61986C0158

Schlussanträge des Generalanwalts Mancini vom 26. Januar 1988. - WARNER BROTHERS INC. UND METRONOME VIDEO APS GEGEN ERIK VIUFF CHRISTIANSEN. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM OESTRE LANDSRET. - URHEBERRECHT - EINSPRUCH GEGEN DEN VERLEIH VON VIDEOKASSETTEN. - RECHTSSACHE 158/86.

Sammlung der Rechtsprechung 1988 Seite 02605
Schwedische Sonderausgabe Seite 00465
Finnische Sonderausgabe Seite 00471


Schlußanträge des Generalanwalts


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Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1 . Das Östre Landsret Kopenhagen stellt Ihnen die Frage, ob dänische Rechtsvorschriften, die dem Inhaber eines Urheberrechts an einem Film die Befugnis zuerkennen, die Vermietung von Kassetten dieses Films, deren Verkauf er zuvor zugestimmt hat, untersagen zu lassen, mit der Gemeinschaftsrechtsordnung zu vereinbaren sind .

Sie sind damit zum zweiten Mal aufgerufen, die Grenzen zu ermitteln, die im Rahmen des Gemeinsamen Marktes dem freien Verkehr von Videokassetten gezogen sein können . Die erste Rechtssache ( verbundene Rechtssachen 60 und 61/84, Cinéthèque/Fédération nationale des cinémas français ) betraf ein den französischen Produzenten und Vertreibern auferlegtes Verbot, während des Zeitraums, in dem der Film in den französischen Kinos gezeigt wurde, Videokassetten - auch solche einheimischer Erzeugung - zu verkaufen oder zu vermieten . Wie Sie sich erinnern, hat der Gerichtshof ( Urteil vom 11 . Juli 1985, Slg . 1985, 2605, Randnr . 22 ) entschieden, daß "die Anwendung einer derartigen Regelung wegen der Unterschiede zwischen den in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Systemen und den Voraussetzungen, unter denen die Filme dort in Filmtheatern vorgeführt werden, zu Behinderungen des innergemeinschaftlichen Handels mit Videokassetten führen" kann .

Der Gerichtshof hat indessen das Verbot für vereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht gehalten, weil es ausschließlich von der Notwendigkeit getragen sei, die wirtschaftlichen Interessen einer Industrie, der Filmwirtschaft, zu schützen, die auch ein wichtiger Kulturfaktor sei . Er hat im übrigen eine bereits im ersten Urteil "Coditel" vom 18 . März 1980 in der Rechtssache 62/79 ( Coditel/Ciné Vog Films, Slg . 1980, 881 ) verwendete Unterscheidung aufgegriffen und ausgeführt : "Das Filmwerk gehört zur Gruppe der künstlerischen Werke, die der Öffentlichkeit entweder unmittelbar wie bei der Ausstrahlung des Films im Fernsehen oder seiner Vorführung im Filmtheater oder mittelbar in Form von materiellen Trägern wie Videokassetten zugänglich gemacht werden können . Im zweiten Fall fällt die Verbreitung in der Öffentlichkeit mit dem Inverkehrbringen des materiellen Trägers des Werks zusammen" ( Randnr . 9 ).

Das Problem in der vorliegenden Rechtssache liegt anders . Das vom nationalen Recht errichtete Hindernis gegen den freien Verkehr der Kassetten liegt nicht am Anfang, sondern am Ende des Vorgangs der Vorführung des Films, da, wie wir noch genauer sehen werden, die Untersagung der Vermietung die Filme betrifft, die bereits einige Zeit in den Kinos gezeigt worden sind . Es geht mithin vorliegend nicht darum, den in Artikel 30 EWG-Vertrag angesprochenen Grundsatz - und damit die Rechte des Importeurs von Videokassetten - mit dem Schutz eines allgemeinen Interesses wie der Erhaltung der Filmwirtschaft in Einklang zu bringen; Sie haben im Gegenteil festzustellen, in welchem Umfang der Anspruch des Importeurs, die von ihm im Gemeinsamen Markt erworbene Kassette ohne Beschränkungen zu nutzen, gegenüber dem entgegengesetzten Anspruch des Inhabers des Urheberrechts, die Vermietung dieses Bild - und Tonträgers von seiner Zustimmung abhängig zu machen, zurückweichen muß .

2 . Es ist bekannt, daß der Markt für Videokassetten dank der technischen Fortschritte im Bereich der Aufzeichnung und Vervielfältigung von Bild und Ton auf Band seit Jahren eine ständige Aufwärtsentwicklung erlebt . Man muß aber auch sagen, daß der Durchschnittsverbraucher aus offensichtlichen Gründen Videokassetten eher mietet, und daß er sie nur in besonderen Fällen käuflich erwirbt ( Bildungsfilme, Kinderfilme, Pornofilme, Musikkomödien, Opern, grosse Filmklassiker ). Auf jeden Fall entscheiden die Firmen der Filmwirtschaft von Fall zu Fall, wo und in welcher Form - Verkauf oder Vermietung - der Film verwertet wird, sobald die Laufzeit in den Kinos beendet ist .

Im Lichte dieser Gegebenheiten ist es verständlich, daß der Eigentümer eines Films und die Nutzungsberechtigten ein Interesse daran haben, Verkauf und Vermietung der Videokassetten dieses Films als unterschiedliche und voneinander unabhängige Formen der Verwertung so festzulegen, daß die erste Form das Recht zur Nutzung der anderen ausschließt . Genau in diesem Bereich stellt sich nun die Ihnen vorliegende Frage . Unterstellt man einmal, daß die Vorliebe der Verbraucher für die Anmietung angesichts der Fortschritte der Technik und damit der Umstand bestehen bleibt, daß die Ware in den kommenden Jahren weniger kosten wird, so muß geprüft werden, ob die von mir erwähnte Unabhängigkeit sich auf den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Erschöpfung des Urheberrechts auswirken kann . Ist diese Frage zu bejahen, so kann der Rechtsinhaber, der die Videokassette eines seiner Filme in einem Mitgliedstaat verkauft hat, ohne auf sein Recht zur Vermietung zu verzichten, dem Importeur des Bild - und Tonträgers in einem anderen Mitgliedstaat die Nutzung des Werkes durch Vermietung untersagen lassen .

3 . Vor Darstellung des Sachverhalts der Rechtssache ist die Frage angebracht, wie die Mitgliedstaaten das Urheberrecht an Filmwerken, die Vermietung von Videokassetten und die Erschöpfung des insoweit bestehenden Rechts regeln . Im Vereinigten Königreich gibt der Copyright Act von 1956 dem Urheber eines Films das Recht, seine Vervielfältigung, seine öffentliche Vorführung und seine Ausstrahlung im Fernsehen zu untersagen . Bei Videokassetten ist es immer Sache des Urhebers zu entscheiden, ob zunächst verkauft und dann vermietet oder umgekehrt verfahren wird . Im Falle der Veräusserung allerdings ist sein Recht als erschöpft anzusehen, d . h ., er kann der späteren Vermietung des Werkes durch Dritte nicht widersprechen noch hierfür irgendeine Vergütung verlangen . Er kann seine Interessen jedoch dadurch schützen, daß er in den Vertrag eine Klausel aufnimmt, die dem Käufer die Vermietung des Bild - und Tonträgers untersagt, oder durch entsprechende Festsetzung des Preises unter Berücksichtigung der Möglichkeit, daß die Videokassette vermietet werden wird .

Das irische, das niederländische und das bundesdeutsche Recht sind an ähnlichen Grundsätzen ausgerichtet . So hat in der Bundesrepublik der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen vom 6 . März und vom 15 . Mai 1986 ( GRUR 1986, 736 und 743 ) entschieden, daß der Inhaber des Verbreitungsrechts an Kassetten mit Musik - oder Filmwerken, die mit seiner Zustimmung veräussert wurden, Dritten deren Vermietung nicht untersagen kann . Artikel 27 des Urheberrechtsgesetzes vom 9 . September 1965 gewährt ihm allerdings einen Anspruch auf angemessene Vergütung .

Der umgekehrte Grundsatz gilt in Dänemark und in Frankreich . In dem ersten Staat hängt die Möglichkeit, Kassetten, die ordnungsgemäß auf dem Markt erworben werden können, an Dritte zu vermieten, stets von der vorherigen Zustimmung des Eigentümers des Werkes ab, dessen Recht sich folglich mit der Veräusserung nicht erschöpft ( vgl . Gesetz Nr . 158 vom 31 . Mai 1961, Artikel 2 und 23, der letztgenannte in der Fassung des Gesetzes Nr . 274 vom 6 . Juni 1985 ). In Frankreich gibt Artikel 26 des Gesetzes vom 3 . Juli 1985 unmittelbar dem Hersteller von Videogrammen das Recht, ihrer Vermietung zuzustimmen, und dieses Recht erschöpft sich nach der Lehre bei vorheriger Veräusserung des Bild - und Tonträgers nicht .

In Griechenland, Italien, Luxemburg, Portugal und Spanien ist das Problem bisher nicht durch besondere Vorschriften geregelt . Im Grundsatz allerdings erkennen Rechtsprechung und Lehre in Analogie zu den gesetzlichen Vorschriften für Tonträger ein Recht des Urhebers zur Vermietung an .

4 . Am 4 . Juli 1984 ließ Herr Erik Viuff Christiansen in einer Kopenhagener Tageszeitung eine Anzeige erscheinen, mit der er auf die Möglichkeit aufmerksam machte, in seinem Geschäft die Videokassette des Films "Never say never again" im Original, d . h . ohne dänische Untertitel, anzumieten . Die örtlichen Fans von James Bond jubelten, weil diese Kassette bis dahin auf dem inländischen Markt nicht zu bekommen war . Herr Christiansen hatte sie einige Tage zuvor in London gekauft, wo sie von dem Produzenten des Films, Warner Brothers Inc ., in den Handel gebracht worden war .

Diese Gesellschaft und das Unternehmen, das die Rechte an den von ihr hergestellten Kassetten in Dänemark verwaltet ( Metronome ApS ), erfuhren von dem Angebot des Herrn Christiansen und beantragten beim Zivilgericht in Kopenhagen, dem Händler die Vermietung des Bild - und Tonträgers zu untersagen, da eine ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung hierzu nicht erteilt sei . Dem Antrag wurde stattgegeben; im Verlauf des späteren Verfahrens über die Bestätigung der Verfügung hat das Östre Landsret Kopenhagen Ihnen mit Beschluß vom 11 . Juni 1986 folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt :

"Geht gemäß Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag der Inhaber eines ausschließlichen Rechts an einer Videokassette, die rechtmässig in einem Mitgliedstaat in den Verkehr gebracht worden ist, nach dessen innerstaatlichem Recht der Weiterverkauf und die Vermietung nicht untersagt werden können, des Rechts verlustig, die Vermietung der Videokassette nach rechtmässiger Einfuhr in einen anderen Mitgliedstaat dort untersagen zu lassen, obwohl nach dem Urheberrecht dieses Staates ein solches Verbot möglich ist, ohne daß zwischen im Inland hergestellten und eingeführten Videokassetten unterschieden und ohne daß gleichzeitig die Einfuhr von Videokassetten als solche verhindert wird?"

5 . Schriftliche Erklärungen wurden beim Gerichtshof von den Parteien des Ausgangsverfahrens, von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, von den Regierungen Dänemarks, des

Vereinigten Königreichs und Frankreichs eingereicht . Alle diese Beteiligten mit Ausnahme der beiden zuletzt genannten haben an der mündlichen Verhandlung teilgenommen .

Die Kommission weist vorab darauf hin, daß im grössten Teil der Gemeinschaft die Nachfrage nach Videokassetten zu 90 % durch Miete gedeckt werde . Hieraus ergebe sich, daß es auf eine Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels mit Videogrammen hinauslaufen würde, wenn man dem Urheber des aufgezeichneten Werkes die Befugnis zubilligen würde, sich dieser Form der Nutzung auch nach Veräusserung des Erzeugnisses zu widersetzen . Darüber hinaus könne die Einfuhr völlig zum Stillstand kommen, wenn der Urheber systematisch die Zustimmung verweigern oder sie nur gegen zu hohe Vergütung erteilen würde . In diesem Punkt ist Herr Christiansen gleicher Meinung . Obwohl - so führt er aus - die von den klagenden Gesellschaften erlangte Verfügung nur die Vermietung und nicht auch die Einfuhr der Kassette in Dänemark untersage, sei doch klar, daß diese Maßnahme letzten Endes, da die dänischen Verbraucher nicht am Kauf des Bild - und Tonträgers interessiert seien, jegliches Interesse an der Einfuhr aus dem Vereinigten Königreich beseitigen werde . Es unterliege also keinem Zweifel, daß Artikel 30 verletzt sei .

Da dem so sei - führt er weiter aus - könne sich vom Standpunkt des Gemeinschaftsrechts aus der durch die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates geschützte Urheber nicht auf diese berufen, um die Einfuhr und das folgende Inverkehrbringen eines von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung in einem anderen Mitgliedstaat in den Verkehr gebrachten Erzeugnisses zu unterbinden . Eine Berufung auf diese Vorschriften könne man ihm nur erlauben, wenn man eine Abschottung der nationalen Märkte postuliere, die Ihre Rechtsprechung für unvereinbar mit den Zielen des EWG-Vertrages erklärt habe ( vgl . Urteil vom 14 . Juli 1981 in der Rechtssache 187/80, Merck/Stephar und Exler, Slg . 1981, 2063, Randnrn . 12 und 13 ).

Aber das - fährt Herr Christiansen fort - sei noch nicht alles . Das Urteil vom 20 . Januar 1981 in den verbundenen Rechtssachen 55 und 57/80 ( Musik-Vertrieb Membran/GEMA, Slg . 1981, 147, Randnr . 25 ) habe darauf hingewiesen, daß "der Urheber innerhalb eines durch den freien Waren - und Dienstleistungsverkehr gekennzeichneten gemeinsamen Marktes in der Lage ist, selbst oder über seinen Verleger den Ort, an dem er sein Werk in den Verkehr bringt, in irgendeinem Mitgliedstaat frei zu wählen", und daß er "seine Wahl entsprechend seinen Interessen treffen (( kann )), wobei ... das in dem betreffenden Mitgliedstaat gewährleistete Vergütungsniveau ... eine Rolle" spielt . Vorliegend stehe aber fest, daß die Warner Brothers Inc . in aller Freiheit entschieden habe, die Kassette von "Never say never again" zu verkaufen; es sei nicht zweifelhaft, daß sie bei der Feststellung des Preises die Vergütung aus einer Nutzung in Form der Vermietung in Rechnung gestellt habe . Daher würde es auch unter diesem Blickwinkel gegen die Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag verstossen, wenn man ihr erlauben würde, Herrn Christiansen die Vermietung des von ihm im Vereinigten Königreich rechtmässig erworbenen Bild - und Tonträgers in Dänemark untersagen zu lassen .

6 . Alle anderen Beteiligten haben die gegenteilige Auffassung vertreten . Ich beschränke mich hier darauf, diese anhand der von der Kommission vorgetragenen Argumente darzulegen .

Nachdem die Kommission, wie wir sahen, eingeräumt hat, daß es die Einfuhren beeinträchtigen kann, wenn man dem Urheber das Recht zur Untersagung der Vermietung einräumt, korrigiert sie ihre Schußlinie, indem sie die Betonung auf die schweren Probleme legt, die eine zustimmungsfreie Vermietung der Kassetten hervorrufe . Immer häufiger werde die Kassette für einige Stunden zu dem alleinigen Zweck gemietet, das Werk auf einen anderen Bild - und Tonträger zu kopieren; dieser werde dann zu persönlichen Zwecken gebraucht oder - schlimmer - in mehreren Exemplaren vervielfältigt, die dann ihrerseits verkauft oder vermietet würden, natürlich ohne daß der Urheber dafür vergütet werde . Vorliegend stehe allerdings fest, daß Erscheinungen dieser Art vollkommen ausgeschlossen seien . Herr Christiansen gehöre nicht zu den "Raubkopierern", sondern sei ein normaler Kaufmann, der dem Rechtsinhaber ein Videogramm eines James-Bond-Films rechtmässig abgekauft habe und es durch Vermietung an Dritte und nicht durch Vervielfältigung nutzen möchte .

Nach dieser Vorbemerkung führt die Kommission aus - und folgt insoweit der Argumentation des Gerichtshofes in dem Urteil "Cinétèque" -, daß das Verbot des dänischen Gesetzes auch für im Inland hergestellte Kassetten gelte und daher nicht darauf abziele, die Handelsströme zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinflussen . Diese Ströme könnten allerdings gleichwohl beeinträchtigt werden . Die streitige Vorschrift sei daher mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs nur vereinbar, wenn a ) die Beeinträchtigungen des Handels innerhalb der Gemeinschaft nicht über das hinausgingen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels unbedingt erforderlich sei, und b ) dieses Ziel im Hinblick auf den Vertrag gerechtfertigt sei . Und genau das sei vorliegend der Fall .

Wie jedermann wisse, bestehe der vermögenswerte Inhalt des Urheberrechts aus zwei Teilen : aus dem Recht zur Aufführung und dem Recht zur Vervielfältigung des Werkes . Die Vermietung von Kassetten als eine gewerbliche Nutzungstätigkeit wiederkehrender Natur stehe dem zuerst genannten näher . Das erste Urteil "Coditel" habe aber entschieden, daß die Gemeinschaftsrechtsordnung, wenn das Recht zur Kontrolle der Vorführung eines Films ein wesentlicher Aspekt des Urheberrechts sei, dies auch in Rechnung stellen müsse .

Dieser Grundsatz müsse auch auf die Vorführung mit Hilfe von Kassetten angewandt werden . Der Eigentümer eines Filmwerkes könne nämlich nur dann mit diesem Kommunikationsmittel Einkünfte erzielen, wenn ihm das Recht zur Vermietung des Bild - und Tonträgers zuerkannt werde, ebenso wie der Film ihm nur dann einen wirtschaftlichen Vorteil sichere, wenn er befugt sei, ihn öffentlich vorzuführen . Die Zielsetzung des dänischen Gesetzes, das den Urheber gegen die zustimmungsfreie Vermietung der Kassetten schütze, folge mit anderen Worten der gleichen Logik wie der Grundsatz, daß der Urheber eine öffentliche Vorführung seines Films unterbinden könne . Die Vermietung von Kassetten erscheine letztlich als zentrales Element des dem Urheber des Werkes zustehenden Ausschließlichkeitsrechts; daraus folge, daß es mit dem Vertrag vereinbar sei, die Ausübung dieses Rechts von seiner Zustimmung abhängig zu machen .

7 . Der so zusammengefassten Auffassung kann nicht gefolgt werden . Von den beiden Postulaten, auf denen sie beruht - der Urheber habe das ausschließliche Recht, der Vermietung der Kassetten zuzustimmen, und diese Form der Nutzung sei eine Ausprägung seines umfassenderen Rechts zur Vorführung des Werkes - hat nämlich das eine mit dem uns beschäftigenden Problem nichts zu tun und das andere ist unhaltbar .

Unbegründet ist insbesondere die Gleichsetzung von Vermietung und öffentlicher Vorführung des Films . Um dies zu erkennen, sollten wir uns erinnern, daß in nicht wenigen nationalen Rechtsordnungen die Ausübung dieser Tätigkeit frei wird, sobald die Kassette in den Verkauf gelangt, oder allenfalls, wie in der Bundesrepublik, die Verpflichtung mit sich bringt, dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen . Entscheidend ist aber, daß sogar in den Staaten, in denen der Urheber nach Veräusserung des Bild - und Tonträgers die Möglichkeit zur Kontrolle jeder anderen Form der Nutzung des Werkes behält, die Vermietung der Kassette eine rein kaufmännische Tätigkeit bleibt : Das damit verbundene Risiko - d . h . der Umstand, daß der Film von den Mietern mehrere Male, nur einmal oder kein einziges Mal betrachtet wird - fällt nicht auf den Inhaber des Aufführungsrechts zurück, sondern lastet auf dem, der die Kassette vermietet hat .

Was das erste Postulat anlangt, so scheint mir der Gerichtshof nicht mit der Frage befasst zu sein, ob vom Standpunkt des Gemeinschaftsrechts aus der Urheber eines auf Kassette überspielten Films noch das Recht hat, die Tätigkeit der Vermietung seines Werkes in ausschließlicher Weise auszuüben . Das Östre Landsret fragt Sie vielmehr, ob der Käufer einer in einem Mitgliedstaat vom Eigentümer des Films ( oder mit dessen Zustimmung ) verkauften Kassette diese in einem anderen Mitgliedstaat an Dritte gegen dessen Willen vermieten kann . In einem Satz : Es will wissen, ob der Grundsatz der Erschöpfung der Rechte auch im vorliegenden Fall Anwendung findet .

8 . Ich erinnere zunächst daran, daß nach Ihrer Rechtsprechung "jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, ... als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung anzusehen" ist ( Urteil vom 11 . Juli 1974 in der Rechtssache 8/74, Dassonville, Slg . 1974, 837, Randnr . 5 ).

Was nun unseren Fall betrifft, so habe ich bereits mehrfach gesagt, daß die streitige Vorschrift zwar nicht auf die Einfuhr von Kassetten abzielt, aber trotzdem ihre Einfuhr nach Dänemark behindern kann . Wenngleich Artikel 36 EWG-Vertrag die aus Gründen des Schutzes des gewerblichen und kommerziellen Eigentums - also auch des Urheberrechts - gerechtfertigten Verbotsvorschriften aufrechterhält, so ist doch auch richtig, daß nach Maßgabe des Grundsatzes der Erschöpfung des Rechtes der Urheber des Werkes oder sein Lizenznehmer "sich nicht auf das ... ausschließliche Verwertungsrecht berufen können, um die Einfuhr von Tonträgern zu verhindern oder zu beschränken, die auf dem Markt eines anderen Mitgliedstaates von dem Rechtsinhaber selbst oder mit seiner Zustimmung rechtmässig in den Verkehr gebracht worden sind" ( Urteil "GEMA", a . a . O ., Randnr . 15 ).

Dieser letzte Grundsatz ist entscheidend; die These von Warner Brothers und Metronome, wonach die Vermietung eine abweichende und vom Verkauf unabhängige Form der wirtschaftlichen Verwertung sei ( vgl . oben Nr . 2 ), steht dazu, wie ich glaube, vollkommen in Widerspruch . Der Grund ist offensichtlich . Der Hersteller eines Films, der die Kassette an einen Dritten veräussert, so endgültig sein Eigentumsrecht an dieser Ware überträgt und diese in den freien Warenverkehr entlässt, kann sich nicht anschließend auf die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats berufen, um sein ausschließliches Recht am Werk, das in der Kassette verkörpert ist, durchzusetzen und damit praktisch deren Einfuhr in diesen Staat zu verhindern . Dieser Anspruch gründet sich nämlich auf das gleiche wirtschaftliche Interesse, das dem ersten Akt der Verfügung über das Werk zugrunde lag; wenn dem aber so ist, dann muß dieser Anspruch gegenüber dem Grundsatz des Artikels 30 zurückstehen . Führen wir noch einmal das Urteil "GEMA" an : "Das wesentliche Ziel des Vertrages ... wäre nicht zu erreichen, wenn Privatpersonen aufgrund der verschiedenen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten die Möglichkeit hätten, den Markt aufzuteilen und verschleierte Beschränkungen im Handel zwischen den Mitgliedstaaten herbeizuführen" ( Randnr . 14 ).

Es sei abschließend die Feststellung erlaubt, daß Verkauf und Vermietung zwar unterschiedlicher Natur sind ( beim Verkauf wird das Eigentum an einem Gegenstand übertragen, bei der Vermietung der Besitz auf Zeit eingeräumt ), aber auch die Gemeinsamkeit aufweisen, daß beide notwendigerweise das Inverkehrbringen des Erzeugnisses zugunsten des Verbrauchers mit sich bringen . Daraus folgt, daß eine etwaige ausschließliche Befugnis, eine Kassette zu vermieten, niemals die durch Veräusserung in einem anderen Mitgliedstaat herbeigeführte Wirkung - den freien Verkehr dieser Ware innerhalb der ganzen Gemeinschaft - zunichte machen kann . Das Gegenteil behaupten hieße die Verbraucher, hier die dänischen Staatsangehörigen, um das zu bringen, was sie auf Grund des Vertrages als ihnen eigen beanspruchen dürfen .

Dies alles bedeutet natürlich nicht, daß bei Vermietung einer bereits in einem anderen Mitgliedstaat verkauften Kassette der Inhaber des Urheberrechts am Filmwerk jeglichen vermögensrechtlichen Rechtsschutzes entraten müsste . Man hat beispielsweise von einem Recht auf Entschädigung gesprochen oder von der Möglichkeit des Urhebers, bestimmte Klauseln in den Kaufvertrag aufzunehmen . Es steht jedoch fest : Welche Formen, welchen Inhalt auch immer dieser Schutz des Urhebers aufweisen mag, er darf den freien Warenverkehr der einmal in den Verkehr gebrachten Kassetten nicht beeinträchtigen .

Insoweit hat der Gerichtshof die englische Regierung um die Auskunft ersucht, ob im Vereinigten Königreich mit dem Kaufpreis der Videokassette die Urheberrechte bereits mit vergütet würden und, falls dies zu bejahen sei, welche Auswirkungen dies auf die Vermietung des Erzeugnisses in den anderen Mitgliedstaaten habe . Die Antworten, die wir erhalten haben, sind unbestimmt und enthalten Zahlen, die nicht vergleichbar sind . Aber diese Daten - meint die Kommission - hätten nicht genauer sein können . Der Kassettenmarkt weise nämlich von einem Land zum anderen beträchtliche Unterschiede auf . Im Vereinigten Königreich beispielsweise hätten die letzten vier Jahre eine starke Zunahme der Verkäufe gebracht, während in Dänemark die gleichen Bild - und Tonträger weiterhin vorwiegend im Wege der Vermietung vertrieben würden .

Was also tun? Man kann nur wiederholen, was der Gerichtshof bereits entschieden hat : Der Urheber kann sich frei und nach unterschiedlichen Vorgaben für den Ort innerhalb der Gemeinschaft entscheiden, an dem er sein Werk in den Verkehr bringt, aber er kann "aus den Unterschieden, die mangels einer Harmonisierung der innerstaatlichen Bestimmungen über die kommerzielle Nutzung der Urheberrechte weiterbestehen, keine Hindernisse für den freien Warenverkehr im Gemeinsamen Markt" herleiten ( Urteil "GEMA", a . a . O ., Randnr . 26 ).

9 . Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen schlage ich Ihnen vor, auf die Ihnen vom Östre Landsret, Kopenhagen, mit Beschluß vom 11 . Juni 1986 in dem dort anhängigen Rechtsstreit Warner Brothers Inc . und Metronome Video ApS gegen Erik Viuff Christiansen gestellte Frage wie folgt zu antworten :

Die Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag sind so auszulegen, daß mit ihnen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unvereinbar sind, auf Grund deren der Inhaber von Urheberrechten an einer Videokassette das Inverkehrbringen dieser Ware auf dem Wege der Vermietung in diesem Staat untersagen kann, obwohl er sie in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig verkauft oder ihrem Verkauf zugestimmt hat .

(*) Aus dem Italienischen übersetzt .