SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

G. FEDERICO MANCINI

vom 17. März 1987 ( *1 )

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1. 

Mit zwei Klagen, die im Juni 1984 in das Register der Kanzlei eingetragen worden sind, beantragen die British-American Tobacco Company Ltd (im folgenden: BAT) und die Reynolds Industries Incorporated (im folgenden: Firma Reynolds) die Aufhebung der Handlung vom 22. März 1984, mit der die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Beschwerden zurückgewiesen hat, die sie gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 vom 6. Februar 1962 (ABl. vom 21.2.1962, S. 204) gegen die Vereinbarungen zwischen der Philip Morris Incorporated (im folgenden: Firma Morris) und der Rembrandt Group Ltd (im folgenden: Firma Rembrandt) eingelegt hatten. Diese Vereinbarungen verstoßen nach Ansicht der Kommission nicht gegen die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag.

Hintergrund der Rechtssache ist der Zigarettenmarkt der Gemeinschaft, auf dem sich die genannten Unternehmen unter oligopolistischen Verhältnissen betätigen. Der Sachverhalt reicht in den April 1981 zurück: Nach Ablehnung der Angebote der BAT und der Firma Reynolds veräußerte die Firma Rembrandt für 350 Mio USD die Hälfte des Aktienkapitals einer ihrer Gesellschaften, der Rothmans Tobacco (Holding) Ltd (im folgenden: Firma Rothmans Holdings), die ihrerseits die Aktienmehrheit in der Rothmans International plc (im folgenden: Firma Rothmans International) innehatte. Der Vertrag sah auch vor, daß die Leitung des letztgenannten Unternehmens — das eine führende Stellung in einem beträchtlichen Teil des europäischen Marktes innehat — gemeinsam erfolgen sollte.

Aber die Zufriedenheit der vertragschließenden Parteien war von kurzer Dauer. Am 4. Mai 1981 zeigte die Firma Reynolds nämlich ihre Vereinbarung den Beamten der Direktion „Wettbewerb“ an. Sie machte geltend, die Firma Morris sei dank ihrer 50%igen Beteiligung an der Firma Rothmans Holdings nunmehr in der Lage, das Verhalten der Firma Rothmans, ihrer unmittelbaren, wehrhaften Konkurrentin, merklich zu beeinflussen. Es lägen somit Verstöße gegen Artikel 85 Absatz 1 (Kartelle) und gegen Artikel 86 (mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung) vor.

So entstand die „Zigarettensache“, die sich einige Monate später durch die parallele Beschwerde der BAT (20. Januar 1982) noch ausweitete. Die Kommission nahm sich mit Tatkraft ihrer an, indem sie den Firmen Rembrandt und Morris, die die Vereinbarung in der Hoffnung angemeldet hatten, eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 erwirken zu können, eine förmliche Mitteilung der Beschwerdepunkte zusandte, in der sie ihnen vorwarf, die im Vertrag niedergelegten Verbote nicht zu beachten. Die beiden Unternehmen setzten zu einer Verteidigung an, erkannten aber rasch, daß sie, um einer Beanstandung zu entgehen, die Struktur ihrer „Partnerschaft“ grundlegend verändern müßten.

Nun folgten komplizierte Verhandlungen, die 1983 zum Abschluß kamen. Wenn auch zähneknirschend erklärte sich die Firma Morris bereit, ihre Beteiligung an der Firma Rothmans Holdings zurückzuveräußern und stau dessen, aber mit einem Stimmrechtsanteil von 24,9 %, direkte Aktionärin der Firma Rothmans zu werden. Die Firma Rembrandt dagegen wurde wieder Alleininhaberin der Finanzierungsgesellschaft und erlangte so wieder eine vom Einfluß der Firma Morris befreite Kontrolle über die Firma Rothmans International. Die früheren Kooperationsbindungen wurden aufgehoben, während einige schon in der Vereinbarung von 1981 enthaltene Klauseln, die sich auf den Zugang Dritter zum Kapital der Firma Rothmans International bezogen, verstärkt wurden. Die Kommission setzte gegenüber den Parteien ferner durch, daß sie sich verpflichteten, einander Konkurrenz zu machen und sie unverzüglich über jeden Schritt zu unterrichten, durch die der Status quo verändert werden könnte. Letztlich blieb von der drei Jahre zuvor geschlossenen Vereinbarung lediglich die Preisabsprache unverändert.

Die so geschaffene Ordnung schien der Kommission wirksamen Formen der Kontrolle zugänglich und jedenfalls mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar zu sein. Am 16. Dezember 1983 teilte sie daher der BAT und der Firma Reynolds den wesentlichen Inhalt der neuen Vereinbarungen sowie die Gründe mit, die sie zur Einstellung der durch ihre Beschwerden ausgelösten Verfahren bewogen hatten; zugleich setzte sie ihnen eine Frist für eventuelle Bemerkungen gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vom 25. Juli 1963 (ABl. vom 20.8.1963, S. 2268).

Die beiden Unternehmen nahmen fristgemäß Stellung. Das Kartell habe, so trugen sie vor, seine Form, nicht aber seinen Inhalt verändert. Es müsse daher beanstandet werden. Die Kommission ließ sich jedoch nicht von ihrer Auffassung abbringen und teilte der BAT und der Firma Reynolds am 22. März 1984 — dem Tag nach der Unterzeichnung der neuen Vereinbarung zwischen den Firmen Rembrandt und Morris — mit, daß sie ihre Beschwerden zurückgewiesen habe. Dies löste die Klagen aus, über die Sie nunmehr zu entscheiden haben.

2. 

Mit Beschlüssen vom 26. September und vom 28. November 1984 hat der Gerichtshof die beiden Rechtssachen (142/84, BAT, und 156/84, Reynolds) wegen ihres Zusammenhangs verbunden und die Firmen Morris und Rembrandt als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

Die Firma Rembrandt hat vorab unter Berufung auf Ihre Rechtsprechung über die subjektiven und objektiven Voraussetzungen der Klageerhebung die Unzulässigkeit der beiden Klagen geltend gemacht. Sie trägt insbesondere vor, wer sich mit einem Antrag auf Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln an die Kommission wende, habe keinen „Anspruch auf eine abschließende Entscheidung über das Verfahren ..., das die Kommission auf [seinen] Antrag hin eingeleitet“ habe (Urteil vom 18. Oktober 1979 in der Rechtssache 125/78, GEMA/Kommission, Slg. 1979, 3173, Randnr. 18). Dies bedeute nicht, daß das gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 den Beschwerdeführern zugesandte Schreiben über die Einstellung des Verfahrens nicht mit einer Klage nach Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag angefochten werden könne; dies setze jedoch voraus, daß die betreffende Handlung „verbindliche Rechtswirkungen erzeuge [...], welche die Interessen des Klägers durch einen Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen“ (Urteil vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9).

Dies sei zwar, trägt die Firma Rembrandt weiter vor, nicht die einzige Regel, die der Gerichtshof auf diesem Gebiet aufgestellt habe. So habe er etwa in einer Entscheidung über eine Freistellungserklärung ausgeführt, daß es „im Interesse eines sachgerechten Rechtsschutzes und einer ordnungsgemäßen Anwendung der Artikel 85 und 86“ liege, daß die Beschwerdeführer bei völliger oder teilweiser Ablehnung ihres Antrags „über eine Klagemöglichkeit zum Schutz ihrer berechtigten Interessen verfügen“, und zwar deshalb, weil sie zwar im Verhältnis zu jener Handlung Dritte seien, aber die Voraussetzungen des Artikels 173 Absatz 2 letzter Teil erfüllten (Urteil vom 25. Oktober 1977 in der Rechtssache 26/76, Metro/Kommission, Slg. 1977, 1875, Randnr. 13). Jemand könnte vielleicht, trägt das Unternehmen weiter vor, die beiden Entscheidungen als einander widersprechend ansehen. In Wirklichkeit ergänzten sich aber die mit ihnen aufgestellten Grundsätze. Um die Einstellung des Verfahrens anfechten zu können, müsse der Beschwerdeführer nämlich dartun, daß ihn diese Maßnahme, obwohl sie keine Entscheidung darstelle, insofern „unmittelbar und individuell“ betreffe (Urteil Metro), als sie seine besonderen Interessen verletze (Urteil IBM).

Die BAT und die Firma Reynolds hätten aber nicht konkret nachgewiesen, daß eine solche Verletzung ihrer Interessen vorliege, während feststehe, daß mit dem Schreiben vom 22. März 1984 die „Zigarettensache“ durch Bestätigung der Rechtmäßigkeit eines ausschließlich die Firmen Rembrandt und Morris betreffenden Kartells habe abgeschlossen werden sollen. Die Klägerinnen hätten somit keine Klagebefugnis; hierfür spreche auch das Urteil vom 10. Juni 1982 in der Rechtssache 246/81 (Lord Bethell/Kommission, Slg. 1982, 2277), durch das eine Klage in einem Fall für unzulässig erklärt worden sei, der dem vorliegenden Fall in mancherlei Hinsicht entspreche.

Der Prüfung des eben zusammengefaßten Vorbringens ist zunächst eine vielleicht etwas schroffe, aber dennoch gebotene und, wie die Engländer sagen würden, „sobering“ Bemerkung vorauszuschicken. Zum Thema Klagen nach Artikel 173 Absatz 2 haben der Gerichtshof und die Lehre schon, wie man so sagt, Ströme von Tinte fließen lassen; es ist ihnen jedoch nicht gelungen, eindeutige, systematisch geordnete und leicht verständliche Regeln aufzustellen. In einer der schwierigsten Fragen des Gemeinschaftsrechts fehlt es daher an der unerläßlichen Klarheit; gerade der vorliegende Fall ist ein beredtes Zeugnis für die Schwierigkeiten, die aus dieser Situation erwachsen.

Die Vorschrift teilt bekanntlich die zur Klageerhebung befugten Personen in zwei Gruppen ein: die Adressaten einer Maßnahme eines Gemeinschaftsorgans und Personen, die dies nicht sind und daher die Eignung der Maßnahme, sie „unmittelbar und individuell“ zu betreffen, dartun müssen. Die BAT und die Firma Reynolds — deren Klagen ein „Entscheidungsschreiben“ zum Gegenstand haben, mit dem die Kommission sie über die Einstellung des durch ihre jeweilige Beschwerde ausgelösten Verfahrens unterrichtete — gehören offensichtlich zur ersten Gruppe. Dem könnte jedoch entgegengehalten werden, daß das Schreiben die Erkenntnis zum Ausdruck bringt oder widerspiegelt, daß die neuen Vereinbarungen zwischen den Firmen Rembrandt und Morris rechtmäßig sind, und daß es so gesehen die Klägerinnen nicht unmittelbar betrifft. Man würde so von der ersten Gruppe zur zweiten übergehen, für die weitaus kompliziertere, jedenfalls aber andere Grundsätze gelten.

Welches Vorgehen ist zu wählen? Meines Erachtens führt kein Weg aus dem Dilemma heraus, solange man darauf beharrt, aus Ihrer Rechtsprechung verbindliche Hinweise abzuleiten. Statt dessen ist zu prüfen, welche genaue Stellung die Klägerinnen im Verhältnis zu der angefochtenen Handlung und den sie tragenden Vorschriften innehaben. Der Zweck der letzteren, insbesondere der Artikel 85 und 86, ist bekannt: Sie sollen gewährleisten, daß sich der Handelsverkehr zwischen den Unternehmen und im Verhältnis zu den Verbrauchern im Gemeinsamen Markt in lauterer Weise abspielt. In diesem Rahmen räumt die erste Verordnung zu ihrer Durchführung (die Verordnung Nr. 17/62) den „Personen ..., die ein berechtigtes Interesse darlegen“ (Man beachte indessen: Dieses Interesse geht über die Sphäre des Beschwerdeführers hinaus und fällt mit den Interessen der Rechtsordnung zusammen), die Befugnis ein, bei der Kommission die Feststellung der eventuellen Verletzung der Kartellbestimmungen anzuregen und so auf die Verwirklichung des genannten Ziels hinzuwirken.

Die Erfüllung einer solchen Aufgabe impliziert jedoch, daß die Kommission a) ein bestimmtes technisches Ermessen hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der Eröffnung einer Untersuchung und der Prüfung der Voraussetzungen für die Anwendung der im Vertrag niedergelegten Verbote verfügt und b) dieses Ermessen rechtmäßig ausübt, d. h. unter Beachtung der Zwecke, die es rechtfertigen, und der Grundsätze, denen es unterliegt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, den Privatpersonen ein Instrument — nämlich die Klage — in die Hand zu geben, das den Gerichtshof zwingt, zu überpüfen, ob das Überwachungsorgan, an das sie sich gewandt haben, den ihm unterbreiteten Sachverhalt unter Berücksichtigung der Ziele und anhand der Kriterien beurteilt hat, die gesetzlich vorgesehen sind.

So gesehen scheint mir die Position desjenigen, der die Einstellung des durch seine Beschwerde ausgelösten Verfahrens anficht, keine andere als die Stellung desjenigen zu sein, der Klage gegen ein Negativattest oder gegen eine Freistellungserklärung erhebt, also gegen Maßnahmen, die ihn formell nicht betreffen, aber — und das ist entscheidend — dennoch in der Sache die Ablehnung seines Antrags enthalten. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, daß sich der Gerichtshof im ersten Fall lediglich zu den Begriffen „Berechtigung zur Klageerhebung“ oder „Klageinteresse“ geäußert hat (so bei- spielsweise Urteil vom 4. Oktober 1983 in der Rechtssache 191/82, Fediol/Kommission, Slg. 1983, 2913, Randnrn. 28 bis 31, und, weniger deutlich, Urteile vom 11. Oktober 1983 in der Rechtssache 210/81, Demo-Studio Schmidt/Kommission, Slg. 1983, 3045, Randnr. 12, und vom 28. März 1985 in der Rechtssache 298/83, CICCE/Kommission, Slg. 1985, 1105, Randnr. 18). Im zweiten Fall hat der Gerichtshof sich jedoch immer die Frage gestellt, ob die angefochtene Handlung den Beschwerdeführer unmittelbar und individuell betraf (siehe Urteile vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84, Cofaz u. a./Kommission, Slg. 1986, 391, Randnrn. 22 ff., und vom 22. Oktober 1986 in der Rechtssache 75/84, Metro/Kommission, Slg. 1986, 3021, Randnrn. 19 ff.).

Wenn wir diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall anwenden wollten, so müßten wir zu dem Ergebnis kommen, daß die Klägerinnen allein deshalb, weil sie eine Beschwerde nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 17 eingelegt haben, auch zur Anfechtung der Zurückweisung dieser Beschwerde berechtigt sind. Wäre den Firmen Rembrandt und Morris dagegen ein Negativattest erteilt oder eine Freistellung bewilligt worden, so könnten die Klägerinnen, auch wenn sie eine analoge Beschwerde eingereicht hätten, diese Handlungen nur anfechten, wenn sie die Voraussetzungen des Artikels 173 Absatz 2 letzter Teil erfüllten. Eine solche Unterscheidung halte ich indessen nicht für gerechtfertigt. Ich vermag nicht zu erkennen, weshalb das Vorliegen einer Beschwerde ausreichen sollte, eine Befugnis zur Klageerhebung gegen die ablehnende Entscheidung der Verwaltung zu begründen; ich glaube auch nicht, daß insoweit die mehr oder weniger aktive Rolle des Unternehmens im Vorverfahren von ausschlaggebender Bedeutung sein kann (entgegen dem Urteil vom 20. März 1985 in der Rechtssache 264/82, Timex/Rat und Kommission, Slg. 1985, 849, Randnr. 14 f.).

Ich möchte jedoch noch weiter gehen. Meiner Ansicht nach besteht zwischen der Situation, die die Privatperson zur Einlegung der Beschwerde veranlaßt (berechtigtes Interesse) und derjenigen, die zur Einstellung des Verfahrens führt (Klageinteresse), nicht immer die im ersten Metro-Urteil behauptete Übereinstimmung. Ein Beispiel: Herr van Dijk, ein Tabakwarenhändler, wendet sich an die Kommission mit einer Beschwerde gegen eine Erhöhung der Zigarettenpreise, die er auf wettbewerbswidrige Machenschaften einiger Hersteller zurückführt. Ohne Einleitung einer Untersuchung stellt die Kommission fest, daß die Preiserhöhung auf die Einführung neuer Steuern zurückzuführen ist, und lehnt es daher ab, dem Unternehmen ein mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbares Verhalten vorzuwerfen. Soll Herr van Dijk nun gegen diese Antwort Klage erheben können? Meines Erachtens soll er dies gerade nicht können, es sei denn — aber dies ist praktisch unmöglich —, daß er vorab dartun kann, daß er durch das Unterbleiben einer Maßnahme zur Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen in seinen grundlegenden Interessen verletzt worden ist.

Wie auch immer, ein Klageinteresse ist stets erforderlich. Dies bedeutet nicht — und darin liegt der Irrtum der Firma Rembrandt —, daß die Umstände, aufgrund deren das Verfahren eingestellt wird, den Kläger unmittelbar und individuell betreffen müssen; vielmehr reicht bereits die eingereichte Beschwerde aus, um aus ihm einen mit Sicherheit feststehenden Adressaten der Maßnahme zu machen. Um ein Klageinteresse zu besitzen, muß er jedoch darlegen, daß sich die Wirkungen der Maßnahme möglicherweise (also nicht, wie es im IBM-Urteil verlangt wird, konkret) auf seine Rechtssphäre erstrecken. Beschwerdeführer nach Artikel 3 sind mit anderen Worten nur dann befugt, Klage gegen die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung der Beschwerde zu erheben, wenn sie geltend machen, daß ihnen diese Maßnahme, soweit sich dies vernünftigerweise vorhersehen läßt, einen Nachteil bringen wird.

Gerade so verhält es sich im vorliegenden Fall. Es steht nämlich fest, daß die neuen Vereinbarungen zwischen den Firmen Rembrandt und Morris sich zumindest teilweise auf den Zigarettenmarkt der Gemeinschaft ausgewirkt haben. Auf diesem Markt haben aber die BAT und die Firma Reynolds eine wichtige Stellung inne, ja sie sind sogar die bedeutendsten Konkurrentinnen der Firma Morris und der indirekt von der Firma Rembrandt kontrollierten Firma Rothmans International. Dies hat die beiden Unternehmen dazu veranlaßt, in ihrer jeweiligen Klageschrift zu erklären, daß die Zustimmung der Kommission ihnen geschadet habe; dies reicht bereits aus, um die Zulässigkeit ihrer Klage feststellen zu können.

3. 

Die Einrede der Firma Rembrandt ist somit unbegründet. Sie hat jedoch den Vorteil, auf ein noch nicht hinreichend untersuchtes Problem von beträchtlicher Bedeutung für die vorliegende Rechtssache hingewiesen zu haben, nämlich auf die Frage, welche Rechte die Beschwerdeführer und welche Pflichten die Kommission im Falle der Ablehnung des Antrags haben.

Ich möchte daran erinnern, daß der Rat bei Erlaß der Verordnung Nr. 17 beabsichtigte, a) „dritten Personen, deren Interessen durch eine Entscheidung betroffen werden können, vorher Gelegenheit zur Äußerung zu geben“, b) „eine weitgehende Veröffentlichung der... Entscheidungen sicherzustellen“ und c) „alle Entscheidungen, welche die Kommission in Anwendung dieser Verordnung erläßt, ... der Überwachung durch den Gerichtshof“ zu unterstellen (elfte und zwölfte Begründungserwägung; Hervorhebungen von mir). In der späteren Verordnung Nr. 99/63 wurde das erste dieser Ziele bestätigt und weiter präzisiert. In der fünften Begründungserwägung heißt es nämlich, den Beschwerdeführern sei „Gelegenheit zu geben, sich zu äußern, wenn die Kommission der Auffassung ist, daß die von ihr ermittelten Umstände es nicht rechtfertigen, dem Antrag stattzugeben“, und nach Artikel 6 „teilt“ die Kommission in diesem Fall „den Antragstellern die Gründe“, aufgrund deren sie zu dieser Auffassung gelangt ist, „mit und setzt ihnen eine Frist zur Mitteilung etwaiger schriftlicher Bemerkungen“.

Bei der erstmaligen Auslegung dieser Vorschrift (GEMA-Urteil, a. a. O.) hat der Gerichtshof ausgeführt, die dort vorgesehene Mitteilung diene ausschließlich der Unterrichtung. In dem Urteil wird ausgeführt: „Diese Mitteilung setzt [nämlich] die Einstellung des Verfahrens voraus, hindert die Kommission jedoch nicht, es wiederaufzunehmen, wenn sie dies für angebracht hält, insbesondere wenn der Antragsteller innerhalb der ihm... eingeräumten Frist neue tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte vorbringt. Der Auffassung..., das Stellen eines Antrags gemäß Artikel 3 Absatz 2 ... begründe einen Anspruch auf eine [abschließende] Entscheidung... über das Vorliegen der Zuwiderhandlung, kann somit nicht gefolgt werden.“ (Randnr. 17).

Ich möchte sogleich feststellen, daß auch diese Ausführungen mich verblüffen. Wie wir gesehen haben, wollte der Rat den Beteiligten die Gelegenheit einräumen, ihre Auffassung darzulegen, bevor die Kommission die Untersuchung abschließt. Die Mitteilung nach Artikel 6 kann somit nicht bloß den Zweck haben, den Beschwerdeführer über die Gründe für die bereits beschlossene Einstellung des Verfahrens zu unterrichten; vielmehr muß sie es ihm ermöglichen, „sich“ zu den Gründen „zu äußern“, aus denen die Kommission die Ablehnung des Antrags plant. Nur unter diesem Blickwinkel hat die Festsetzung einer Frist für die Antwort des Beschwerdeführers einen Sinn. Fristen werden gesetzt, wenn die Notwendigkeit besteht, rasch ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen; und die Erfahrung zeigt, daß die Wiederaufnahme einer soeben abgeschlossenen Untersuchung nicht dringend sein kann oder nur selten dringend ist.

Mehr noch. In einem Fall der vorliegenden Art genügt die Pflicht zur Mitteilung der Gründe meines Erachtens einem doppelten Interesse: Sie dient dem Adressaten als Grundlage für die Beurteilung der Richtigkeit der Würdigung der von ihm mit der Beschwerde vorgebrachten Tatsachen, und sie dient der Kommission dazu, anhand der ihr gegenüber vorgebrachten Bemerkungen festzustellen, ob die „von ihr ermittelten Umstände“ ausreichen, die Einstellung des Verfahrens zu rechtfertigen. Schränkt man den Umfang dieser Ziele ein, wie es mit dem GEMA-Urteil geschehen ist, so verliert Artikel 6 einen guten Teil seiner praktischen Wirksamkeit. Schließlich möchte ich noch feststellen, daß die Auffassung, der ich den Vorzug gebe, mit der Regelung des Artikels 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 für die anderen Fälle in Einklang steht, in denen das Überwachungsorgan glaubt, die Verbote der Artikel 85 und 86 nicht anwenden zu müssen.

Kommen wir zum konkreten Fall. Im Elften Bericht über die Wirtschaftspolitik (1981) hat die Kommission die Auffassung vertreten, daß die fragliche Mitteilung „keine Entscheidung im Sinne des Artikels 189 EWG-Vertrag dar[stellt] und ... daher nicht Gegenstand einer Klage sein [kann]“. Zwar sei die Beschwerde in einigen Fällen — so im Verfahren Demo-Studio Schmidt — durch förmliche Entscheidung zurückgewiesen worden. Diese Fälle seien aber von allgemeinem Interesse gewesen, weil sie neue Rechtsfragen aufgeworfen hätten; sie bedeuteten jedoch nicht die Anerkennung „eines... Rechts des einzelnen auf Einschreiten der Kommission“. In den vorliegenden Rechtssachen hat die Beklagte diese Grundsätze nachdrücklich bekräftigt und gestützt auf sie geltend gemacht, daß die Klagen insoweit unzulässig seien, als mit ihnen beantragt werde, sie durch eine entsprechende Anordnung zu zwingen, eine den Interessen der Klägerinnen konforme Entscheidung zu erlassen.

Diese Einrede ist gewiß begründet. Im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle kann der Gerichtshof nämlich niemandem Anordnungen erteilen. Vielmehr hat nach Artikel 176 EWG-Vertrag das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, „die sich aus dem Urteil... ergebenden Maßnahmen zu ergreifen“ (so Urteil vom 24. Juni 1986 in der Rechtssache 53/85, AKZO/Kommission, Slg. 1986, 1965, Randnr. 23). Dieser Feststellung ist jedoch sofort hinzuzufügen, daß die von der Kommission geltend gemachte Praxis zweifellos nicht korrekt ist, weil sie den Zielen der Kartellvorschriften zuwiderläuft und nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Diese Kennzeichnung ergibt sich eindeutig aus einer kurzen Untersuchung des Verfahrens, das die Kommission im vorliegenden Fall in Anlehnung an die Sache Demo-Studio Schmidt angewandt hat.

Die Kommission erklärt zunächst, sie habe das Entscheidungsschreiben vom 22. März 1984 nur versandt, weil die BAT und die Firma Reynolds sie darum ersucht hätten. Hieraus ist zu folgern, daß sie sich mangels einer Bitte der beiden Unternehmen auf die Mitteilung nach Artikel 6 beschränkt hätte. Es ist indessen unbestreitbar, daß die Angelegenheit der Vereinbarungen zwischen den Firmen Rembrandt und Morris, wie wir später noch besser sehen werden, neuartige Fragen aufwirft, die sicher von allgemeinem Interesse sind. Die Kommission teilt allerdings diese Ansicht nicht; in ihrer Klagebeantwortung (Nr. XIV, S. 25) hebt sie nämlich hervor, daß der Inhalt des angefochtenen Schreibens früheren Fallösungen nachgebildet sei. Aber, so könnte man erwidern, wenn es sich so verhält, warum wurde dann gegenüber der BAT und der Firma Reynolds so wie in der Sache Demo-Studio Schmidt vorgegangen?

Es liegt somit eine Reihe von Widersprüchen vor, die den Hintergrund eines zutiefst beunruhigenden Bildes abgeben. Seine wesentlichen Züge lassen sich leicht beschreiben: Die Modalitäten der Einstellung des Kartellverfahrens und die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle ihrer Korrektheit werden voll und ganz in das Ermessen des Überwachungsorgans gestellt. In einfachen Worten ausgedrückt: Diese Maßnahme ist anfechtbar oder nicht, je nachdem wie sie die Kommission bezeichnet. Sie ist es, wenn die Kommission das Zauberwort „Entscheidung“ benutzt, anderenfalls ist sie es nicht. Wir sind somit meilenweit entfernt vom Schutz Dritter und der „weitgehenden Veröffentlichung“, die sich der Rat laut der Begründung der von mir angeführten Verordnungen zum Ziel gesetzt hat.

Sehen wir demgegenüber, welche Regeln dem Bild zugrunde zu legen wären, damit diese Ziele nicht vereitelt werden. Der erste Grundsatz geht dahin, daß das Recht zur Klageerhebung, da es seinen Ursprung in den Zielen der Wettbewerbsregeln hat, nicht von der Form der Handlung abhängen darf, mit der die Beschwerde zurückgewiesen wird. Der zweite Grundsatz besagt, daß die Kommission, obwohl sie nicht zum Erlaß einer endgültigen Entscheidung über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung verpflichtet ist, die einmal eingeleitete Untersuchung nicht nach ihrem Gutdünken aussetzen kann. Vielmehr ergibt sich aus den angeführten Verordnungen (insbesondere aus Artikel 9 Absatz 3 und Artikel 19 der ersten sowie aus Artikel 6 der zweiten Verordnung), daß sie, wenn sie die Einstellung der Untersuchung plant, a) dem Beschwerdeführer die Gründe für diese Absicht mitzuteilen hat, b) ihm eine angemessene Frist für die Mitteilung seiner Bemerkungen setzen muß und c) zwar nicht über die Zuwiderhandlung, wohl aber den Antrag eine abschließende Entscheidung zu treffen hat.

Zum dritten Grundsatz. Ebenso wie das Negativattest bindet die Einstellung des Verfahrens die Kommission nur insoweit, als sich die Lage, aufgrund deren sie beschlossen wurde, nicht verändert; als an den Beschwerdeführer gerichtete Handlung entfaltet sie ferner Dritten gegenüber keine Wirkungen, außer daß sie die Befugnis der Mitgliedstaaten Wiederaufleben läßt, die Artikel 85 und 86 anzuwenden (Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17). Das Ergebnis, zu dem diese Feststellungen führen, liegt auf der Hand: Da eine endgültige Entscheidung über den Antrag die Rechtssicherheit in den Beziehungen zwischen den Beteiligten gewährleistet, kann der Beschwerdeführer das Klagerecht in Kenntnis der Antwort der Kommission auf seine Bemerkungen ausüben, und der Gerichtshof ist in der Lage, die dem Beschwerdeführer gegenüber erlassene Maßnahme umfassend und wirksam auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (in diesem Sinne das angeführte Urteil CICCE).

Abschließend meine ich auf der Grundlage der Ergebnisse, zu denen ich in den Abschnitten 2 und 3 gelangt bin, daß die Kommission verpflichtet war, die Beschwerden der BAT und der Firma Reynolds mit einer endgültigen Maßnahme zurückzuweisen, und daß die Klagen gegen die Entscheidung vom 22. März 1984 nur insoweit zulässig sind, als mit ihnen die Aufhebung dieser Maßnahme begehrt wird.

4. 

Zur Begründung ihrer Klagen bringen die BAT und die Firma Reynolds eine Unzahl von Argumenten vor. Sie lassen sich allerdings unschwer vier Hauptrügen zuordnen. Die Verteidigung der Kommission und die Bemerkungen der Streithelferinnen stimmen ihrerseits größtenteils überein, so daß ich sie fast stets in einem behandeln kann.

Die Klägerinnen bringen folgende Klagegründe vor:

1)

Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 und gegen Artikel 86 EWG-Vertrag unter dem Gesichtspunkt des offensichtlichen Irrtums, insofern die Kommission die Vereinbarungen von 1984 als mit diesen Vorschriften vereinbar angesehen und die von den Parteien der Vereinbarungen eingegangenen Verpflichtungen als ausreichend erachtet habe, um gegenwärtige oder künftige Zuwiderhandlungen gegen das Gemeinschaftsrecht auszuschließen;

2)

Verstoß gegen Artikel 190 wegen unzulänglicher Begründung der Entscheidung;

3)

Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sowie Verletzung wesentlicher Formvorschriften, da die von der Kommission durchgeführte Untersuchung keine faire und sachliche Prüfung der Beschwerden ermöglicht habe;

4)

Verletzung von Grundrechten, da die Entscheidung auf der Grundlage von Erwägungen erlassen worden sei, bezüglich deren die Klägerinnen keine Gelegenheit zur Äußerung gehabt hätten.

5. 

Wegen ihres Zusammenhangs mit dem in Abschnitt 3 behandelten Vorbringen werde ich die beiden letztgenannten Rügen zuerst behandeln. Zur vierten Rüge weisen die BAT und die Firma Reynolds darauf hin, daß „die Adressaten von Entscheidungen der öffentlichen Behörden, wenn ihre Interessen durch die Entscheidung spürbar berührt werden, Gelegenheit erhalten müssen, ihren Standpunkt gebührend darzulegen“ (Urteil vom 23. Oktober 1974 in der Rechtssache 17/74, Transocean Marine Paint Association/Kommission, Slg. 1974, 1063, Randnr. 15). Die Kommission habe ihnen aber einige in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in den Vereinbarungen von 1981 enthaltene Einzelheiten von beträchtlicher Bedeutung mit der Begründung nicht offengelegt, daß der Schutz der von den Firmen Morris und Rembrandt als solche bezeichneten Geschäftsgeheimnisse dies erfordere. Außerdem enthalte die Entscheidung Gründe, die im Schreiben vom 16. Dezember 1983 nicht erwähnt seien; zu ihnen hätten die Adressaten daher nicht Stellung nehmen können.

Kommen wir nun zu Treu und Glauben und zu den wesentlichen Formvorschriften. Die Kommission soll sie dadurch verletzt haben, daß sie die Einstellung des Verfahrens unter dem Einfluß von verfahrensfremden Gesichtspunkten nach Unterredungen mit Beauftragten der Firma Morris erlassen habe, über die es kein Protokoll gebe. Daraus erkläre sich unter anderem der überraschende Umschwung von der Strenge des Jahres 1981 zur Nachsichtigkeit des Jahres 1983. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerinnen beantragt haben, der Beklagten aufzugeben, a) den Wortlaut der Vereinbarungen von 1981, der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der von ihr zu Unrecht als dem Geschäftsgeheimnis unterliegend angesehenen Schriftstücke sowie b) alle Dokumente vorzulegen, aus denen sich die wahren Gründe ihrer Kehrtwendung ergäben.

Beide Klagegründe sind nicht stichhaltig. Der letzte wird durch den Beschluß vom 18. Juni 1986 widerlegt, mit dem der Gerichtshof die soeben erwähnten Anträge zurückgewiesen hat. Würde ihnen stattgegeben, so haben Sie ausgeführt, so stellte dies eine außerordentliche Beweiserhebung dar, die als solche nur angeordnet werden könnte, wenn die Begründung der Kommission Anlaß zu ernsthaften Zweifeln und zu dem Verdacht gäbe, daß ein Ermessensmißbrauch vorliegen könnte. Dies sei aber nicht der Fall, insbesondere sei die angebliche Kehrtwendung von 1983 voll durch die Rechtsprechung gerechtfertigt, wonach die Mitteilung der Beschwerdepunkte ein vorbereitender Akt sei und die Kommission die darin vorgenommene Beurteilung zu ändern habe, wenn die Darlegungen der beteiligten Unternehmen oder die an den beanstandeten Vereinbarungen vorgenommenen Änderungen dies rechtfertigten. Auch gebe der Umstand, so haben Sie weiter ausgeführt, daß die Kommission getrennte Sitzungen mit der Firma Morris abgehalten habe, keinen Anlaß zur Kritik. Derartige Begegnungen hätten nämlich auch mit den Beschwerdeführerinnen stattgefunden; davon abgesehen bestehe kein Anlaß zu dem Verdacht, daß sie aus versteckten oder dem Gemeinschaftsrecht fremden Gründen durchgeführt worden seien (Randnrn. 11 bis 17).

An diesen Erwägungen ist nichts auszusetzen und sie bedürfen keines Kommentars; das Problem, dessentwegen sie angestellt wurden, ermöglicht es mir jedoch, die Ausführungen, die ich in Abschnitt 3 zu den Rechten der Beteiligten im Vorverfahren gemacht habe, durch eine vielleicht nicht überflüssige Bemerkung zu ergänzen. Den Anträgen der BAT und der Firma Reynolds liegt nämlich die Überzeugung zugrunde, daß die Beschwerdeführer über dieselben Informationen und dieselben Garantien wie das die Untersuchung durchführende Organ einerseits und die beschuldigten Unternehmen andererseits verfügen müssen. Für diese Annahme gibt es jedoch überhaupt keine Grundlage. Schon in der Verordnung Nr. 17 hat der Verordnungsgeber zwischen Personen, gegen die sich die Untersuchung richtet, und dritten Beteiligten unterschieden; während erstere das „Recht“ haben, angehört zu werden, ist letzteren lediglich „Gelegenheit“ zur Äußerung zu geben (elfte Begründungserwägung). Diese unterschiedliche Rechtsstellung ist dann durch Artikel 19 und die Verfahrensvorschriften der späteren Verordnung Nr. 99/63 bekräftigt worden.

Ferner würde, folgte man der Auffassung der Klägerinnen, die Untersuchung in eine Art der direkten Konfrontation zwischen privaten Anklägern und Privatpersonen, die sich verteidigen, umgewandelt. Artikel 89 EWG-Vertrag sieht aber im Gegenteil dazu vor, daß nur die Kommission die Fälle untersucht, in denen Zuwiderhandlungen gegen die für den Wettbewerb geltenden Grundsätze vermutet werden. Herrin des Verfahrens ist somit die Kommission, und die Beschwerdeführer können lediglich mit ihr zusammenarbeiten. Das Gesetz gibt ihnen zwar einen Anspruch auf Unterrichtung über die Gründe, aus denen ihre Beschwerden zurückgewiesen worden sind; dieses Recht — das ihnen als Trägern eines mit dem der Rechtsordnung zusammenfallenden Interesses zusteht und sie von anderen Dritten unterscheidet, die die Kommission anhört — bildet auch die äußerste Grenze ihrer Beteiligung an der Untersuchung.

Noch einige kurze Worte zu dem Vorbringen zur Verletzung wesentlicher Formvorschriften. Daß die angefochtene Maßnahme in der Mitteilung nach Artikel 6 fehlende Angaben enthält, ist unerheblich, weil diese Punkte sich auf die im Antwortschreiben der BAT vorgebrachten Beanstandungen beziehen und eine Wiederholung der schon zuvor von der Kommission geltend gemachten Gründe darstellen. Damit ist bewiesen, daß die Kommission die wesentlichen Gründe für die Einstellung des Verfahrens dargelegt und daß der Adressat Gelegenheit zur Geltendmachung seines Standpunkts gehabt hat. Schließlich ist noch zu bemerken, daß sich die angeführte Passage aus dem Transocean-Urteil ausdrücklich auf dem beschuldigten Unternehmen gegenüber getroffene Maßnahmen bezieht. Sie untermauert somit keinesfalls die Auffassung der BAT und der Firma Reynolds, sondern bestätigt, daß diese Rechtssubjekte Anspruch auf einen besonderen, nicht auf Dritte ausdehnbaren Schutz haben.

6. 

Nachdem nun die Probleme, die das Verfahren, die Einhaltung der Formvorschriften und die Beachtung der Grundrechte betreffen, gelöst sind, ist es an der Zeit, zum Kern der Sache zu kommen. Zu diesem Zweck erscheint es mir allerdings angebracht, zunächst, ausführlicher, als ich dies anfangs tun konnte, eine Übersicht über die wichtigsten Merkmale der betroffenen Unternehmen und ihres Marktes (A), über die Vereinbarungen von 1981 (B) und von 1984 (C) sowie über die einzelnen Phasen des langwierigen Prozesses zu geben, der schließlich zur Klageerhebung geführt hat (D).

(A)

Alle an der vorliegenden Rechtssache beteiligten Unternehmen sind vorwiegend auf industriellem und kommerziellem Gebiet im Zigarettensektor tätig. Die BAT ist der bedeutendste Tabakwarenhersteller in der gesamten westlichen Welt; sie hat ihren Sitz im Vereinigten Königreich. Die Firma Reynolds ist eine amerikanische Gesellschaft, deren Interessen sich auch auf die Lebensmittelindustrie erstrecken. Die Firma Rembrandt ist ein südafrikanisches Unternehmen, das sich mit Investitionen in verschiedenen kommerziellen Bereichen befaßt. Die Firma Morris ist der größte amerikanische Zigarettenexporteur und vielleicht das erste multinationale Unternehmen des Sektors. Britisch sind schließlich die beiden Gesellschaften, auf die sich die Vereinbarung bezieht: Die Firma Rothmans Holdings, eine zu 100 % von der Firma Rembrandt kontrollierte Finanzierungsgesellschaft, und ihre Tochtergesellschaft Rothmans International, die sich fast ausschließlich der Herstellung und dem Verkauf von Zigaretten widmet, von denen 50 % für den Verbrauch in Europa bestimmt sind.

Was den Markt angeht, so ist als erstes aus einem Bericht zu zitieren, den die Kommission im Februar 1982 dem Parlament vorgelegt hat [KOM(82) 61 endg., S. 7]. Dort heißt es, daß es „trotz der Aufhebung der Zölle... und der Durchführung von zwei Steuerharmonisierungsstufen [noch] keinen echten gemeinsamen Markt für Zigaretten gibt“. Weiter wird ausgeführt: „Es besteht Einigkeit darüber, daß diese Situation auf eine Vielfalt von Faktoren zurückzuführen ist, [darunter] vor allem ... das Bestehen privater und staatlicher Erzeuger [und die Durchführung] unterschiedliche[r] Politiken im Bereich der Werbung [und] eine[r] unterschiedliche[n] Gesundheitspolitik“. Dies vorausgeschickt müssen wir uns die Frage stellen, welche Anteile die verschiedenen Unternehmen im maßgeblichen Zeitraum in der gesamten Gemeinschaft und im Beneluxgebiet innehatten; das Beneluxgebiet interessiert deshalb, weil seine Märkte durch eine ausgeprägte Homogenität und durch die beherrschende Stellung, die die Firma Rothmans International dort innehat, gekennzeichnet sind. Die Antwort ergibt sich aus folgenden Tabellen:

a)

Zigarettenmarkt der Gemeinschaft 1976 bis 1982 (in %)

 

1976

1977

1978

1979

1980

1981

1982

Morris

6,0

6,7

8,0

9,9

11,8

10,9

13,1

Rothmans International

13,5

13,7

14,6

15,3

15,4

14,8

15,0

Reynolds

2,2

2,5

2,8

3,3

3,3

3,3

3,6

BAT

9,8

9,8

10,7

10,5

10,7

11,1

10,4

b)

Belgisch-luxemburgischer Markt und niederländischer Markt 1980 bis 1982 (in %)

 

B-L

NL

 

1980

1981

1982

1980

1981

1982

Morris

8,7

10,3

*

7,0

8,8

10,0

Rothmans International

47,8

47,4

*

49,0

48,9

47,2

Reynolds

 

 

 

10,0

10,0

10,2

BAT

10,2

10,1

*

23,0

24,1

24,5

Diese Daten zeigten, so führte die Kommission aus, daß der Markt der Gemeinschaft so „stagnierend und oligopolistisch“ sei, „daß die Werbung und der Erwerb von [anderen] Unternehmen mangels eines echten Preiswettbewerbs oder von Durchbrüchen in der Forschung die wichtigsten Mittel zur Erhöhung des Marktanteils“ seien (Mitteilung der Beschwerdepunkte, Abschnitt 8, S. 14; Hervorhebung von mir). Am Ende des fraglichen Zeitraums konnte in der Tat lediglich die Firma Morris eine brillante Leistung für sich in Anspruch nehmen, während die anderen Unternehmen mehr oder weniger auf ihrer Startlinie verharrt hatten. Für die Beneluxmärkte gilt weitgehend dasselbe.

(B)

Kommen wir nun zu der Vereinbarung von 1981. Gegen Zahlung von 350 Mio USD übertrug die Firma Rembrandt der Firma Morris die Hälfte des Kapitals der Firma Rothmans Holdings und indirekt eine Beteiligung von 21,9 % an den Gewinnen der mit der Firma Morris konkurrierenden Firma Rothmans International. Unter den Nebenbestimmungen kommt der unter 3 aufgeführten Klausel besondere Bedeutung zu. Danach räumten sich die Parteien gegenseitig ein Vorkaufsrecht für den Fall des Verkaufs ihrer jeweiligen Aktien ein und verpflichteten sich, darauf hinzuwirken, daß selbst nach einem repressiven Eingreifen der Kartellbehörden jeder Drittkäufer durch diese Bedingung gebunden ist.

Nun scheint es mir aber offensichtlich zu sein, daß derartige Vereinbarungen und insbesondere die darin vorgesehenen Aktienübertragungen mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sind. Wie die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Parteien der Vereinbarungen sehr treffend bemerkt hat, ist es „likely to restrict competition“, wenn das Unternehmen X eine bedeutende Beteiligung an der Finanzierungsgesellschaft erwirbt, die das Konkurrenzunternehmen Y kontrolliert. Es liege nämlich auf der Hand, daß die beiden Unternehmen bei Fortsetzung ihrer Tätigkeit auf dem Markt „will no longer compete in so thoroughgoing a manner as deliberately to harm each other's interests“ (S. 16). Vielmehr würden diese Unternehmen — und genau dies treffe auf die Firmen Morris und Rothmans International zu, und zwar auf erstere, weil sie zu 50 % Inhaberin der Firma Rothmans Holdings sei, und auf letztere, weil sie von dieser Gesellschaft kontrolliert werde — „gezwungen [sein] ihre [jeweilige] Geschäftstätigkeit... zu koordinieren“.

Die beschriebenen Wirkungen würden durch die die grundlegenden Verpflichtungen begleitenden Klauseln noch verstärkt. Dies gelte aus ohne weiteres ersichtlichen Gründen insbesondere für die unter 3 übernommenen Verpflichtungen. Soweit mit diesen Klauseln verlangt werde, daß jeder dritte Erwerber sich der Vereinbarung zwischen den Parteien über das Vorkaufsrecht anschließe, seien sie nämlich für sich genommen „restrictive of competition since they support and consolidate other restrictive provisions and are open-ended in nature, taking no account of the size, market strength or competitive intentions of the acquiring party“ (S. 18).

Abschließend erklärte die Kommission aufgrund dieser Gesichtspunkte und unter Berücksichtigung der oligopolistischen Natur des Marktes vorläufig, daß die Vereinbarungen unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 fielen. Außerdem liege auch ein Verstoß gegen Artikel 86 vor, da das Kartell zu einer Schwächung des Wettbewerbsverhaltens der Firma Morris beitrage, indem es die beherrschenden Stellungen, die die Firma Rembrandt durch die Tochterunternehmen der Firma Rothmans International in den Beneluxländern, einem bedeutenden Teil des Gemeinsamen Marktes, innehabe, in mißbräuchlicher Weise verstärke.

(C)

Wie wir wissen, veränderten die Vereinbarungen von 1984 die Beziehungen zwischen der Firma Rembrandt und der Firma Morris beträchtlich. Letztere verzichtete nämlich auf ihre 50%ige Beteiligung am Kapital der Firma Rothmans Holdings und erhielt zum Ausgleich eine direkte Beteiligung, auf die 24,9 % der Stimmen in der Hauptversammlung der Firma Rothmans International entfallen. Die Firma Rembrandt erhielt ihrerseits 43,6 % dieser Stimmrechte zurück, während das restliche Kapital der Gesellschaft im Besitz der Kleinaktionäre verblieb, die es bereits innehatten. Die größte Bedeutung kommt folgenden zwischen den Parteien vereinbarten Klauseln zu:

1)

Die Beteiligung der Firma Morris am Kapital der Firma Rothmans International darf keinesfalls 25 % der Stimmrechte überschreiten.

2)

Die Firma Rembrandt kann ihre Aktienbeteiligung an der Firma Rothmans International nur insgesamt — „for cash payable on closing“ — an einen einzelnen Verkäufer oder an mindestens zehn voneinander und von der Firma Rembrandt unabhängige Käufer veräußern, sofern keiner von diesen mehr als 10 % der Stimmrechte in der Firma Rothmans International innehat. Vor Durchführung des Verkaufs muß die Firma Rembrandt der Firma Morris oder einem von dieser benannten Dritten unter Angabe der Bedingungen Gelegenheit zur Ausübung des Vorkaufsrechts geben.

3)

Dasselbe gilt im Verhältnis zur Firma Morris.

4)

a)

Falls die Firma Rembrandt ihre Rothmans-International-Aktien an einen einzelnen Käufer veräußern will, muß sie dafür sorgen, daß dieser der Firma Morris anbietet, ihr gesamtes Paket an Rothmans-International-Wertpapieren „at the same average cash price per equity share as applies to Rembrandt's sale“ zu kaufen.

b)

Falls die Firma Rembrandt ihr Vorkaufsrecht nicht ausübt, kann die Firma Morris einen Dritten als Käufer für eine Anzahl von Rothmans-International-Aktien mit einfachem Stimmrecht (gewöhnliche „B“-Aktien) benennen, die mindestens der Hälfte der Anzahl der Aktien der Firma Rembrandt mit vierfachem Stimmrecht (gewöhnliche „A“-Aktien) entspricht; diese Person ist dann berechtigt, außer hinsichtlich der Ernennung oder Absetzung eines Mitglieds des Verwaltungsrats der Firma Rothmans International, drei Viertel der Stimmrechte auszuüben, die sich aus dem Besitz der gewöhnlichen „A“-Aktien ableiten.

Schließlich ist die Firma Morris gegenüber der Kommission folgende Verpflichtungen eingegangen:

a)

Die Firma Morris unterrichtet die Kommission über jede Ergänzung oder Änderung der Vereinbarungen und übersendet der Kommission unmittelbar nach ihrer Vornahme eine Abschrift davon.

b)

Die Firma Morris unterrichtet die Kommission binnen 48 Stunden über jede Erweiterung ihrer Aktienbeteiligung an der Firma Rothmans International und über jeden anderen Erwerb von Stimmrechten, durch den ihr Stimmrechtsanteil auf über 25 % ansteigt. Unter Berücksichtigung dieser Informationen wird die Kommission erneut die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Tabakmarkt der Gemeinschaft prüfen und die ihr angebracht erscheinenden Maßnahmen treffen. Auf Verlangen der Kommission wird die Firma Morris während eines Zeitraums von drei Monaten nach einer solchen Erweiterung oder einem solchen Kauf eine Vereinbarung über die Trennung ihrer Interessen von denen der Firma Rothmans International anwenden, durch den die Aufrechterhaltung des Status quo auf dem betreffenden Markt gewährleistet wird.

c)

Die Firma Morris entsendet keine Vertreter in den Verwaltungsrat oder ein anderes Leitungsorgan der Firma Rothmans International.

d)

Die Firma Morris verpflichtet sich, von der Firma Rothmans International oder der Firma Rembrandt keine Informationen anzufordern zu versuchen oder anzunehmen, die das Wettbewerbsverhalten einer der Gesellschaften ihrer Unternehmensgruppe beeinflussen könnten.

(D)

Im Mai 1983 übermittelte die Kommission den Klägerinnen die neuen Vereinbarungen. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1983 teilte sie ihnen mit, es bestünden keine ausreichenden Gründe mehr, ihren Anträgen stattzugeben; zugleich forderte sie sie auf, ihr eventuelle weitere Bemerkungen zu übermitteln. Nach einer Beschreibung der von den Parteien der Vereinbarungen vorgenommenen Änderungen führte sie in dem Schreiben folgendes aus: „Die abzuschließenden Vereinbarungen umfassen Bestimmungen über die Veräußerung und den Erwerb von Rothmans-International-Aktien. Die Kommission hat die Firma Morris darauf hingewiesen, daß die Durchführung dieser Bestimmungen nach ihrer derzeitigen Ansicht... mit den Wettbewerbsregeln ... unvereinbar wäre. Aufgrund der ihr gegenüber abgegebenen Verpflichtungserklärungen kann die Kommission bei einer weiteren Änderung der Struktur der Kapitalbeteiligungen an der Firma Rothmans International erforderlichenfalls schnellstens angemessene Maßnahmen treffen“ (S. 2 a. E.).

In ihren Antwortschreiben machten die BAT und die Firma Reynolds geltend, diese Ausführungen seien mit den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vertretenen Ansichten unvereinbar, da fast alle von der Kommission für vertragswidrig erachteten Bestimmungen in den neuen Vereinbarungen erhalten geblieben seien. So seien die Klauseln über die Vorkaufsrechte und über die Veräußerung von Rothmans-International-Aktien fast unverändert geblieben. Die BAT im besonderen bemerkte, die in diesen Vereinbarungen vorgesehenen Beschränkungen würden jeden wirklich unabhängigen Dritten vom Erwerb eines Teils dieser Aktien abschrecken. Sie sei nämlich gerade zu dem Zweck geschaffen worden, einen potentiellen Käufer der vorherigen Kontrolle der Firma Morris zu unterwerfen. „In fact, Philip Morris can ensure... that any purchaser of part or all of the Rothmans shares is harmless to or, more importantly, prepared to cooperate with Philip Morris.“ Gegen derartige Vorkehrungen vermöchten die der Kommission gegenüber abgegebenen wenig wirksamen und lückenhaften Verpflichtungserklärungen nur sehr wenig auszurichten.

Das Vorverfahren wurde mit dem Entscheidungsschreiben vom 22. März 1984 abgeschlossen, mit dem die Kommission der BAT und der Firma Reynolds mitteilte, daß ihren Beschwerden nicht stattgegeben werden könne und daß das Verfahren als eingestellt anzusehen sei. Das Schreiben enthält insbesondere folgende Erklärungen:

1)

Es habe sich nicht nachweisen lassen, daß die Vereinbarungen, in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht geprüft, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verfälschen geeignet seien (Abschnitt 21).

2)

Während die Vereinbarungen von 1981 der Firma Morris mittels ihrer Beteiligung an der Firma Rothmans Holdings ein Vetorecht über eine tatsächliche Aktienmehrheit in der Firma Rothmans International verschafft hätten, sei die Firma Morris nach den neuen Vereinbarungen nur noch Minderheitsaktionärin (Abschnitt 22).

3)

Mehrere Bestimmungen der neuen Vereinbarungen ermöglichten es der Firma Morris, a) die Kontrolle über die Firma Rothmans International zu erlangen, b) im Falle eines von der Firma Rembrandt vorgenommenen Aktienverkaufs wieder in eine Position der Gleichheit mit der Firma Rembrandt zu gelangen und c) an einen namentlich bezeichneten Dritten Wertpapiere zu verkaufen, auf die 34,5 % der Stimmrechte in der Firma Rothmans International entfielen (Abschnitt 23).

4)

Zweifellos werde mit diesen Bestimmungen der Firma Morris die Möglichkeit eingeräumt, ihre Stellung als Minderheitsaktionärin dahin abzuändern, daß sie die Kontrolle über die Firma Rothmans Internationale erlange; da es sich dabei jedoch um bloße Vorhersagen handele, wirkten sich die Bestimmungen nicht im Sinne von Artikel 85 auf die Bedingungen des Wettbewerbs aus (Abschnitt 24).

5)

Nach den neuen Vereinbarungen könne die Firma Rembrandt ihre Stimmrechte in der Firma Rothmans International ohne Rücksicht auf die Politik der Firma Morris ausüben. Es bestehe daher kein Grund zu der Annahme, daß die Firma Rembrandt kein Interesse daran haben könnte, die Firma Rothmans International zu einem möglichst erfolg- und ertragreichen Unternehmen zu machen (Abschnitt 25).

6)

Andererseits bleibe die Firma Morris, wenngleich ihr nicht an einer Gefährdung des Werts ihrer Investition in die Firma Rothmans International gelegen sein dürfte, in erheblichem Maße daran interessiert, mit allen ihr zu Gebote stehenden industriellen und geschäftlichen Mitteln zu verhindern, daß die Firma Rothmans International im Gemeinsamen Markt neue Marktanteile erwerbe. Nur durch eine derartige Anstrengung werde sie nämlich in der Lage sein, ihr Vorkaufsrecht hinsichtlich der Rothmans-Wertpapiere unter möglichst günstigen Kaufbedingungen auszuüben, falls die Kommission gegen die Ausübung dieses Rechts keine Einwendungen erheben sollte (Abschnitt 26).

7)

Den betroffenen Unternehmen sei keine mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung (Artikel 86) vorgeworfen worden, weil die neuen Vereinbarungen die Firma Morris aus den oben dargelegten Gründen nicht in die Lage versetzten, die Geschäftstätigkeit der Firma Rothmans International zu kontrollieren (Abschnitt 29).

7. 

Wenden wir uns nunmehr wieder den Klagen der BAT und der Firma Reynolds zu. Bei der Prüfung der ersten beiden Klagegründe — Verstoß gegen die Artikel 85 und 86 wegen offensichtlichen Irrtums bei der Würdigung des Sachverhalts und Verstoß gegen Artikel 190 wegen unzulänglicher Begründung — habe ich nur die Rügen berücksichtigt, die den Gegenstand der angefochtenen Maßnahme, also die Vereinbarungen von 1984 und die darin enthaltenen Klauseln, betreffen. Ich halte es auch für überflüssig, das Vorbringen der Klägerinnen darzustellen, dem die Möglichkeit der Firma Morris zugrunde liegt, ihre Stellung in der Firma Rothmans International zu ändern, und mich mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Auswirkungen eine solche Änderung auf die Wettbewerbsbeziehungen zwischen den beiden Unternehmen hätte. Insoweit braucht man sich lediglich vor Augen zu halten, daß die Firma Morris der Kommission jeden Schritt mitzuteilen hat, durch den der Status quo verändert werden könnte, und daß die Kommission auch in bezug auf Ereignisse tätig werden kann, die von den Beteiligten nicht gewollt sind, sich aber auf ihren geschäftlichen Wettbewerb auswirken können.

Dies bedeutet natürlich nicht, daß mir der Inhalt der jahrelangen Diskussion über die Anwendbarkeit von Artikel 85 auf Konzentrationsvereinbarungen zwischen Unternehmen unbekannt wäre; insbesondere weiß ich um das Wohlwollen, mit dem ein Teil der Lehre dieser Aussicht gegenübersteht, und um die Zweifel, die die Kommission insoweit hegt, um den fast allgemeinen Konsens über die Notwendigkeit, diese Materie durch besondere Vorschriften zu regeln und um die dementsprechende Verärgerung fast aller über den Rat, der die ihm unterbreiteten Vorschläge der Kommission hartnäckig unter Verschluß hält. Ich vermute überdies, daß der Gerichtshof die Frage, wäre er mit ihr befaßt, bejahen würde. Ein Indiz hierfür gibt das Urteil vom 13. Juli 1966 in der Rechtssache 32/65 (Italien/Rat und Kommission, Slg. 1966, 458, 486), wonach mangels einer Ausnahmen zulassenden Regelung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen „dem Verbot des Artikels 85 ... alle Vereinbarungen zwischen mehreren Unternehmen [unterliegen]“ (Hervorhebung von mir).

Indessen ist unbestreitbar, daß sich diese Frage im vorliegenden Fall nicht stellt. Die Kommission bestreitet nämlich nicht grundsätzlich die Anwendbarkeit von Artikel 85 auf die Vereinbarungen von 1984; sie macht lediglich geltend, daß diese Vereinbarungen zum einen nichts enthielten, was einen Verstoß gegen diese Vorschrift darstellen könnte, und zum anderen, daß sie sich zwar in Richtung auf Konzentrationsformen entwickeln könnten, sie aber aufgrund der von den Beteiligten ihr gegenüber abgegebenen Verpflichtungserklärungen über die erforderlichen Mittel verfüge, um jedes darauf gerichtete Vorgehen zu überwachen und abzustellen. Nun kann zu letzterem Punkt — d. h. zu den künftigen Rechten der Exekutive oder zur Wirksamkeit der ihr zu Gebote stehenden Instrumente — der Gerichtshof nicht viel sagen. Für ihn ist vor allem die erste Feststellung von Interesse, die sich nicht auf die Zukunft, sondern auf die Gegenwart bezieht, also auf die Vereinbarungen in ihrer derzeitigen Wirkungsweise.

Nachdem dies geklärt ist, komme ich zur Untersuchung der beiden Rügen. Zum Verstoß gegen die Vorschrift über Kartelle tragen die Klägerinnen vor, auf dem Zigarettenmarkt der Gemeinschaft habe bisher trotz seines oligopolistischen Charakters noch Wettbewerb geherrscht, und zwar dank einer Reihe von Faktoren: der Größe der dort agierenden Unternehmen, der Marktanteile dieser Unternehmen, der beim Absatz von Zigaretten angewandten Methoden usw. Die Vereinbarungen von 1984 zerstörten nun dieses prekäre Gleichgewicht, weil sie den Firmen Morris und Rothmans International — d. h. zweien der bedeutendsten Unternehmen des Sektors — die Koordinierung ihrer Tätigkeiten ermöglichten. Gerade die Kommission habe im Rahmen der Beanstandung der Vereinbarungen von 1981 anerkannt, daß im Falle einer beträchtlichen Investition eines Unternehmens in die Aktien eines Konkurrenzunternehmens die beiden Parteien des Kaufvertrags nicht mehr „bewußt einander schaden“ könnten. Die Dinge hätten sich seitdem nicht verändert. Zwar verstoße es für sich genommen nicht gegen die Kartellvorschriften, wenn ein Unternehmen einen 25%igen Stimmrechtsanteil in einer Kapitalgesellschaft besitze; ein solcher Verstoß liege jedoch unweigerlich dann vor, wenn es sich bei dieser Gesellschaft um ein Konkurrenzunternehmen handele, das überdies unter den Verhältnissen eines Oligopois der Marktführer sei.

Dies sei indessen nicht alles. Infolge der Klauseln über die Veräußerung von Rothmans-International-Wertpapieren habe die Firma Morris eine privilegierte Stellung im Wettbewerb um die Kontrolle über die Firma Rothmans International inne; gleichzeitig sei sie in der Lage, andere mit großer Aussicht auf Erfolg an einer Beteiligung an diesem Wettbewerb zu hindern, und für den Fall, daß die Firma Rembrandt von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch mache, sei sie sogar zur Auswahl des künftigen Käufers berechtigt. Auch diese Bindungen seien offensichtlich zu dem Zweck geschaffen worden, die Firmen Morris und Rembrandt dazu zu veranlassen, zusammenzuarbeiten oder einander zumindest nicht zu behindern; wenn es sich aber so verhalte, könne kein Zweifel daran bestehen, daß die Kommission die Vereinbarung durch Verkennung ihrer Eignung, Konflikte zwischen den Parteien auszuschließen, unzutreffend gewürdigt habe.

Zur Nichtanwendung von Artikel 86 verweisen die BAT und die Firma Reynolds darauf, daß „der Begriff der mißbräuchlichen Ausnutzung ... ein objektiver Begriff“ sei; dies bedeute, daß „die Verhaltensweisen eines Unternehmens in beherrschender Stellung ... die Struktur eines Marktes beeinflussen können“ müsse, „auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Anwesenheit des fraglichen Unternehmens ... geschwächt“ sei (Urteil vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, Randnr. 91). Für das Vorliegen einer mißbräuchlichen Ausnutzung komme es somit nicht auf das Ausmaß der Kontrolle an, die ein Unternehmen ausüben könne; entscheidend sei, daß dieses in einer Weise vorgehe, die einen Wettbewerb schwäche, auf den sich die von ihm erworbene Stellung bereits negativ ausgewirkt habe. Diese Schwächung müsse nicht unbedingt beträchtlich sein; ausschlaggebend sei vielmehr, daß das Verhalten des Unternehmens sich spürbar auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirke.

Die Kommission irre daher, wenn sie ausführe, daß keine mißbräuchliche Ausnutzung vorliege, wenn das investierende Unternehmen das Unternehmen, an dem es beteiligt sei, nicht kontrollieren könne. Selbst wer jedoch diese Auffassung abstrakt teile, werde nicht umhinkönnen, der Feststellung zuzustimmen, daß im vorliegenden Fall eine Beeinflussung gegeben sei. Hierfür müsse man lediglich über die Feststellung, daß sich die Beteiligung der Firma Morris auf 25 % belaufe, hinausgehen und deren Fähigkeit, den Wettbewerb zu verfälschen, unter Berücksichtigung der gesamten Vereinbarung, also auch der Absprache über das Vorkaufsrecht und — allgemeiner — der Klauseln über die Veräußerung der Rothmans-International-Aktien, beurteilen.

Schließlich weisen die Klägerinnen zur Untermauerung ihres zweiten Klagegrundes auf die Randnummern 30 und 31 des Urteils vom 26. November 1975 in der Rechtssache 73/74 (Papiers peints/Kommission, Slg. 1975, 1491) hin. In ersterer heißt es: „Nach Artikel 190 ... ist die Kommission verpflichtet, ihre Entscheidung zu begründen und dabei [sowohl] die Tatsachen anzugeben, welche die Maßnahmen rechtfertigen, [als auch] die Erwägungen, die sie zu der Entscheidung veranlaßt haben.“ In der anderen Randnummer wird dem hinzugefügt, daß die Begründung grundsätzlich summarisch sein könne, daß es aber einer ausführlichen Begründung bedürfe, wenn die Maßnahme „erheblich weiter als die früheren Entscheidungen“ gehe.

Im vorliegenden Fall hätte die Kommission, um die Beschwerden der BAT und der Firma Reynolds zurückweisen zu können, feststellen müssen, daß die Kontrolle über 25 % der Stimmrechte in einer konkurrierenden Gesellschaft mit einer beherrschenden Stellung auf einem oligopolistischen Markt nicht gegen die Verbote der Artikel 85 und 86 verstoße. Die Rechtmäßigkeit eines solchen Grundsatzes sei zumindest zweifelhaft; es stehe jedoch fest, daß er von außerordentlicher Bedeutung für die Wirtschaft sei und daß daher aufgrund der genannten Entscheidung alle seine Aspekte umfassend und eingehend hätten erläutert werden müssen. Die Entscheidung sei jedoch so lakonisch, daß man schon fast von Verschweigen sprechen könne. Außerdem habe die Kommission eingeräumt, daß die Klauseln über die Veräußerung der Rothmans-International-Aktien der Firma Morris einen beträchtlichen Handlungsspielraum eröffneten; sie habe es aber versäumt, darzulegen, weshalb die Existenz dieser Klauseln gegenwärtig keine Verfälschung des Wettbewerbs bewirke.

8. 

Was ist zu diesen beiden Klagegründen zu sagen? Die zur Begründung für den ersten Klagegrund angeführten Argumente schießen meines Erachtens über das Ziel hinaus; mit ihnen wird von Ihnen mehr verlangt, als Sie geben können. Mit den beiden Klagen wird, wie erinnerlich, die Aufhebung einer Maßnahme beantragt, mit der gemäß Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 17 eingelegte Beschwerden zurückgewiesen worden sind. In derartigen Fällen ist aber der Gerichtshof meiner Meinung nach nicht befugt, alle Voraussetzungen für die Anwendung der Artikel 85 und 86 zu prüfen, und zwar deshalb nicht, weil einer solchen Kontrolle zum einen der negative Inhalt der Maßnahmen, mit denen das Verfahren eingestellt wird, und zum anderen der strikt technische Charakter der von der Verwaltungsbehörde durchzuführenden Beurteilung entgegenstehen. Im Rahmen der durch diese beiden Gesichtspunkte gezogenen Grenzen muß die von Ihnen vorzunehmende Untersuchung notwendigerweise zu der Feststellung führen, daß die Entscheidung vom 22. März 1984 alle strittigen Umstände berücksichtigt und daher frei von offensichtlichen Irrtümern ist.

Der zweite Klagegrund bedarf dagegen einer ausführlicheren Erörterung. Lassen Sie ihn mich in einem Satz zusammenfassen: Die Klägerinnen werfen der Beklagten vor, nicht aufgezeigt zu haben, weshalb sich die — wenn auf auch nur mit einem Viertel der Stimmrechte verbundene — Beteiligung am Kapital eines direkten Konkurrenzunternehmens, das in einem bedeutenden Teil eines oligopolistischen Marktes Marktführer ist, nicht negativ auf den Wettbewerb zwischen den Beteiligten auswirken kann.

So formuliert ist der Vorwurf zurückzuweisen. In den Abschnitten 25, 26 und 29 der Entscheidung hat die Kommission nämlich angegeben und ausreichend erläutert, weshalb die Firma Morris derzeit daran interessiert ist, mit der Firma Rothmans International in Wettbewerb zu treten und demgemäß deren beherrschende Stellung nicht mißbräuchlich auszunutzen. Gewiß hätte die Erläuterung ausführlicher sein können. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, daß die Klägerinnen aktiv am gesamten Vorverfahren teilgenommen und in dessen Verlauf Gelegenheit zur eingehenden Erörterung jedes Aspekts der Problematik gehabt haben. Andererseits „braucht“ die Kommission nach Artikel 190 „nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind“. Die Begründung einer beschwerenden Entscheidung dient letzten Endes nur einem Ziel: „dem Betroffenen die notwendigen Hinweise [zu] geben, aus denen er erkennen kann, ob die Entscheidung materiell rechtmäßig ist oder nicht“ (Urteil vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84, Remia/Kommission, Slg. 1985, 2545, Randnr. 26).

Unter diesem Blickwinkel betrachtet erscheint die Entscheidung, die Beschwerde der BAT und der Firma Reynolds zurückzuweisen, somit als angemessen begründet. Selbstverständlich ist damit noch nicht dargetan, daß die streitige Beteiligung unschädlich ist; unerheblich ist insoweit auch der von der Firma Morris vorgetragene Hinweis, daß nach der Rechtsordnung eines Mitgliedstaats (Bundesrepublik Deutschland) 25 % die Schwelle darstellen, bei deren Unterschreitung kartellwidrige Praktiken grundsätzlich als unmöglich gelten. Es versteht sich nämlich von selbst, daß sich die Vertragsbestimmungen im Unterschied zu den nationalen Vorschriften auf den gesamten Gemeinsamen Markt beziehen und vor allem darauf abzielen, zu verhindern, daß die Wettbewerbsbeschränkungen den Handel zwischen den Zwölf beeinträchtigen, indem sie die jeweiligen Märkte gegeneinander abschotten.

Was folgt daraus? Was ich sagen will, ist einfach: Die vorliegende Beteiligung kann nicht „in vitro“ untersucht werden, als ob sie ein Präparat wäre, das von dem Organismus, zu dem sie gehört, isoliert werden könnte. Vielmehr ist das Maß ihrer Vereinbarkeit mit den Vorschriften des Gemeinschaftsrechts anhand der Auswirkung zu beurteilen, die die gesamte Vereinbarung, in der sie vorgesehen ist, auf den europäischen Markt hat. Diese Vereinbarung enthält bekanntlich Klauseln — zum Beispiel die Klausel über die Vorkaufsrechte oder die Klausel, nach der die Firma Morris den Käufer der Rothmans-International-Aktien benennen kann —, von denen auf einen Blick zu erkennen ist, daß sie von enormer wirtschaftlicher Bedeutung sind. Um die Beschwerden der BAT und der Firma Reynolds zurückweisen zu können, hätte die Kommission somit dartun müssen, daß diese Absprachen keine schädlichen Wirkungen, insbesondere bezüglich der Vertragsfreiheit jedes anderen auf dem Zigarettenmarkt tätigen Unternehmens, hervorrufen können. Dies hat sie jedoch nicht getan, und so gesehen besteht kein Zweifel, daß ihre Entscheidung mit einem schwerwiegenden Begründungsmangel behaftet ist.

9. 

Dieses Ergebnis hat im übrigen eine solide Grundlage im Urteil vom 13. Juli 1966 in den verbundenen Rechtssachen 56 und 58/64 (Consten und Grundig/Kommission, Slg. 1966, 322, 387). „Verfälschungen“ im Sinne von Artikel 85 Absatz 1, so heißt es dort, „werden nicht nur durch Vereinbarungen begründet, die den Wettbewerb zwischen den Beteiligten beschränken, sondern auch durch solche, die den Wettbewerb verhindern oder begrenzen“, der zwischen einem Beteiligten und dritten Personen stattfinden könnte, und zwar zumindest insoweit, als sich die Parteien mit ihnen einen [ungerechtfertigten] „Vorteil zu sichern“ suchen. Meines Erachtens ist dieser Grundsatz über den vom Gerichtshof hinaus geprüften Fall anwendbar, also auch auf Klauseln, die wie die vorliegenden Teil eines Vertrages über den Erwerb einer Aktienbeteiligung sind. Auch sie können nämlich demjenigen, der sie vereinbart, „einen ungerechtfertigten Vorteil“ verschaffen; sie werden auch, wie es in Randnummer 17 des angeführten Urteils Remia heißt, nicht durch den an sich rechtmäßigen Zweck der Vereinbarung, deren Bestandteil sie bilden, einer Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit den Verboten des Artikels 85 entzogen.

Diese Prüfung hat, wie wir wissen, nicht stattgefunden; aber schon durch die Verfahrensakten allein wird ein ungünstiges Licht auf diese Klauseln geworfen. So liegt es auf der Hand, daß sie für den Abschluß der Vereinbarung nicht unerläßlich oder jedenfalls hilfreich waren und daß sie, was immer die Streithelferinnen hierüber sagen mögen, nicht dem Schutz der Investition der Firma Morris zu dienen bestimmt sind. Die Richtigkeit der ersten Feststellung ergibt sich aus dem Inhalt der Klauseln, der ausschließlich die Modalitäten einer eventuellen Veräußerung von Rothmans-International-Aktien an Dritte betrifft, während den Beweis für die Richtigkeit der zweiten Feststellung die Kommission selbst erbracht hat. In Abschnitt 24 ihrer Entscheidung stellt sie nämlich fest, daß die Firma Morris dank dieser Bestimmungen in der Lage sei, direkt oder über einen Käufer ihres Vertrauens die Kontrolle über die Firma Rothmans International zu übernehmen; und es ist auch die Kommission, die darauf hinweist, daß die von den Unternehmen ihr gegenüber eingegangenen Verpflichtungen gerade dazu dienen sollen, von vornherein einer solchen Erlangung der maßgeblichen Stellung einen Riegel vorzuschieben.

Es kommt jedoch noch schlimmer. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte bezeichnete die Kommission, wie bereits dargelegt, die den alten Vereinbarungen beigefügten Absprachen als „themselves restrictive of competition“ und „open-ended in nature“, da sie nicht auf „size, market strength or competitive intentions of the acquiring party“ abgestimmt seien. Ich habe jedoch den Eindruck, daß die Beschränkungen für den Zugang Dritter zum Kapital der Firma Rothmans International von 1981 bis 1984 noch verschärft wurden. In der Antwort auf das Schreiben vom 16. Dezember 1983 erklärte die BAT in der Tat, daß die neuen Klauseln sicherstellen sollten „that any eventual purchaser of the [Rothmans] shares ... is subject to prior control by Philip Morris“. Diese Feststellung vermittelt ein genaues Bild der Wirklichkeit und bildet — unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Erwerb von Beteiligungen auf dem Zigarettenmarkt vielleicht die wirksamste Waffe ist, über die ein Unternehmen im Kampf gegen die anderen an dem Oligopol beteiligten Unternehmen verfügt (siehe Abschnitt 6) — einen entscheidenden Schlüssel zum Verständnis des vorliegenden Phänomens.

Natürlich ist die Kommission anderer Ansicht. In der Klagebeantwortung hat sie allerdings anerkannt, daß der Erwerb von Rothmans-International-Wertpapieren in dem Fall, daß die Firma Morris ihr Vorkaufsrecht nicht ausübt, für die Konkurrenten „singularly unattractive“ werde; aber diese gekünstelte Einräumung ist in der mündlichen Verhandlung korrigiert worden; dieses Recht sei, so haben wir gehört, „simply a right to be notified that Rembrandt is prepared to sell his shares, and a right to bid, so Philip Morris may bid“; der Firma Rembrandt bleibe es nämlich unbenommen, an den Meistbietenden zu verkaufen und nichts gebe Anlaß, daran zu zweifeln, daß die Aktien schließlich von „whoever offers the most money“ erworben würden (Protokoll, S. 72).

So stellt sich die Lage jedoch nicht dar. Sehen Sie sich Klausel 4 a an: Wenn die Firma Rembrandt ihre Aktien an einen einzelnen Verkäufer veräußern will, so muß sie dafür sorgen, daß dieser der Firma Morris den Kauf ihrer Beteiligung an der Firma Rothmans International „at the same average cash price per equity share as applies to Rembrandt's shares“ anbietet. Damit liegen die Karten wirklich auf dem Tisch: Das Wissen darum, daß er sich der ständigen Überbietung durch die Firma Morris aussetzt, der enorme Umfang der Beteiligung, der gekauft werden muß (Kapital, auf das fast 70 % der Stimmrechte in der Firma Rothmans International entfallen!), und der Umstand, daß bar bezahlt werden muß — all dies sind Faktoren, die jeden Dritten, so motiviert er auch sein mag, abhalten, sein Kaufinteresse zu bekunden oder die Verhandlungen bis zum Ende durchzuführen.

Ich könnte noch mehr zu diesem Thema ausführen und insbesondere auf die nicht weniger perversen Wirkungen eingehen, die das der Firma Morris eingeräumte Recht der Benennung eines Käufers hervorruft; mit einer solchen Untersuchung würde ich jedoch über die mir gestellte Aufgabe hinausgehen. Es ist Sache der Kommission, zu klären, ob die fraglichen Klauseln gegen Artikel 85 Absatz 1 verstoßen oder aber den Wettbewerb mit den anderen Oligopolunternehmen nicht einschränken. Man möge auch nicht sagen, sie habe dies unterlassen, weil ihr die von den Beteiligten ihr gegenüber abgegebenen Verpflichtungserklärungen die Gewähr für die Ungefährlichkeit dieser Klauseln geboten hätten; sie selbst hat nämlich eingeräumt, daß diese — noch dazu nach Abschluß der Vereinbarung eingegangenen — Verpflichtungen für ihre Überzeugung, daß diese Vereinbarung rechtmäßig sei, mitursächlich gewesen seien.

Abschließend ist festzustellen, daß kein Zweifel daran bestehen kann, daß die Beklagte ihre Pflicht aus Artikel 190 nicht erfüllt hat. Die streitige Entscheidung ist daher wegen Begründungsmangels hinsichtlich des Vorliegens einer der Voraussetzungen aufzuheben, von denen die Vereinbarkeit einer Vereinbarung zwischen Unternehmen mit dem Verbot des Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag abhängt.

10. 

Nach alledem schlage ich Ihnen vor, den Klagen der British-American Tobacco Company Ltd und der Reynolds Industries Incorporated gegen die Kommission der Europäischen Gemeinschaften stattzugeben und die Entscheidung vom 22. März 1984 betreffend die Sachen IV/30.342 und IV/30.926 aufzuheben. Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung sind die Kosten des Verfahrens der Kommission als der unterliegenden Partei aufzuerlegen. Jede der beiden Streithelferinnen hat ihre eigenen Kosten zu tragen.


( *1 ) Aus dem Italienischen übersetzt.