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1 . Vorabentscheidungsverfahren - Auslegung - Zeitliche Wirkung der Auslegungsurteile - Rückwirkung - Grenzen - Rechtssicherheit - Beurteilungsbefugnis des Gerichtshofes, die dieser im Vorabentscheidungsurteil selbst ausübt - Spätere Einschränkung - Unzulässigkeit
( EWG-Vertrag, Artikel 177 )
2 . Gemeinschaftsrecht - Grundsätze - Gleichbehandlung - Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit - Berufsbildender Unterricht in einem Mitgliedstaat - Zusätzliche Einschreibe - oder Studiengebühr, die nur von den Angehörigen der anderen Mitgliedstaaten verlangt wird - Verbot - Feststellung in einem Vorabentscheidungsurteil - Auslegung, die für die vor Erlaß des Urteils gestellten Anträge auf Zulassung zum berufsbildenden Unterricht gilt
( EWG-Vertrag, Artikel 7 und 177 )
3 . Gemeinschaftsrecht - Unmittelbare Wirkung - Erhebung einer Einschreibegebühr für den berufsbildenden Unterricht unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit - Erstattung - Modalitäten - Anwendung des nationalen Rechts - Grenzen
( EWG-Vertrag, Artikel 7 )
1 . Durch die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung seiner Befugnisse aus Artikel 177 EWG-Vertrag vornimmt, wird erläutert und erforderlichenfalls verdeutlicht, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre . Daraus folgt, daß die Gerichte die Vorschriften in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlaß des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und müssen, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschriften betreffenden Streit vorliegen .
Nur ausnahmsweise kann sich der Gerichtshof aufgrund des der Gemeinschaftsrechtsordnung innewohnenden allgemeinen Grundsatzes der Rechtssicherheit veranlasst sehen, in Anbetracht der erheblichen Schwierigkeiten, die sein Urteil bei in gutem Glauben begründeten Rechtsverhältnissen für die Vergangenheit hervorrufen könnte, mit Wirkung für alle Betroffenen die Möglichkeit einzuschränken, sich auf diese Auslegung der Vorschriften mit dem Ziel zu berufen, eine erneute Sachentscheidung über diese Rechtsverhältnisse herbeizuführen . Eine solche Einschränkung muß jedoch in dem Urteil selbst enthalten sein, durch das über das Auslegungsersuchen entschieden wird .
2 . Die Auslegung des Artikels 7 EWG-Vertrag, wonach eine Abgabe, Einschreibe - oder Studiengebühr für den Zugang zum berufsbildenden Unterricht eine gegen Artikel 7 EWG-Vertrag verstossende Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstellt, wenn sie von Studenten aus anderen Mitgliedstaaten, nicht aber von inländischen Studenten erhoben wird, gilt auch für die Anträge auf Zulassung zum berufsbildenden Unterricht, die vor dem Erlaß des Urteils gestellt worden sind, in dem der Gerichtshof diese Auslegung vorgenommen hat .
3 . Das Recht auf Erstattung von Beträgen, die ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts erhoben hat, stellt eine Folge und eine Ergänzung der Rechte dar, die den einzelnen durch die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof eingeräumt worden sind . Zwar trifft es zu, daß die Erstattung nur im Rahmen der in den jeweils einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften festgelegten materiellen und formellen Voraussetzungen betrieben werden kann, doch dürfen diese Voraussetzungen nicht so ausgestaltet werden, daß sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen .
Eine Gesetzesbestimmung, nach der in bezug auf zusätzliche Einschreibe - oder Studiengebühren, die für den Zugang zum berufsbildenden Unterricht unter Verstoß gegen Artikel 7 EWG-Vertrag nur von Studenten aus anderen Mitgliedstaaten erhoben wurden, nur die Antragsteller erstattungsberechtigt sind, die vor Erlaß des Urteils, in dem der Gerichtshof diesen Verstoß festgestellt hat, eine Erstattungsklage eingereicht haben, nimmt denjenigen, die diese Voraussetzungen nicht erfuellen, das Recht auf Erstattung der ohne Rechtsgrund gezahlten Beträge und verhindert damit die Ausübung der durch den Vertrag eingeräumten Rechte . Die innerstaatlichen Gerichte dürfen eine solche Bestimmung nicht anwenden .