SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

CARL OTTO LENZ

vom 29. April 1986

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

A —

In dem Verfahren, zu dem ich heute Stellung nehme, geht es um die Frage, ob in Deutschland ein Angehöriger eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaften verlangen kann, unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Inländer, zum staatlichen Vorbereitungsdienst für ein Lehramt zugelassen zu werden.

1.

Die Klägerin, Frau Lawrie-Blum, eine in Portugal geborene britische Staatsangehörige, die inzwischen mit einem deutschen Staatsbürger verheiratet ist, hatte nach Schulbesuch in Österreich und England in England die Hochschulreife erworben. Danach studierte sie an der Universität Freiburg und legte im Frühjahr 1979 die wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien in den Hauptfächern Russisch und Englisch ab. Im August 1979 beantragte sie beim Oberschulamt Stuttgart des beklagten Landes Baden-Württemberg ihre Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien. Sie beabsichtigte, nach Abschluß ihrer Ausbildung an einem privaten Gymnasium zu unterrichten.

Die Polizeibehörde der Stadt Freiburg erhob gegen die Zulassung der Klägerin zum Vorbereitungsdienst und die Übernahme in das Beamtenverhältnis keine Bedenken in ausländerrechtlicher Hinsicht. Die Klägerin hatte nach entsprechender Belehrung die Erklärung abgegeben, daß sie die Grundsätze : der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejahe und bereit sei, sich jederzeit durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichdemokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Dennoch lehnte das Oberschulamt den Antrag auf Zulassung zum Vorbereitungsdienst ab: Nach § 2 Absatz 1 Nr. 1 der Verordnung über den Vorbereitungsdienst und die Pädagogische Prüfung für das Lehramt an Gymnasien vom 14. Juni 1976 könne zum Vorbereitungsdienst nur zugelassen werden, wer die persönlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfülle. Nach § 6 Absatz 1 Nr. 1 des Landesbeamtengesetzes dürfe in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer Deutscher im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes (GG) sei.

Den Widerspruch der Klägerin wies das Oberschulamt durch Bescheid vom 4. Februar 1980 zurück.

2.

Gegen ihre Nichtzulassung zum Vorbereitungsdienst erhob die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Freiburg und beantragte, die Entscheidung des Oberschulamts Stuttgart aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, sie zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien zuzulassen. Dabei überließ sie es der Entscheidung des beklagten Landes, in welcher Rechtsform sie zum Vorbereitungsdienst zugelassen werden sollte. Insbesondere beantragte sie nicht ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis.

Diese Klage hat das Verwaltungsgericht Freiburg mit der Begründung abgewiesen, grundsätzlich hätten nur Deutsche Anspruch auf Zulassung zum Vorbereitungsdienst. Diese Regelung verstoße nicht gegen Artikel 48 EWG-Vertrag — Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten —, da diese Bestimmung nach Artikel 48 Absatz 4 EWG-Vertrag ausdrücklich keine Anwendung auf eine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung finde. Dazu rechne in der Bundesrepublik Deutschland auch die grundsätzlich in einem Beamtenverhältnis durchzuführende Tätigkeit im staatlichen Schuldienst.

Die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg abgewiesen. Zur Begründung hat er folgendes ausgeführt.

Der Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien sei — anders als z. B. der Vorbereitungsdienst für Juristen — nur im Rahmen eines Beamtenverhältnisses vorgesehen. Somit könne zum Vorbereitungsdienst nur zugelassen werden, wer die persönlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfülle. Hierzu zähle grundsätzlich die Eigenschaft als Deutscher im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes.

Die Klägerin werde durch die Ablehnung auch nicht in einem ihr nach dem Europäischen Gemeinschaftsrecht zustehenden Recht verletzt. Eine Beschäftigung als Lehrer an öffentlichen Schulen, einschließlich der Ausbildung, falle nicht unter die Freizügigkeitsregelung nach Artikel 48 EWG-Vertrag. Dies ergebe die Auslegung der Freizügigkeitsregelung als solche und des Vorbehalts in Artikel 48 Absatz 4 EWG-Vertrag.

Die Freizügigkeit scheide jedoch nicht schon deswegen aus, weil nach nationalem Recht die Einstellung auf beamtenrechtlicher Grundlage erfolge. Maßgebend für die Tragweite der gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeit des Arbeitnehmers sei vielmehr die Zielsetzung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Entsprechend der in Artikel 2 EWG-Vertrag beschriebenen wirtschaftlichen Zielsetzung des Vertrages gelte diese nur für Betätigungen, die einen Teil des Wirtschaftslebens im Sinne von Artikel 2 EWG-Vertrag ausmachten. Dies treffe nicht auf das öffentliche Schulwesen zu, da es nicht Gegenstand der Wirtschaftspolitik und Teil des Wirtschaftslebens, sondern Gegenstand vor allem der Bildungspolitik sei, nicht zum Marktgeschehen gehöre, nicht durch wirtschaftliche Regelungen gestaltet und folglich von dem Anwendungsbereich des EWG-Vertrags nicht erfaßt werde. Auch Privatschulen seien, jedenfalls insoweit, als sie allgemein anerkannte Berechtigungen vermittelten, ebenfalls nicht erwerbswirtschaftlich ausgerichtet.

Die Beschäftigung als Lehrer an öffentlichen Schulen falle auch unter den Vorbehalt des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag. Der Aufgabenbereich des Lehramts an öffentlichen Schulen sei insgesamt hoheitlich geprägt. Die hoheitlichen Aufgaben des Lehrers hätten die deutschen Gesetz- und Verordnungsgeber unter Berücksichtigung von Artikel 33 Absatz 4 des Grundgesetzes veranlaßt, auch das Ausbildungsverhältnis als ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis zu gestalten. Der Studienreferendar in Baden-Württemberg sei nach der maßgebenden Verordnung verpflichtet, an seiner Ausbildungsschule in bestimmtem Umfang selbständig Unterricht zu erteilen. Darüber hinaus könne ihm weiterer Unterricht übertragen werden. Er sei damit im Rahmen seiner Ausbildung mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben betraut.

Gegen das genannte Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg hat die Klägerin Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Am Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hat sich der Oberbundesanwalt beteiligt. Er hält die in Artikel 48 EWG-Vertrag und in der Verordnung Nr. 1612/68 des Rates enthaltenen Regelungen zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht für anwendbar auf die im Vorbereitungsdienst stehenden Beamten auf Widerruf, weil eigentlicher Zweck der Referendartätigkeit nicht der Gelderwerb, sondern der Abschluß der mit dem Hochschulstudium begonnenen Ausbildung sei.

3.

Mit Beschluß vom 24. Januar 1985 hat das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften um die Klärung folgender Frage gebeten:

„Geben die Freizügigkeitsregeln des europäischen Rechts [Artikel 48 EWG-Vertrag, Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 (ABl. L 257, S. 2, Berichtigung: ABl. L 295, S. 12, mit späterer Änderung)] dem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats das Recht, in einem anderen Mitgliedstaat unter gleichen Voraussetzungen wie ein Inländer zum staatlichen Vorbereitungsdienst für ein Lehramt zugelassen zu werden, auch wenn dieser Vorbereitungsdienst nach nationalem Recht im Beamtenverhältnis (hier im Beamtenverhältnis auf Widerruf im Sinne des deutschen Beamtenrechts) abzuleisten und mit der selbständigen Erteilung von Unterricht verbunden ist und wenn die Berufung in das Beamtenverhältnis nach nationalem Recht grundsätzlich die inländische Staatsangehörigkeit voraussetzt?“

In der Begründung seines Vorabentscheidungsersuchens hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst darauf hingewiesen, daß die Klägerin nach deutschem Recht über keinen Anspruch auf Einstellung in den Vorbereitungsdienst verfüge. Ein Anspruch könne sich allenfalls aus dem Europäischen Gemeinschaftsrecht ergeben. Allerdings sei dies nicht der Fall.

Das Bundesverwaltungsgericht äußert Bedenken gegen die Annahme, der gemeinschaftsrechtliche Begriff der Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 48 Absätze 1 bis 3 EWG-Vertrag und von Artikel 1 der Verordnung Nr. 1612/68 ( 1 ) bezöge sich auch auf die Beschäftigung in Rechtsverhältnissen wie dem deutschen Beamtenverhältnis. Das Bundesverwaltungsgericht räumt ein, daß der genannte Begriff nicht durch Verweisung auf die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten definiert werden dürfe. Dies schließe jedoch nicht aus, aus dem bei Abschluß des EWG-Vertrags in den Mitgliedstaaten bestehenden Rechtszustand Hinweise für die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Begriffe zu entnehmen. Jedenfalls verstehe das deutsche innerstaatliche Recht unter Arbeitnehmern Personen, deren Rechtsverhältnis zu dem sie Beschäftigenden (Arbeitgeber) dem privaten Recht angehöre. Personen, deren Rechtsverhältnis zu der sie beschäftigenden juristischen Person des öffentlichen Rechts (Dienstherr) dem öffentlichen Recht angehöre, insbesondere Beamte, Richter und Soldaten, würden nicht von diesem Begriff erfaßt. Dies gelte um so mehr, als die grundsätzliche Einbeziehung der Beamten sowie gegebenenfalls der Richter und Soldaten einen erheblich weiter gehenden Eingriff in die bestehende innerstaatliche Rechtsordnung bedeutet hätte als die Regelung der Freizügigkeit für privatrechtliche Arbeitnehmer. Das Arbeitsverhältnis der letzteren habe als beiderseitige Hauptpflicht den wirtschaftlichen Austausch von Arbeitsleistungen und Vergütungen zum Inhalt. Demgegenüber habe das Beamtenverhältnis nicht nur wirtschaftliche, sondern vor allem staatspolitische Bedeutung, die insbesondere durch grundsätzlich weiter gehende Loyalitätspflichten gekennzeichnet sei.

Es könne offenbleiben, ob der Begriff „Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis“ in Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1612/68 bei isolierter Betrachtung darauf hindeuten könne, daß der die Verordnung erlassende Rat von einer Geltung der Freizügigkeit für alle unselbständig Erwerbstätigen ausgegangen sei. Die Vorschrift setze nämlich die Abgrenzung der unter die Freizügigkeitsregeln fallenden Tätigkeiten durch Artikel 48 EWG-Vertrag voraus.

Zweifel an der Anwendbarkeit des Artikels 48 EWG-Vertrag auf den streitigen Vorbereitungsdienst ergäben sich ferner daraus, daß es sich bei ihm nicht bereits um eine entgeltliche Berufstätigkeit, sondern um den letzten Abschnitt der Berufsausbildung handle. Zweck des Vorbereitungsdienstes sei nicht die Deckung des Bedarfs des Dienstherrn an Unterrichtsleistungen, sondern die Ausbildung des Studienreferendars. Dieser solle mit der Theorie und Praxis der Erziehung und des Unterrichts so vertraut gemacht werden, daß er zu selbständiger und erfolgreicher Arbeit im Lehramt an Gymna^ sien fähig sei. Auch die zuerst unter Anleitung, später selbständig erfolgende Erteilung von Unterricht sei diesem Zweck untergeordnet. Die Anwärterbezüge seien nicht, wie die Dienstbezüge anderer Beamten, die deren umfassender Dienstleistungspflicht gegenüberstehende amtsgemäße Alimentation, sondern sie dienten der Sicherung des Ausbildungszwecks.

Sollte der streitige Vorbereitungsdienst gleichwohl unter Artikel 48 Absätze 1 bis 3 EWG-Vertrag fallen, so müßte der Vorbehalt des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag eingreifen.

Erforderlich sei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, daß „die betreffenden Stellen typisch für die spezifischen Tätigkeiten der öffentlichen Verwaltung insoweit sind, als diese mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und mit der Verantwortung für die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates betraut ist“. Dies sei dahin zu verstehen, daß die einzelne betreffende Stelle nicht beide genannten Merkmale aufweisen, sondern entweder mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse oder mit Verantwortung für die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates verbunden sein müsse. Für eine Auslegung dahin, daß nicht einmal alle mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbundenen Stellen unter den Vorbehalt fielen, seien den Entscheidungen des Gerichtshofes keine Gründe zu entnehmen. Demgemäß habe der Gerichtshof in dem zitierten Satz die beiden Merkmale nicht auf die „betreffenden Stellen“ bezogen, sondern sie zur Kennzeichnung des gesamten Bereichs der spezifischen Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung verwendet.

Die Berufung in ein Beamtenverhältnis sei nach innerstaatlichem Recht nur zulässig zur Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Aufgaben oder solcher Aufgaben, die aus Gründen der Sicherung des Staates oder des öffentlichen Lebens nicht ausschließlich Personen übertragen werden dürften, die in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stünden.

Stellen, die zur Besetzung in einem Beamtenverhältnis angeboten würden, erschienen schon im Hinblick auf diese gesetzlichen Voraussetzungen sowie auf die mit dem Beamtenverhältnis verbundenen Rechte und Pflichten typisch für die spezifischen Tätigkeiten der öffentlichen Verwaltung in dem vom Europäischen Gerichtshof geforderten Sinne.

Auch unabhängig von der Art der angebotenen Beschäftigungsverhältnisse sei die Tätigkeit eines Lehrers an öffentlichen Schulen als Ausübung hoheitlicher Befugnisse gestaltet. Für die Anwendung des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag sei nach Gemeinschaftsrecht zu bestimmen, welche Formen staatlichen Handelns als Ausübung hoheitlicher Befugnisse anzusehen seien. Hingegen entscheide der Mitgliedstaat, welche Aufgaben er in einer derartigen Form des Handelns wahrnehme, welche Aufgaben er in nicht hierunter fallenden Formen staatlichen Handelns wahrnehme oder welche Aufgaben er Privaten überlasse.

Nach dem innerstaatlichen Schulrecht trete der Staat durch die öffentliche Institution Schule und die für sie handelnden Personen dem Schüler als Träger hoheitlicher Gewalt gegenüber. Dies zeige sich unter anderem darin, daß die Entscheidungen über Versetzungen, über förmliche Ordnungsmaßnahmen, aber auch z. B. über eine umstrittene Unterrichtsgestaltung durch das hoheitliche Mittel des Verwaltungsakts ergingen. Einzelmaßnahmen, wie z. B. die laufende Bewertung von Schülerleistungen während des Schuljahres, gingen als Bestandteile in diese Verwaltungsakte ein. Studienreferendare nähmen zunächst unter Anleitung, dann auch selbständig an der hoheitlichen Tätigkeit teil, die u. a. derartige Verwaltungsakte vorbereite.

Zugleich wahre die Tätigkeit eines Lehrers an öffentlichen Schulen allgemeine Belange des Staates. Das hier maßgebende nationale Recht messe dem Schulwesen einen hohen Rang als grundsätzlich öffentliche Aufgabe bei. Nach Artikel 7 Absatz 1 des Grundgesetzes stehe das gesamte Schulwesen unter dér Aufsicht des Staates.

4.

In seiner Antwort auf einige vom Gerichtshof gestellte Fragen hat das im Ausgangsverfahren beklagte Land mitgeteilt, in Baden-Württemberg im Schuljahr 1984/85 seien 18248 Beamte, 651 nichtbeamtete Lehrer im öffentlichen Dienst, 1269 Referendare sowie 1894 Lehrer an Privatschulen als Lehrkräfte an Gymnasien tätig gewesen.

Grundsätzlich würden an öffentlichen Schulen nur beamtete Lehrer eingesetzt, nur in besonderen Fällen werde auf nichtbeamtete Lehrkräfte zurückgegriffen. Die Ableistung des Vorbereitungsdienstes und die Ablegung der pädagogischen Prüfung seien für die Aufnahme der Lehrtätigkeit an Privatschulen rechtlich nicht erforderlich. Im Hinblick auf die bestehende Stellenknappheit in. öffentlichen Schulen und das Überangebot an vollausgebildeten Lehrkräften sei jedoch die Beschäftigung von Bewerbern mit Erster und Zweiter Staatsprüfung zur Zeit auch im Privatschuldienst üblich.

Das beklagte Land hat weiterhin Einzelheiten über die Zulassung zum Vorbereitungsdienst und zur Zweiten Staatsprüfung, wie sie in den anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland für Studien- bzw. Rechtsreferendare vorgesehen sind, vorgetragen. Daraus ergibt sich, daß in einigen Bundesländern der Zugang von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten zum Vorbereitungsdienst und zur Prüfung für das Lehramt möglich ist.

Nichtdeutsche Angehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften könnten in allen Bundesländern zum juristischem Vorbereitungsdienst zugelassen werden, wobei deren Anstellung teils privatrechtlich, teils in einem öffentlich-rechtlichen, jedoch nichtbeamteten Praktikantenverhältnis erfolge. Dies ergebe sich teilweise aus geschriebenen Rechtsvorschriften, teilweise aus der Praxis der verschiedenen Bundesländer, mit der die Konsequenzen aus den Urteilen des Gerichtshofes vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74 ( 2 ) und vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74 ( 3 ) gezogen werden sollten.

5.

Zu dem Vorabentscheidungsersuchen haben sich die Parteien des Ausgangsverfahrens, die Kommission der Europäischen Gemeinschaften sowie — in der mündlichen Verhandlung — die Regierung des Vereinigten Königreichs geäußert. Die Klägerin und die Kommission sind der Ansicht, daß die Vorlagefrage zu bejahen sei, während das beklagte Land in Anlehnung an die Begründung des Vorabentscheidungsersuchens gegenteiliger Auffassung ist. Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat sich vor allem bemüht, eine Abgrenzung zwischen einem reinen Ausbildungsverhältnis und einem auf einem ausgewogenen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung beruhenden Arbeitsverhältnis herauszuarbeiten.

Auf die Einzelheiten des Parteivortrages werde ich im Rahmen meiner Stellungnahme eingehen.

Β —I.

Zunächst erscheint es mir erforderlich, den staatlichen Vorbereitungsdienst für ein Lehramt näher darzustellen und auf einige Merkmale des deutschen Schulwesens hinzuweisen. Dabei geht es nicht um die Auslegung nationalen Rechts — dazu wäre der Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren auch nicht befugt —, es geht vielmehr um die Darstellung eines Sachverhaltselements, welches in der vorgelegten Frage zwar angesprochen, jedoch nicht umfassend beschrieben ist.

1.

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Lehrerausbildung im wesentlichen Ländersache. Diese Ausbildung umfaßt ein Universitätsstudium, das mit der Ersten Staatsprüfung abschließt, und einen Vorbereitungsdienst, auf den die pädagogische Prüfung für das Lehramt folgt.

In Baden-Württemberg war während der Dauer des Ausgangsverfahrens der Vorbereitungsdienst zunächst in der Verordnung des Ministeriums für Kultus und Sport über den Vorbereitungsdienst und die Pädagogische Prüfung für das Lehramt an Gymnasien vom 14. Juni 1976 geregelt. Diese Verordnung wurde durch die Verordnung desselben Ministeriums über den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an Gymnasien vom 31. August 1984 ersetzt.

Nach § 1 der letztgenannten Verordnung soll der Studienreferendar in die Tätigkeit des Erziehens und Unterrichtens eingeführt und so vorbereitet werden, daß er seinen Erziehungs- und Bildungsauftrag als Lehrer am Gymnasium verantwortlich und erfolgreich wahrnehmen kann (§ 1).

Der Vorbereitungsdienst ist in zwei jeweils einjährige Ausbildungsabschnitte gegliedert. Der erste Ausbildungsabschnitt dient der Einführung des Studienreferendars in die Erziehungs- und Unterrichtstätigkeit. Er umfaßt die Ausbildung am Seminar und an der Schule, d. h. einem öffentlichen, oder, falls das zuständige Ministerium dies genehmigt, einem privaten Gymnasium. Während dieses Abschnitts hat der Studienreferendar wöchentlich acht bis zehn Unterrichtsstunden zu besuchen und dabei zunehmend unter Anleitung zu unterrichten (begleiteter Ausbildungsunterricht).

Der zweite Ausbildungsabschnitt dient der weiteren Entwicklung der Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Erziehungs- und Unterrichtstätigkeit an der Schule. Während dieser Zeit hat der Studienreferendar in seinen Ausbiidungsfächern acht bis neun Wochenstunden selbständig zu unterrichten. Er hat außerdem in verschiedenen Klassen und Stufen begleiteten Ausbildungsunterricht zu erteilen.

Selbständiger Unterricht und begleiteter Ausbildungsunterricht sollten zusammen nicht mehr als elf Wochenstunden betragen (§§ 11 und 13).

Der zum Vorbereitungsdienst zugelassene Bewerber wird vom Oberschulamt unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Studienreferendar ernannt. Zum Vorbereitungsdienst wird nur zugelassen, wer die persönlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllt. Eine dieser Voraussetzungen ist nach § 6 Absatz 1 des Landesbeamtengesetzes für Baden-Württemberg die deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes. Nach § 6 Absatz 3 kann das Innenministerium bei einem dringenden dienstlichen Bedürfnis Ausnahmen zulassen.

Während des Vorbereitungsdienstes erhält der Studienreferendar gemäß § 59 des Bundesbesoldungsgesetzes Anwärterbezüge, die nach den Dienstbezügen bemessen sind, die er nach Beendigung des Vorbereitungsdienstes in einem Amt des öffentlichen Dienstes erhalten würde. Diese belaufen sich zur Zeit für Anwärter, die nach dem 31. Dezember 1983 eingestellt worden sind, auf etwa 39 % der Dienstbezüge eines Studienrats der Besoldungsgruppe A 13 Dienstaltersstufe 1 ( 4 ). Für die genannten Anwärterbezüge haben die Studienreferendare Lohn- bzw. Einkommenssteuer für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu entrichten.

Der Vorbereitungsdienst endet mit der Zweiten Staatsprüfung, mit deren Bestehen der Studienreferendar die Befähigung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an Gymnasien erwirbt (§ 25).

Nach Beendigung des Beamtenverhältnisses werden nicht in den Staatsdienst übernommene Referendare gemäß § 1232 der Reichsversicherungsordnung bzw. § 9 des Angestelltenversicherungsgesetzes in der Rentenversicherung für Arbeiter bzw. Angestellte nachversichert.

2.

Zur Organisation des Schulwesens in der Bundesrepublik Deutschland ist zunächst auf Artikel 7 des Grundgesetzes hinzuweisen, der in Absatz 1 folgendes bestimmt:

„Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.“

Absatz 4 Satz 1 enthält folgende Bestimmung:

„Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen.“

Der Staat trägt somit die Verantwortung für das gesamte Schulwesen, ein staatliches Schulmonopol besteht jedoch nicht. Vielmehr gewährleistet das Grundgesetz jedermann das Grundrecht, Privatschulen zu errichten, und es besteht ein Anspruch auf Genehmigung des Betriebs einer Privatschule unter den Voraussetzungen von Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes ( 5 ). Dementsprechend ist das Schulwesen in Baden-Württemberg auch in zwei verschiedenen Gesetzen geregelt: dem Schulgesetz für Baden-Württemberg in der Fassung vom 1. August 1983, welches für die öffentlichen Schulen gilt, und dem Gesetz für die Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulgesetz) in der Fassung vom 19. Juli 1979.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, daß gemäß § 38 Absatz 1 des Schulgesetzes die Lehrer an den öffentlichen Schulen im Dienst des Landes stehen. Dabei ist nicht festgelegt, in welchem Dienstverhältnis die Lehrer zum Lande stehen müssen. Das Beamtenverhältnis ist jedenfalls nicht zwingend vorgesehen.

II.

In meinen folgenden Ausführungen werde ich mich zunächst mit der Formulierung des Vorabentscheidungsersuchens befassen, danach mit der Frage, ob Personen, die sich in einer Lage wie die deutschen Studienreferendare befinden, als Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 48 EWG-Vertrag anzusehen sind und, falls dies zu bejahen sein sollte, ob auf diese Arbeitskräfte der Vorbehalt der öffentlichen Verwaltung im Sinne von Artikel 48 Absatz 4 EWG-Vertag anzuwenden ist.

1.

Nach Auffassung der Regierung des Vereinigten Königreichs ist die Vorabentscheidungsfrage zu weit gefaßt. Die Fragestellung setze voraus, daß eine einheitliche Antwort für alle Personen gegeben werden könne, die studierten oder sich in einer praktischen Ausbildung befänden mit dem Ziel, Lehrer zu werden. Eine derartig einheitliche Antwort sei nicht möglich, da die Organisation, die Finanzierung, die Struktur und die Dauer der pädagogischen Ausbildung von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat höchst unterschiedlich ausgestaltet seien.

2.

Diese Auffassung scheint mir auf einem Mißverständnis zu beruhen. Der Regierung des Vereinigten Königreichs ist einzuräumen, daß die Formulierung des Vorabentscheidungsersuchens, insbesondere in seiner englischen Übersetzung ( 6 ), die von „trainee teachers“ spricht, den Eindruck erwecken kann, umfassender gestellt zu sein, als sie wirklich gemeint ist.

Betrachtet man die Formulierung des Vorabentscheidungsersuchens jedoch im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens, so wird klar, daß nicht jedes denkbare Ausbildungsverhältnis eines künftigen Lehrers gemeint ist, sondern lediglich die konkrete Rechtsbeziehung, in der der Studienreferendar in Deutschland, insbesondere in Baden-Württemberg, steht.

Wenn somit das Vorabentscheidungsersuchen auf die oben näher gekennzeichneten Rechtsverhältnisse eines Studienreferendars bezogen ist, besteht kein Anlaß, die vom Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Frage einzugrenzen. Bei der Formulierung der Antwort hingegen wird zu berücksichtigen sein, daß der Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren nicht den konkreten Fall zu entscheiden hat, sondern dem vorlegenden Gericht Auslegungskriterien vermitteln muß, damit dieses selbst im Ausgangsverfahren entscheiden kann.

III.

Es ist zunächst zu prüfen, ob Studienreferendare in den Anwendungsbereich des Artikels 48 EWG-Vertrag fallen. Dies wurde einmal mit dem Argument bestritten, Studienreferendare stünden nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern eher in einem Ausbildungsverhältnis. Des weiteren wurde angeführt, der in Artikel 48 EWG-Vertrag enthaltene Begriff des Arbeitnehmers umfasse nicht den Begriff des Beamten.

1.

a)

Nach Auffassung des beklagten Landes handelt es sich bei dem Vorbereitungsdienst nicht um eine Berufstätigkeit, sondern um den letzten Abschnitt der Berufsausbildung. Auch die Anwärterbezüge, die der Studienreferendar erhalte, seien kein Entgelt für die Dienstleistung, sondern dienten der Sicherung der Ausbildung.

Nach dem Vortrag der Klägerin des Ausgangsverfahrens dient der Vorbereitungsdienst auf das Lehramt an Gymnasien dem einzelnen Referendar zumindest in gleicher Weise zur Sicherung seines Lebensunterhalts wie zur Vorbereitung auf die Zweite Staatsprüfung. Ein Lehramtskandidat erhalte nicht nur einen geringen Zuschuß zu seinen Lebenshaltungskosten, sondern durch Bundesgesetz festgelegte Anwärterbezüge. Er bekomme darüber hinaus auch Sonderzuwendungen, Urlaubsgeld und vermögenswirksame Leistungen. Referendare im Vorbereitungsdienst würden gegen ein erhebliches, leistungsgerechtes Entgelt tätig.

Auch nach Auffassung der Kommission ist dem Studienreferendar die Arbeitnehmereigenschaft nicht abzusprechen, und zwar auch dann nicht, wenn der Hauptzweck der Vorbereitungszeit die Ausbildung und nicht die Erbringung von Arbeitsleistungen sei. Der Einstieg in den Beruf sei stets mit einer Ausbildungsphase verbunden. Wegen der engen Verknüpfung von beruflicher Ausbildung und Berufsausübung habe das Gemeinschaftsrecht die berufliche Ausbildung in den Bereich der Freizügigkeit aufgenommen.

b)

Wie ich zu Beginn meiner Stellungnahme (unter Β Absatz I Punkt 1) dargelegt habe, ist der Vorbereitungsdienst eines Studienreferendars wie ein Arbeitsverhältnis ausgestaltet. Der Studienreferendar hat eine bestimmte Zahl von Unterrichtsstunden zu erteilen, er erhält Anwärterbezüge und unterliegt auch im übrigen den Bestimmungen des Arbeitsrechts bzw. des öffentlichen Dienstrechts, des Steuer- und des Sozialrechts.

Wenn auch zu Beginn der Referendarstätigkeit noch kein ausgewogenes Verhältnis zwischen Dienstleistung und Bezügen bestehen dürfte, so ist doch davon auszugehen, daß das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Laufe der Ausbildungszeit ausgeglichener wird. Soll nämlich der Studienreferendar in die Tätigkeit des Erziehens und Unterrichtens eingeführt und so vorbereitet werden, daß er seinen Erzie-hungs- und Bildungsauftrag als Lehrer am Gymnasium verantwortlich und erfolgreich wahrnehmen kann, so ist anzunehmen, daß bei einem erfolgreich abgelaufenen Vorbereitungsdienst der Studienreferendar wenigstens am Ende dieses Dienstes eine zwar zeitlich begrenzte, inhaltlich aber vollwertige Unterrichtsleistung erbringen muß.

Berücksichtigt man weiter, daß der Studienreferendar in der zweiten Ausbildungsphase in einem recht beachtlichen Umfang selbständig Unterricht zu erteilen hat, die Anwärterbezüge des Studienreferendars jedoch unter 39 % der Dienstbezüge eines Studienrats liegen, so kann jedenfalls für diesen Zeitabschnitt durchaus von einem ausgewogenen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ausgegangen werden.

Der Auffassung, den Studienreferendar als Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 48 EWG-Vertrag anzusehen, steht auch nicht das Ziel des Vorbereitungsdienstes entgegen, dem Studienreferendar innerhalb einer praktischen Tätigkeit Wissen und Erfahrung für eine spätere umfassende Berufstätigkeit zu vermitteln. Die Kommission hať zu Recht darauf hingewiesen, daß der Einstieg in einen Beruf stets.mit einer anfänglichen Lernphase verbunden ist, innerhalb deren der praktische Wert der erbrachten Leistung in aller Regel den vollen beruflichen Anforderungen noch nicht entspricht. Mit dem Beginn des Vorbereitungsdienstes ist der geprüfte Lehramtskandidat nicht mehr Student. Sein Vorbereitungsdienst erscheint als erste Phase des Eintritts in das Berufs- bzw. Wirtschaftsleben.

Es ist somit folgendes festzuhalten: Nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des vorlegenden Gerichts wird der Studienreferendar wie ein Arbeitnehmer behandelt. Das Rechtsverhältnis zu seinem Dienstherrn weist einige der typischen Merkmale eines Arbeitsverhältnisses auf. Wird der Studienreferendar nicht als Studienrat in den Staatsdienst übernommen, wird er sozialrechtlich wie ein Arbeitnehmer behandelt.

Am Rande sei noch darauf hingewiesen, daß der Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. Oktober 1984 in der Rechtssache 188/83 ( 7 ) die in mancher Hinsicht mit der Tätigkeit eines Studienreferendars vergleichbare Tätigkeit eines Rechtsreferendars als „berufliche Tätigkeit“ gekennzeichnet hat — im Gegensatz zur Auffassung des Generalanwalts ( 8 ), der die Ansicht vertreten hatte, der Rechtsreferendar übe noch keinen Beruf aus.

Ich sehe somit keinen Anlaß, eine derartige Person nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Artikels 48 EWG-Vertrag anzusehen. Jedenfalls reicht der Umstand, daß diesem Arbeitnehmer während seines Beschäftigungsverhältnisses Wissen und Erfahrung für eine spätere umfassendere Tätigkeit vermittelt werden, nicht aus, ihm die Arbeitnehmereigenschaft abzusprechen.

2.

a)

Das beklagte Land hat sich die Auffassung des vorlegenden Gerichts zu eigen gemacht, der gemeinschaftsrechtliche Begriff der Arbeitnehmer umfasse nicht den Begriff des Beamten, der in einem besonderen Loyalitätsverhältnis zu seinem Dienstherrn stehe.

Nach Auffassung der Klägerin des Ausgangsverfahrens schließt der gemeinschaftsrechtliche Begriff des Arbeitnehmers nicht von vornherein die im öffentlichen Dienst Beschäftigten aus. Auch die entgeltliche Beschäftigung bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts falle grundsätzlich unter den Begriff der Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis im Sinne von Artikel 1 der Verordnung Nr. 1612/68. Wolle man die Beamten grundsätzlich vom Anwendungsbereich des Artikels 48 EWG-Vertrag ausschließen, so wäre der Vorbehalt des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag gegenstandslos.

Auch die Kommission weist darauf hin, daß Artikel 48 Absatz 4 EWG-Vertrag überflüssig wäre, wenn Artikel 48 lediglich auf Betätigungen im Sinne eines zu einer wirtschaftlichen Organisationseinheit bestehenden Anstellungsverhältnisses anwendbar wäre. Der Rechtsprechung des Gerichtshofes lasse sich entnehmen, daß die Art des Rechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und der Verwaltung unerheblich sei.

Jede Argumentation, die auf einer durch nationale Rechtsvorschriften getroffenen Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnissen beruhe, sei unhaltbar. Dadurch würde die Tragweite eines fundamentalen Rechtsbegriffs des Gemeinschaftsrechts durch Rückgriff auf Rechtsbegriffe der nationalen Gesetzgebung eingeschränkt.

Die Regierung des Vereinigten Königreichs vertritt ebenfalls die Auffassung, wenn ein Beschäftigungsverhältnis festgestellt sei, komme es nicht darauf an, ob dieses Verhältnis nach nationalem Recht unter das Zivilrecht, das Arbeitsrecht, das Recht des öffentlichen Dienstes oder irgendein anderes Rechtsgebiet falle.

b)

Der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofes läßt sich entnehmen, daß die rechtliche Ausgestaltung des Dienstverhältnisses für die Frage der Anwendbarkeit des Artikels 48 EWG-Vertrag ohne Bedeutung ist. Bereits mit seinem Urteil vom 12. Februar 1974 in der Rechtssache 152/73 ( 9 ) hat der Gerichtshof eine Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnissen als Abgrenzungskriterium verworfen und ausgeführt, ob ein Arbeitnehmer als Arbeiter, Angestellter oder Beamter beschäftigt werde oder ob sein Beschäftigungsverhältnis öffentlichem oder privatem Recht unterliege, sei ohne Bedeutung.

Diese Ausführung des Gerichtshofes ist gerade deswegen als eine der zentralen Stellen des genannten Urteils anzusehen, weil das vorlegende Gericht — das Bundesarbeitsgericht — dargelegt hatte, seiner Auffassung nach sei unter einer Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung im Sinne des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag nur die Tätigkeit von Beamten, nicht die von Arbeitern und Angestellten zu verstehen.

Verdeutlicht hat der Gerichtshof diese Auffassung in seinem Urteil vom 17. Dezember 1980 in der Rechtssache 149/79 ( 10 ). In diesem Urteil ist der Gerichtshof ausdrücklich der von der belgischen und der französischen Regierung geäußerten Ansicht entgegengetreten, die Ausnahmebestimmung des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag müsse jedenfalls dann eingreifen, wenn die Einstellung der betreffenden Bediensteten auf beamtenrechtlicher Grundlage erfolge.

Es ist zwar einzuräumen, daß die beiden zitierten Feststellungen des Gerichtshofes im Zusammenhang mit der Problematik des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag, also der Ausnahmeregelung für den öffentlichen Dienst, gefallen sind. Dennoch lassen sich diese Ausführungen auf die Anwendbarkeit des Artikels 48 EWG-Vertrag insgesamt übertragen. Ihnen liegt nämlich der Gedanke zugrunde, daß Artikel 48 EWG-Vertrag für alle Arbeitnehmer gilt, d. h. also für alle Personen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis weisungsgebunden für einen anderen eine Tätigkeit verrichten. Wäre der Kreis der in einem besonderen Loyalitätsverhältnis zu dem Dienstherrn stehenden Beamten grundsätzlich von der Anwendbarkeit des Artikels 48 EWG-Vertrag ausgeschlossen, so wäre es überflüssig gewesen, die Frage des beamtenrechtlichen Dienstverhältnisses im Rahmen der Ausnahmeregelung des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag überhaupt nur zu prüfen.

Für diese Auffassung des Gerichtshofes sprechen auch gute Gründe. Würde man nämlich bereits aus der rein formalen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses Schlüsse auf die Anwendbarkeit des Diskriminierungsverbots des Artikels 48 EWG-Vertrag ziehen können, so würde die Bestimmung des Anwendungsbereichs des Artikels 48 weitgehend nationalen Stellen überlassen bleiben, die ja über die Ausgestaltung der Arbeits- und Dienstverhältnisse ihrer Mitarbeiter befinden können. Dies hätte unter Umständen zur Folge, daß eine beträchtliche Zahl von Stellen der Anwendung der Grundsätze des Vertrages entzogen und je nach den Unterschieden in der jeweiligen Organisation des Staates und bestimmter Bereiche des Wirtschaftslebens Ungleichheiten zwischen Mitgliedstaaten geschaffen würden. Gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit könnten die Mitgliedstaaten dann der Versuchung ausgesetzt sein, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen einen beachtlichen Teil der verfügbaren Arbeitsstellen ihren eigenen Staatsangehörigen vorzubehalten. Es liegt auf der Hand, daß ein solches Ergebnis der Zielsetzung des Gemeinschaftsrechts widerspricht, das gleichmäßige Geltung in allen Mitgliedstaaten beansprucht und dessen Ziel die Errichtung eines gemeinsamen Marktes ist (Artikel 2). Zur Errichtung des Gemeinsamen Marktes gehört auch die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Artikel 3 Buchstabe c), die durch eine derartige Auslegung eingeschränkt oder jedenfalls einschränkbar gemacht würde.

Diesem Ergebnis steht auch nicht der Hinweis des vorlegenden Gerichts auf den Rechtszustand entgegen, der beim Abschluß des EWG-Vertrags in den Mitgliedstaaten bestanden haben soll. Wenn dieser Rechtszustand auch einen Ausgangspunkt für die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Begriffe darstellen kann, so kann er jedenfalls nicht den alleinigen Maßstab für diese Auslegung abgeben. Zusätzlich zu berücksichtigen ist die inzwischen eingetretene Entwicklung des Gemeinschaftsrechts, wie sie sich aus der Gesetzgebungstätigkeit der Organe und der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt ( 11 ).

Im Ergebnis bin ich somit der Auffassung, daß unter den Begriff des Arbeitnehmers jeder unselbständig Erwerbstätige fällt. Diesem Begriff steht lediglich der der selbständig Tätigen gegenüber, deren Tätigkeiten in den Kapiteln des EWG-Vertrags über das Niederlassungsrecht und die Dienstleistungen geregelt sind.

Soweit besondere Bestimmungen für die öffentliche Verwaltung und insbesondere für die Beamten zu treffen sind, sind diese im Rahmen der Ausnahmeregelung des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag zu prüfen.

Abschließend erscheint mir hier noch ein Hinweis angebracht, was unter der Teilnahme am Wirtschaftsleben zu verstehen ist, da eines der Instanzgerichte des Ausgangsverfahrens die Auffassung vertreten hatte, das öffentliche Schulwesen sei Teil der Bildungspolitik und nicht des Wirtschaftslebens. Dies ist zwar insoweit richtig, als die Bildungspolitik nicht zum Marktgeschehen gehört. Davon jedoch zu unterscheiden ist die Tätigkeit des Arbeitnehmers, der gegen Entgelt Dienste verrichtet. Unabhängig davon, ob Dienstherr bzw. Arbeitgeber am Wirtschaftsleben teilnehmen, für den Arbeitnehmer stellt sich die Verwertung seiner Arbeitskraft sicherlich als Teil des Wirtschaftslebens dar, und schließlich nur darauf kommt es im vorliegenden Fall an. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, daß auch Beamte vom Anwendungsbereich des Artikels 48 EWG-Vertrag erfaßt werden.

3.

In einem weiteren Abschnitt ist nun zu prüfen, ob die Tätigkeit eines Studienreferendars unter die Ausnahmeregelung des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag fällt, wonach die Freizügigkeit der Arbeitnehmer keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung findet.

a)

Das im Ausgangsverfahren beklagte Land trägt vor, wenn der pädagogische Vorbereitungsdienst überhaupt unter Artikel 48 Absätze 1 bis 3 EWG-Vertrag falle, müsse der Vorbehalt des Artikels 48 Absatz 4 eingreifen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes beziehe sich der Vorbehalt des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag auf Beschäftigungen, die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und mit der Verantwortung für die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates verbunden seien. Der Gerichtshof habe dabei nicht verlangt, daß die einzelne Stelle beide Merkmale aufweise, sondern sie nur zur Kennzeichnung des gesamten Bereichs der spezifischen Tätigkeiten der öffentlichen Verwaltung verwendet. Der Vorbehalt decke alle Stellen, die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse zusammenhingen. Eine Reihe von Maßnahmen des täglichen Schullebens, wie Versetzungen, förmliche Ordnungsmaßnahmen, Maßnahmen der Unterrichtsgestaltung, aber auch Einzelmaßnahmen gegenüber dem Schüler, stellten Verwaltungsakte dar, und Studienreferendare nähmen an dieser hoheitlichen Tätigkeit teil. Zugleich wahre die Tätigkeit eines Lehrers an öffentlichen Schulen allgemeine Belange des Staates.

Die. Klägerin des Ausgangsverfahrens knüpft ebenfalls an die Rechtsprechung des Gerichtshofes an, vertritt jedoch die Auffassung, die allgemeinbildenden Schulen fielen nicht unter den Vorbehalt der öffentlichen Verwaltung. Zwar könnten unter den Vorbehalt des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag die Schlagkraft der Armee oder die Funktionsfähigkeit der Polizei fallen, nicht aber der schlichte Unterricht an den allgemeinbildenden Schulen, der nicht von hoheitlichen Eingriffen geprägt sei. Im übrigen seien die Tätigkeit, die Zuständigkeiten und die Verantwortlichkeiten von Studienreferendaren nicht allgemein mit jenen von vollbeamteten Lehrern zu vergleichen.

Nach Auffassung der Kommission muß die Ausnahme des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag eng ausgelegt werden. Für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung müsse nicht nur nachgewiesen werden, daß die betreffende Stelle die Ausübung öffentlichrechtlicher Funktionen erfordere, sondern auch, daß sie notwendigerweise die Ausübung hoheitlicher Befugnisse bedinge. Die in der Rechtsprechung aufgeführten Kriterien — Ausübung hoheitlicher Befugnisse und Wahrung der allgemeinèn Belange des Staates — müßten kumulativ vorliegen. Unter die Ausnahmeregelung fielen nur höhere Stellen im Schulwesen, die mit der Befugnis zur Entscheidung über die Versetzung des Schülers in die nächsthöhere Klasse oder die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ausgestattet seien. Die Benotung der Schüler, die Aufstellung eines Lehrplanes oder die alltägliche Aufrechterhaltung der Ordnung, die es im übrigen auch in Privatschulen gebe, erfordere keine Ausübung staatlicher Gewalt. Wenn dies schon für die Ausübung des Lehrerberufs im allgemeinen gelte, so sei es schwierig, sich von Studienreferendaren vorzustellen, daß diese jemals in eine Situation geraten könnten, die notwendigerweise die Ausübung von Staatsgewalt durch sie selbst erfordern würde.

Es verstoße schließlich gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, den gesamten Bereich der staatlichen Lehrtätigkeit den,eigenen Staatsangehörigen vorzubehalten, nur weil einige höherrangige Posten die Ausübung hoheitlicher Befugnisse mit sich brächten.

b)

In seinem bereits mehrfach angesprochenen Urteil vom 17. Dezember 1980 in der Rechtssache 149/79 hat der Gerichtshof zu Artikel 48 Absatz 4 EWG-Vertrag u. a. folgendes ausgeführt:

„Diese Bestimmung nimmt diejenigen Stellen vom Anwendungsbereich der ersten drei Absätze dieses Artikels aus, die eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung solcher Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind. Die Beschäftigung auf derartigen Stellen setzt nämlich ein Verhältnis besonderer Verbundenheit des jeweiligen Stelleninhabers zum Staat sowie die Gegenseitigkeit von Rechten und Pflichten voraus, die dem Staatsangehörigkeitsband zugrunde liegen.

...

Diese Vorschrift trägt zwar dem berechtigten Interesse der Mitgliedstaaten Rechnung, ihren eigenen Staatsangehörigen diejenigen Stellen vorzubehalten, die einen Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und der Wahrung allgemeiner Belange aufweisen; es muß jedoch zugleich verhindert werden, daß die praktische Wirksamkeit und die Tragweite der Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und über die Gleichbehandlung der Angehörigen aller Mitgliedstaaten durch Auslegungen des Begriffs der öffentlichen Verwaltung begrenzt werden, die allein aus dem nationalen Recht gewonnen werden und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts vereiteln würden“ ( 12 ).

Aus diesen Ausführungen des Gerichtshofes ergibt sich in der Tat eine weitgehende Einengung der Ausnahmevorschrift des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag. Die Ausnahme gilt nicht für den gesamten Bereich der öffentlichen Verwaltung, sondern lediglich für einzelne hervorgehobene Posten, die mit der Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse betraut sind und gleichzeitig die Wahrnehmung solcher Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates gerichtet sind. Diese Posten sind dadurch gekennzeichnet, daß sie ein Verhältnis besonderer Verbundenheit des jeweiligen Stelleninhabers zum Staat voraussetzen.

Zu dieser grundsätzlichen Auffassung ist der Gerichtshof in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat gelangt, der in diesem Verfahren von drei weiteren Mitgliedstaaten, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und dem Vereinigten Königreich, unterstützt worden war. Die beteiligten Mitglied-Staaten hatten in jenem Verfahren ausführlich die Argumente vorgetragen, die ihrer Auffassung nach für eine weite Auslegung des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag sprächen. Der Gerichtshof ist diesen Argumenten jedoch nicht gefolgt, sondern hat in voller Kenntnis dieser Argumente gegenteilig entschieden, sich also für eine enge Auslegung der Ausnahmeregelung des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag ausgesprochen.

In dem hier vorliegenden Verfahren sind keine neuen Argumente vorgetragen worden, die nicht schon im Verfahren in der Rechtssache 149/79 angesprochen gewesen wären. Ich sehe somit keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, sondern schlage dem Gerichtshof vielmehr vor, diese Rechtsprechung zu bestätigen, wie dies auch Generalanwalt Mancini in seinen Schlußanträgen vom 15. April 1986 in der Rechtssache 307/84 ( 13 ) vorgeschlagen hat.

Angezeigt wäre es allenfalls, die in dem Urteil vom 17. Dezember 1980 enthaltenen Ausführungen des Gerichtshofes für das hier vorliegende Vorabentscheidungsverfahren zu konkretisieren.

In diesem Zusammenhang ist zunächst festzustellen, daß unter den Vorbehalt des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag nicht jede Tätigkeit fallen kann, die irgendwie mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbunden ist. Es muß sich vielmehr um die Ausübung hoheitlicher Befugnisse handeln, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates gerichtet sind. Auf das Schulwesen übertragen könnten darunter Tätigkeiten fallen, die etwa mit der grundlegenden pädagogischen Orientierung des Unterrichts oder dessen allgemeiner Ausgestaltung zu tun haben. Weiter könnte hier an die Aufstellung der Grundsätze für die Notengebung und die Erteilung von Zeugnissen zu denken sein.

Nicht unter eine enge Auslegung des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag fallen jedoch meiner Ansicht nach die einzelnen Maßnahmen eines Lehrers im schulischen Alltag, auch wenn diese nach nationalem Recht als hoheitliches Handeln bzw. als Verwaltungsakte angesehen werden sollten. Ich denke dabei insbesondere an die generelle Erteilung des Unterrichts, die Aufrechterhaltung der Disziplin, die Erteilung von Einzelnoten oder die Verhängung von einzelnen Disziplinarmaßnahmen.

Diese Maßnahmen mögen nach nationaler Rechtsauffassung durchaus als Ausübung hoheitlicher Befugnisse angesehen werden. Sie stellen jedoch keine Tätigkeiten dar, die unter die Ausnahmeregelung des Artikels 48 Absatz 4 EWG-Vertrag fallen können. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß diese Tätigkeiten nicht den Kern der Lehrtätigkeit ausmachen, sondern allenfalls Begleitmaßnahmen zum Unterricht darstellen, denen neben der eigentlichen pädagogischen Tätigkeit des Lehrers bzw. des Studienreferendars nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Bereits wegen dieser bisweilen anfallenden Tätigkeiten den Zugang von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten zum Vorbereitungsdienst auszuschließen, dies ließe sich nicht mehr mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbaren.

Ich will die Auflistung von Beispielen jedoch nicht weiter vertiefen, da es im Vorabentscheidungšverfahren nicht Aufgabe des Gerichtshofes ist, eine ins einzelne gehende Entscheidung zu treffen, sondern dem vorlegenden Gericht Hinweise für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben. Die konkrete Anwendung des Gemeinschaftsrechts bleibt nämlich dem nationalen Gericht vorbehalten.

IV.

Abschließend soll noch auf einige Gesichtspunkte eingegangen werden, die von den Beteiligten des Verfahrens vorgetragen worden waren, die jedoch keiner endgültigen Stellungnahme bedürfen.

1.

a)

Insbesondere von der Klägerin des Ausgangsverfahrens und der Kommission wurde darauf hingewiesen, daß im Gegensatz zu der Rechtslage bei den Studienreferendaren in der Bundesrepublik Deutschland Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften der Zugang zum juristischen Vorbereitungsdienst offenstehe. Da ein Rechtsreferendar zumindest in dem gleichen Ausmaß wie ein Studienreferendar hoheitliche Maßnahmen wahrnehme, verstoße es gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, bei Studienreferendaren den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit als Voraussetzung zur Zulassung zum Vorbereitungsdienst zu verlangen.

b)

Diese Ausführungen werden sicherlich von Bedeutung sein für die nationalen Gerichte, wenn sie den Anspruch der Klägerin des Ausgangsverfahrens auf Zulassung zum pädagogischen Vorbereitungsdienst erneut prüfen: einmal unter dem Gesichtspunkt des nationalen allgemeinen Gleichheitssatzes und zum anderen bei der Prüfung der Frage, inwieweit der gemeinschaftsrechtliche Vorbehalt für die öffentliche Verwaltung im Sinne von Artikel 48 Absatz 4 EWG-Vertrag eingreifen kann. Insoweit wird das nationale Gericht den von den Gesetz- und Verordnungsgebern der Bundesländer getroffenen Regelungen Anhaltspunkte dafür entnehmen können, inwieweit es bereits nach nationaler Rechtsauffassung unbedenklich erscheint, auch Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten die Ausübung hoheitlicher Befugnisse zu übertragen. Erst danach wird das nationale Gericht prüfen müssen, ob nach Gemeinschaftsrecht eine weiter gehende Zulassung des genannten Personenkreises zu dem pädagogischen Vorbereitungsdienst geboten ist.

Auf diesen Punkt jedoch beschränkt sich die vergleichsweise Heranziehung der Regelung über den juristischen Vorbereitungsdienst. Gemeinschaftsrechtlich gesehen steht nämlich die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst in einem anderen rechtlichen Zusammenhang.

Wie einem von dem beklagten Bundesland vorgelegten Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 20. August 1975 zu entnehmen ist, wurden entsprechende Regeln in das deutsche Recht aufgenommen, um den Urteilen vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74 und vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74 im innerstaatlichen Bereich Wirksamkeit zu verschaffen.

Da nach § 4 der Bundesrechtsanwaltsordnung die Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 des deutschen Richtergesetzes Voraussetzung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist, muß den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten, unter den gleichen Bedingungen wie deutschen Staatsangehörigen, die Möglichkeit eingeräumt werden, diese Befähigung bzw. Zulassung zu erhalten. Dies setzte zwangsläufig die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst voraus, da ohne diesen — von der einstufigen Juristenausbildung einmal abgesehen — die Befähigung zum Richteramt auf andere Weise nicht erlangt werden kann. Die Befähigung zum Richteramt ist jedoch zwingende Voraussetzung für die Ausübung des freien Berufs des Rechtsanwalts, sei es im Rahmen der Niederlassungs-, sei es im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit.

Anders verhält es sich mit der Zweiten Staatsprüfung für Studienreferendare. Mit dem Bestehen der Prüfung erwirbt der Studienreferendar die Befähigung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an Gymnasien. Das Bestehen der Prüfung ist lediglich Voraussetzung für die Einstellung als Studienassessor bzw. später als Studienrat im staatlichen Schuldienst. Für die Aufnahme in den privaten Schuldienst ist das Bestehen dieser Prüfung nicht vorgeschrieben, ebensowenig wie für die Aufnahme der Tätigkeit eines Privatlehrers oder die Gründung einer Privatschule.

Rechtlich gesehen ist somit die Befähigung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an Gymnasien keine zwingende Voraussetzung für Angehörige anderer Mitgliedstaaten, ihre gemeinschaftsrechtlich verbürgte Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit wahrzunehmen.

Ob sich schließlich die Freizügigkeit der Arbeitnehmer auf die allgemeine Tätigkeit als Lehrer im öffentlichen Schulwesen der Mitgliedstaaten erstreckt, ist nicht Gegenstand des hier vorliegenden Verfahrens.

2.

Die Frage, ob die Lehrerausbildung im pädagogischen Vorbereitungsdienst Berufsausbildung im Sinne des EWG-Vertrags ist ( 14 ), braucht und sollte in diesem Verfahren nicht entschieden werden. Für das hier vorliegende Verfahren ist eine solche Entscheidung nicht erforderlich, da eine ausreichende Antwort sich schon aus den oben angeführten Gründen ergibt.

Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht eine derart weitreichende Frage auch nicht gestellt, und ihre Relevanz war der Formulierung des Vorabentscheidungsersuchens nicht direkt zu entnehmen.

Von den Mitgliedstaaten hat lediglich das Vereinigte Königreich auf den möglichen Zusammenhang mit dem Problem der Berufsausbildung hingewiesen, dabei jedoch gleichzeitig die erforderliche Abgrenzung zwischen Arbeitsverhältnis und Ausbildung betont.

Wäre die Problematik, ob eine sich an eine wissenschaftliche Ausbildung anschließende praktische Einübung in einen akademischen Beruf als Berufsausbildung im Sinne des EWG-Vertrags anzusehen sei, dem Vorabentscheidungsersuchen zweifelsfrei zu entnehmen gewesen, so wäre es nicht auszuschließen, daß sich auch andere Mitgliedstaaten zu dieser Frage geäußert hätten. Angesichts der weitreichenden und nicht vollständig überschaubaren Folgen, die eine Äußerung des Gerichtshofes zur Frage der Berufsausbildung in diesem Zusammenhang nach sich ziehen könnte, halte ich es gerade im Hinblick auf die in Artikel 20 der Satzung des Gerichtshofes auch den Mitgliedstaaten eingeräumten Beteiligungsrechte nicht für vertretbar, auf diese Problematik im Rahmen des hier vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens einzugehen.

C —

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die ihm vom Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Frage wie folgt zu antworten:

„Artikel 48 EWG-Vertrag ist dahin auszulegen, daß in seinen Anwendungsbereich auch ein Beschäftigungsverhältnis fällt, dessen Zweck nicht allein im Austausch von Arbeitsleistung und Entgelt besteht, welches jedoch in der Form eines Arbeitsverhältnisses ausgestaltet ist und zumindest teilweise Elemente eines Arbeitsverhältnisses aufweist.

Im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht ist es nicht entscheidend, in welcher nationalen Rechtsform dieses Beschäftigungsverhältnis begründet wurde. Insbesondere ist es ohne Bedeutung, ob es sich um ein Beamtenverhältnis handelt.

Die Ausnahmeregelung für die öffentliche Verwaltung im Sinne von Artikel 48 Absatz 4 EWG-Vertrag nimmt nur diejenigen Stellen vom Anwendungsbereich der ersten drei Absätze des Artikels 48 aus, die eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und gleichzeitig an der Wahrnehmung solcher Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates gerichtet sind.“


( 1 ) Verordnung Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (ABL 1968, L 257, S. 2).

( 2 ) Urteil vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74, Jean Reyners/Belgischer Staat, Slg. 1974, 631.

( 3 ) Urteil vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74, Johannes Henricus Maria van Binsbergcn/Bestuur van de Bedrijfsvereniging voor de Metaalnijverheid, Slg. 1974, 1299.

( 4 ) Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß wegen der Festsetzung des Besoldungsdienstaiters gemäß § 28 des Bundesbesoldungsgesetzes ein Studienrat bei seiner ersten Einstellung im Regelfall in einer höheren Dienstaltersstufe als der Dienstaltersstufe 1 eingestellt wird. Dies hat zur Folge, daß der angegebene Prozentsatz noch etwas stärker zu kürzen ist.

( 5 ) Siehe Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 14. November 1969, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Band 27, S. 195,201.

( 6 ) ABl. 1985, C 99, S. 7.

( 7 ) Urteil vom 9. Oktober 1984 in der Rechtssache 188/83, Hermann Witte/Europaisches Parlament, Slg. 1984, 3465.

( 8 ) A. a. O., 3481.

( 9 ) Urteil vom 12. Februar 1974 in der Rechtssache 152/73, Giovanni Maria Sotgiu/Deutsche Bundespost, Slg. 1974, 153.

( 10 ) Urteil vom 17. Dezember 1980 in der Rechtssache 149/79, Kommission/Königreich Belgien, Slg. 1980, 3881.

( 11 ) In der deutschen Rechtsprechung ist dies zumindest vom Bundesverfassungsgericht anerkannt. Siehe den Beschluß vom 23. Juni 1981, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Band 58, S. 1, 36, und Urteil vom 18. Dezember 1984, Entscheidungen, Band 68, S. 1, 98 ff.

( 12 ) A. a. O., Randnrn. 10 und 19.

( 13 ) Schlußantrage des Gencralanwalts Mancini vom 15. April 1986 in der Rechtssache 307/84, Kommission/Französische Republik, Slg. 1986, 1726.

( 14 ) Siehe die Urteile des Gerichtshofes vom 13. Juli 1983 in der Rechtssache 152/82, Sandro Forchen u. a./Belgischer Staat u. a., Slg. 1983, 2323, und vom 13. Februar 1985 in der Rechtssache 293/83, Gravier/Stadt Lüttich, Slg. 1985, 593.