SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

G. FEDERICO MANCINI

vom 26. April 1986 ( *1 )

Inhaltsverzeichnis

 

1. Die Vorabentscheidungsfragen der Pretura Bozen und der Pretura Mailand

 

2. Die italienischen Teigwaren und das deutsche Bier: eine trügerische Parallele

 

3. Die Widersprüche, die Ungenauigkeiten und die Lücken in den Erklärungen der Kommission

 

4. Das italienische Reinheitsgebot und die Bezeichnungen, die es vorschreibt

 

5. Die Auswirkungen des italienischen Gesetzes auf den Teigwarenmarkt der Gemeinschaft. Einige Daten

 

6. Die Hartweizenpolitik der. Gemeinschaft und die Auswirkungen, die die Liberalisierung des Handels mit Teigwaren auf diese Politik hätte

 

7. Fortsetzung: Die Vereinbarung zwischen der EWG und den Vereinigten Staaten über Teigwaren aus Hartweizen

 

8. Die Richtlinie 79/112 über die Etikettierung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln

 

9. Fortsetzung: Der Fall der nach der „méthode champenoise“ hergestellten Schaumweine (Verordnung Nr. 3309/85)

 

10. Der Vorschlag für eine Richtlinie über Teigwaren vom 7. November 1968

 

11. Die der Pretura Bozen und der Pretura Mailand zur Prüfung vorliegenden Etiketten

 

12. Die Schlußfolgerungen der Beteiligten

 

13. „Pasta“ und „Spaghetti“ in Italien und außerhalb Italiens

 

14. Besuch in einem Supermarkt in Luxemburg: die Probleme, die durch Etiketten entstehen, die nur der Richtlinie 79/112 entsprechen

 

15. Die Unlösbarkeit dieser Probleme für die nationalen Gesetzgeber

 

16. Die Notwendigkeit eines Tätigwerdens der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Bezeichnung der Teigwaren

 

17. Die sich dem Gerichtshof anbietenden Lösungen

 

18. Ergebnis

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1. 

Mit Beschluß vom 31. Oktober 1985 im Rahmen eines Verfahrens, das von dem deutschen Unternehmen 3 Glocken GmbH und von Frau Gertraud Kritzinger gegen die Provincia autonoma di Bolzano in Gang gesetzt worden war, die ihnen zur Last gelegt hatte, gegen einige italienische Vorschriften über den Handel mit Teigwaren verstoßen zu haben, hat die Pretura Bozen Ihnen gemäß Artikel 177 Absatz 2 EWG-Vertrag folgende Fragen gestellt:

„a)

Ist das Verbot ... in Artikel 30 EWG-Vertrag dahin auszulegen, daß es bei der Einfuhr von Teigwaren die Anwendung italienischer ... Vorschriften, die die Verwendung von Weichweizenmehl bei der Herstellung von Teigwaren verbieten, dann ausschließt, wenn diese Teigwaren in einem anderen Mitgliedstaat ... erlaubterweise hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind?

b)

Ist jedenfalls das in Artikel 36 ... niedergelegte Verbot willkürlicher Diskriminierungen oder verschleierter Beschränkungen im Handel zwischen den Mitgliedstaaten dahin auszulegen, daß es die Anwendung der oben genannten nationalen Vorschriften ausschließt?“

Am 19. März 1986 hat die Pretura Mailand, die über die gleiche, Herrn Giorgio Zoni zur Last gelegte Zuwiderhandlung zu entscheiden hat, eine ähnliche Frage aufgeworfen, sie aber umgekehrt formuliert. Sie möchte nämlich folgendes wissen:

„Sind die Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag dahin auszulegen, daß das Recht eines Mitgliedstaats für die Herstellung von Trokkenteigwaren, die zur Vermarktung im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats bestimmt sind, die ausschließliche Verwendung von Hartweizengrieß vorschreiben darf, wenn festgestellt und bewiesen wird, daß diese Verpflichtung

a)

nur zum Schutz der höheren Qualität der ausschließlich aus Hartweizengrieß hergestellten Teigwaren eingeführt worden ist,

b)

keine Diskriminierung der aus anderen Mitgliedstaaten stammenden Erzeugnisse mit den gleichen Merkmalen oder der die gleichen Erzeugnisse herstellenden Unternehmen der Mitgliedstaaten mit sich bringt, da auch die inländischen Unternehmen diesen Beschränkungen unterworfen sind,

c)

nicht eingeführt worden ist, um zugunsten der inländischen Erzeugnisse und zu Lasten der Gemeinschaftserzeugnisse mit den gleichen Merkmalen protektionistiselle Ziele zu verfolgen?“

In den Verfahren vor dem Gerichtshof (Rechtssachen 407/85 und 90/86) haben schriftliche Erklärungen eingereicht: die Beschwerdeführer der Ausgangsverfahren (3 Glocken, Kritzinger und Zoni), die Provincia autonoma di Bolzano, die Beschwerdegegnerin in dem bei dem Pretura Bozen anhängigen Verfahren, die Nebenkläger, die dem bei der Pretura Mailand anhängigen Verfahren beigetreten sind, d. h. neun italienische Teigwarenhersteller, vier Verbände von Teigwarenindustriellen, darunter ein internationaler (der Durum-Club) und die Fratelli Barilla SpA (im folgenden: Unipi und andere), die nationalen Verbände der Kleinbauern, der Landwirte und der Landwirtschaft, die französische, die italienische und die niederländische Regierung sowie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften. An der mündlichen Verhandlung hat sich neben den gerade Genannten die griechische Regierung beteiligt, während die Provincia autonoma di Bolzano nicht aufgetreten ist.

2. 

Die Identität der von den beiden Gerichten gestellten Fragen veranlaßt mich dazu, sie zusammen zu prüfen. Ich halte es jedoch für angebracht, dieser Untersuchung einige Gedanken vorauszuschicken, durch die dem Ihnen vorgelegten Rechtsstreit sowohl der äußere Anschein der Banalität genommen werden als auch die wirtschaftlichen und politischen Realitäten aufgezeigt werden sollen, auf die sich Ihre Entscheidung auswirken wird.

Was ich damit meine, ist schnell gesagt. Das Schicksal hat es gewollt, daß das italienische Teigwarengesetz in Bozen einer Prüfung seiner Vereinbarkeit mit Artikel 30 EWG-_ Vertrag zu dem wenig günstigen Zeitpunkt unterzogen wurde, als die Medien voll von den Protesten waren, mit denen die deutschen Brauer und Verbraucher darauf reagierten, daß die Kommission es gewagt hatte, den Kampf gegen die höhere Qualität des nationalen Biers dadurch aufzunehmen, daß sie vor dem Gerichtshof Reinheitsgebote anfocht, die auf die Zeit Martin Luthers zurückgehen. Ich brauche Ihnen nicht ins Gedächtnis zu rufen, wie diese Auseinandersetzung ausging. Im Urteil vom 12. März 1987 in der Rechtssache 178/84 (Slg. 1987, 1227) ist in Anwendung einer bereits als traditionell angesehenen Rechtsprechung festgestellt worden, daß die Bundesrepublik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag verstoßen hat, „daß sie das Inverkehrbringen von in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestelltem und in den Verkehr gebrachtem Bier untersagt hat, wenn dieses Bier nicht [den Bestimmungen des Biersteuergesetzes über die Herstellung und die Bezeichnung dieses Erzeugnisses] entspricht“.

Die Aktion, auf die ich angespielt habe, beruht auf diesen Umständen. Auf der Ebene der auf dem Spiel stehenden Interessen und der beiden Kollektiworstellungen — so dachten viele — ist das Bier für Deutschland, was die Spaghetti für Italien sind; so vermeinte man gar in den Protesten, mit denen die Italiener den Beschluß der Pretura Bozen aufnahmen, das Echo der deutschen Proteste zu hören. „L'affaire des pâtes“ ist also das Gegenstück zur „affaire de la bière“, und sie kann, einmal aus dem Bereich der nationalen Justiz nach Luxemburg verwiesen, nur zum selben Ergebnis führen. Nun besteht kein Zweifel, daß zwischen den beiden Fällen Ähnlichkeiten bestehen. Es gibt auch Unterschiede, und meiner Ansicht nach sind die Ähnlichkeiten nicht stärker ausgeprägt als die Unterschiede.

Ich bemerke zunächst, daß wir es hier mit einem Vorabentscheidungsersuchen um Auslegung einer Norm des Gemeinschaftsrechts zu tun haben, d. h. — es erübrigt sich, dies zu sagen — mit einem anderen Verfahren als in der Rechtssache 178/84, insbesondere was die Beweisfragen und die Wirkungen angeht, die das Urteil in dem einen und in dem anderen Fall entfaltet. Sicher ist jedoch, daß der Gerichtshof, auch wenn er auf der Grundlage des Artikels 177 tätig wird, wissen muß, worüber er entscheidet. Die Anwendung der vom Gerichtshof ausgelegten Norm durch das vorlegende Gericht kann nämlich eine tiefgreifende Umgestaltung nicht nur der betroffenen nationalen Rechtsordnung, sondern auch — dies könnte im vorliegenden Fall zutreffen — der Rechtsordnung der anderen Mitgliedstaaten und sogar der Gemeinschaftsrechtsordnung bewirken und bewirkt diese häufig auch.

Gewöhnlich veranschaulicht die Kommission in Erfüllung einer Aufgabe, die als die eines amicus curiae definiert worden ist, dem Gerichtshof den Zusammenhang der juristischen und metajuristischen Probleme, in deren Rahmen der Gerichtshof die Vereinbarkeit der streitigen nationalen Bestimmung mit dem Gemeinschaftsrecht zu beurteilen hat. In unserem Fall ist diese Aufgabe aber im wesentlichen nicht erfüllt worden. In Wirklichkeit ließ die Kommission noch vor wenigen Wochen wissen, „sie habe Italien nicht vor dem Gerichtshof verklagt, erkläre aber dem Gerichtshof gleichzeitig in einem Vorabentscheidungsverfahren, daß das italienische Verbot der Einfuhr von Teigwaren aus Weichweizen eine mit Artikel 30 EWG-Vertrag unvereinbare Beschränkung darstelle“(Agence Europe,19. 3. 1988, Nr. 4747, S. 11). Die Dinge sind aber nicht so abgelaufen. Ich muß leider sagen, daß die Kommission, abgesehen davon, daß sie sich über die Gründe ausgeschwiegen hat, aus denen sie nicht wie in der „affaire de la bière“ den Königsweg des Artikels 169 hat einschlagen wollen, ein schlechter amicus curiae gewesen ist. Ihre Erklärungen lassen sich nämlich mit drei Adjektiven belegen: widersprüchlich, ungenau, lückenhaft.

3. 

Beginnen wir mit den Widersprüchen. In der Rechtssache 407/85 trägt die Kommission vor, eine „vollständige Deregulierung“ des Bereichs „in Italien, Frankreich und Griechenland hätte in einem gewissen Ausmaß die Substitution von Hartweizen durch Weichweizen bei der Herstellung von Teigwaren in diesen Ländern zur Folge“ und damit „eine Steigerung der zu Lasten des Gemeinschaftshaushalts gehenden Ausgaben“; die Kommission ist also eindeutig gegen „eine vollständige Aufhebung der betreffenden Rechtsvorschriften“ und wünscht sich, daß die betroffenen Staaten „eine derart radikale Maßnahme nicht in Betracht“ ziehen werden (Hervorhebung durch mich). In der Rechtssache 90/86 schlägt die Kommission Ihnen dagegen vor, festzustellen, daß „Artikel 30 ... einem Mitgliedstaat nicht erlaubt, die Verpflichtung, ... bei der Herstellung von Trockenteigwaren, die innerhalb ... dieses Staates in den Verkehr gebracht werden sollen, ausschließlich Hartweizen zu verwenden, auf Erzeugnisse auszudehnen, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind“.

Was soll denn nun gelten? Italien, Frankreich und Griechenland beugen sich einer eventuellen Feststellung der Unvereinbarkeit durch den Gerichtshof, richten sich aber nach dem Wunsch der Kommission und lassen die Verpflichtung, nur Hartweizen zu verwenden, gegenüber den inländischen Herstellern fortbestehen; in diesem Fall liegt es auf der Hand, daß diese Hersteller im Verhältnis zu ausländischen Herstellern oder im Verhältnis zu Herstellern/Parallelimporteuren von Teigwaren aus Weichweizen diskriminiert werden mit der Folge, daß sie dem Wettbewerb durch derartige Teigwaren wehrlos ausgesetzt sind. Oder aber dieselben Staaten beseitigen diese Beschränkung gegenüber allen Herstellern, um derartig unbillige Auswirkungen auszuschließen: Wir werden dann die fortschreitende „Substitution in einem gewissen Ausmaß“ von Hartweizen durch Weichweizen erleben, die die Kommission in der ersten der zitierten Erklärungen voraussieht — oder besser gesagt heraufbeschwört.

Kommen wir nun zu den Ungenauigkeiten. In ihren Erklärungen in der Rechtssache 407/85 führt die Kommission aus, zwischen Juni 1969 und Februar 1970 hätten der Wirtschafts- und Sozialausschuß und das Parlament ihren Vorschlag für eine Richtlinie zur Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften für Teigwaren abgelehnt. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Der Ausschuß schlug zwar einige Änderungen und insbesondere die Einführung einer Übergangsregelung vor, billigte aber den Vorschlag, und zwar — wie er hervorhob — auch deshalb, weil „die gegenwärtig bekannten Hartweizensorten die Herstellung von Teigwaren mit anerkannt hohen technischen und organoleptischen Eigenschaften ermöglichen“ (Stellungnahme vom 25. Juni 1969, ABl. C 100, S. 11, zweite Begründungserwägung). Ablehnend äußerte sich dagegen das Parlament, aber — und darauf kommt es an — aufgrund einer auf die „derzeitige Form“ des Entwurfs beschränkten Beurteilung und mit der „nachdrücklichen“ Forderung nach einer besseren Fassung (Entschließung vom 2. Februar 1970, ABl. C 25, S. 14). Die Verantwortung für das Fehlen einer Richtlinie, die das Problem, mit dem wir uns befassen, beseitigt hätte, läßt sich daher nicht anderen Organen aufbürden; vielmehr ist festzustellen, wie wir später (unter Punkt 10) sehen werden, daß es zu einem bestimmten Zeitpunkt die Kommission war, die das Unternehmen aufgegeben hat.

Ferner sagt uns die Kommission in einer anderen Passage derselben Erklärungen, daß ihre Dienststellen dabei seien, mit Rücksicht auf den Zustand der Selbstversorgung, den die Gemeinschaft bei Hartweizen mit dem Beitritt Spaniens und Portugals erreicht habe, die „Möglichkeit der Vorlage eines [neuen] Vorschlags für eine gemeinschaftsrechtliche Regelung“ erneut zu prüfen. In Wirklichkeit geht aus den Berichten der Kommission über die Lage der europäischen Landwirtschaft hervor, daß die Gemeinschaft bei Hartweizen bereits 1980/81 Selbstversorger geworden ist. Ich füge hinzu, daß sich der Grad der Selbstversorgung im Jahr 1985/86 (dem letzten, für das wir über Statistiken verfügen) für dieses Erzeugnis auf 122 % belief, nachdem er 1984/85 (und damit in dem dem Beitritt der beiden iberischen Staaten vorausgehenden Zeitraum) die Höchstmarke von 133 % erreicht hatte.

Kommen wir schließlich zu den Lücken. Die Kommission hat dem Gerichtshof keinerlei statistische Angaben über die Herstellung und den Handel innerhalb der Gemeinschaft sowie über die Ausfuhren nach Drittländern von aus Hartweizen, Weichweizen oder einer Mischung von beiden herstellten Teigwaren vorgelegt; es wäre jedoch nützlich gewesen, zu wissen, ob die Gemeinschaftserzeugung von Teigwaren aus Weichweizen wächst oder abnimmt, in welchen Staaten dieses Lebensmittel hergestellt wird und ob es in diesen Staaten nur für den Inlandsverbrauch oder auch für den innergemeinschaftlichen Handel bestimmt ist. Es kommt aber noch etwas hinzu. Die Kommission hat uns nicht darauf hingewiesen, daß der Rat am 7. August 1987 — d. h. drei Monate vor der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof — die Vereinbarung zwischen der EWG und den USA über die Ausfuhren von Teigwaren aus der Gemeinschaft nach Amerika gebilligt und damit den Handelskrieg beendet hat, den die Vereinigten Staaten im Juni 1985 erklärt hatten, als sie diese Erzeugnisse mit einem Embargo belegten.

Dieses Schweigen ist besonders schwerwiegend, wenn man daran denkt, daß Gegenstand der Vereinbarung die nur aus Hartweizen hergestellten Teigwaren waren: Da die unterschiedslose Liberalisierung des innergemeinschaftlichen Handels mit Teigwaren aus Weichweizen eine „gewisse Substitution“ des Hartweizens durch Weichweizen zur Folge hätte, muß man sich fragen, ob diese Auswirkung die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen gefährden kann, die die EWG gegenüber ihrem wichtigsten Handelspartner übernommen hat. Insbesondere muß man sich diese Frage im Rahmen einer Rechtssache stellen, die das italienische Reinheitsgebot zum Gegenstand hat. Italien — auch auf dieses wichtige Detail hinzuweisen, hat die Kommission nicht für angebracht gehalten — befriedigt nämlich die amerikanische Nachfrage nach europäischen Teigwaren zu 99,9 % (1987).

Eine vierte und nicht weniger entscheidende Unterlassung entwertet die Untersuchung, die die Kommission der neuesten Politik der Gemeinschaft in bezug auf Hartweizen widmet. Um die Tragweite dieser Unterlassung zu verstehen, ist jedoch eine Vorbemerkung allgemeiner Art erforderlich, die für uns im übrigen auch in der Folge von Nutzen sein wird.

Der Bericht 1987 zeichnet ein geradezu katastrophales Bild der europäischen Landwirtschaft. In den letzten zwölf Jahren — so wird ausgeführt — seien die Ausgaben des EAGFL, Abteilung Garantie, um 122 % gestiegen, während die Zunahme der Agrarproduktion nur 22 % betragen habe. Gleichzeitig habe der Druck der hohen Überschüsse auf die Erzeugerpreise dazu geführt, daß die Nettowertschöpfung des Sektors geschrumpft und dadurch verhindert worden sei, daß sich die stetige Erhöhung der Transferzahlungen und der Produktivität entsprechend positiv ausgewirkt hätte; weit davon entfernt, den Landwirten zugute zu kommen, fließe nämlich ein wachsender Prozentsatz der Mittel für den Agrarsektor an die Verbraucher, an die Verarbeitungsindustrie und — in Form von Erstattungen — an die importierenden Drittländer. Das Zusammenwirken dieser Faktoren — so heißt es am Ende der Passage, aus der ich zitiere — habe „dazu geführt, daß der Gesamtbetrag der öffentlichen Mittel für die Landwirtschaft... eine Höhe erreicht hat, die... praktisch dem Nettoeinkommen des Sektors entspricht“ (S. 15).

Die beschriebene Lage veranlaßte die Gemeinschaft zu einer „neuen Sicht“ in der Landwirtschaft, zu deren Grundlagen „eine striktere Preispolitik“ gehört. Für den Weizenbereich — so sagt uns die Kommission — hat diese Politik ihren Ausdruck zum einen im Vorschlag der Kommission gefunden, für das Wirtschaftsjahr 1986/87 die Interventionspreise für Hartweizen und für Weichweizen dadurch anzunähern, daß der erstgenannte um 4 % gesenkt wird, und zum anderen in der positiven Aufnahme dieses Vorschlags durch den Rat (Bericht 1987, S. 15, 16). Während damit der Preis des Weichweizens unverändert bei etwa 180 ECU pro Tonne blieb, wurde der Preis des Hartweizens auf 299,60 ECU gesenkt (Verordnung Nr. 1584/86 vom 23. Mai 1986, ABl. L 139, S. 42) und dann später auf 291,59 ECU reduziert (Verordnung Nr. 1901/87 vom 2. Juli 1987, ABl. L 182, S. 42).

Der Rat hat aber — und über diesen Punkt schweigt die Kommission sich aus — viel mehr unternommen, als nur ein besseres Preisverhältnis zwischen den beiden Getreidearten herzustellen. Er hat begriffen, daß die entsprechenden Maßnahmen zu schwerwiegenden und dringlichen Problemen (konkret: einer Einkommenseinbuße) für einige Erzeugergruppen oder für bestimmte Gebiete geführt hätten, und hat beschlossen, sie durch eine Maßnahme mit umgekehrten Vorzeichen und von noch größerer Bedeutung akzeptabel zu machen. Für Hartweizen wird bekanntlich eine gemeinschaftliche Beihilfe gewährt, deren Zweck gegenwärtig darin besteht, „den Landwirten in den Anbaugebieten der Gemeinschaft, wo Hartweizen ein traditioneller und wichtiger Anteil an der Agrarerzeugung zukommt, einen angemessenen Lebensstandard [zu] gewährleisten“ (Verordnung Nr. 1586/86 vom 23. Mai 1986, ABl. L 139, S. 45); der Gemeinschaftsgesetzgeber erhöhte also die Beihilfe um etwa 20 % von 101,31 ECU pro Hektar im Jahre 1985 (Entscheidung 85/329 vom 28. Juni 1985, ABl. L 169, S. 94) auf 121,80 ECU im Jahre 1987 (Verordnung Nr. 1904/87 vom 2. Juli 1987, ABl. L 182, S. 47).

Was soll man nach alledem sagen? Mir scheint es, als hätte ich ein erstes Resultat erzielt. Die „affaire des pâtes“ ist sehr viel komplexer als man sie aufgrund von voreiligen Vergleichen, groben Ungenauigkeiten und Fällen von rätselhaftem Schweigen hat erscheinen lassen. Ich gehe noch weiter: Sie unterscheidet sich von allen früheren Rechtssachen auf dem Gebiet des freien Warenverkehrs, weil die streitigen nationalen Rechtsvorschriften die Grundlage sind, auf der die Gemeinschaft seit 20 Jahren einen wichtigen Aspekt ihrer Agrarpolitik aufbaut, und weil sie eine sehr wichtige Rolle im Rahmen ihrer Außenhandelstätigkeit spielen. Derartige Gesichtspunkte reichen offenkundig nicht aus, um diese Rechtsvorschriften mit Artikel 30 EWG-Vertrag vereinbar zu machen; ebenso ist aber sicher, daß man zu einem Urteil über die Frage der Unvereinbarkeit nicht gelangen kann, ohne alle Auswirkungen interner (im doppelten Sinn von national und ¡nnergemeinschaft-lich) und internationaler Art aufmerksam gewürdigt zu haben, zu denen dieses Urteil führen würde.

4. 

Nach diesen allgemeinen Überlegungen ist es nun an der Zeit, die streitigen RechtsVorschriften zu prüfen, ohne jedoch — dies geschieht in hervorragender Weise in den Sitzungsberichten — auf die zahlreichen und komplexen Details dieser Vorschriften einzugehen. Das Gesetz Nr. 580 vom 4. Juli 1967 ist meines Erachtens nun keineswegs ein einfaches „Programmgesetz“, als das es die Kommisson in der mündlichen Verhandlung definiert hat, sondern eine umfassende Regelung, in der die gesamten Rechtsvorschriften über „die Verarbeitung von und den Handel mit Getreide, Mehl, Brot und Teigwaren“ enthalten sind. Die Regelungen für Teigwaren finden sich im Titel IV in den Artikeln 28 bis 36 und in einigen Übergangsvorschriften: Artikel 50, dessen zweiter Absatz das Verbot enthält, auf das sich die Fragen der Pretura Bozen und der Pretura Mailand beziehen, und Artikel 51.

Nach Artikel 28 sind unter „pasta di semola di grano duro“ (Teigwaren aus Hartweizengrieß) die Erzeugnisse zu verstehen, die durch „Walzen, Ziehen und anschließendes Trocknen von Gemischen hergestellt werden, die ausschließlich ... aus Hartweizengrieß und Wasser... bestehen“. Die Nahrungsmittel, deren Zusammensetzung und vorgeschriebene Bezeichnung auf diese Weise bestimmt wird, sind die „Trockenteigwaren“, die ich als Standardware definieren möchte; es handelt sich also nicht um die einzige Sorte Teigwaren, die rechtmäßig hergestellt werden kann. Insbesondere ist die Herstellung von a) „besonderen Teigwaren, die verschiedene Zutaten enthalten“ (Artikel 30), b) „Teigwaren unter Verwendung von Eiern“ (Artikel 31), c) „Diätteigwaren“ (Artikel 32) und d) „frischen Teigwaren“ (Artikel 33) zulässig.

Die ersten beiden dieser Erzeugnisse sind ebenfalls Trockenteigwaren: Zumindest was die einheimische Erzeugung angeht, dürfen sie nämlich nur aus Hartweizengrieß hergestellt werden und sind unter den Bezeichnungen „pasta di semola di grano duro“ (Teigwaren aus Hartweizengrieß), gefolgt von einem Verzeichnis der Zutaten (z. B. Spinat oder Artischocken) (Artikel 30 Absatz 2), und „pasta all'uovo“ (Eierteigwaren) (Artikel 31 Absatz 2) in den Verkehr zu bringen. Bei der Herstellung der anderen Sorten ist dagegen die Verwendung von Weichweizenmehl zulässig (Artikel 33 Absatz 3); zu den Gründen für diese einmalige Ausnahme hat die italienische Regierung uns verschiedenartige Erläuterungen gegeben. Am stichhaltigsten ist meines Erachtens der Hinweis auf die Vielzahl der Orte, an denen frische Teigwaren zubereitet werden, und die sich daraus ergebende Schwierigkeit, festzustellen, ob diese Teigwaren Weichweizen enthalten. Als das Gesetz Nr. 580 erlassen wurde, hatte die Trockenteigwarenindustrie und das zu ihr gehörende Vertriebsnetz nämlich ein noch beschränktes Ausmaß. In den Familien, in den Landgasthäusern und sogar in den städtischen Restaurants waren die Teigwaren — die im Laufe des Tages verzehrt werden sollten — vorwiegend „hausgemacht“; für diese Herstellung im Haushalt oder im Handwerksbetrieb wurde das Mehl verwendet, das auf den Märkten verfügbar war und das, insbesondere im Norden, nicht immer aus Hartweizen hergestellt war.

„Pasta“, „pasta“-Arten, „paste“: Alles nur Worte, die sich auf die gleiche Sache beziehen, so wird sagen, wer Italien und seine Sprache nicht von Grund auf kennt. Doch dies ist nicht der Fall. Nach dem „Dizionario enciclopedico Treccani“ ist unter „Pasta“ nicht nur „ein Mehlgemisch, das sachgerecht so lange umgerührt wird, bis es fest und kompakt ist“, sondern auch ein Gemisch von „Weizen- oder Grießmehl zu verstehen, das nicht fermentiert ist und in verschiedenen Formen verarbeitet und getrocknet die verschiedenen Arten von Teigwaren [‚paste alimentari‘] bildet“. Pasta„in der Einzahl“ — so heißt es jedoch in dieser maßgebenden Quelle — „hat im allgemeinen die Bedeutung eines Sammelbegriffs, während die Mehrzahl [paste] im Handel fast nur verwendet wird, um eine Gesamtheit verschiedener Arten und Formen von Pasta zu bezeichnen“.

Mit diesen Erklärungen versehen wollen wir nun noch einmal den Wortlaut der oben zitierten Vorschriften lesen. Wir werden bemerken, daß die „pasta“ des Artikels 28 eine Gattungsbezeichnung im Handel ist, während die „Erzeugnisse“, von denen in derselben Vorschrift die Rede ist und für die die Herstellung allein aus „Hartweizengrieß“ vorgeschrieben wird, und die „paste“ der Artikel 30 bis 33 Bezeichnungen der Pa- sta.-Arten sind, d. h. des Stoffs oder der Stoffe, aus denen diese hergestellt werden. Ich füge hinzu, daß die erstgenannte Bezeichnung für jede Packung unseres Nahrungsmittels zwingend vorgeschrieben ist und daß ihr immer die an zweiter Stelle genannten Bezeichnungen zu folgen haben. Gemäß Artikel 35 müssen nämlich „... die Bezeichnung und die Art der ‚pasta‘ ... auf den Verpackungen oder Umhüllungen in italienischer Sprache ... mit unauslöschbaren, gut lesbaren Buchstaben angegeben werden“. Diese Bezeichnungen müssen die in Artikel 28 bis 33 vorgesehenen sein; sie sind zusammenhängend anzubringen und dürfen nicht mit anderen Bezeichnungen oder Symbolen verbunden sein, durch die der Käufer getäuscht werden könnte.

An diesem Punkt bleibt, insbesondere für Trockenteigwaren, noch festzustellen, welche fachliche Bedeutung Worte besitzen, die im Gesetz nicht genannt sind, wie „spaghetti“, „vermicelli“, „bucatini“, „maccheroni“, „rigatoni“, „fusilli“, „penne“, „lin-guine“, „orecchiette“, „malloreddus“ usw. Meines Erachtens sind dies einige der zahllosen besonderen Bezeichnungen der Formen, die Teigwaren annehmen können; das Gesetz läßt sie gerade deshalb außer acht, weil ihre Zahl — zumindest in Italien (nicht aber in anderen Ländern, wie wir zu gegebener Zeit sehen werden) — unbeschränkt ist oder nur dadurch beschränkt werden kann, daß den Teigwarenherstellern die Phantasie ausgeht. Diesen vorzuschreiben, für jede Form von Teigwaren den Stoff anzugeben, aus denen sie hergestellt sind, war letztlich unmöglich oder — wenn man die Verwirrung berücksichtigt, die eine solche Regelung bei den Verbrauchern hervorgerufen hätte — geradezu gefährlich. Besser sei es also, so dachte sich der Gesetzgeber, den Käufern eine allgemeine Information über die Beschaffenheit jedes einzelnen Erzeugnisses dadurch anzubieten, daß die Hersteller verpflichtet wurden, die einzige Artenbezeichnung zu verwenden, die allen Formen von Trockenteigwaren gemeinsam ist, die des Artikels 28, d. h. „pasta di semola di grano duro“ (Teigwaren aus Hartweizengrieß).

Noch zwei Bemerkungen zu den Zielen, die mit dem Gesetz verfolgt werden. Das erste, an dem keiner der Verfahrensbeteiligten Zweifel geäußert hat, besteht darin, daß die Qualität der Teigwaren gewährleistet und damit die Interessen der Verbraucher geschützt werden sollen: Es ist nämlich bekannt, daß nur aus Hartweizen hergestellte Teigwaren beim Kochen nicht ankleben und so auf den Teller kommen, wie die Italiener sie am liebsten haben: „al dente“ (und damit — so schrieb André Gide im Journal vom 22. Juni 1942 — „glissant des deux côtés de la fourchette“). Die zweite Zielsetzung ist sozialer Art. Der Gesetzgeber von 1967 wollte den Anbau von Hartweizen fördern, der in bestimmten Gebieten des Mezzogiorno die einzig mögliche Art landwirtschaftlicher Erzeugung darstellt. Mit anderen Worten wollte man dadurch, daß man die Pastahersteller verpflichtete, nur diese Getreideart zu verwenden, denjenigen, die dieses Getreide anbauten, eine gleichbleibende Absatzmöglichkeit und dadurch ein sicheres Einkommen garantieren. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß Hartweizen zu Futterzwecken nicht zu gebrauchen ist und — abgesehen von einer geringfügigen Herstellung von Couscous — allein für die Teigwarenindustrie bestimmt ist.

5. 

Nachdem damit die Hauptgesichtspunkte und die Ziele der italienischen Rechtsvorschriften beleuchtet worden sind, halte ich es für zweckmäßig, die Auswirkungen, die diese auf dem europäischen Markt gehabt haben, und dann — in allgemeinerer Form — die Entwicklung zu untersuchen, durch die die Erzeugung von und der innergemeinschaftliche Handel mit Teigwaren aus Hartweizen in den letzten Jahren gekennzeichnet waren. Dazu werde ich mich der von der Unipi vorgelegten Unterlagen (Anlagen Nrn. 5, 10, 17) und der jährlichen Veröffentlichungen des Istituto centrale di statistica italiano (Istat) bedienen.

Drei Arten von Daten scheinen mir von besonderem Interesse zu sein. Die erste bezieht sich nur auf 1985. In diesem Jahr a) belief sich die Produktion von Teigwaren (im allgemeinen) in der Gemeinschaft auf 2316000 t, von denen.71 % (1650000 t) in Italien hergestellt waren; b) produzierten von den Mitgliedstaaten, in denen keine dem italienischen entsprechende Reinheitsgebote gelten, Deutschland 209000 t, Holland 32000 t, Belgien und Luxemburg 22000 t; c) führten diese vier Länder von der Halbinsel 278692, 37441 bzw. 75758 Doppelzentner Teigwaren aus Hartweizen ein. Die zweite Gruppe von Daten bezieht sich auf den Zeitraum 1967 bis 1987: Die jährlichen Ausfuhren unserer Teigwarenart von Italien in den Rest des Gemeinsamen Markts stiegen in der ersten Hälfte dieses Zeitraums, d. d. bis 1976, von 102182 auf 684808 Doppelzentner und erreichten in der zweiten Hälfte die Menge von 1680686 Doppelzentnern. Mit anderen Worten ist die Menge der Teigwaren aus Hartweizengrieß, die Italien in die EWG ausgeführt hat, in den ersten 20 Jahren der Anwendung des Gesetzes Nr. 580 um 1645 % gestiegen.

Betrachten wir schließlich die Tabelle über die Ausfuhren von Teigwaren in Doppelzentnern in die vier von mir genannten Mitgliedstaaten in den Jahren 1981 und 1987:

(in Doppelzentnern)

 

Eihaltige Teigwaren

Teigwaren, die keinen Weichweizengrieß oder kein Weichweizenmehl enthalten

Andere Teigwaren

Position des Gemeinsamen Zolltarifs

(1902/19.00)

(1902/19.10)

(1902/19.90)

Belgien und Luxemburg

1981

1987

7 650,66

12 411,85

78 308,61

109 021,63

4 361,80

11 849,29

Niederlande

1981

1987

984,70

9 361,28

26 368,28

43 440,32

7 194,52

40 110,54

Bundesrepublik Deutschland

1981

1987

210 408,60

179 435,28

236 001,89

372 712,28

28 833,09

30 623,37

Insgesamt

1981

1987

219 043,96

201 208,41

340 678,78

525 174,23

40 389,41

82 583,20

Wie man feststellen wird, steigen die Ausfuhren von Teigwaren aus Hartweizen überall beträchtlich, während sich bei den Ausfuhren von Eierteigwaren (bei denen sich nicht feststellen läßt, ob bei ihrer Herstellung auch Weichweizen verwendet worden ist) ein Rückgang zeigt, der vor allem auf Deutschland zurückzuführen ist.Woran liegt dieses Phänomen? Unter den Verfahrensbeteiligten erklären es die italienischen Teigwarenhersteller mit der höheren Qualität der Hartweizenware; die niederländische Regierung entgegnet ihnen, die Qualität sei — zumindest in gewissen Grenzen — „ein subjektiver Begriff, über den“ in jedem Mitgliedstaat „unterschiedliche Auffassungen bestehen können und [tatsächlich] auch bestehen“. Zum Beispiel gebe der „nordeuropäische“ Verbraucher bekanntlich Teigwaren den Vorzug, die aus Weichweizen hergestellt seien.

Die Erklärung der Niederlande ist auf eine jahrtausendalte Erfahrung — de gustibus non est dispulandum — gestützt und trifft damit ins Schwarze.Die Zahlen, die ich wiedergegeben habe, zeigen jedoch, daß die Geschmäcker (auch was die Masse und insbesondere die Masse der niederländischen Verbraucher angeht) sich ändern können.Es ist im Ergebnis unbestreitbar, daß die Teigwaren aus Hartweizen sich in ganz Europa durchsetzen; dies hat der Gemeinschaftsgesetzgeber zur Kenntnis genommen und Vorschriften erlassen, durch die, wenn nicht gerade die höhere Qualität, so doch gewiß die wesentliche Andersartigkeit dieser Teigwaren im Verhältnis zu den Teigwaren aus Weichweizen herausgestellt wird.Ich spiele auf die Kriterien an, die die Kommission für die Zahlung von Beihilfen für Hartweizen und für die Festsetzung des Interventionspreises für die andere Weizenart festgelegt hat.

Genauer gesagt, ist zum einen vorgesehen, daß der Hartweizen, um beihilfefähig zu sein, „qualitative und technische Eigenschaften aufweisen [muß], die garantieren, daß aus ihm hergestellte Teigwaren beim Kochen nicht verkleben“ (Verordnung Nr.2835/77 vom 19. Dezember 1977, ABl. L 327, S. 9); zum andern findet die Intervention nur dann statt, wenn „der aus... [Weichweizen] hergestellte Teig... bei maschineller Bearbeitung [nicht klebtf]“ (Verordnung Nr. 1580/86 vom 23. Mai 1986, ABl. L 139, S. 34).

Es handelt sich, so scheint mir, um recht aufschlußreiche Bestimmungen. Beim Hartweizen wird die Gewährung der Beihilfe nämlich von einer „gastronomischen“ Voraussetzung abhängig gemacht, die mit der vom Verbraucher getroffenen Wahl unmittelbar in Verbindung steht: Zwischen dem Rohstoff und der Beschaffenheit des fertigen Erzeugnisses wird damit ein äußerst enger Zusammenhang hergestellt, der es ermöglicht, die Teigwaren aus Hartweizen nicht nur von den Teigwaren aus Weichweizen, sondern auch von den Mischteigwaren oder — warum nicht — von den Teigwaren zu unterscheiden, die aus Hartweizen hergestellt sind und beim Kochen dennoch verkleben (ich denke an den Hartweizen, der in Gebieten wie denen Mitteleuropas angebaut wird, die der Entwicklung dieser Getreideart aus klimatischen Gründen nicht günstig sind). Dagegen betrifft das Erfordernis des „Nichtverklebens“ bei Weichweizen eine industrielle Phase des Erzeugnisses und hat daher keinen Bezug zum menschlichen Verzehr.

6. 

Die Hinweise auf die Beihilfe und den Interventionspreis für Hartweizen und Weichweizen, die ich gerade gegeben habe, führen mich zum Thema der Gemeinschaftspolitik und zu den Vorschriften über die gemeinsamen Marktorganisationen für Getreide. Zusammengefaßt und unter Berücksichtigung dessen, was dazu bereits in den Sitzungsberichten ausgeführt wird, läßt sich die gegenwärtige Situation bei Hartweizen in der Gemeinschaft wie folgt beschreiben:

a)

Seit einigen Jahren besteht der Zustand der Selbstversorgung, und etwa 75 % der Erzeugung konzentrieren sich in Mittel-und Süditalien.

b)

Die an die Intervention verkauften Mengen sind hoch und steigen ständig (von 588000 t im Jahre 1985/86 auf 668000 t im Jahre 1986/87; der Vollständigkeit halber weise ich aber darauf hin, daß die entsprechende Menge für Weichweizen im letztgenannten Jahr 1690000 t betrug.

c)

Obwohl ein Überangebot an Hartweizen besteht, wird das Getreide in wachsendem Ausmaß aus Drittländern, vor allem aus den Vereinigten Staaten, eingeführt. Nach Angaben der Kommission sind für dieses Phänomen zum einen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in Mittel- und Nordeuropa und zum andern die italienischen Teigwarenhersteller verantwortlich. Die erstgenannten, die bekanntlich keinen oder nur ziemlich wenig Hartweizen erzeugen, ziehen es vor, sich auf den außereuropäischen Märkten einzudecken; die letztgenannten kaufen dieses Getreide nicht, weil es an den Rohstoffen fehlte, sondern allein aus Gründen der Qualität. Anscheinend verleiht das amerikanische Erzeugnis — gemischt mit europäischem Hartweizen — den Teigwaren nämlich „bestimmte äußerliche (insbesondere farbliche) Merkmale ..., die von den italienischen Verbrauchern verlangt werden und die nicht durch Hinzufügung von gesetzlich verbotenen Zusatzstoffen und Farbstoffen erzielt werden können“ (Antwort der Kommission auf eine Frage des Gerichtshofes, S. 4).

Zu diesen Informationen — dies muß ich hinzufügen — kommt eine Bemerkung und eine Unterlassung, die neue Zweifel an der Art und Weise wecken, in der unser amicus curiae seine eigene Rolle interpretiert. Die Kommission scheint nämlich zu fürchten, daß die Einfuhren der italienischen Teigwarenhersteller die Interessen der in diesem Sektor beschäftigten Landwirte gefährden, während doch offensichtlich ist, daß diese Einfuhren nicht in Wettbewerb zu der Erzeugung der Gemeinschaft treten können, da sie einem „allein“ ästhetischen Bedürfnis entsprechen. Dagegen verliert die Kommission kein Wort über die Gründe, die die nordeuropäischen Länder veranlassen, Hartweizen von außerhalb Europas einzuführen, und sie erklärt uns auch nicht, warum die Gemeinschaft keine geeigneten Maßnahmen erläßt, um diese Handelsströme zu begrenzen oder zumindest unter Kontrolle zu bringen.

d)

Die Entscheidungen, die Schere zwischen den Interventionspreisen der beiden Weizenarten schrittweise zu schließen und die Kriterien für die Gewährung der Beihilfe für Hartweizen (Nichtverkleben beim Kochen) strenger zu fassen, sollen anscheinend vor allem „eine Ausdehnung der Anbauflächen [für Hartweizen nach dem] Norden [der Gemeinschaft] ... zuungunsten des Weichweizens“ verhindern (Erklärungen der Kommission in der Rechtssache 407/85). Wir wissen jedoch, daß der Rat auch eine Erhöhung der Beihilfe vorgesehen hat, und es liegt auf der Hand, daß diese Maßnahme, die in einer durch ein Überangebot des betreffenden Erzeugnisses gekennzeichneten Marktlage erfolgte, allein aus sozialen Gründen erlassen wurde. Anders gesagt: Die Beihilfe, die zur Förderung einer chronischen Mangelerzeugung eingeführt wurde, erfüllt heute ein Erfordernis, das im Verhältnis zu allen Geboten, die für die Tätigkeit der Gemeinschaft auf diesem Gebiet gelten, sowohl andersartig als auch vorrangig ist, nämlich den Landwirten Südeuropas einen angemessenen Lebensstandard zu garantieren. Dies bedeutet jedoch, daß die Teigwarenindustrie trotz des in den letzten zwanzig Jahren verzeichneten gewaltigen Wachstums des Handelsvolumens für diese Landwirte noch keine ausreichend stabile und gewinnbringende Absatzmöglichkeit darstellt.

Prüfen wir nun im Lichte dieser Gegebenheiten die Auswirkungen, die eine mögliche Änderung der nationalen Reinheitsgebote nach Auffassung der Kommission auf das Verhältnis Hartweizen/Teigwaren und auf den Haushalt der Gemeinschaft hätte. Die Kommission räumt erstens ein, daß das Verbot des Inverkehrbringens von Teigwaren, die Weichweizen enthalten, eine gewisse Bedeutung sowohl für den Absatz der Hartweizenerzeugung (und damit für die Erzeuger) als auch — und vor allem — für die Kosten hat, mit der die gemeinsame Marktorganisation für Getreide belastet wird. Die Kommission stellt nämlich fest: „Wenn der Rückgang des Hartweizenverbrauchs nicht zu Lasten der Einfuhren eintritt, müßte der nichtverbrauchte Teil der Gemeinschaftserzeugung [entweder] auf dem Weg über die Interventionsbestände [oder] unmittelbar vom Markt in Drittländer ausgeführt werden. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Absatzmöglichkeiten auf dem Weltmarkt sehr beschränkt sind. Bei einem Verkauf auf diesem Markt lassen sich die auf der Grundlage der Interventions- und Ausfuhrkosten für den Haushalt 1985 berechneten Aufwendungen im Haushalt auf ungefähr 39 Mio ECU schätzen, [wenn] man von 10 % Weichweizen in den Teigwaren ausginge, und auf ungefähr 195 Mio ECU für den Fall einer Beimischung von 50 % Weichweizen“ (Erklärungen, a. a. O., S. 9).

Dies sind meines Erachtens Zahlen, die auch den Finanzminister des Schlaraffenlands beunruhigen würden. Die Kommission vergißt die im Bericht 1987 (siehe oben unter Punkt 3) formulierten Sanierungsvorschläge und beeilt sich dagegen festzustellen, daß die Hartweizenerzeuger vom Wegfall des streitigen Verbots nichts zu befürchten hätten, weil für sie auf jeden Fall die gemeinsame Marktorganisation auf dem Weg über die Beihilfe sorgen werde und weil die Dienststellen der Kommission Gesetzgebungsvorhaben und neue strukturelle Maßnahmen prüften. Diese letztgenannten Vorhaben — so wird jedoch hinzugefügt — würden nicht binnen kurzem das Licht der Welt erblicken; es sei daher zweckmäßig, daß die betroffenen Staaten bis zum Erlaß dieser Maßnahmen von den einheimischen Teigwarenherstellern weiter die Einhaltung der Reinheitsgebote verlangten.

Ich habe bereits ausgeführt, welcher Widerspruch in dieser Argumentationsweise steckt. Ich füge jetzt noch hinzu, daß sie eine bestürzende Naivität enthüllt: Obwohl die Kommission sich der Unannehmlichkeiten bewußt ist, die sie sich zu schaffen droht, verweist sie auf die Anwendung des Artikels 30 und hofft dann, daß irgendein Heiliger — durch eine rasche Zustimmung des Rates und das Wohlwollen der Mitgliedstaaten — eingreift und die Kastanien für sie aus dem Feuer holt. In dieser Welt geht es jedoch anders zu. Was in Fällen wie dem unseren zählt, sind nicht die guten Absichten: Es sind die Gesetze des Marktes und des Wettbewerbs, vor allem wenn das Erzeugnis, das man liberalisieren will, ein Erzeugnis ist, das tagtäglich in großen Mengen verzehrt wird und eine Zusammensetzung hat, über deren tatsächliche Beschaffenheit der Käufer leicht getäuscht werden kann.

Versuchen wir also nicht, den Kopf in den Sand zu stecken. Würde der Handel mit Teigwaren in der Gemeinschaft liberalisiert, so entstünden zum einen erhebliche Überschüsse und demzufolge viel höhere Ausgaben für die Gemeinschaftsfonds, und zum andern fiele in den südlichen Gebieten, in denen der größte Teil des europäischen Hartweizens erzeugt wird, die einzige Absatzmöglichkeit weg, auf die die Landwirte, die diese Getreideart anbauen, zählen können. Die letztgenannte Auswirkung wäre ausschlaggebend : Die Hartweizenpolitik der Gemeinschaft, die vom Rat auf der Grundlage der engen wirtschaftlichen Wechselbeziehung, die das Verhältnis Hartweizen/ Teigwaren kennzeichnen, aufgebaut und entwickelt worden ist, würde dadurch wie durch ein unvorhergesehenes und vernichtendes Erdbeben erschüttert.

Ich bestreite aber keineswegs, daß eine Entscheidung von solcher Tragweite — die, ich wiederhole, geeignet ist, das Funktionieren eines gemeinsamen agrokommerziellen Sektors völlig durcheinanderzubringen, und zwar eines Sektors, in dem sich die EWG in den Jahren der Koexistenz zwischen nationalen Reinheitsgeboten und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften von einem Importeur zu einem Netto-Exporteur von Hartweizen gewandelt hat — sich durch höherwertige Interessen rechtfertigen läßt. Ich meine jedoch, daß sie nicht nur, wie es die Kommission möchte, von Anpassungs- oder Unterstützungsvorschriften „gefolgt“ oder „begleitet“ sein darf. Einer derartigen Entscheidung muß eine umfassend angelegte rechtliche Reform, die alle auf dem Weizenmarkt vorhandenen Interessen in Einklang bringt, vorausgehen, oder sie muß sich in eine solche Reform einfügen. Wir werden später sehen, unter welchen Modalitäten und mit welchen Inhalten.

7. 

Teil der Politik und der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft im Bereich des Hartweizens ist auch die Vereinbarung, die die EWG und die Vereinigten Staaten kürzlich über Ausfuhren von Teigwaren in dieses Land abgeschlossen haben. Diese Begebenheit nahm ihren Anfang im Jahre 1985. Aus Gründen, die zu untersuchen sich an dieser Stelle erübrigt, beschlossen die Amerikaner unter Verletzung ihrer im Rahmen des GATT eingegangenen Verpflichtungen, auf die Einfuhr von europäischen Teigwaren zusätzliche Zölle zu erheben. Der Rat war der Auffassung, daß „diese Maßnahme., den betreffenden Gemeinschaftserzeugern“ (d. h. den Hartweizen anbauenden Landwirten und den Teigwarenherstellern) „erheblichen Schaden“ zufüge, und reagierte mit einer Erhöhung der Zölle auf die amerikanischen Ausfuhren von Zitrusfrüchten und Walnüssen (Verordnung Nr. 3068/85 vom 27. Juni 1985, ABl. L 292, S. 1). Die Verhandlungen dauerten länger als ein Jahr und waren sehr schwierig. Schließlich trafen die Parteien in der Absicht, eine für alle schädliche Auseinandersetzung zu beenden, und mit dem Ziel, „in einem für das Welthandelssystem besonders kritischen Augenblick einen neuen Konflikt... zu vermeiden“, die Vereinbarung vom 15. September 1987 (ABl. L 275 vom 29. 9. 1987, S. 38).

Kurz gefaßt sieht die Vereinbarung vor, daß die Gemeinschaft 50 % der Teigwaren im Rahmen des sogenannten „aktiven Veredelungsverkehrs“ (Verordnung Nr. 1999/85 vom 16. Juli 1985, ABl. L 188, S. 1) und ohne Zahlung von Erstattungen in die Vereinigten Staaten ausführt; zum Ausgleich dafür wird die zollfreie Einfuhr einer entsprechenden Menge von amerikanischem Hartweizen nach Europa zugelassen. Die restlichen 50 % werden über den Atlantik mit einer Erstattung ausgeführt, die um einen Prozentsatz. (27,5 %) gesenkt ist, zu dessen Überprüfung nach Maßgabe der mit den Klauseln über den aktiven Veredelungsverkehr erzielten Ergebnisse (Artikel 1 bis 5) sich die Parteien verpflichten. Schließlich heißt es in der Vereinbarung: „Trifft eine Partei Maßnahmen, die die Wirkungen oder die Durchführung... [der] Vereinbarung in Frage stellen, oder versäumt sie es, die zur [korrekten] Durchführung dieser Vereinbarung geeigneten Maßnahmen zu treffen, so hat die andere Partei das Recht, die Vereinbarung zu beenden“ (Artikel 11).

Ich kann nun aber nicht wissen, ob unsere amerikanischen Partner in der unterschiedslosen Liberalisierung des Handels mit Teigwaren in der Gemeinschaft eine Maßnahme sehen würden, die geeignet ist, „die Wirkungen oder die Durchführung“ der Vereinbarung in Frage zu stellen. Der gesunde Menschenverstand sagt mir jedoch, daß die europäischen Hersteller von Teigwaren aus Hartweizen nicht stillhalten würden, wenn sie gezwungen wären, in den einzelnen Ländern den Wettbewerb mit Teigwaren aufzunehmen, die Weichweizen enthalten und allein unter den in der Richtlinie über die Etikettierung vorgesehenen Voraussetzungen im Verkehr sind; auch scheint mir die Annahme nicht unbegründet, daß ihre erste Reaktion darin bestehen würde, die Produktionskosten dadurch zu senken, daß sie die Verwendung von amerikanischem Hartweizen, d. h. eines Inhaltsstoffes, dessen einziger Zweck darin besteht, den Teigwaren eine bestimmte Farbe zu verleihen, unterlassen oder einschränken. Zum andern würden sie gewiß ihre Ausfuhren in die Vereinigten Staaten nicht einstellen, und in diesem Punkt würde der Gemeinschaft, nachdem sich die Voraussetzungen des Synallagmas, das im Mittelpunkt der Vereinbarung steht, geändert haben, wahrscheinlich vorgeworfen, daß sie ihre internationalen Verpflichtungen nicht einhalte.

Eine letzte und, wie ich unter Punkt 3 ausgeführt habe, nicht unbeachtliche Anmerkung: In den Jahren 1986 und 1987 beliefen sich die Teigwarenausfuhren der Gemeinschaft in die Vereinigten Staaten auf 534680 bzw. 602770 Doppelzentner; von diesen Ausfuhren waren 526992 bzw. 600021 Doppelzentner triade in Italy.

8. 

Ich habe gerade die Richtlinie 79/112 vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln (ABl. 1979, L 33, S. 1) erwähnt und möchte nun einige Punkte dieser Richtlinie prüfen. Ich weise sogleich darauf hin, daß das Thema große Bedeutung hat. Die Vorschriften, mit denen die Richtlinie gewährleistet, daß die Käufer die Möglichkeit haben, die Beschaffenheit und die Zusammensetzung der genannten Erzeugnisse zu erfahren, haben sich nämlich unter zwei Gesichtspunkten als entscheidend erwiesen: Zum einen hat der Gerichtshof nach diesen Vorschriften alle neueren Fälle entschieden, in denen es darum ging, ob nationale Rechtsvorschriften über die Bezeichnung von Lebensmitteln, die den freien Verkehr von gleichartigen und in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig vertriebenen Erzeugnissen in anderen Mitgliedstaaten behinderten, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar waren; zum anderen hat die Kommission aufgrund dieser Vorschriften behaupten können, daß eine Harmonisierung der innerstaatlichen Vorschriften über die Zusammensetzung und die Herstellung von Lebensmitteln außer aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht mehr erforderlich sei, da die Verbraucher ausreichend geschützt seien. Insbesondere sei eine neue Regelung für Teigwaren überflüssig, denn die Richtlinie verpflichte ja bereits dazu, den Verbraucher über die Beschaffenheit der für die Herstellung des Erzeugnisses verwendeten Rohstoffe dadurch zu unterrichten, daß sie auf dem Etikett verzeichnet würden [Mitteilung an den Rat vom 19. März 1979, KOM(79) 128 endg.].

Diese letztgenannte Betrachtungsweise überzeugt mich aber nicht. Ich verweise darauf, daß mit dem in Rede stehenden Rechtsakt nach den Absichten des Gesetzgebers nur „die allgemeinen, horizontalen Gemeinschaftsregeln für alle Lebensmittel festgesetzt werden [sollen], die in den Handel gebracht werden“; dagegen müssen „die spezifischen, vertikalen Regeln, die nur bestimmte Lebensmittel betreffen, ... im Rahmen der Vorschriften für diese Erzeugnisse festgelegt werden“ (dritte und vierte Begründungserwägung). Was das in dieser Weise bezeichnete Ziel angeht, besteht die allgemeine Gemeinschaftsregel darin, daß „die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, ... nicht... geeignet sein [dürfen), den Käufer irrezuführen, und zwar insbesondere nicht... über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung ... und Herstellungsart“ (Artikel 2). Die gleichen Einschränkungen gelten außerdem „für die Aufmachung von Lebensmitteln, insbesondere die Form oder das Aussehen dieser Lebensmittel oder ihrer Verpakkung, das verwendete Verpackungsmaterial, die Art und Weise ihrer Anordnung sowie die Umgebung, in der sie feilgehalten werden“ (Hervorhebungen durch mich).

Zu den Angaben, die die Etikettierung enthalten muß, gehören vor allem die Verkehrsbezeichnung und das Verzeichnis der Zutaten (Artikel 3). Die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels ist die Bezeichnung, „die in den diesbezüglichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, ... oder eine Beschreibung des Lebensmittels..., die hinreichend genau ¡st, um es dem Käufer zu ermöglichen, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von ähnlichen Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte“ (Artikel 5 Absatz 1). Die Zutaten ihrerseits sind nacheinander „in absteigender Reihenfolge ihres Gewichts an teils zum Zeitpunkt der Verarbeitung“ aufzuzählen (Artikel 6 Absatz 5 Buchstabe a). Diese Verpflichtung gilt jedoch nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe c nicht, wenn das Erzeugnis „aus einer einzigen Zutat“ besteht.

Dies ist eine erste Gegebenheit, die gegen die von der Kommission in der Mitteilung von 1979 vertretene Auffassung spricht. Artikel 6 Absatz 2 gilt nämlich für jede Art von Spaghetti unabhängig davon, ob sie aus Hartweizen, aus Weichweizen oder aus Soja hergestellt sind; wenn dem so ist, ist die Richtlinie, zumindest was bestimmte Arten von Teigwaren angeht, weit davon entfernt, den Verbraucher zu schützen. Ganz im Gegenteil besteht die Gefahr, daß sie ihn im unklaren läßt oder ihn sogar Täuschungen über die Art und über die Identität des Erzeugnisses aussetzt. Man denke zum Beispiel an Herrn van Dijk, der, wie die niederländische Regierung erklärt hat, aus Weichweizen hergestellte Teigwaren bevorzugt: Eine Packung italienischer Teigwaren, die nur aus Hartweizen hergestellt ist und auf der Hauptseite der Verpackung die Verkehrsbezeichnung „Spaghetti“ oder „Vermicelli“ ohne sonstige Angaben trägt, würde der gemeinschaftsrechtlichen Regelung entsprechen, würde aber — es sei denn, Herr van Dijk wäre ein Fachmann — seinen Erwartungen nicht entsprechen.

Vielleicht deshalb schreibt Artikel 6 Absatz 6 folgendes vor: „Die Gemeinschaftsvor.-schriften oder — falls solche fehlen — die einzelstaatlichen Vorschriften können für bestimmte Lebensmittel vorsehen, daß bei ihrer Verkehrsbezeichnung eine oder mehrere bestimmte Zutaten angegeben werden müssen“ (Hervorhebung durch mich). Es bleibt jedoch die Tatsache bestehen, daß eine Befugnis („können“) keine Verpflichtung ist. Dagegen sind in unserem Sektor Verpflichtungen — also eine spezifische und strenge Gemeinschaftsregelung über die Bezeichnungen — erforderlich, wenn man will, daß Erzeugnisse, die wie Teigwaren aus Hartweizen und aus Weichweizen gleichzeitig ähnlich und unterschiedlich sind, frei auf dem Gemeinsamen Markt im Verkehr sind, ohne gegen die Interessen der Verbraucher oder gegen andere zwingende Erfordernisse interner oder internationaler Art zu verstoßen. Im übrigen ist eine derartige Regelung in anderen Sektoren und angesichts ähnlicher Probleme bereits erlassen worden. Ich denke insbesondere an ein europäisches Erzeugnis, das so bekannt ist wie die italienischen Spaghetti: den französischen Champagner.

9. 

Für Champagner gibt es nämlich einen Gemeinschaftsrechtsakt — die Verordnung Nr. 3309/85 des Rates vom 18. November 1985 (ABl. L 320, S. 9) —, aufgrund dessen der Verbraucher diesen Wein mit Schaumweinen, die unter Anwendung derselben Methode, aber in anderen Gebieten der Gemeinschaft als dem gleichnamigen französischen Gebiet hergestellt werden, nicht verwechseln kann. Die Fachleute begriffen, daß, was die Bezeichnung derartiger Getränke angeht, zu unterscheiden ist „zwischen vorgeschriebenen Angaben, die für die Identifizierung eines Schaumweins ... erforderlich sind, und wahlweise zu verwendenden Angaben, die mehr... zu seiner deutlichen Unterscheidung von anderen Erzeugnissen der gleichen Kategorie, die mit ihm auf dem Markt im Wettbewerb stehen, dienen“ (dritte Begründungserwägung); zu diesem Zweck wurde den Erzeugern, die nicht in der Champagne tätig sind, verboten, sich unmittelbar oder mittelbar auf das als „méthode champenoise“ bekannte Herstellungsverfahren zu berufen, obwohl diese Angabe seit langem verwendet wird und in einigen Mitgliedstaaten (Italien, Bundesrepublik Deutschland) sogar geregelt ist. Ich füge hinzu, daß das Verbot gerade aus diesem letztgenannten Grund für erst ab 1994 wirksam erklärt wurde, d. h. nach einem Zeitraum von „acht Weinwirtschaftsjahren“ (Artikel 6 Absatz 5 Unterabsatz 3).

Etwa einen Monat nach Erlaß der Verordnung wurde die Vorschrift, die ich gerade zitiert habe, von einem deutschen Sekthersteller als „diskriminierend“ beanstandet (Rechtssache 26/86, Deutz und Geldermann/Rat, entschieden mit Urteil vom 24. Februar 1987, Slg. 1987, 941); die Kommission, die dem Verfahren als Streithelfer auf Seiten des Rates beigetreten war, versuchte die Vorschrift mit folgendem Vorbringen zu verteidigen: „Mit den geschilderten Bemühungen wäre es schwerlich zu vereinbaren gewesen, [den Ausdruck] ‚méthode champenoise‘ einer Vielzahl von Schaumweinherstellern in der Gemeinschaft zu überlassen. ... Selbst wenn also ... die Benutzung [dieses] Ausdrucks bisher rechtlich unbedenklich gewesen wäre, lassen sich für das erst im Jahre 1994 in Kraft tretende Verbot ausreichende Gründe des öffentlichen Interesses anführen“ (Streithilfeschriftsatz, S. 9, Hervorhebung durch mich).

Es handelt sich insoweit um mehrdeutige Formulierungen, als sich ihnen nicht entnehmen läßt, ob die „Gründe des Gemeinwohls“ [„raisons d'intérêt général“] angesprochen werden, um das Verbot der Bezugnahme auf die „méthode champenoise“ zu rechtfertigen oder um die Verschiebung des Inkrafttretens dieses Verbots auf das Ende eines langen Übergangszeitraums zu erklären. Ich meine nun, daß diese Verschiebung zwei Erfordernissen entsprach, nämlich dem Erfordernis, den Absatz von bereits mit den verbotenen Angaben etikettierten Schaumweinen zu ermöglichen, und dem Erfordernis, die Käufer an die neuen Bezeichnungen zu gewöhnen. Drei Gründe haben nun das Verbot nahegelegt: Es sollte verhindert werden, wie ich bereits ausgeführt habe, daß die Verbraucher getäuscht werden, es sollten die Winzer der Champagne geschützt werden, und — siehe die neunte Begründungserwägung — es sollte die Einhaltung der „internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Schutzes der Ursprungsbezeichnungen oder Angaben der geographischen Herkunft bei Wein“ sichergestellt werden.

Leider haben der Rat und die Kommission in der Rechtssache 26/86 den Inhalt dieser „Verpflichtungen“ nicht genau angegeben, und es ist mir auch nicht gelungen, in den geltenden Rechtsvorschriften eine Spur davon zu finden. Für unsere Zwecke ist dieser Inhalt aber ohne Bedeutung; dagegen ist von Interesse, daß die Gemeinschaft sich auf ihre internationalen Verpflichtungen beruft, um sich über die allgemeinen Regeln hinwegzusetzen, die für eine „horizontale“ Richtlinie wie die Richtlinie vom 18. Dezember 1979 gelten, und eine Regelung zu erlassen, die sich auf ein spezifisches und sehr einschneidendes Verbot stützt. Wir wissen nämlich, daß ähnliche Verpflichtungen auch in unserem Sektor bestehen; zwar betreffen sie die Bezeichnung der Teigwaren zumindest nicht unmittelbar, ihr Bestehen und die Gründe, aus denen sie eingegangen wurden, müßten jedoch den Gesetzgeber in Brüssel dazu veranlassen, mutatis mutandis einen ähnlichen Qualitätssprung zu tun.

Der Grund dafür liegt auf der Hand. Ich habe bereits gesagt, daß eine eventuelle Aufhebung der Reinheitsgebote negative Auswirkungen auf den Handel der Gemeinschaft (konkret: den italienischen Handel) mit den Vereinigten Staaten haben könnte, da diese Aufhebung das gegenwärtige Wettbewerbsverhältnis zwischen Teigwaren aus Hartweizen und Teigwaren aus Weichweizen in erheblichem Ausmaß verändern könnte, und zwar mit der weiteren Folge, daß die Vereinbarung, die die EWG gegenüber den Amerikanern durchgesetzt hat, um die Erzeuger von Hartweizen und von Teigwaren zu schützen, platzt oder zumindest — so hätte John Foster Dulles gesagt — einem „agonizing reappraisal“ ausgesetzt würde. Wie aber kann man einen solchen Schaden vermeiden, wenn nicht durch eine Regelung des gesamten Teigwarensektors vom Rohstoff bis zum Endprodukt durch Vorschriften, die den Schutz der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer und der Verbraucher mit dem freien Warenverkehr in Einklang bringen?

Man wird einwenden, daß eine Analogie zwischen Teigwaren und Schaumweinen oder zwischen den entsprechenden Problemstellungen bei der Bezeichnung nicht vertretbar sei. „Méthode champenoise“, so hat die Kommission in der Rechtssache 26/86 vorgetragen, sei eine Bezeichnung nach der geographischen Herkunft, während dies für „Spaghetti“ nicht zutreffe. Darüber hinaus hat die Kommission in der Rechtssache Zoni erklärt, „Spaghetti“ sei im Deutschen ein geläufiges Wort und werde daher gedanklich nicht mit einem Erzeugnis italienischer Herkunft in Verbindung gebracht. Darauf läßt sich leicht entgegnen, a) daß „méthode champenoise“ im Sinne der Verordnung Nr. 3309/85 keine Ursprungsbezeichnung, sondern eine „Angabe eines Begriffs betreffend ein Herstellungsverfahren“ für Schaumweine ist, und b) daß „Spaghetti“, ein besonders typisch italienisches Wort, allein deshalb Teil des deutschen Wortschatzes und des Wortschatzes jeder anderen Sprache der Gemeinschaft geworden ist, weil es wie „Champagner“ eine Realität zum Ausdruck bringt, die einer Übersetzung nicht zugänglich ist. Zum anderen bin ich davon überzeugt, daß die Herren Schmidt und van Dijk, wenn sie dieses Wort auf einer Teigwarenpackung lesen, es nicht mit einer „Bierstube“ oder mit einer Windmühle gedanklich in Verbindung bringen, sondern eher mit dem Lärm in einer römischen Trattoria oder mit dem Klang einer Gitarre vor dem Hintergrund des Vesuv.

Ich beabsichtigte jedenfalls nicht, mich länger bei einer Frage aufzuhalten, über die sich diskutieren läßt und die geringe Bedeutung hat. Abschließend liegt mir dagegen daran, zwei Punkte hervorzuheben: a) In bezug auf die Bezeichnung der Schaumweine ist der Rat an die Stelle der Mitgliedstaaten getreten und hat auch unter Berücksichtigung der von der EWG eingegangenen internationalen Verpflichtungen entschieden, den Gemeinsamen Markt endgültig für die nach der „methode champenoise“ hergestellten Schaumweine zu schließen und daher die Verwendung dieser Angabe den zahlreichen Herstellern in der Gemeinschaft zu verbieten, die sie herkömmlicherweise verwenden; b) als der Rat diese Entscheidung traf, hielt er es für unbedingt erforderlich, den nationalen Gesetzgebern eine lange Frist zur Änderung ihrer einschlägigen Vorschriften einzuräumen.

Im vorliegenden Fall hat sich die Kommission nun aber vorgenommen, das entgegengesetzte Ergebnis sofort zu erreichen. Genauer gesagt möchte sie zwei wirtschaftliche Tätigkeiten (die Herstellung von und den Handel mit Teigwaren) liberalisieren, die durch nationale Reinheitsvorschriften geregelt sind, die die Kommission seit zwanzig Jahren akzeptiert, und — das ist noch wichtiger — sie will dies tun, ohne die Gegenmaßnahmen zu erlassen, die erforderlich sind, a) um die Verbraucher, die Hartweizen anbauenden Landwirte und die Teigwarenhersteller, die nur diese Getreideart verwenden, zu schützen; b) um zu verhindern, daß die finanziellen Mittel der Gemeinschaft durch die Rückwirkungen der, Reform erschöpft werden; c) um die Erfüllung der Verpflichtungen zu gewährleisten, die die Gemeinschaft gegenüber den Vereinigten Staaten eingegangen ist. Welches auch immer die Gründe dafür sind, es ist schwierig, sich eine Linie vorzustellen, die weiter von der Politik entfernt ist, die im Fall der Schaumweine verfolgt wurde.

10. 

Bevor ich den Faden des bisher Ausgeführten wieder aufnehme, muß ich mich noch mit einem Argument befassen, das eng mit dem verbunden ist, das gerade behandelt worden ist: der Inhalt und das Schicksal des Vorschlags einer Richtlinie über Teigwaren, den die Kommission am 7. November 1968 vorgelegt hat (ABl. C 136, S. 16).

Diese Initiative beruhte auf einem einzigen ganz bestimmten Grund: der Unterschiedlichkeit der nationalen Rechtsvorschriften über Zusammensetzung, Bezeichnung, Etikettierung und Verpackung von Teigwaren, die — so wurde in der zweiten Begründungserwägung festgestellt — „den freien Warenverkehr [mit diesen Erzeugnissen insoweit behindert, als sie auf dem Markt] ungleiche Wettbewerbsbedingungen [schafft]“. Es war daher erforderlich, diese Vorschriften zu harmonisieren; zu diesem Zweck wurden zwei Kriterien festgelegt — „die Art und die Qualität der Grieße“ und „die Wahl differenzierter Bezeichnungen je nach der Zusammensetzung der Teigwaren“ —, anhand deren die Kommission den freien Verkehr nur für die aus Hartweizen hergestellten Teigwaren dadurch garantieren wollte, daß sie ihnen fünf Bezeichnungen vorbehielt („Teigwaren erster Qualität“, „Teigwaren“ usw.). Die sonstigen Teigwaren durften dagegen hergestellt und in den Verkehr gebracht werden, jedoch nur innerhalb der betreffenden Mitgliedstaaten.

Wie ich unter Punkt 3 aufgezeigt habe, wurde der Vorschlag vom Wirtschafts- und Sozialausschuß — der der Kommission im übrigen vorschlug, eine Übergangsregelung einzuführen, die „Normen für die Bezeichnung und Etikettierung [enthält] ..., damit eine korrekte Unterrichtung des Verbrauchers gewährleistet wird“ — gebilligt und vom Parlament abgelehnt. Die Versammlung rechtfertigte ihre Entscheidung damit, daß bei dem Entwurf weder ein wesentlicher Gesichtspunkt, wie es der Schutz der Käufer sei, noch die Geschmacksrichtungen der Bevölkerungen berücksichtigt würden, die nur aus Hartweizen hergestellte Teigwaren verzehrten; der Rechtsausschuß des Parlaments ging noch weiter und stellte fest, daß aus dem ihm vorgelegten Text nicht eindeutig hervorgehe, ob außer den fünf von mir genannten auch „handelsübliche Bezeichnungen wie Spaghetti, Makkaroni, Nudeln usw.“ geschützt seien. Der Rechtsausschuß empfahl der Kommission daher, diese Frage zu klären „und gegebenenfalls eine andere Formulierung zu wählen“.

Auf diese und auf die sich daran anschließende Ablehnung durch den Rat (November 1970) folgten neun Jahre Schweigen, das die Kommission (im März 1979) brach, um den Vorschlag zurückzuziehen und festzustellen, „daß es unwahrscheinlich ist, daß eine Lösung gefunden werden kann, [insbesondere] was die Wahl der Rohstoffe [angeht]“ (Erklärungen in der Rechtssache 407/85, S. 6). In ihrer Mitteilung hat die Kommission außerdem darauf hingewiesen, daß „der Sektor Teigwaren [auf jeden Fall] der neuen Regelung für die Kennzeichnung der Lebensmittel unterliegt“. Weiter heißt es dort: „Danach müssen die für den Endverbraucher bestimmten Teigwaren... mit einem Verzeichnis der Bestandteile versehen sein, so daß sich der Käufer ein Bild über die Art der verwendeten Rohstoffe machen kann“. Dieses Argument ist uns aber bekannt, und ich habe bereits dargelegt, daß es auf schwachen Füßen steht. Es ist jedoch hinzuzufügen, daß die Kommission, als sie dieses Argument vorbrachte, nicht nur Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 79/112 vergaß, wonach — wie man sich erinnern wird — die Angabe der Zutaten bei Erzeugnissen „aus einer einzigen Zutat“ nicht zwingend vorgeschrieben ist, sondern auch die an die Kommission gerichtete Kritik des Rechtsausschusses des Parlaments bezüglich der „handelsüblichen Bezeichnungen der Teigwaren“ und sogar den Wortlaut ihres alten Entwurfs.

Man lese nämlich nur Artikel 5 dieses Entwurfs. Die Mitgliedstaaten — so heißt es in Absatz 1 — „treffen ... alle erforderlichen Maßnahmen, damit die in der Anlage aufgeführten Erzeugnisse nur in den Handelsverkehr gebracht werden können, wenn auf ihrer Verpackung folgende Angaben gut sichtbar, deutlich lesbar und unlöschbar angebracht sind: a) die ihnen vorbehaltene Bezeichnung [wie ‚Teigwaren erster Qualität‘, die natürlich nur aus Hartweizen hergestellt sind], wobei die Form angegeben werden kann [z. B. Spaghetti oder Vermicelli], ausschließlich jeder anderen Bezeichnung. Die hierfür verwendeten Schriftzeichen müssen mindestens so groß sein wie die aller anderen Angaben.“ Die Mitgliedstaaten — so heißt es weiter in Absatz 2 — „können den Handel mit den in der Anlage aufgeführten Erzeugnissen verbieten, falls die in Buchstabe a ... erwähnten vorgeschriebenen Angaben nicht in ihrer Landessprache auf einer der Hauptflächen der Verpackung angebracht sind“ (Hervorhebungen durch mich).

Wie man sieht, hatte die Kommission des Jahres 1968 zumindest in nuce begriffen, daß es beim innergemeinschaftlichen Handel mit Teigwaren ein unverzichtbares Erfordernis gibt: Auf den Verpackungen müssen die Gattungsbezeichnung „Teigwaren erster Qualität“ (die den Rohstoff, nämlich Hartweizen, angibt) und die spezifische Bezeichnung „Spaghetti“ oder „Vermicelli“ (die sich auf die Form der Teigwaren bezieht) nebeneinander stehen. Darüber hinaus hatte die Kommission gefordert, daß diese vorgeschriebenen Angaben auf der am besten sichtbaren Seite der Verpackung angebracht würden, und hatte die nationalen Stellen ermächtigt, die Einfuhr von Erzeugnissen zu verbieten, die den gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen in bezug auf die Zusammensetzung entsprechen, die aber nicht in der genannten Art und Weise aufgemacht sind. Dies alles hat die Kommission des Jahres 1987 dagegen nicht begriffen oder vergessen. Dieser Punkt — dies wird uns bald bewußt werden — ist jedoch von entscheidender Bedeutung, und auf ihn, mehr als auf jeden anderen, wird sich Ihre Antwort an die beiden vorlegenden Gerichte stützen müssen.

11. 

Eine Bemerkung vor der Prüfung in der Sache. Die Ihnen vorgelegten Fragen rühren daher, daß die Aufsichtsbehörden in Bozen und in Mailand im Geschäft von Frau Kritzinger und bei Herrn Zoni aus der Bundesrepublik Deutschland eingeführte Teigwaren fanden, die jedoch aus einer Mischung von Weichweizen und Hartweizen hergestellt und daher in Italien nach dem Gesetz Nr. 580 nicht verkehrsfähig waren. Aus den Verfahrensakten in den beiden Rechtssachen geht hervor, daß die Teigwaren der Firma 3 Glocken (Rechtssache 407/85) in Beuteln aus durchsichtigem und farblosem Material enthalten sind. Auf der Vorderseite befindet sich eine Aufschrift in zwei Sprachen, die lautet: „Nudelmeister's Nudeln aus Weichweizen + Hartweizen/Pasta di grano tenero + grano duro“; außerdem werden Nettogewicht, Kochzeit sowie Name und Sitz des Herstellers angegeben. Das Verzeichnis der Zutaten befindet sich auf der Rückseite. Nach Auffassung der Kläger im Ausgangsverfahren entspricht diese Aufmachung den Vorschriften der Richtlinie 79/112.

Das von der Pretura Mailand geprüfte Etikett (Rechtssache 90/86) ist dagegen nur in Deutsch abgefaßt, und man kann dort die Worte „Attraktiv und preiswert. Frischei-Teigwaren. Spaghetti mit hohem Eigehalt“ lesen. Die Kommission ist der Auffassung, daß diese Verpackung nicht im Einklang mit der Richtlinie 79/112 stehe: Die Sprache, in der das Etikett geschrieben sei, werde nämlich „von den Käufern in Mailand nicht ohne weiteres verstanden“, und „das Verzeichnis der Zutaten, das sich auf die Angabe ‚Mehl und frische Eier‘ beschränkt, könnte als nicht ausreichend für die Information des Verbrauchers über die Beschaffenheit des Erzeugnisses in einem Land angesehen werden, in dem Trockenteigwaren ausschließlich aus Hartweizen hergestellt werden“. Es wird jedoch nicht zu erkennen gegeben, ob die Angabe „Frischei-Teigwaren“ — ich unterstreiche „frisch“ — den deutschen Bezeichnungsvorschriften für Teigwaren entspricht.

12. 

Damit sind wir bei der Sachprüfung angelangt. Gertraud Kritzinger, die Firma 3 Glocken, Giorgio Zoni, die niederländische Regierung und die Kommission schlagen Ihnen vor, die Fragen der beiden vorlegenden Gerichte wie folgt zu beantworten: Nach Artikel 30 EWG-Vertrag darf ein Mitgliedstaat nicht die Verpflichtung aufstellen, bei der Herstellung von Trockenteigwaren, die innerhalb dieses Staates in den Verkehr gebracht werden sollen, nur Hartweizen zu verwenden, und zwar auch dann nicht, wenn diese Verpflichtung nur mit dem Ziel eingeführt wird, die höhere Qualität der Teigwaren aus Hartweizen zu schützen, keine Diskriminierungen mit sich bringt und keine protektionistischen Ziele verfolgt. In entgegengesetzter Richtung äußern sich die Provinzia autonoma di Bolzano, die Nebenkläger im Verfahren bei der Pretura Mailand, die italienische, die französische und die griechische Regierung. Ihrer Ansicht nach schließen die Erfordernisse des Verbraucherschutzes und der Lauterkeit des Handelsverkehrs die Unvereinbarkeit der oben genannten Verpflichtung mit Artikel 30 aus.

Ich glaube, daß beiden Schlußfolgerungen unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen. Die erste stützt sich auf die Überzeugung, daß dem Erfordernis des Verbraucherschutzes bereits durch die Vorschriften der Richtlinie 79/112 Genüge getan werde: Diese böten dem italienischen Käufer nämlich alle nötigen Informationen, ohne wie das Gesetz Nr. 580 den freien Verkehr mit Teigwaren zu behindern, die in anderen Mitgliedstaaten nach anderen Rezepten als dem in Italien vorgeschriebenen hergestellt seien. Ist diese Auffassung aber begründet?

Der Kern des Problems liegt, wie wir wissen, darin, festzustellen, welches die Bezeichnungen sind, die der Verbraucher braucht, um die Identität und die Art der auf dem Markt zu findenden Teigwaren ohne weiteres erkennen zu können; unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht ohne Nutzen, auf das Urteil vom 10. Dezember 1980 in der Rechtssache 27/80 (Fietje, Slg. 1980, 3839) hinzuweisen, in dem festgestellt wird: „Wenn eine nationale Regelung für ein bestimmtes Erzeugnis die Verpflichtung aufstellt, eine Bezeichnung zu verwenden, die hinreichend genau ist, um es dem Käufer zu ermöglichen, die Art des Erzeugnisses zu erkennen und es von Erzeugnissen zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte, kann es für einen wirksamen Schutz der Verbraucher... erforderlich sein, diese Verpflichtung auch auf die eingeführten Erzeugnisse zu erstrecken, auch wenn dies bedeuten würde, daß die ursprünglichen Etiketten einiger dieser Erzeugnisse geändert werden müssen ... Die Notwendigkeit eines solchen Schutzes besteht jedoch dann nicht mehr, wenn die Angaben auf dem ursprünglichen Etikett des eingeführten Erzeugnisses in bezug auf die Art des Erzeugnisses einen Informationsgehalt haben, der zumindest die gleichen Informationen vermittelt und ebenso verständlich für die Verbraucher des Einfuhrstaates ist wie die nach den Vorschriften dieses Staates verlangte Bezeichnung“ (Hervorhebung durch mich).

Hier liegt nun aber gerade der entscheidende Punkt. Um es mit den eben zitierten Worten auszudrücken: Die Schwierigkeit besteht im vorliegenden Fall darin, das festzustellen, was die Gegner des Gesetzes Nr. 580 als gegeben ansehen, ob nämlich die Richtlinie 79/112 den Verbrauchern in Italien und in der Gemeinschaft tatsächlich in bezug auf die Art und die Identität des Erzeugnisses einen „Informationsgehalt“ garantiert, der es ihnen ermöglicht, unter Teigwaren unterschiedlicher Zusammensetzung eine ganz bewußte Auswahl zu treffen. Wie aus den Ergebnissen hervorgeht, zu denen wir unter Punkt 8 gelangt sind, und wie wir später noch genauer sehen werden, kann diese Frage nur verneint werden.

Den Befürwortern der italienischen Rechtsvorschriften ist ein noch schwererer Fehler anzulasten; sie sind nämlich von der Voraussetzung ausgegangen, daß die Teigwaren aus Hartweizen von höherer Qualität sind und daher auch auf Gemeinschaftsebene mit dem einzigen diesem Ziel angemessenen Mittel geschützt werden müßten, d. h. durch ein Verbot der Verwendung von anderen Getreidearten. Unter wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten erhält diese Auffassung durch das Niveau, das der Welthandel mit Teigwaren aus Hartweizen erreicht hat, gewiß einen unbestreitbaren Anschein von Richtigkeit. Der Richter arbeitet jedoch auf der Grundlage von Rechtsvorschriften; in seinen Augen genießen auch die anderen Teigwaren das „Bürgerrecht“ und das Recht auf freien Verkehr, solange die Höherwertigkeit der Teigwaren aus Hartweizen durch das Gemeinschaftsrecht nicht sanktioniert worden ist.

Wenn diese Ausführungen zutreffend sind, erscheint es mir überflüssig, die Argumente darzulegen, die zum Nachweis der Vereinbarkeit des Gesetzes Nr. 580 mit dem Gemeinschaftsrecht vorgebracht worden sind. Das Urteil über das deutsche Bier hat sie nämlich obsolet gemacht. Oder besser gesagt, es hat sie alle mit Ausnahme des einen Arguments entwertet, das diese gesetzliche Regelung dadurch rettet, daß es sie als essentiell für die Hartweizenpolitik der Gemeinschaft darstellt. Das Verbot der Verwendung anderer Getreidearten — so wird gesagt — entspricht einem endgültig feststehenden Erfordernis gemeinschaftlicher Art; seine Aufhebung würde alle Fortschritte zunichte machen, die die Gemeinschaft in den letzten zwanzig Jahren sowohl in bezug auf die Hartweizenerzeugung als auch zugunsten der Landwirte, die Hartweizen anbauen, erreicht habe. Aus finanzieller Sicht würde dann das Verschwinden einer sicheren Absatzmöglichkeit für diese Getreideart einen starken Anstieg der Überschüsse nach sich ziehen; die durch die Aufnahme dieser Überschüsse entstehenden Kosten würden die Mittel der Gemeinschaft schwer belasten.

Dies sind, wie wir gesehen haben, sakrosankte Überlegungen, denen darüber hinaus auch die Fachleute der Kommission zustimmen. Sie reichen jedoch nicht aus, um das Reinheitsgebot mit dem Grundsatz des Artikels 30 vereinbar zu machen. Insbesondere was diese Überschüsse angeht, kann man auf das hinweisen, was der Gerichtshof auf ein ähnliches Vorbringen der französischen Regierung in bezug auf Milchersatzstoffe festgestellt hat: „Milcherzeugnisse [unterliegen] einer gemeinsamen Marktorganisation ..., die dazu bestimmt ist, den Milchmarkt unter anderem durch den Rückgriff auf Interventionsmaßnahmen zu stabilisieren. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Mitgliedstaaten, sobald die Gemeinschaft eine gemeinsame Marktorganisation für einen bestimmten Sektor eingerichtet hat, verpflichtet, sich aller einseitigen Maßnahmen zu enthalten, die aus diesem Grund der Zuständigkeit der Gemeinschaft unterliegen. Es ist deshalb Sache der Gemeinschaft und nicht eines Mitgliedstaats, eine Lösung dieses Problems im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu suchen“ (Urteil vom 23. Februar 1988 in der Rechtssache 216/84, Kommission/Frankreich, Slg. 1988, 793, Randnr. 18, Hervorhebung durch mich).

Das Argument, das sich auf die Höherwertigkeit der aus Hartweizen hergestellten Teigwaren stützt, ist zwar für den Zweck, zu dem es vorgebracht worden ist, nicht ausreichend, es kann jedoch zu einem anderen Zweck dienen; mit ihm läßt sich nämlich aufzeigen, daß die Gemeinschaft, wenn sie den Handel mit Teigwaren wirklich liberalisieren will, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Regelung schaffen muß, die geeignet ist, die Bezeichnung und die Aufmachung dieser Erzeugnisse zu schützen. Nur aufgrund solcher Rechtsvorschriften können die Verbraucher in der Gemeinschaft nämlich den Teigwaren aus Hartweizen weiterhin den Vorzug geben; alle Verbraucher, und damit auch die aus dem Norden, die zwar bewiesen haben, daß sie sich mehr und mehr zu diesen Teigwaren hin orientieren, die aber aus offensichtlichen Gründen am wenigsten bereit sind, dies zuzugeben.

13. 

Ich habe gerade von der Entscheidung über das Bier gesprochen; von ihr ausgehend, und sei es auch nur, weil sie eine meisterliche Zusammenfassung der Rechtsprechung des Gerichtshofes auf diesem Gebiet darstellt, möchte ich meine Argumentation beginnen, die mich dazu führen wird, Ihnen die Antworten auf die Fragen der vorlegenden Gerichte vorzuschlagen. Die deutsche Regierung — man wird sich, daran erinnern — hatte geltend gemacht, das Reinheitsgebot des § 10 Biersteuergesetz sei zum Schutz des einheimischen Verbrauchers unbedingt erforderlich, weil in dessen Vorstellung die Bezeichnung „Bier“ untrennbar mit der Vorstellung von einem Getränk verbunden sei, das nur mit den gesetzlich vorgeschriebenen Zutaten hergestellt sei; der Gerichtshof hat ihr mit Worten geantwortet, die es wert sind, ungekürzt wiedergegeben zu werden:

„Erstens können sich die Vorstellungen der Verbraucher, die von einem Mitgliedstaat zum anderen unterschiedlich sein können, auch innerhalb ein und desselben Mitgliedstaats im Laufe der Zeit fortentwickeln. Die Einführung des Gemeinsamen Marktes ist dabei einer der wesentlichen Faktoren ... einer solcher Entwicklung... Während eine Regelung zum Schutz der Verbraucher gegen Irreführungen die Berücksichtigung einer solchen Entwicklung zuläßt, wird dies durch eine Regelung wie ... [das Biersteuergesetz] verhindert. Wie der Gerichtshof bereits ... ausgeführt hat, darf das Recht eines Mitgliedstaats ‚nicht dazu dienen, die gegebenen Verbrauchsgewohnheiten zu zementieren, um einer mit deren Befriedigung befaßten inländischen Industrie einen erworbenen Vorteil zu bewahren‘.

Zweitens sind die dem deutschen Wort Bier entsprechenden Bezeichnungen in den anderen Mitgliedstaaten... Gattungsbezeichnungen für ein durch Gärung auf der Grundlage von Gerstenmalz gewonnenes Getränk, gleich ob Gerstenmalz ausschließlich oder zusammen mit Reis oder Mais verwendet wird. Dasselbe gilt für das Gemeinschaftsrecht, wie aus Tarifnummer 22.03 des Gemeinsamen Zolltarifs hervorgeht ...

Die deutsche Bezeichnung Bier und ihre Entsprechungen in den Sprachen der anderen Mitgliedstaaten ... können somit nicht dem Bier vorbehalten werden, das nach den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Vorschriften hergestellt ist.

Es ist allerdings zulässig, Verbrauchern, die aus bestimmten Grundstoffen hergestelltem Bier besondere Eigenschaften zuschreiben, die Möglichkeit zu geben, ihre Wahl unter diesem Gesichtspunkt zu treffen. Wie der Gerichtshof jedoch bereits festgestellt hat..., kann dies auch mit Mitteln bewirkt werden, die die Einfuhr von in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig hergestellten und in den Verkehr gebrachten Erzeugnissen nicht behindern, ‚insbesondere durch die Verpflichtung zu einer angemessenen Etikettierung hinsichtlich der Art des verkauften Erzeugnisses‘. Durch die Angabe der bei der Bierbereitung verwendeten Grundstoffe ‚würde der Verbraucher in die Lage versetzt, seine Wahl in Kenntnis aller Umstände zu treffen; auch die Transparenz der Handelsgeschäfte und der Angebote an die Verbraucher würde ... sichergestellt‘ ...

Entgegen der von der Bundesregierung vertretenen Ansicht ¡st eine solche Kennzeichnungsregelung auch bei einem Erzeugnis durchaus praktikabel, das wie Bier an den Verbraucher nicht... [immer] in Flaschen oder anderen Behältnissen abgegeben wird, die mit geeigneten Angaben versehen werden können. Dies wird ... durch die deutsche Regelung selbst bestätigt, [die] eine Regelung über die Unterrichtung des Verbrauchers bei bestimmten Bieren selbst für den Fall [enthält], daß sie vom Faß ausgeschenkt werden. Die erforderlichen Angaben sind dann auf den Fässern oder den Siphons anzubringen“ (Randnrn. 32 bis 36, Hervorhebung durch mich).

In dieser Passage verdienen meiner Ansicht zwei Gesichtspunkte hervorgehoben zu werden. Zunächst sind für den Gerichtshof die deutsche Bezeichnung „Bier“ und die entsprechenden Bezeichnungen in den anderen Gemeinschaftssprachen Gattungsbezeichnungen und können daher nicht einer besonderen Art von Bier vorbehalten werden. Außerdem wollten die Richter vor der Liberalisierung des deutschen Biermarktes in allen Einzelheiten prüfen, ob die dem Verbraucher gebotenen Informationen tatsächlich angemessen waren. Läßt sich nun aber sagen, daß die gleichen Schlußfolgerungen — daß nämlich „pasta“ eine Gattungsbezeichnung darstellt und daß der Käufer wirksam geschützt ist — auch für den vorliegenden Fall gelten? Nach Auffassung der Kommission ist dies zu bejahen. Damit die Verbraucher nicht getäuscht würden — so hat sie ausgeführt —, genüge es, daß auf der Verpackung des Erzeugnisses seine Identität „pasta“ (Teigwaren) und die Zutaten, aus denen es hergestellt sei (Hartweizen, Weichweizen oder sonstige Zutaten), angegeben seien. Ich dagegen bin der Ansicht, daß dies alles ohne Zweifel der Richtlinie 79/112 entspricht, aber noch nicht ausreicht, um den Verbraucher zu schützen.

Lassen Sie uns sehen, warum. Erstens ist zu wiederholen, daß Teigwaren aus Hartweizen und Teigwaren aus Weichweizen unterschiedliche Erzeugnisse sind. Sie sind es ganz offenkundig ihrer natürlichen Beschaffenheit nach. Sie sind es aber auch unter kommerziellen Gesichtspunkten, denn a) der Gemeinsame Zolltarif weist sie verschiedenen Tarif stellen zu; b) im Rahmen des Verhältnisses Rohstoff — Fertigprodukt sind die einen die Grundlage für das Kriterium (Nichtkleben beim Kochen), nach dem eine Beihilfe gewährt wird, und die anderen bilden die Grundlage für die Voraussetzung (Nichtkleben bei maschineller Bearbeitung), die für die Festsetzung eines Interventionspreises aufgestellt worden ist; c) in den Handelsbeziehungen zwischen der EWG und den Vereinigten Staaten besteht ein Schutz nur für Teigwaren aus Hartweizen.

Dies vorausgeschickt, wende ich mich wieder den Grundlinien des italienischen Systems zu, die ich in drei Punkten zusammenfasse: a) „pasta di semola de grano duro“ (Teigwaren aus Hartweizengrieß) ist eine zwingend vorgeschriebene, den aus dieser Getreideart hergestellten Nahrungsmitteln vorbehaltene Bezeichnung und eine Gattungsbezeichnung; sie muß sich darüber hinaus auf der Verpackung unabhängig von den Formen der darin enthaltenen Teigwaren finden; b) diese vorgeschriebene Etikettierung gewährleistet die erforderliche Klarheit in bezug auf die Identität (Teigwaren) und die Art (Hartweizengrieß) des Erzeugnisses, stellt es den Herstellern aber frei, mit den vielfältigsten Namen (Spaghetti, Vermicelli usw.) die Form der Teigwaren anzugeben, die sie in den Verkehr bringen; diese Freiheit genießen die Teigwarenhersteller, weil man das Durcheinander fürchtet, zu dem die Verpflichtung geführt hätte, für jede Form die bei der Herstellung verwendeten Zutaten anzugeben (z. B. Spaghetti aus Hartweizengrieß, Spaghetti mit Eiern, Spaghetti aus Hartweizengrieß mit Spinat usw.). „Spaghetti“, „Vermicelli“ usw. sind also spezifische und von der Angabe „Teigwaren aus Hartweizen“verschiedene Angaben, die die Form der Teigwaren bezeichnen und in keiner Weise auf deren Art hinweisen.

Diese klare Trennung zwischen der Bezeichnung „pasta“ (Teigwaren) und den Benennungen ihrer unzähligen Formen gibt es meines Wissens nur in Italien. Im Rest der Welt bleibt „pasta“ (Teigwaren) zwar eine Gattungsbezeichnung, „Spaghetti“ ist aber keine spezifische Bezeichnung mehr. Im Gegenteil ist dieses Wort — wie die niederländische Regierung vorträgt (Erklärungen in der Rechtssache Zoni, S. 5) — und mit ihm vielleicht „Makkaroni“ letztlich zu einem Synonym für Teigwaren geworden oder hat, besser gesagt, durch eine Antonomasie die Bedeutung von Teigwaren erworben. Daher rührt meines Erachtens, daß „Spaghetti“ (oder „Makkaroni“) nicht auf die Ebene der mit Sicherheit spezifischen Bezeichnungen wie Joghurt oder, um die beiden Erzeugnisse zu nennen, mit denen der Gerichtshof sich in Kürze wird befassen müssen, Wurst und „Edamer“, gestellt werden kann. „Edamer“ ist nämlich kein Syn-Dnym für Käse, nicht einmal in seiner kleinen Herkunftsstadt oder auf dem berühmten Markt von Alkmaar.

Machen Sie die Probe: Fragen Sie den durchschnittlichen Verbraucher in der Gemeinschaft, was Käse ist; Sie können wetten, daß Ihnen nicht „Edamer“ geantwortet wird. Gleich danach fragen Sie ihn, was Teigwaren sind: Die Wahrscheinlichkeit, daß er „Spaghetti“ antwortet, ist sehr groß (während der Mann auf der Straße in Neapel oder in Mailand Ihnen schnell zumindest ein Dutzend Namen sagen würde). Zum andern hat die Position 1902 des Gemeinsamen Zolltarifs seit jeher folgende Fassung: „Teigwaren ... z. B. Spaghetti, Makkaroni, Nudeln, Lasagne, Gnocchi, Ravioli, Cannelloni“, und man sage mir nicht, daß es nur auf einem Zufall beruht, daß die ersten in diesem Verzeichnis genannten Teigwaren gerade Spaghetti und Makkaroni sind!

Letztlich können wir sagen, daß „pasta“ anders als „Bier“ zwar eine Gattungsbezeichnung ist, jedoch nicht die gleiche allgemeine Bedeutung in allen Mitgliedstaaten besitzt. In Italien bezeichnet sie vor allem das Gemisch, aus dem die verschiedenen Teigwarenarten nach einem traditionellen Verfahren hergestellt werden; außerhalb Italiens bedeutet sie dies und gleichzeitig ein Nahrungsmittel, das lang, dünn und nicht ausgehöhlt ist (Spaghetti) oder das manchmal aus hohlen Röhren unterschiedlicher Länge und Dicke besteht (Makkaroni). Während „Spaghetti“ oder „Makkaroni“ in Italien besondere Angaben sind, die zwei der zahlreichen Formen bezeichnen, in denen Teigwaren angeboten werden, stellen sie umgekehrt außerhalb Italiens geläufige Gattungsbezeichnungen dar.

14. 

Halten wir uns diese Gegebenheiten vor Augen und stellen uns jetzt vor, wir befänden uns am Teigwarenstand eines Supermarktes in Luxemburg (wohin die Kommission — dies sei nebenbei metaphorisch gesagt — uns hätte führen müssen, aber wir wissen jetzt, daß die Kommission in unserem Verfahren wie der Fischer Santiago in Hemingway's „Der alte Mann und das Meer“ oft „eingeschlafen ist und von Löwen geträumt hat“). Vor uns liegen vier Teigwarenpackungen, deren sichtbare Seite wie folgt aussieht ( 1 ).

Die vier Packungen sind — von oben nach unten — in Italien, Belgien, Deutschland und in der Schweiz hergestellt worden und tragen — wie Sie feststellen können — alle klar lesbar die Bezeichnung „Spaghetti“. Woraus sind nun aber diese Spaghetti hergestellt? Die einzige Vorderseite, die uns in dieser Hinsicht etwa Konkretes sagt, und zwar in drei Sprachen, von denen zwei im Großherzogtum gesprochen werden, ist die letzte: Die Rohstoffe des in dem Beutel enthaltenen Erzeugnisses sind „Voll“korn (im übrigen ein kaum verständliches Adjektiv) und Soja. Die anderen — mit Ausnahme der ersten, auf der — jedoch nur in Italienisch — „Pasta di semola di grano duro“ geschrieben steht — schweigen in dieser Beziehung. Will man mehr wissen, so muß man die Angaben lesen, die in mikroskopisch kleinen Buchstaben auf der Rückseite erscheinen; wir erfahren dann, daß die zweite Packung aus Hartweizen hergestellt ist und die dritte aus einer Mischung von Hartweizen und Weichweizen sowie aus 150 g — natürlich „frischen“ — Eiern pro Kilogramm.

In Anbetracht des unter Punkt 8 Gesagten entsprechen die geprüften Aufmachungen aber alle den Bedingungen der horizontalen Richtlinie 79/112. Der (bedauernswerte) luxemburgische Verbraucher müßte dann, wenn er sie aufmerksam liest, in der Lage sein, die Teigwaren oder vielmehr die Spaghetti auszuwählen, die er bevorzugt. Können dies aber auch — und darin besteht die Schwierigkeit — die italienischen, französischen und griechischen Käufer? Nein, hat die Kommission in der Rechtssache Zoni geantwortet. Da Trockenteigwaren in Italien, Frankreich und Griechenland nur aus Hartweizenmehl hergestellt werden, wären Etiketten wie die der zweiten und der dritten Packung sicherlich „nicht ausreichend“, um den Verbraucher über die Zutaten und die Art der betreffenden Erzeugnisse zu informieren (siehe oben unter Punkt 11).

Letztlich läßt sich leicht sagen: Ein angemessenes Etikett, ça suffit. In der Praxis schafft der alltägliche Handel mit Teigwaren Probleme, die mit den durch die Richtlinie vorgeschriebenen Etiketten keinesfalls gelöst werden können, wie gerade aufgezeigt worden ist. Damit kommt einem die Anmerkung des Rechtsausschusses des Parlaments wieder in den Sinn, der den Brüsseler Fachleuten vorschlug, auch die „handelsüblichen Bezeichnungen wie Spaghetti oder Makkarani“ zu regeln. Vor allem wird aber Artikel 5 Absatz 2 des Vorschlags einer Richtlinie über Teigwaren wieder aktuell. Sie werden sich an den Wortlaut dieser Vorschrift erinnern: „Falls“ — so liest man dort —„die ... vorgeschriebenen Angaben [d. h. die vorbehaltenen Bezeichnungen und die Angaben über die Form der Teigwaren] nicht in ihrer Landessprache... angebracht sind“, können die Mitgliedstaaten „den Handel mit den ... Erzeugnissen verbieten“, auf die diese sich beziehen.

15. 

Mancher wird einwenden, daß sich diese Probleme lösen lassen, auch ohne den Rat zu zwingen, eine große Reform vom Stapel zu lassen: Genauer gesagt könnte der italienische Gesetzgeber, um seine Verbraucher besser zu schützen, als dies durch die Richtlinie 79/112 geschieht, nach der Aufhebung des gegenwärtig bestehenden Reinheitsgebots, das die Einfuhren von Teigwaren aus Weichweizen behindert, die Spaghetti-Hersteller in der Gemeinschaft verpflichten, auf der Hauptseite der Verpakkung die Bezeichnung „Teigwaren aus Weichweizenmehl“ aufzudrucken. Ich bezweifle jedoch, daß ein solches Mittel ausreichen würde, um eine „praktikable Kennzeichnungsregelung“ zu schaffen, wie es das Bier-Urteil vorschreibt.

Einmal mehr liegt die Schwierigkeit in der Verwendung der Bezeichnung „Spaghetti“. Man kann nicht davon ausgehen, daß für jemanden, der seit Jahren (im Mezzogiorno aber von jeher) nur Spaghetti aus Hartweizen kauft und verzehrt, die Aufschrift „Teigwaren aus Weichweizen“ ausreichend informativ ist, solange sich darüber das Wort „Spaghetti“ in riesigen Buchstabe abhebt. Sicherlich besser informiert, als dies der Verbraucher in dem angenommenen Fall wäre, ist heute der gewohnheitsmäßige Verbraucher von Champagner, dem eine Flasche „Vin mousseux — méthode champenoise“ angeboten wird. Wir wissen nun aber, daß die Gemeinschaft ihn so weitgehend geschützt hat, daß sie die Verwendung dieser Bezeichnung verboten hat. Ohne eine Übertreibung zu befürchten, läßt sich letztlich sagen, daß es darauf hinausliefe, die einheimischen Käufer einem regelrechten Betrug und die einheimischen Hersteller einer nicht unbedeutenden Form von unlauterem Wettbewerb auszusetzen, wenn den nichtitalienischen Teigwarenherstellern die Befugnis eingeräumt würde, die gleiche Gattungsbezeichnung (Spaghetti) für Erzeugnisse zu verwenden, die aus anderen Mehlsorten hergestellt sind.

Was nun? Dem italienischen (oder französischen oder griechischen) Gesetzgeber, der ein wirklich vollkommenes Kennzeichnungssystem einführen wollte, bliebe nun meines Erachtens nur ein Weg offen: den ausländischen Herstellern die Verwendung der Bezeichnung „Spaghetti di grano tenero“ (oder „Vermicelli di grano tenero“ usw.) vorzuschreiben, die immer und nur auf der Hauptseite der Verpackung aufzudrucken wäre. Wäre eine solche Rechtsvorschrift aber zulässig? Auch hier lautet meine Antwort: Nein. Wenn die erste Lösung zu schwach ist, so ist diese zweite zu streng; so streng, daß sie — das befürchte ich — eine Maßnahme gleicher Wirkung darstellt.

Ich erläutere dies an einem Beispiel. Nehmen wir an, daß ein niederländischer Teigwarenhersteller nur Teigwaren aus Weichweizen produziert. Da „Spaghetti“ ein in der gesamten Gemeinschaft verständliches Wort ist, wird das Unternehmen ein offenkundiges Interesse daran haben, auf der Vorderseite der Verpackung nur diese Bezeichnung erscheinen zu lassen und die Rückseite dem Verzeichnis der Zutaten in den verschiedenen Sprachen vorzubehalten. Wenn es so vorgeht, wird es nämlich für seinen innergemeinschaftlichen Handel nur einen einzigen Verpackungstyp verwenden und damit erhebliche Kosteneinsparungen erzielen. Aufgrund der Vorschrift, die ich beschrieben habe, wäre eine solche Aufmachung jedoch nicht ausreichend, und unser Teigwarenhersteller müßte sie für die Versendung nach Italien, nach Frankreich und nach Griechenland durch das Hinzufügen der Angaben „Spaghetti di grano tenero“, „Spaghetti de blé tendre“, und „Σπαγέτα από μαλακό σιτάρι“, ändern.

Sehen wir uns nach diesen Worten Randnummer 15 des bereits zitierten Urteils Fietje an: Wenn ein Mitgliedstaat — so heißt es dort — eine Vorschrift, „die den Verkauf bestimmter alkoholischer Getränke unter einer anderen als der durch die nationalen Rechtsvorschriften vorgeschriebenen Bezeichnung verbietet, in der Weise auch auf die aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Getränke anwendet, daß das Etikett geändert werden muß, mit dem das eingeführte Getränk im Ausfuhrmitgliedstaat rechtmäßig vermarktet wird, [so ist] dies als eine ... Maßnahme gleicher Wirkung ... anzusehen ..., soweit die Angaben auf dem ursprünglichen Etikett für die Verbraucher in bezug auf die Art des betreffenden Erzeugnisses einen Itiformationsgebalt haben, der dem der gesetzlich vorgeschriebenen Bezeichnung gleichwertig ist“ (Hervorhebungen durch mich). Nun ist aber in meinem Beispiel der Gehalt der auf der Rückseite der Verpackung lesbaren Information ohne Zweifel dem Informationsgehalt gleichwertig, den die italienischen, französischen oder griechischen Bestimmungen über die Aufmachung von Teigwaren vorschreiben. Wäre der niederländische Hersteller gezwungen, sein Etikett „Spaghetti“ in „Spaghetti di grano tenero“ umzuändern, so wäre er daher in vollem Umfang berechtigt, sich auf Artikel 30 EWG-Vertrag zu berufen.

16. 

An diesem Punkt angelangt, liegt meines Erachtens eine Schlußfolgerung auf der Hand: Verkürzte nationale Lösungen bieten sich nicht an, und es besteht sogar die Gefahr, daß sie sich schädlich auswirken würden. Den innergemeinschaftlichen Handel mit Teigwaren zu liberalisieren, um ihn dann in den Händen der Mitgliedstaaten zu lassen, würde es nämlich nicht nur deren Gesetzgebungsorganen unmöglich machen, Maßnahmen auszuarbeiten, durch die die Interessen der Hersteller und der Verbraucher in angemessener Weise geschützt würden. Ein derart unzureichendes Vorgehen würde sich noch negativer auswirken: Es würde den einzelnen Teigwarenherstellern, die wüßten, daß sie auf nicht sachgerechte Bezeichnungs- und Aufmachungsvorschriften zählen könnten, einen Anreiz bieten, neue Märkte zu erobern durch die Herstellung von Erzeugnissen, die immer kostengünstiger, jedoch immer irreführender in bezug auf ihre Identität und ihre Art wären.

So gesehen weist das Urteil vom 23. Februar 1988 den einzigen Ausweg, der mir praktikabel erscheint: „Es ist... Sache der Gemeinschaft und nicht eines Mitgliedstaats“, eine Lösung zu suchen. Anders gesagt muß die Gemeinschaft, wenn sie den freien Verkehr aller in den verschiedenen Staaten hergestellten Teigwaren verwirklichen und gleichzeitig die erwähnten Nachteile ausschließen will, selbst eingreifen, und zwar mit dem Instrument, das vielleicht nicht das einfachste oder schnellste, aber gewiß das unserem Ziel angemessenste ist, das der EWG-Vertrag ihr zur Verfügung stellt: der Richtlinie. Den Erlaß einer Richtlinie gerade im Teigwarensektor zur Lösung von Problemen, die nicht sehr fern von denen sind, die wir prüfen, hat ihr im übrigen auch der Gerichtshof empfohlen. Ich verweise auf das Urteil vom 17. Dezember 1981 in den verbundenen Rechtssachen 197 bis 200, 243, 245 und 247/80, Ludwigshafener Walzmühle Erling KG und andere/Rat und Kommission, Slg. 1981, 3211: „Die... aufgezeigte Schwierigkeit“ — so wird in Randnummer 54 festgestellt — „könnte nur durch eine Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften behoben werden.“

Welchen Inhalt müßte ein solcher Rechtsakt haben? Sehen wir uns die amerikanische Erfahrung an. Aufgrund des Federal Food, Drug and Cosmetic Act erließ die Food and Drug Administration im Jahre 1964 eine Reihe von Vorschriften über „macaroni and noodle products“. In Buchstabe a wird festgelegt: „Macaroni products“ (d. h. Teigwaren) „are the class of food each of which is prepared by drying formed units of dough made from semolina, durum flour, farina, flour or any combination of two or more of these, with water and with or without one or more of the optional ingredients ...“; in der Section 16.1 werden dann in den Buchstaben b, c und d die Bezeichnungen und die Identitätskriterien einiger typischer Formen angegeben: „The name of each food for which a definition and standard of identity is prescribed“ — so wird in Buchstabe e bestimmt — „is ‚Macaroni product‘ or alternatively the name is ‚Macaroni‘, ‚spaghetti‘ or ‚Vermicelli‘, as the case may be.“ Schließlich werden in den Sections 16.2 bis 16.5 nacheinander die „milk macaroni“, die „whole wheat macaroni“, die „wheat and soy macaroni“ und die „vegetable macaroni“ geregelt. Je nach der Form und dem bei der Herstellung verwendeten Rohstoff hat jedes dieser Erzeugnisse eine zwingend vorgeschriebene Bezeichnung wie „whole wheat Spaghetti“, „wheat and soy spaghetti“, „spinach spaghetti“ usw.

Es handelt sich offenkundig um eine Regelung, bei der den Interessen der Käufer die größte Beachtung geschenkt wird, und der Gemeinschaftsgesetzgeber täte gut daran, sich an ihr ein Beispiel zu nehmen. Ich wäre jedoch schon zufrieden, wenn er sich darauf beschränkte, die Bezeichnungen zu regeln, und dabei natürlich nicht nur die auf den einzelnen nationalen Märkten herrschenden Voraussetzungen und die für sie geltenden Rechtsvorschriften, sondern auch die zahlreichen Faktoren — Agrarpolitik, Handelspolitik, Schutz der Verbraucher und der Hartweizen anbauenden Landwirte — berücksichtigte, mit denen ich mich auf den vorstehenden Seiten befaßt habe. Ich wäre mit einer derartigen Lösung aus zahlreichen Gründen zufrieden, nicht zuletzt — sondern in einem Rahmen wie dem unseren vor allem — wegen der damit gebotenen Möglichkeit festzustellen, ob ein Gesetz wie das Gesetz Nr. 580 mit Artikel 30 EWG-Vertrag vereinbar ist.

17. 

So wie es heute steht, gibt es nämlich auf die Frage, die Ihnen die vorlegenden Gerichte stellen, eine eindeutige Antwort nicht oder nur in den Augen dessen, der bereit ist, mit einer auf jeden Fall nicht zufriedenstellenden Situation zu leben. Sehen wir uns die Auswirkungen der Alternativen, die sich bieten, ganz genau an. Eine Entscheidung, die die Vereinbarkeit bejaht, wird den freien Verkehr der in acht der zwölf Mitgliedstaaten rechtmäßig hergestellten Teigwaren vielleicht endgültig gefährden und dadurch die „Standfestigkeit“ eines der Pfeiler bedrohen, auf denen die Gemeinschaft aufgebaut ist. Andererseits würde eine Entscheidung, durch die die Unvereinbarkeit festgestellt wird, a) nicht nur den italienischen Verbraucher von Teigwaren aus Hartweizen ohne angemessenen Schutz lassen, sondern auch denjenigen, der in der Gemeinschaft Spaghetti unterschiedlichster Zusammensetzung kauft; b) sie würde die Untätigkeit des Gesetzgebers in Brüssel dadurch belohnen und fördern, daß sie seine Behauptung absegnen würde, er habe das Problem durch die horizontalen und generellen Vorschriften der Richtlinie 79/112 für alle Zeiten gelöst; c) sie würde die Voraussetzungen, auf die sich die Gemeinschaftspolitik für Hartweizen und die Vereinbarung zwischen der EWG und den Vereinigten Staaten über die Herstellung von und den Handel mit aus dieser Getreideart hergestellten Teigwaren stützen, faktisch, aber unwiderruflich verschlechtern.

Was soll man nun tun? Die Vorgehensweise, die meines Erachtens vorzuziehen ist, konkretisiert sich in einem Kompromiß, der sich wie der berühmte Beschluß des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1974 auf ein Temporaladverb stützt: „solange“. Grundlage dafür ist eine einleuchtende Überlegung: Wenn die Menge der aus Italien in den Norden der Gemeinschaft ausgeführten Teigwaren aus Hartweizen in den letzten zwanzig Jahren von 102000 auf 1680000 Doppelzentner pro Jahr gestiegen ist, so läßt sich nicht leugnen, daß die belgischen, luxemburgischen, niederländischen, deutschen und danach die britischen, irischen und dänischen Verbraucher sich, auch wenn sie zwischen Teigwaren unterschiedlicher Art und Zusammensetzung wählen können, in immer größerem Ausmaß für diese Art von Nahrungsmittel entschieden haben. Wir müssen also vor allem diesen Verbrauchern — um noch einmal die Worte des Bier-Urteils zu wiederholen — „eine praktikable Kennzeichnungsregelung“ garantieren. Dadurch, daß wir die gegenwärtige Marktsituation — jedoch nur vorläufig — weiterbestehen lassen, werden wir den nordeuropäischen Käufern ermöglichen, sich weiter für die Teigwaren zu entscheiden, die sie bevorzugen, während die Italiener, die Griechen und die Franzosen nicht Gefahr laufen werden, durch ungenaue und unzureichende Angaben auf den Etiketten der eingeführten Erzeugnisse Ware zu kaufen, die nicht ihren Neigungen entspricht.

„Last but not least“ wird die Beibehaltung des rechtlichen und wirtschaftlichen Status quo sicherstellen, daß die Voraussetzungen weiterbestehen, auf deren Grundlage der Rat eine Überprüfung seiner Getreidepolitik beschlossen hat und mit den Vereinigten Staaten ein Handelsabkommen zum Schutz der Teigwaren aus Hartweizen hat schließen können. Ich wiederhole: „not least“. Man halte sich nämlich vor Augen, daß nach Artikel 39 Absatz 2 EWG-Vertrag „bei der Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik... folgendes zu berücksichtigen [ist]: ... b) die Notwendigkeit, die geeigneten Anpassungen stufenweise durchzuführen; c) die Tatsache, daß die Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten einen mit der gesamten Volkswirtschaft eng verflochtenen Wirtschaftsbereich darstellt“ (Hervorhebungen durch mich). Vergessen wir nicht, daß diese Verpflichtung die Gerichte nicht weniger als den Gesetzgeber bindet.

18. 

Aufgrund der vorstehenden Überlegungen schlage ich Ihnen vor, die von der Pretura Bozen und von der Pretura Mailand mit Beschlüssen vom 31. Oktober 1985 und vom 19. März 1986 vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

„Solange die Gemeinschaft keine Regelung über die Herstellung und/oder die Bezeichnung von Teigwaren erlassen hat, die insbesondere das Erfordernis des Schutzes der Verbraucherinteressen berücksichtigt, steht Artikel 30 EWG-Vertrag der Anwendung des Rechts eines Mitgliedstaats nicht entgegen, wonach bei der Herstellung von Teigwaren, die innerhalb dieses Staates in den Verkehr gebracht werden sollen, ausschließlich Hartweizen verwendet werden darf.“


( *1 ) Aus dem Italienischen übersetzt.

( 1 ) Im ursprünglichen Text der Schlußanträge war an dieser Stelle ein Piloto von vier Teigwarenpackungen eingefügt, das aus technischen Gründen im Druck nicht wiedergegeben wird.