SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

SIR GORDON SLYNN

vom 17. Januar 1985 ( *1 )

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

Sie haben über ein Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Koblenz vom 3. Februar 1984 zu entscheiden, das Ihnen gemäß Artikel 2 Nr. 2 und 3 Absatz 2 des Protokolls vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im folgenden: „das Übereinkommen“) vorgelegt worden ist. Es betrifft Artikel 18 des Übereinkommens, der die Gerichtsstandsvereinbarung durch das Sicheinlassen auf das Verfahren behandelt; hier ist dies jedoch nicht mit Bezug auf die Klage, sondern auf eine vom Beklagten gegenüber der Klage erklärte Aufrechnung zu untersuchen.

Klägerin in dem Verfahren vor dem nationalen Gericht ist die Firma Sommer Exploitation SA mit Sitz in Neuilly-sur-Seine in Frankreich. Sie befaßt sich mit der Herstellung von Filztuchen. Beklagte ist Frau Hannelore Spitzley, Inhaberin der Firma Filzvertrieb Hannelore Spitzley in Trimbs in der Bundesrepublik Deutschland. Dieses Unternehmen befaßt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Filzerzeugnissen. Frau Spitzley wurde von der Firma Sommer Exploitation beliefert.

Der Ehemann der Beklagten, Herr Wolfgang Spitzley, war als Handelsvertreter der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland tätig, und zwar zunächst aufgrund eines Vertrages vom 21. Oktober 1974 und später aufgrund eines Vertrages vom 31. März 1976. In Artikel VII dieses letzteren, in französischer Sprache abgefaßten Vertrages hieß es unter anderem: „Auf den vorliegenden Vertrag ist das französische Recht anwendbar. Für alle eventuellen Streitigkeiten aus diesem Vertrag sind ausschließlich die Gerichte am Sitz der Firma Sommer Exploitation zuständig.“ („Le contrat est régi par le droit français. Il est fait attribution de juridiction pour tous litiges éventuels, émanant de ce contrat, aux tribunaux compétents du siège de la société Sommer Exploitation.“)

Bei einer Besprechung zwischen dem Exportleiter der Klägerin und Herrn Spitzley am 20. Juni 1978 wurde der Vertrag mündlich aufgehoben. Die Klägerin bestätigte diese Aufhebung durch Schreiben vom 28. Juni 1978. Mit Schreiben vom 4. Juli 1978 erklärte sich Herr Spitzley mit der Kündigung einverstanden, erklärte jedoch, er werde auf seine noch offenstehenden Provisionsforderungen zurückkommen. Am 25. September 1978 trafen die Klägerin, der Ehemann der Beklagten und die Beklagte, vertreten durch ihren Ehemann, eine schriftliche Vereinbarung sowohl über die Beträge für Waren, die die Beklagte der Klägerin schuldig war, als auch über Provisionszahlungen, die die Klägerin dem Ehemann der Beklagten schuldete. In der Vereinbarung erkannte die Beklagte an, daß sie 148934,28 DM für Warenlieferungen schuldete, wovon 63760,89 DM für Provisionsforderungen ihres Ehemannes für den Zeitraum vom 3. Quartal 1977 bis zum 2. Quartal 1978 einschließlich abzuziehen waren, und die Beklagte verpflichtete sich, die Differenz (85173,39 DM) ab 30. September 1978 in fünf gleichen Monatsraten zu zahlen. Hinsichtlich der restlichen Provisionsbeträge, die dem Ehemann geschuldet wurden, sah die Vereinbarung vor, daß „alle weiteren Provisionen, die Herrn Spitz -ley geschuldet werden, per Scheck aufgrund vierteljährlicher Provisionsauszüge am Ende eines jeden Vierteljahres zu zahlen sind“. Diese Klausel bezieht sich auf Provisionen, die außerhalb des durch die Vereinbarung gedeckten Zeitraums entstanden und zwischen den Parteien noch streitig sind.

Die Beklagte zahlte aufgrund der Vereinbarung 38902,90 DM von den 85173,39 DM, ließ jedoch eine Forderung von 46270,49 DM offen. Die Klägerin verklagte die Beklagte vor dem Landgericht Koblenz auf Zahlung dieses Betrages. Die Beklagte zahlte im März 1980 noch 3145,35 DM, und die Klägerin nahm ihre Klage um diesen Betrag zurück, so daß die Klageforderung nunmehr 43125,14 DM betrug.

Die Beklagte bestritt nicht (und bestreitet auch jetzt nicht), daß sie der Klägerin diesen Betrag aus Warenlieferungen schuldet, rechnete jedoch dagegen mit einem Betrag von 46594,01 DM auf; in dieser Höhe ständen aufgrund des Handelsvertretervertrages vom 31. März 1976 noch Provisionsansprüche ihres Ehemannes offen, die ihr abgetreten worden seien.

In dem Verfahren vor dem Landgericht berief sich die Klägerin nicht auf die Gerichtsstandsvereinbarung in Artikel VII des Handelsvertretervertrages von 1976, sondern nahm inhaltlich zu der Aufrechnung Stellung. Sie bestritt die Gültigkeit der angeblichen Abtretung der restlichen Provisionsforderungen des Ehemannes an die Beklagte und bestritt die Forderungen selbst sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach.

Das Landgericht Koblenz erklärte in seinem Urteil vom 18. Oktober 1982 den Anspruch der Klägerin in voller Höhe (d. h. in Höhe von 43125,14 DM) für begründet. Hinsichtlich der Aufrechnung entschied das Gericht, der Ehemann der Klägerin habe dieser seine gegenwärtigen und zukünftigen Provisionsforderungen durch mündliche Erklärung im Jahre 1977 wirksam abgetreten, nach den erbrachten Beweisen würden ihm jedoch nur Provisionen in Höhe von 6258,59 DM geschuldet. Das Gericht ließ die Aufrechnung in dieser Höhe zu und gab der Klage in Höhe von 36866,55 DM nebst Zinsen statt.

Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung beim Oberlandesgericht Koblenz ein und trug vor, die Klage müsse in voller Höhe abgewiesen werden, da die Klägerin dem Ehemann der Beklagten immer noch Provisionen schulde, mit denen diese gegen die Klageforderung aufrechnen könne. Die Klägerin schloß sich der Berufung in Höhe von 2256,20 DM nebst Zinsen an.

Das Oberlandesgericht Koblenz stellte fest, daß nach Artikel VII es Handelsvertretervertrages vom 31. März 1976 die Klägerin und der Ehemann der Beklagten vereinbart hatten, daß die Gerichte am Firmensitz der Klägerin, nämlich die für Neuilly (Frankreich) zuständigen Gerichte, für Streitigkeiten aus diesem Vertrag ausschließlich zuständig sein sollten. Das Oberlandesgericht vertrat den Standpunkt, dies sei eine schriftliche Vereinbarung, nach der die für Neuilly zuständigen Gerichte gemäß Artikel 17 des Übereinkommens für „Klagen“ aus dem Handelsvertretervertrag ausschließlich zuständig sein sollten, doch verwende die Vereinbarung den Begriff „Streitigkeiten“, der weiter sei. Es stellte sodann Erwägungen darüber an, ob dieselbe Bestimmung für aufgrund dieses Vertrages erklärte Aufrechnungen gelte. Es legte den Wortlaut und Sinn der im vorliegenden Fall von der Klägerin und dem Ehemann der Beklagten geschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung zum einen dahin aus, daß kein anderes als das Gericht am Firmensitz der Klägerin für die Entscheidung über eine Aufrechnungsforderung zuständig sei. Es stellte jedoch zum anderen fest, daß die Klägerin sich auf die Aufrechnung eingelassen und diese inhaltlich bestritten hatte, ohne sich auf das Vorliegen der Vereinbarung über den ausschließlichen Gerichtsstand zu berufen. Daher stellte sich das Oberlandesgericht die Frage, ob es nach Artikel 18 des Übereinkommens dadurch zuständig geworden sei, daß sich die Klägerin seiner Zuständigkeit unterworfen habe.

Artikel 18 bestimmt: „Sofern das Gericht eines Vertragsstaats nicht bereits nach anderen Vorschriften dieses Übereinkommens zuständig ist, wird es zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einläßt. Dies gilt nicht, wenn der Beklagte sich nur einläßt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen oder wenn ein anderes Gericht aufgrund des Artikels 16 ausschließlich zuständig ist.“ Keine der Bestimmungen des Artikels 16 ist hier anwendbar.

Das Problem, das sich dem Oberlandesgericht stellte, war der Umstand, daß Artikel 18 nach seinem Wortlaut nicht auf den Kläger, sondern nur auf den Beklagten anwendbar ist, und das Gericht war nicht sicher, ob das Verhalten der Klägerin (unter dem Gesichtspunkt des Artikels 18) es ihm ermöglichte, sich über die Gerichtsstandsvereinbarung in der Auslegung, die es ihr gegeben hatte, hinwegzusetzen. Um diese Probleme zu lösen, hat das Oberlandesgericht dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:

„1)

Beseitigt die rügelose Einlassung des Klägers auf eine Aufrechnungsforderung, die nicht auf demselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klageforderung beruht und für die nach Artikel 17 EuGVÜ wirksam ein ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart wurde, ein sich aus dieser Gerichtsstandsvereinbarung und deren Auslegung (EuGH, Urteil vom 9. November 1978 in der Rechtssache 23/78, Meeth/Glacetal) ergebendes prozessuales Aufrechnungsverbot?

2)

Oder ist das Gericht in einem solchen Fall wegen der Gerichtsstandsvereinbarung und des in ihr enthaltenen Aufrechnungsverbots trotz der rügelosen Einlassung des Klägers auf die Aufrechnungsforderung gehindert, über die zur Aufrechnung gestellte Forderung zu entscheiden?“

Die zweite (alternativ zur ersten) gestellte Frage beruht auf der Annahme, daß die in Rede stehende Gerichtsstandsvereinbarung ein „Aufrechnungsverbot“ enthalte; es sollte jedoch klargestellt werden, daß Artikel VII in der Auslegung, die ihm das Oberlandesgericht aufgrund seines Zusammenhangs mit Artikel 17 des Übereinkommens gegeben hat, Aufrechnungen nicht ausdrücklich verbietet.

Weder die Parteien des Ausgangsverfahrens noch der Ehemann der Beklagten haben schriftliche Erklärungen eingereicht, wohl aber die Kommission, die Bundesrepublik Deutschland und das Vereinigte Königreich, die alle zu demselben Ergebnis gekommen sind, nämlich daß die erste Frage zu bejahen ist. Sie tragen mit anderen Worten vor, daß in einem Fall, in dem der Kläger sich vor einem Gericht auf ein Verfahren einläßt und sich gegen eine von dem Beklagten erklärte Aufrechnung verteidigt, ohne die fehlende Zuständigkeit des Gerichts zu rügen, dieses Gericht nach Artikel 18 für die Entscheidung über die Aufrechnung auch dann zuständig wird, wenn der Aufrechnung nicht derselbe Vertrag oder Sachverhalt zugrunde liegt wie der Klage und wenn für sie nach Artikel 17 des Übereinkommens die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts vereinbart worden ist.

Die Kommission nimmt auf das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache 150/80 (Elefanten Schuh/Jacqmain, Slg. 1981, 1671) Bezug (in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß Artikel 18 des Übereinkommens auch dann anwendbar ist, wenn die Parteien eine Zuständigkeitsvereinbarung im Sinne von Artikel 17 geschlossen haben) und trägt vor, Artikel 18 sollte so ausgelegt werden, daß er auf den Fall eines Klägers anwendbar sei, der sich gegen einen Aufrechnungseinwand verteidige. Sie führt vier Gründe dafür an. Erstens sei das Verhalten der Klägerin, die die Berechtigung der Aufrechnung inhaltlich bestritten habe, ohne die fehlende Zuständigkeit des Gerichts zu rügen, als stillschweigende Gerichtsstandsvereinbarung anzusehen. Zweitens sei es insbesondere für die Beweiserhebung sinnvoller, wenn über die Aufrechnung im vorliegenden Fall das deutsche Gericht entscheide. Drittens diene die Anwendung von Artikel 18 auch auf Aufrechnungen der Erfüllung eines der Ziele dieses Artikels, nämlich den Anwendungsbereich der Bestimmungen des Übereinkommens über die Zuständigkeit zu erweitern. Schließlich würde eine solche Erweiterung die Verfahrensgarantien für die Klägerin nicht wesentlich vermindern.

Das Vereinigte Königreich geht in seiner Stellungnahme vom Aufbau des Übereinkommens insgesamt und vom Sinn und Zweck des Artikels 18 aus. Der Aufbau des Übereinkommens (insbesondere des Artikels 6 Absatz 3 über Widerklagen) bezwecke, überflüssige Verfahren insbesondere dadurch zu vermeiden, daß Verfahren bei einem einzigen Gericht zusammengefaßt würden; der Zweck des Artikels 18 bestehe darin, vorbehaltlich der dort genannten Ausnahmen den Parteien eine größtmögliche Wahlfreiheit zu lassen. Zu beiden Punkten stützt sich das Vereinigte Königreich auf das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache 23/78 (Meeth/Glacetal, Slg. 1978, 2133), in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß Artikel 17 ein nationales Gericht nicht daran hindere, trotz von den Parteien getroffener gegenseitiger ausschließlicher Zuständigkeitsvereinbarungen über eine Aufrechnung zu entscheiden, und vertritt den Standpunkt, Artikel 18 sollte auf eine Partei, die nominell Kläger, zugleich aber Beklagte einer Widerklage ist, ebenso Anwendung finden wie auf eine Partei, die Beklagter einer gegen sie gerichteten Klage ist. Deshalb gehe im vorliegenden Fall die Unterwerfung der Klägerin unter die Zuständigkeit gemäß Artikel 18 allen gegenteiligen Bestimmungen einer Gerichtsstandsvereinbarung vor und verleihe damit dem deutschen Gericht die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Aufrechnung.

Die Bundesrepublik Deutschland vertritt einen ähnlichen Standpunkt. Sie führt aus, dadurch, daß die Parteien inhaltlich zu einer Aufrechnung Stellung nähmen, ohne die fehlende Zuständigkeit zu rügen, komme eine stillschweigende Gerichtsstandsvereinbarung zustande, durch die jede vorausgegangene anders lautende Vereinbarung abgeändert werden könne. Diese Auffassung wird auf zwei Argumente gestützt: Erstens stehe die Freiheit der Parteien, das zuständige Gericht zu bestimmen, an erster Stelle im Aufbau des Übereinkommens. Aus dem Urteil in der Rechtssache Elefanten Schuh gehe hervor, daß es nach Artikel 17 den Parteien nicht verwehrt sei, auf die Rechte aus einer Zuständigkeitsvereinbarung zu verzichten und ihre Streitigkeit einem anderen als dem ursprünglich vereinbarten Gericht zu unterbreiten. Zweitens sei die Ausdehnung der Anwendung von Artikel 18 auf Aufrechnungen und Widerklagen aus Gründen der Prozeßökonomie erforderlich. Die Bundesrepublik Deutschland erklärt ausdrücklich (und die Ausführungen des Vereinigten Königreichs lassen klar erkennen), daß dieser Grundgedanke sowohl für Widerklagen als auch für Aufrechnungen gelte.

Artikel 17 Absatz 1 des Übereinkommens lautet wie folgt:

„Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, durch eine schriftliche oder durch eine mündliche, schriftlich bestätigte Vereinbarung bestimmt, daß ein Gericht oder die Gerichte eines Vertragsstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige, aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Staates ausschließlich zuständig.“

Zwar könnte man die Auffassung vertreten, Artikel 17 verleihe von den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarungen bindende Wirkung, so daß die Parteien und jedes andere angerufene Gericht danach an die von ihnen getroffene Wahl des Gerichtsstands gebunden wären. Der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, daß dies nicht der Fall ist und daß es den Parteien freisteht, ihre Gerichtsstandsvereinbarung zu ändern. Der Gerichtshof hat in Randnummer 10 seines Urteils in der Rechtssache 150/80 (Elefanten Schuh/Jacqmain, Slg. 1981, 1684) ausgeführt: „Außerdem gibt es keinen aus dem allgemeinen Aufbau oder den Zielen des Übereinkommens abzuleitenden Grund für die Ansicht, daß es an einer Zuständigkeitsvereinbarung im Sinne von Artikel 17 beteiligten Personen verwehrt wäre, ihre Streitigkeit freiwillig einem anderen als dem vereinbarten Gericht zu unterbreiten.“ Aus dieser Passage geht ebenso wie aus den Randnummern 5 und 8 des Urteils in der Rechtssache 23/78 (Meeth/Glacetal, Slg. 1978, 2141 f.), wo entscheidend auf den freien Willen der Parteien abgestellt wird, eindeutig hervor, daß die Parteien ihre Zuständigkeitsvereinbarung aufheben können. Zweifellos kann sich für den Fall, daß ein Kläger vor einem anderen als dem in einer Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne von Artikel 17 festgelegten Gericht Klage erhebt, die andere an der Vereinbarung beteiligte Partei als Beklagte der Zuständigkeit unterwerfen, indem sie sich rügelos auf das Verfahren einläßt. Dieses Gericht wird dann zuständig (vgl. Ziffer 1 des Tenors des Urteils in der Rechtssache Elefanten Schuh). Diese Situation fällt ausdrücklich unter den Wortlaut des Artikels 18, da die Zuständigkeit gegeben ist, „wenn sich der Beklagte ... auf das Verfahren einläßt“. Es gibt keine ausdrückliche Vorschrift dahin gehend, daß dann, wenn ein Beklagter gegen eine Klage, für die keine Gerichtsstandsvereinbarung besteht, aufgrund einer Forderung, die unter eine Gerichtsstandsvereinbarung fällt, Widerklage erhebt oder die Aufrechnung erklärt und der Kläger sich auf die Widerklage oder die Aufrechnung einläßt, ohne die fehlende Zuständigkeit zu rügen, das Gericht für den letztgenannten Rechtsstreit zuständig wird.

Meines Erachtens erfordern jedoch der Aufbau und Zweck des Übereinkommens, daß für Widerklagen und Aufrechnungen insoweit dieselben Regeln gelten sollten wie für Klagen. Außer in den Fällen, für die besondere zwingende Vorschriften erlassen wurden, räumt das Übereinkommen den Parteien eines Rechtsstreits einen Spielraum für die Bestimmung des Gerichtsstands ein. Selbst wenn sie im voraus einen Gerichtsstand vereinbaren, können sie nachträglich dadurch, daß sie vor einem anderen Gericht Klage erheben bzw. sich gegen eine solche Klage verteidigen, diesem Gericht Zuständigkeit verleihen. Diese Wahlfreiheit muß in gleicher Weise gelten für den Fall, daß der Anspruch in dem ursprünglichen Verfahren eingeklagt wird, wie für den Fall, daß er im Wege der Widerklage oder der Aufrechnung geltend gemacht wird. Ferner ergibt sich aus den Artikeln 6, 21, 22 und 23 des Übereinkommens eindeutig, daß eine Verfahrenshäufung vermieden werden soll; auch hat der Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache Meeth/Glacetal (Randnr. 8 der Entscheidungsgründe) die Notwendigkeit betont, überflüssige Verfahren zu vermeiden. Wenn an Streitigkeiten beteiligte Parteien, die beide damit einverstanden sind, daß ein anderes als das Gericht entscheidet, dessen Zuständigkeit für eine dieser Streitigkeiten vereinbart wurde, automatisch gezwungen sind, den der Gerichtsstandsvereinbarung unterliegenden Streit vor ein anderes Gericht zu bringen, so ergeben sich daraus natürlich zwei Serien von Verfahren. Dies widerspricht dem Zweck des Übereinkommens.

Dieses Ergebnis führt nicht zu einer unannehmbaren Aushöhlung der Wirkung des Artikels 17, denn der Kläger, dem gegenüber Widerklage erhoben oder die Aufrechnung erklärt wird, kann ebenso wie der Beklagte in jedem Fall die fehlende Zuständigkeit rügen, indem er sich nicht später als bei Abgabe derjenigen Stellungnahme, die nach dem innerstaatlichen Prozeßrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist, auf die Vereinbarung beruft (Elefanten Schuh, Nr. 2 des Tenors). Dieser Schutz ist insbesondere dann möglich, wenn sich der Rechtsstreit, der sich aus der Widerklage oder der Aufrechnung ergibt, auf andere Tatsachen bezieht als die, auf denen die Klage beruht. Natürlich können darüber hinaus nationale Verfahrensregeln bestehen, die die Geltendmachung von nicht mit der Klage zusammenhängenden Forderungen im Wege der Aufrechnung oder der Widerklage begrenzen.

Ich halte es nicht für gerechtfertigt, im Hinblick auf die Unterwerfung unter eine Gerichtsbarkeit zwischen der Lage des Klägers und der des Beklagten zu unterscheiden oder einen Unterschied zu machen zwischen einer vom Beklagten erhobenen Widerklage und einer von ihm erklärten Aufrechnung.

Hinzuzufügen ist, daß sich im vorliegenden Fall kein Problem daraus ergibt, daß die Parteien des Verfahrens (Sommer Exploitation und Frau Spitzley) nicht dieselben sind wie die Parteien der Vereinbarung vom 31. März 1976 (Sommer Exploitation und Herr Spitzley), da Herr Spitzley, wie das Landgericht Koblenz in der ersten Instanz feststellte, seine Ansprüche aus dieser Vereinbarung rechtswirksam an Frau Spitzley abgetreten hat.

Aus diesen Gründen schlage ich vor, die vom Oberlandesgericht Koblenz vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

Läßt sich ein Kläger vor einem Gericht auf eine Aufrechnung oder Widerklage des Beklagten ein, ohne die fehlende Zuständigkeit dieses Gerichts zu rügen, so wird dieses Gericht nach Artikel 18 des Übereinkommens für die Entscheidung über die Aufrechnung oder Widerklage auch dann zuständig, wenn der Aufrechnung oder Widerklage nicht derselbe Vertrag oder Sachverhalt zugrunde liegt wie der Klage und wenn für sie nach Artikel 17 des Übereinkommens die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts vereinbart worden ist.

Einer Entscheidung über die Kosten der Kommission und der beiden Mitgliedstaaten, die sich am vorliegenden Verfahren beteiligt haben, bedarf es nicht.


( *1 ) Aus dem Englischen übersetzt.