommen mit einem Drittstaat umgesetzt wird . Andererseits sollten wohl mit diesem Artikel - wenn man einmal nicht nur auf seinen Wortlaut abstellt - in einem Drittstaat zurückgelegte Zeiten, die lediglich im Hinblick auf die Berechnung einer Rente nach innerstaatlichem Recht Zeiten gleichgestellt werden, die mit Beiträgen in den Mitgliedstaaten belegt sind, nicht umfasst werden, und er ist wohl auch nicht so zu verstehen . Selbst wenn derartige Zeiten in einem Drittland bei der innerstaatlichen Berechnung berücksichtigt werden, können sie die Verpflichtungen anderer Mitgliedstaaten aufgrund einer Aufteilung im Anschluß an die Zusammenrechnung relevanter Zeiten nicht berühren . Dieses Ergebnis stimmt meines Erachtens mit den Entscheidungen des Gerichtshofes in den Rechtssachen 16/72 ( Allgemeine Ortskrankenkasse Hamburg/Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein, Slg . 1972, 1141 ) und 75/76 ( Kaucic/Institut national d' assurances maladie-invalidité, Slg . 1977, 495, Randnrn . 8 und 9 der Entscheidungsgründe ) überein .

Die Rechtssache 87/76 ( Bozzone/Office de sécurité sociale d' Outre-Mer, Slg . 1977, 687 ) ist meines Erachtens ein Sonderfall, in dem ein Décret colonial vom 7 . August 1952, das durch ein belgisches Gesetz vom 16 . Juni 1960 bestätigt und später durch belgische innerstaatliche Rechtsvorschriften geändert worden war, "insgesamt" als innerstaatliche Rechtsvorschrift angesehen wurde, da die Verordnung Nr . 1408/71 nicht nur für das europäische Staatsgebiet eines Mitgliedstaats gilt, sondern auch für seine früheren Kolonialgebiete gelten kann .

Der weite Anwendungsbereich von Artikel 1 Buchstabe j wurde in der Rechtssache Bozzone und in der Rechtssache 300/84 ( Van Roosmalen/Bestuur van de Bedrijfsvereniging voor de Gezondheid, Geestelijke en Maatschappelijke Belangen, Urteil vom 23 . Oktober 1986, Slg . 3097 ) erneut hervorgehoben; im letzteren Fall ging es jedoch um jemanden, der als Gemeinschaftsangehöriger einen Bezug zum System der sozialen Sicherheit seines Mitgliedstaats hatte, bevor er ins Ausland ging . In dem Urteil des Gerichtshofes wird in den Randnummern 30 und 31 eingeräumt, daß eine nationale Vorschrift, die Bestimmungen über die soziale Sicherheit auf Personen erstreckt, die teilweise oder ausschließlich ausserhalb der Gemeinschaft eine Tätigkeit ausüben, als "Rechtsvorschrift" im Sinne von Artikel 2 der Verordnung Nr . 1408/71 angesehen werden kann . Ich verstehe jedoch dieses Urteil nicht dahin, daß es geboten wäre, Zeiten, die der einzelne in einem Drittland zurückgelegt hat, bevor er Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats wurde, für den die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats über Angelegenheiten der sozialen Sicherheit gelten ( auch wenn diese Zeiten nach innerstaatlichem Recht aufgrund eines bilateralen Abkommens gleichgestellt sind ), bei der Zusammenrechnung und Aufteilung gemäß der Verordnung Nr . 1408/71 zu berücksichtigen .

Meines Erachtens ist deshalb die vom Bundessozialgericht vorgelegte Frage etwa wie folgt zu beantworten :

"Die Verordnung ( EWG ) Nr . 1408/71 des Rates verbietet es einem deutschen Versicherungsträger nicht, bei der Entscheidung über die Anrechnung von Ausfallzeiten den nach den deutschen Rechtsvorschriften entrichteten Pflichtbeiträgen und dem Eintritt in die deutsche Versicherung nicht nur in anderen Mitgliedstaaten entrichtete Pflichtbeiträge und den Eintritt in die Versicherung anderer Mitgliedstaaten, sondern ausserdem Pflichtbeiträge und den Versicherungseintritt in einem Drittstaat ( hier : Polen ) gleichzustellen, mit dem die Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über die gegenseitige Gleichstellung von Versicherungszeiten geschlossen hat, mit der Maßgabe, daß diese Beiträge und Versicherungszeiten den anderen Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Verordnung keine grösseren Verbindlichkeiten auferlegen dürfen, als wenn diese Beiträge und Versicherungszeiten nicht berücksichtigt würden ."

Über die Kosten der Parteien des Ausgangsverfahrens hat das nationale Gericht zu entscheiden . Die Auslagen der Kommission und der Bundesrepublik Deutschland sowie des Vereinigten Königreichs, die in diesem Verfahren Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig .

(*) Verfahrenssprache : Deutsch .