SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

JEAN-PIERRE WARNER

VOM 13. DEZEMBER 1979 ( 1 )

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

Einführung

Eine dieser beiden Rechtssachen, die Rechtssache 52/79, ist im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens des Tribunal correctionnel Lüttich vor den Gerichtshof gelangt, während die Rechtssache 62/79 auf ein Vorabentscheidungsersuchen der Cour d'appel Brüssel zurückgeht.

In beiden Rechtssachen geht es um Fragen der Auslegung der Artikel 59 bis 66 EWG-Vertrag über den freien Dienstleistungsverkehr.

Den Hintergrund beider Rechtssachen bildet die Tätigkeit von Unternehmen, die in Belgien Kabelfernsehdienste unterhalten. Diese Dienstleistung besteht im wesentlichen darin, drahtlos ausgestrahlte Fernsehsignale mit Hilfe einer Antenne zu empfangen und über Kabel an die Fernsehempfangsgeräte von Abonnenten des Dienstes weiterzuübertragen. Wie wir gehört haben, unterscheidet sich dieser Vorgang technisch gesehen nur hinsichtlich seines Maßstabs und seines gewerbsmäßigen Charakters (insbesondere was die Größe und den Standort der Antennen sowie das Niveau der Wartung angeht) von der Benutzung einer gewöhnlichen Antenne für den Fernsehempfang z. B. innerhalb eines Häuserblocks.

Der Kabelübertragung von Fernsehsendungen wurden vier Vorteile zugeschrieben. Erstens könnten auf diese Weise Hindernisse für den unmittelbaren Empfang von Sendungen, wie etwa Berge, Wälder und hohe Gebäude, überwunden werden. Zweitens verbessere sie die Bildund Tonqualität. Drittens ermögliche sie es den Abonnenten, Fernsehsendungen auch dann zu empfangen, wenn sie sich außerhalb der Reichweite der diese Programme ausstrahlenden Sendestationen, d. h. außerhalb ihrer „natürlichen Empfangszone“, befänden. Schließlich gibt es eine am Schutz des Orts- und Landschaftsbildes orientierte Überlegung: Die Kabelübertragung mache die häßlichen Einzelantennen auf den Hausdächern entbehrlich. Es wurde betont, daß der Fernsehzuschauer als Abonnent eines Übertragungsdienstes alle Fernsehprogramme einschließlich derer über Kabel erhalte, in deren natürlicher Empfangszone er möglicherweise lebt.

In diesen Rechtssachen geht es um Probleme, die sich aus der Kabelübertragung von Programmen außerhalb Belgiens gelegener Fernsehstationen in Belgien ergeben. Dem Gerichtshof ist eine Karte vorgelegt worden, aus der hervorgeht, daß. alle Teile Belgiens innerhalb des natürlichen Empfangsgebiets einer oder mehrerer ausländischer (britischer, niederländischer, deutscher, luxemburgischer oder französischer) Sendestationen liegen. Der Bevollmächtigte der deutschen Regierung hat das Ausmaß der auf der Karte wiedergegebenen Durchdringung mit ausländischen Sendungen angezweifelt; er hat hierauf jedoch keinen Nachdruck gelegt; auch das Gesamtbild würde sich nicht wesentlich ändern, wenn seine Ansicht zuträfe. Wie unwidersprochen vorgetragen worden ist, bewirkt das Kabelfernsehen eine Zunahme der den belgischen Zuschauern zugänglichen ausländischen Fernsehprogramme von, in den am günstigsten gelegenen Gegenden, zwei oder drei auf acht oder zehn.

Die Rechtssache 52/79 geht auf ein Strafverfahren wegen der Verletzung eines Verbots der Ausstrahlung von Fernsehwerbung zurück; dieses Verbot ist in einem arrêté royal enthalten, auf den ich sogleich im einzelnen eingehen werde. Der Rechtssache 62/79 liegt eine Klage wegen Verletzung des Urheberrechts zugrunde.

Die einschlägigen belgischen Rechtsvorschriften

In Belgien besteht ein gesetzliches Monopol für die Veranstaltung von Rundfunksendungen, das sowohl für Radioais auch für Fernsehsendungen gilt. Es unterliegt heute dem Gesetz vom 18. Mai 1960 (in der Fassung der Verordnung vom 12. 12. 1977, durch das zwei Rundfunkanstalten („instituts d'émission“), und zwar die „Radiodiffusion-télévision belge de la Communauté culturelle française“ (bekannt als „RTBF“) und die „Belgische radio en televisie, Nederlandse uitzendingen“ (bekannt als „BRT“) errichtet wurden. Durch das Gesetz wurde auch eine gemeinsame Einrichtung, die „Radiodiffusion-télévision belge — Institut des services communs“, geschaffen, die für die gemeinsamen Dienste in den Bereichen Technik, Verwaltung, Finanzen und Kultur, für Sendungen in deutscher Sprache sowie für einen weltweiten Dienst verantwortlich ist.

Neben anderen Beschränkungen verbietet das Gesetz in Artikel 28 § 3 den Anstalten RTBF und BRT (und, wie ich es verstehe, dem gemeinsamen „Institut“) die Ausstrahlung von Sendungen mit Werbecharakter („revêtant un caractère de publicité commerciale“). Wie wir gehört haben, dürfen jedoch öffentliche oder halböffentliche Einrichtungen, wie die Sabena, die Caisse de Crédit Communal und die Caisse d'Épargne, als Programmsponsoren auftreten.

Das Kabelfernsehen ist im arrêté royal vom 24. Dezember 1966 geregelt.

Kapitel II dieses arrêté royal enthält Bestimmungen über die Genehmigung von Kabelübertragungsnetzen.

Nach Artikel 2 ist die Errichtung eines solchen Netzes ohne Genehmigung des zuständigen Ministers verboten. Wie wir gehört haben, müssen in dem Antrag auf Genehmigung die Rundfunkstationen genannt werden, deren Programme der Antragsteller weiterübertragen will. Jede Ausweitung oder Verringerung der angegebenen Sendestationen bedarf einer neuen Genehmigung.

Gemäß Artikel 7 werden die Genehmigungen für ein bestimmtes Gebiet erteilt, das einen Teil einer Ortschaft, eine ganze Ortschaft oder eine Reihe von aneinander grenzenden Ortschaften umfassen kann. Der zuständige Minister kann jedoch die Errichtung von Antennen und daran angeschlossenen Anlagen außerhalb dieses Gebiets genehmigen.

Kapitel VI des arrêté royal trägt die Überschrift „Programmes“. Die zu diesem Kapitel gehörenden Artikel 20 bis 23 lauten, soweit einschlägig, wie folgt:

„Article 20

Sauf en cas d'impossibilité reconnue par la Régie des Télégraphes et des Téléphones, tout réseau de distribution d'émissions de radiodiffusion télévisuelle doit transmettre simultanément et dans leur intégralité toutes les émissions de la Radiodiffusion-télévision belge.

Article 21

Sous réserve des stipulations des conventions internationales, le distributeur peut transmettre les émissions de toute autre station de radiodiffusion télévisuelle autorisée par le pays où elle est établie.

Est toutefois interdite la transmission:

1.

des émissions revêtant un caractère de publicité commerciale;

...

Article 22

Il est interdit au distributeur de relier au réseau de distribution d'émissions de radiodiffusion télévisuelle des appareils susceptibles de distribuer des images et sons autres que ceux des programmes autorisés.

...

Article 23

Il est interdit de distribuer des émissions:

a)

attentatoires à la sûreté de l'État, à l'ordre public ou aux lois belges;

b)

contraires aux bonnes moeurs;

c)

susceptibles de constituer un outrage aux convictions d'autrui ou une offense à l'égard d'un État étranger.“

In Artikel 41 des arrêté royal ist vorgesehen, daß jeder Verstoß gegen diese Bestimmungen den Entzug der Genehmigung für eine bestimmte Zeit oder auf Dauer zur Folge haben kann. Dies gilt vorbehaltlich der Bestimmungen eines Gesetzes vom 26. Januar 1960, nach dem Geldstrafen verhängt werden können.

Das einschlägige belgische Urheberrecht hat die Cour d'appel Brüssel in ihrem Vorlageurteil dargelegt. Nach den Ausführungen der Cour d'appel bestimmt sich die Stellung von Kabelfernsehunternehmen in Belgien nach Artikel 1 Ibis der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und der Kunst ir ihrer „Brüsseler Fassung“ vom 26. Juni 1948, die in Belgien durch Gesetz vom 26. Juni 1951 ratifiziert worden ist. Artikel 11 bis Absatz 1 lautet:

„Die Urheber von Werken der Literatur und der Kunst genießen das ausschließliche Recht, zu erlauben:

1.

die Rundfunksendung ihrer Werke oder die öffentliche Mitteilung der Werke durch irgendein anderes Mittel, das zur drahtlosen Verbreitung von Zeichen, Tönen oder Bildern dient;

2.

jede öffentliche Mitteilung des durch Rundfunk gesendeten Werkes mit oder ohne Draht, wenn diese Mitteilung von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen vorgenommen wird;

3.

...“

Die Cour d'appel hält Absatz 1 Nr. 2 dieser Bestimmung für einschlägig, da die belgische Kabelfernsehgesellschaft ein anderes als das ursprüngliche Sendeunternehmen sei und da es sich bei der an seine Abonnenten gerichteten Sendung eines solchen Unternehmens um eine „öffentliche Mitteilung ... mit Draht“ handele. Daher habe der Urheber eines Werkes der Literatur oder der Kunst, das den Gegenstand einer Sendung bilde, das ausschließliche Recht, die Übertragung dieses Werkes durch ein solches Unternehmen zu erlauben. Soweit ich verstanden habe, gilt dieser Grundsatz nach Ansicht der Cour d'appel unabhängig davon, ob die ursprüngliche Sendung in Belgien oder anderswo veranstaltet worden ist.

Meines Erachtens kann der Gerichtshof die Entscheidung der Cour d'appel insoweit nicht überprüfen, da Fragen der Auslegung des nationalen Rechts bei Vorlagen nach Artikel 177 EWG-Vertrag Sache des innerstaatlichen Gerichts sind.

Von gewisser Bedeutung sind in diesen Fällen auch die Artikel 1 und 6 Absatz 1 des unter der Schirmherrschaft des Europarates zustande gekommenen Europäischen Abkommens zum Schutz von Fernsehsendungen vom 22. Juni 1960 („Straßburger Abkommen“). Was die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angeht, gilt dieses Abkommen zwischen Belgien, Dänemark, Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich. Soweit ersichtlich ist das Abkommen in Irland, Italien, Luxemburg und den Niederlanden nicht ratifiziert worden.

Artikel 1 hat, soweit einschlägig, folgenden Wortlaut:

„Die Sendeunternehmen, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei nach deren Rechtsvorschriften errichtet sind oder in diesem Hoheitsgebiet Sendungen durchführen, genießen für ihre sämtlichen Fernsehsendungen :

1.

im Hoheitsgebiet aller Vertragsparteien das Recht, folgendes zu erlauben oder zu verbieten:

a)

...

b)

die öffentliche Übertragung dieser Sendungen durch Drahtfunk;

...“

Artikel 6 Absatz 1 lautet:

„Etwaige Rechte Dritter an Fernsehsendungen, insbesondere Rechte der Urheber, aufführenden oder darstellenden Künstler, Hersteller von Filmen oder Tonträgern und Veranstalter, werden durch den in Artikel 1 vorgesehenen Schutz nicht berührt.“

Ich wende mich nun dem Sachverhalt der beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen, und zwar zunächst dem der Rechtssache 52/79, zu.

Der Sachverhalt der Rechtssache 52/79

Aus Artikel 21 des arrêté royal vom 24. Dezember 1966 folgt auf den ersten Blick, daß Kabelfernsehgesellschaften in Belgien verpflichtet sind, kommerzielle Werbung in von ihnen weiterübertragenen ausländischen Fernsehprogrammen auszublenden. Gemäß Artrikel 23 haben sie auch andere Arten von Material auszublenden, doch betrifft die Rechtssache 52/79 nur Werbung.

Wir haben von den Schwierigkeiten gehört, die dieses Ausblenden mit sich bringen würde, wenn die in den Artikeln 21 und 23 des arrêté royal niedergelegten Verpflichtungen durchgesetzt würden. Dabei handelt es sich wohl um dreierlei.

Erstens würde dies bedeuten, daß bei jedem Übertragungsnetz eine Person beschäftigt werden müßte, die sich jedes übertragene ausländische Programm während der gesamten Sendezeit ansehen müßte, um dann, wenn verbotenes Material auf den Fernsehschirm gelangt, abschalten und danach wieder einschalten zu können. Dies würde zu einem enormen Personalanstieg führen, der eine entsprechende Zunahme der Abonnements des Kabeldienstes erforderlich machen würde. Wie wir gehört haben, arbeitet die gesamte Anlage nach der Einrichtung eines Netzes automatisch, so daß Personal nur für die kaufmännische Leitung und für Wartung benötigt wird.

Zweitens würde das zur Programmüberwachung und -zensur eingestellte Personal unweigerlich Beurteilungsfehler begehen. Die Grenze zwischen Sendungen, auf die die Bezeichnung „revêtant un caractère de publicité commerciale“ zutrifft, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, kann unscharf sein. Wir haben von Schwierigkeiten gehört, welche die RTBF und BRT bei der Grenzziehung hatten und noch haben. Es wurde das Beispiel des Überwachers angeführt, der während der Übertragung eines Fußballspiels eine im Stadion angebrachte Werbung auf seinem Bildschirm sieht. Soll er das Netz unverzüglich abschalten oder nicht?

Drittens würde es infolge des Abschaltens des Netzes zu einem unangenehmen Geräusch in den Empfangsgeräten der Abonnenten und zur Bildung von „Schnee“ auf ihren Bildschirmen kommen. Dies würde Ärger bei den Abonnenten hervorrufen, die im Ungewissen darüber gelassen würden, ob die Störung ihren Ursprung in ihrem Empfangsgerät, im Übertragungsnetz oder in der Sendung selbst hat. Nach Artikel 22 des arrêté royal sei es der Kabelfernsehgesellschaft auch nicht möglich, ein eigenes Signal einzublenden, um die Unterbrechung zu erklären.

Es besteht Einigkeit darüber, daß die Kabelfernsehgesellschaften, nachdem sie sich anfänglich an die Bestimmungen gehalten hatten, wegen der genannten Schwierigkeiten und wegen der raschen Zunahme von Fernsehwerbung in den Nachbarländern Belgiens dazu übergingen, Artikel 21 des arrêté royal nicht zu beachten und ausländische Fernsehprogramme in ihrer Gesamtheit zu übertragen. Die Behörden stellten sich gegenüber dieser allgemeinen Nichtbeachtung der Vorschrift blind. Dies geht eindeutig aus den uns mitgeteilten Äußerungen des Ministers und aus dem Umstand hervor, daß die Strafverfolgung in der Rechtssache 52/79 die erste wegen Verletzung von Artikel 21 überhaupt ist.

Die Strafverfolgung wurde durch drei Vereinigungen ausgelöst, die sich selbst als „Verbrauchervereinigungen“ bezeichnen, nämlich die Asbl „Fédération nationale du Mouvement coopératif féminin, Organisation de Consommateurs“, die Asbl „Fédération belge des Coopératives“ und die Asbl „Vie féminine“. Der Grund dafür, daß Frauenorganisationen von diesem Sachverhalt betroffen sind, wurde in der mündlichen Verhandlung von deren Vertretern erläutert. Diese Organisationen bestehen überwiegend aus Müttern und Lehrern, die über die Wirkung der Fernsehwerbung auf Kinder besorgt sind.

Jedenfalls erstatteten diese Vereinigungen Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden („ministère public“) in Brüssel, Antwerpen und Lüttich. Die einzige Reaktion kam von der Behörde in Lüttich, wo es zur Eröffnung eines Strafverfahrens vor dem Tribunal de police kam.

Die Unternehmen, gegen deren Tätigkeit sich die Strafverfolgung richtet, sind eine Gesellschaft der bekannten „CODI-TEL“-Gruppe und die „Association liégeoise d'Électricité“ („ALÉ“). CODI-TEL und ALÉ betreiben einen Kabelfernsehdienst für die Stadt und die Provinz Lüttich. Die eigentlichen Angeklagten sind drei Einzelpersonen (die Herren Debauve, Denuit und Lohest), die zur Geschäftsleitung von CODITEL und von ALÉ gehören. CODITEL und ALÉ selbst sind an dem Verfahren als zivilrechtlich Haftende („civilement responsable“) beteiligt.

Die drei Vereinigungen, die das Verfahren in Gang gebracht haben, treten neben einer großen Zahl von Einzelpersonen und der RTBF als Antragsteller im Adhäsionsverfahren („parties civiles“) auf.

Wie wir gehört haben, beantragte die Strafverfolgungsbehörde vor dem Tribunal de police, die Angeklagten freizusprechen.

Jedenfalls wurden sie vom Tribunal de police freigesprochen. Das Gericht erinnerte in seinem Urteil vom 14. Dezember 1978 daran, daß Artikel 21 nur „sous reserve des conventions internationales“ gelte, und hielt die Vorschrift aus zwei Gründen für nicht anwendbar. Erstens verleihe das Straßburger Abkommen ausländischen Sendeunternehmen das Recht, die Kabelübertragung ihrer Sendungen zu untersagen, wenn ihre Programme verändert würden. (Dem Gerichtshof ist ein wohl an die Muttergesellschaft der CODITEL-Gruppe gerichtetes Schreiben der französischen Botschaft in Belgien vom 8. Oktober 1966 vorgelegt worden, in dem der Übertragung des Fernsehprogramms der ORTF in Lüttich unter anderem unter folgender Bedingung zugestimmt wurde: „... la distribution devra être effectuée sans coupures“ — Anlage 1 der Erklärungen der Angeklagten im Ausgangsverfahren Debauve u. a.). Den zweiten Grund sah das belgische Gericht darin, daß nach dem Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache 155/73 {Sacchi — Sig. 1974, 409 und 427) die Ausstrahlung von Fernsehsendungen, einschließlich solcher mit Werbecharakter, unter die Artikel 59 bis 66 EWG-Vertrag falle und daß es daher gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen würde, wenn aus Sendungen aus anderen Mitgliedstaaten Werbung herausgeschnitten würde; soweit Artikel 21 des arrêté royal mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sei, komme letzterem Vorrang zu.

Die Antragsteller im Adhäsionsverfahren (oder eine Mehrheit von ihnen) legten gegen den Freispruch Berufung zum Tribunal correctionnel Lüttich ein. Wie wir gehört haben, beantragte die Strafverfolgungsbehörde auch vor diesem Gericht den Freispruch der Angeklagten, und zwar im wesentlichen deshalb, weil Artikel 21 des arrêté royal den Bestimmungen der belgischen Verfassung über den Schutz der Meinungsfreiheit und über das Verbot der Zensur zuwiderlaufe.

Mit Urteil vom 23. Februar 1979 hat das Tribunal correctionnel dem Gerichtshof die beiden folgenden Fragen vorgelegt:

„1.

Ist Artikel 59 des Vertrages von Rom im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofes vom 30. April 1974 in der Rechtssache 155/73 (Sacchi) dahin auszulegen, daß er jede innerstaatliche Regelung verbietet, durch die den Kabelfernsehgesellschaften die Übertragung von Werbemitteilungen untersagt wird, obgleich es möglich und zulässig bleibt, derartige Mitteilungen in den Empfangsbereichen der ausländischen Sender auf normalem Wege zu empfangen? Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen,

a)

daß eine solche Regelung zu einer auf dem geographischen Standort beruhenden Diskriminierung des ausländischen Senders, der nur in seinem natürlichen Empfangsbereich Werbemitteilungen ausstrahlen könnte, führen würde, da diese Bereiche aufgrund der unterschiedlichen Bevölkerungsdichte für die Werbung von ganz unterschiedlichem Interesse sein können;

b)

daß eine solche Regelung zu einer Beschränkung führen würde, die zu dem angestrebten Ziel außer Verhältnis stünde, da dieses Ziel — nämlich das Verbot der Fernsehwerbung — wegen der natürlichen Empfangszonen niemals voll verwirklicht werden könnte.

2.

Sind die Artikel 59 und 60 des Vertrages von Rom im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofes vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74 (van Binsbergen) dahin auszulegen, daß sie gegenüber innerstaatlichen Regelungen auch insoweit unmittelbare Wirkung haben, als eine solche Regelung keine ausdrückliche Diskriminierung des Leistungserbringers aus Gründen seiner Staatsangehörigkeit oder wegen seines Aufenthalts enthält (hier: Verbot der Weiterübertragung von Werbemitteilungen)?“

Der Sachverhalt der Rechtssache 62/79

In der Rechtssache 62/79 geht es um folgenden Sachverhalt:

Durch einen Vertrag vom 8. Juli 1969 räumte die französische Firma SA „Les Films La Boëtie“ (die ich im folgenden „La Boëtie“ nennen werde) der belgischen Firma SA „Ciné Vog Films“ (die ich im folgenden „Ciné Vog“ nennen werde) für einen Zeitraum von sieben Jahren das ausschließliche Recht ein, einen von La Boëtie produzierten Film mit dem Titel „Le Boucher“ in Belgien und Luxemburg zu verleihen. Der Vertrag erfaßte sowohl Kinovorführungen als auch Fernsehübertragungen. Er sah allerdings vor, daß der Film erst 40 Monate nach der ersten Vorführung in einem belgischen Kino im Fernsehen in Belgien und erst im letzten der sieben Jahre im Fernsehen in Luxemburg gezeigt werden durfte. Die erste Vorführung des Films in einem belgischen Kino fand am 15. Mai 1970 statt, so daß er nach dem Vertrag bis September 1973 nicht im belgischen Fernsehen hätte gezeigt werden dürfen.

Der Vertreter von Ciné Vog hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, La Boëtie habe die Rechte für den Verleih des Films „Le Boucher“ in der Bundesrepublik Deutschland einer anderen französischen Gesellschaft, der Firma „Filmedis“, eingeräumt. Nach dem mit der Firma La Boëtie geschlossenen Vertrag war Filmedis augenscheinlich befugt, die deutschen Fernsehrechte an dem Film sofort zu verwerten, und tat dies auch. Dies führte dazu, daß der Film am 5. Januar 1971 im deutschen Fernsehen gezeigt wurde. Die Sendung wurde in Belgien von CODITEL empfangen, und diese übertrug sie an ihre Abonnenten weiter, allerdings — wie ich das Vorbringen von CODITEL verstanden habe — nur an diejenigen, die im natürlichen Sendegebiet des deutschen Senders wohnen. Die Abonnenten von CODITEL in diesem Gebiet sahen somit den Film (in einer synchronisierten Fassung in deutscher Sprache und ohne Untertitel) nur sieben Monate nach seiner ersten Vorführung in den belgischen Kinos.

Ciné Vog erhob zusammen mit der Asbl „Chambre syndicale belge de la Cinématographic“ Klage vor dem Tribunal de premiere instance Brüssel gegen La Boëtie und die drei Gesellschaften der CO-DITEL-Gruppe, einschließlich der Lütticher Firma, gegen die sich das Strafverfahren in der Rechtssache 52/79 richtet. (Ich werde diese drei Gesellschaften im folgenden der Einfachheit halber „CODITEL“ nennen.) Die „Chambre syndicale des Producteurs et Exportateurs de Films français“ wurde als Streithelferin auf Seiten der Firma La Boëtie zugelassen.

Das Tribunal de première instance wies die Klage von Ciné Vog, soweit sie wegen Vertragsverletzung gegen La Boëtie gerichtet war, wegen mangelnder Substantiierung als unbegründet ab.

Der gegen CODITEL gerichteten Klage wegen Verletzung des Urheberrechts gab das Gericht dagegen statt. Es erkannte Ciné Vog einen gegen CODITEL gerichteten Anspruch auf Unterlassung der Vorführung des Films „Le Boucher“ in Belgien ohne Zustimmung von Ciné Vog zu, erklärte die am 5. Januar 1971 von CODITEL vorgenommene Übertragung des Films für rechtswidrig, verurteilte CODITEL zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 300000 BFR an Ciné Vog und in Höhe von 1 BFR an die andere Klägerin, erlaubte letzterer, das Urteil auf CODITEL's Kosten in zwei belgischen Zeitungen zu veröffentlichen, und verurteilte CODITEL in die Kosten.

CODITEL legte gegen dieses Urteil Berufung zur Cour d'appel Brüssel ein.

Die Cour d'appel ließ weitere Streithelfer auf Seiten der Berufungskläger zu. Ich erwähne sie nur deshalb, weil zwei dieser Streithelfer selbständig im Verfahren vor dem Gerichtshof aufgetreten sind, und zwar die „Inter-Régies“ und die „Union professionnelle de Radio et Télédistribution“, bei denen es sich um Vereinigungen handelt, welche die öffentlichen bzw. privaten Einrichtungen vertreten, die in Belgien Kabelfernsehdienste betreiben.

Nach Ansicht der Cour d'appel war CODITEL nach belgischem Urheberrecht nicht befugt, den am 5. Januar 1971 ausgestrahlten Film „Le Boucher“ ohne Zustimmung von Ciné Vog weiterzuübertragen, und zwar weder innerhalb des natürlichen Empfangsgebiets der deutschen Sendung noch außerhalb desselben. Nach der Prüfung, ob Artikel 85 EWG-Vertrag für den Sachverhalt von Bedeutung sei, erkannte das Gericht, dieser Artikel sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Schließlich prüfte die Cour d'appel Artikel 59 EWG-Vertrag im Hinblick auf das Vorbringen von CODITEL, die Klage von Ciné Vog sei mit dieser Vorschrift unvereinbar, da sie die Möglichkeit für einen Sender in einem Nachbarland Belgiens beschränke, eine für in Belgien ansässige Personen bestimmte Dienstleistung zu erbringen.

In der Erwägung, daß

„die Berufungsklägerinnen auf die beiden möglichen Einwendungen, die streitige Einschränkung betreffe nicht den Erbringer der Dienstleistung (nämlich das ausländische Sendeunternehmen), sondern die Zwischenträger (die Kabelfernsehgesellschaften) und wirke deshalb nur im Verhältnis von Angehörigen ein und desselben Mitgliedstaats (nämlich Belgiens), entgegnen, Artikel 59 sei dahin zu verstehen, daß er Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs und nicht nur Beschränkungen der freien Betätigung der Erbringer von Dienstleistungen verbiete und alle Fälle umfasse, ‚in denen die Dienstleistung zu einer Überschreitung der innergemeinschaftlichen Grenzen führt, in einem früheren Stadium geführt hat oder in einem späteren Stadium führen wird‘“,

entschied die Cour d'appel, dem Gerichtshof die beiden folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

„1.

Handelt es sich bei den durch Artikel 59 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft verbotenen Beschränkungen nur um solche, die der Erbringung von Dienstleistungen zwischen Personen, die in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind, entgegenstehen, oder gehören dazu auch Beschränkungen für die Erbringung von Dienstleistungen, die zwischen Personen, die in ein und demselben Mitgliedstaat ansässig sind, erbracht werden, die sich jedoch auf eine Leistung beziehen, deren Substanz aus einem anderen Mitgliedstaat stammt?

2.

Falls der erste Teil der ersten Frage zu bejahen ist, ist es dann mit den Vorschriften des Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr vereinbar, daß derjenige, dem die Vorführungsrechte für einen Kinofilm in einem Mitgliedstaat eingeräumt worden sind, sein Recht geltend macht, um einem anderen die Vorführung dieses Films im Wege des Kabelfernsehens in diesem Staat verbieten zu lassen, wenn der so vorgeführte Film von dem anderen in dem genannten Mitgliedstaat empfangen wird, nachdem er in einem anderen Mitgliedstaat mit Zustimmung des ursprünglichen Rechtsinhabers von einem Dritten ausgestrahlt worden ist?“

In der mündlichen Verhandlung ist als Ergebnis von Fragen, die einige von Ihnen, meine Herren Richter, gestellt haben, erkennbar geworden, daß belgische Kabelfernsehgesellschaften bisher nicht einen Pfennig an die Inhaber des Urheberrechts an Filmen gezahlt haben, die sie weiterübertragen haben, und daß die vorliegende Klage zu dem Zweck erhoben worden ist, ihre Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung feststellen zu lassen. Es handelt sich hier, mit anderen Worten, um einen Musterprozeß.

Gemeinschaftsrechtliche Fragen von geringerer Bedeutung

Ich halte es für angebracht, zunächst drei gemeinschaftsrechtliche Fragen von geringerer Bedeutung zu erledigen, von denen zwei durch die erste Frage des Tribunal correctionnel Lüttich und eine durch die erste Frage der Cour d'appel Brüssel aufgeworfen werden.

Es handelt sich erstens um die Erwägung des Tribunal correctionnel in der ersten Frage unter Buchstabe a, daß die belgische Regelung über das Verbot der Kabelfernsehübertragung von Werbung (und dasselbe würde logischerweise für die einschlägige belgische urheberrechtliche Regelung gelten) zu einer Diskriminierung von Sendern in benachbarten Mitgliedstaaten führen könnte, weil deren natürliche Sendegebiete wegen ihrer unterschiedlichen geographischen Standorte voneinander abwichen und eine unterschiedliche Bevölkerungsdichte aufwiesen. Dahinter steht, wie ich annehme, der Gedanke, daß eine derartige „Diskriminierung“ nur vermieden werden könnte, wenn die ungehinderte Kabelübertragung des gesamten Programms jedes dieser Sender in ganz Belgien gestattet würde.

Das Problem besteht natürlich nur, soweit die Sender in benachbarten Mitgliedstaaten nach den Artikeln 59 bis 66 EWG-Vertrag als Erbringer einer Dienstleistung für belgische Zuschauer außerhalb ihres jeweiligen natürlichen Sendegebiets anzusehen sind. Dies ist eine schwierige Frage, mit der ich mich später befassen werde. Unterstellt man jedoch einmal, daß die Sender als Dienstleistungserbringer in diesem Sinne anzusehen sind, so halte ich es für eindeutig, daß die vom Tribunal correctionnel angesprochene „Diskriminierung“ keine Diskriminierung der vom Vertrag verbotenen Art ist. Wie insbesondere die RTBF, die französische Regierung und die Kommission mit Nachdruck vorgetragen haben, betreffen die Vertragsbestimmungen über das Diskriminierungsverbot Diskriminierungen, die durch Maßnahmen von Regierungen oder anderen Trägern öffentlicher Gewalt künstlich geschaffen werden. Diese Vorschriften sind nicht dazu bestimmt, Wettbewerbsvorteile zu beseitigen, über die bestimmte Unternehmen aufgrund ihres geographischen Standorts oder anderer natürlicher Umstände verfügen. Wo der Vertrag überhaupt auf derartige Umstände eingeht, tut er dies im Gegenteil in der Weise, daß er die Gewährung von Beihilfen an Betriebe oder Unternehmen, die durch solche Umstände benachteiligt sind, ausnahmsweise gestattet (vgl. z. B. Art. 42 und 92).

Das zweite Problem ergibt sich aus Buchstabe b der ersten Frage des Tribunal correctionnel. Das Gericht erwägt, ob die belgische Regelung über das Verbot der Kabelfernsehübertragung von Werbung (und wiederum würde dasselbe für die einschlägige belgische urheberrechtliche Regelung gelten) deshalb mit dem Gemeinschaftsrecht für unvereinbar gehalten werden müsse, weil sie zu einer Beschränkung führe, die zu dem angestrebten Ziel außer Verhältnis stünde, da das völlige Verbot des Empfangs verbotenen Materials in Belgien wegen der natürlichen Sendegebiete der ausländischen Sender niemals voll durchgesetzt werden könne.

Diese Erwägung scheint mir auf einem Mißverständnis zu beruhen. Wie dem Gerichtshof erläutert worden ist, erkennt das belgische Recht die Existenz natürlicher Sendegebiete ausländischer Sender an und versucht nicht, in die Freiheit der in diesen Gebieten lebenden Zuschauer einzugreifen, die von jenen Sendern ausgestrahlten Programme unmittelbar zu empfangen. Was die hier in Rede stehenden belgischen Vorschriften verbieten, ist die Weiterübertragung bestimmter Teile dieser Programme durch belgische Kabelfernsehgesellschaften, d. h. die Übertragung dessen, was ich als „verbotenes Material“ bezeichnet habe. Zweck dieser Vorschriften ist eindeutig nicht und kann es nicht sein, den Empfang derartiger Programmteile auf belgischem Gebiet insgesamt auszuschließen. Sie zielen lediglich darauf ab, im Falle jedes einzelnen Programms die aktive Verbreitung solcher Programmteile über den Kreis der Personen hinaus zu verhindern, die das Programm direkt empfangen können. Meines Erachtens steht der Umstand, daß die Vorschriften nur diesem begrenzten Zweck dienen, ihrer Gültigkeit nicht entgegen.

Das dritte Problem ergibt sich aus der ersten Frage der Cour d'appel, die dahin geht, ob Artikel 59 nur Beschränkungen für die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Personen verbietet, die in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind, oder ob er auch Beschränkungen für die Erbringung von Dienstleistungen entgegensteht, die zwischen in ein und demselben Mitgliedstaat ansässigen Personen erbracht werden, deren „Substanz“ jedoch „aus einem anderen Mitgliedstaat stammt“.

Meiner Ansicht nach ergibt sich die Antwort auf diese Frage aus dem Wortlaut von Artikel 59 selbst; danach gilt diese Bestimmung für die Erbringung von Dienstleistungen durch „Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind“. Der dort enthaltene Begriff „ansässig“ bedarf selbstverständlich der Auslegung. Im Urteil in der Rechtssache 33/74 (van Binsbergen — Slg. 1974, 1299) wurde Artikel 59 für anwendbar auf einen in Belgien wohnhaften Niederländer erklärt, der seine Dienstleistungen in den Niederlanden erbrachte; im Urteil in der Rechtssache 39/75 (Coenen —Slg. 1975, 1547) wurde die Vorschrift für anwendbar auf einen in Belgien wohnhaften Niederländer erklärt, der in den Niederlanden ein Büro unterhielt und in diesem Staat Dienstleistungen erbrachte. Eine Auslegung von Artikel 59 als auf diese Sachverhalte unanwendbar wäre offensichtlich insbesondere im Hinblick darauf falsch gewesen, daß nach Artikel 65 Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs „ohne Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsort“ anzuwenden sind. Man sucht die Artikel 59 bis 66 EWG-Vertrag jedoch vergeblich nach irgendeiner Bezugnahme oder einem Hinweis auf einen Sachverhalt ab, in dem die Substanz oder der Gegenstand einer innerhalb eines Mitgliedstaats erbrachten Dienstleistung aus einem anderen Mitgliedstaat stammt. Es überrascht auch nicht, daß die Verfasser des Vertrages einen derart ungenauen Begriff vermieden haben.

Die Antwort auf die Frage, ob Artikel 59 in den vorliegenden Rechtssachen Anwendung finden kann, hängt somit meines Erachtens nicht davon ab, ob die „Substanz“ der von CODITEL für ihre Abonnenten erbrachten Dienstleistung aus einem anderen Mitgliedstaat „stammt“. Sie hängt vielmehr davon ab, ob die Beschränkungen, die das belgische Recht der Erbringung dieser Dienstleistung (die in vollem Umfang in Belgien erfolgt) auferlegt, mittelbar die Erbringung einer anderen Dienstleistung durch eine Person in einem Mitgliedstaat gegenüber Personen in einem anderen Mitgliedstaat beschränken.

Bevor ich mich jedoch dieser entscheidenden Frage zuwende, muß ich die allgemeineren Fragen der Auslegung der Artikel 59 bis 66 EWG-Vertrag behandeln, die während des Verfahrens erörtert worden sind und deren Beantwortung die gesamte Befassung mit diesen Rechtssachen beherrschen muß.

Der Anwendungsbereich der Artikel 59 bis 66 EWG-Vertrag

Die erste dieser Fragen geht dahin, ob sich, wie in manchen der vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen ausgeführt oder angenommen worden ist, der Zweck der Artikel 59 bis 66 darin erschöpft, Diskriminierungen von Dienstleistungserbringern aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder des Aufenthaltsorts zu beseitigen, oder ob diese Artikel, wie andere ausgeführt oder angenommen haben, den weiter gehenden Zweck der, wie es ausgedrückt worden ist, Schaffung „eines gemeinsamen Marktes auf dem Gebiet des Dienstleistungsverkehrs“ haben.

Beide Auffassungen lassen sich auf Urteile des Gerichtshofes stützen. Bevor ich mich ihnen zuwende, muß ich jedoch auf die einschlägigen Bestimmungen des Vertrages selbst eingehen.

Die Artikel 59 bis 66 bilden das Kapitel 3 des Titels III des Zweiten Teils des Vertrages.

Der Zweite Teil trägt die Überschrift „Grundlagen der Gemeinschaft“.

Der Titel III ist überschrieben „Die Freizügigkeit, der freie Dienstleistungs- und Kapitalverkehr“. Dies spiegelt den Wortlaut von Artikel 3 Buchstabe c EWG-Vertrag wider, nach dem die Tätigkeit der Gemeinschaft „die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten“ umfaßt. Dieser Wortlaut macht deutlich, daß die Verfasser des Vertrages den freien Dienstleistungsverkehr im Gegensatz zu einer mitunter vertretenen Ansicht vom freien Personenverkehr unterscheiden wollten. In der Tat setzt, wie die Kommission darzulegen pflegt, die Erbringung einer Dienstleistung durch eine Person in einem Mitgliedstaat gegenüber einer Person in einem anderen Mitgliedstaat nicht notwendig voraus, daß eine von beiden einen Ortswechsel vollzieht.

Titel III umfaßt vier Kapitel, und zwar Kapitel 1 „Die Arbeitskräfte“, Kapitel 2 „Das Niederlassungsrecht“ (diese beiden Kapitel betreffen offensichtlich den freien Personenverkehr), Kapitel 3 „Dienstleistungen“ und Kapitel 4 „Der Kapitalverkehr“.

In Artikel 59, mit dem Kapitel 3 beginnt, ist von Diskriminierung nicht die Rede. Sein erster Absatz enthält folgende allgemeine Bestimmung:

„Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, werden während der Übergangszeit nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen schrittweise aufgehoben.“

Nach Artikel 59 Absatz 2 kann der Rat beschließen, daß Kapitel 3 „auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind“.

Der Wortlaut von Artikel 60 Absatz 1 bestätigt, daß der freie Dienstleistungsverkehr vom „freien Waren- und Kapitalverkehr“ und von der „Freizügigkeit der Personen“ zu unterscheiden ist.

Aus Artikel 60 Absatz 2 läßt sich für die hier behandelte Frage nichts herleiten.

In Absatz 3 dieses Artikels schließlich ist zum erstenmal in Kapitel 3 von Diskriminierung die Rede. Die Vorschrift lautet:

„Unbeschadet des Kapitels über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt.“

Dies bedeutet wohl, daß die Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt, dann keine oder zumindest eine geringere Rolle spielen, wenn der Erbringer der Dienstleistung sich nicht in den Staat begibt, in dem die Dienstleistung erbracht wird.

Bis Artikel 65 ist in keiner der folgenden Bestimmungen des Kapitels 3 von Diskriminierung die Rede; Artikel 65 lautet wie folgt:

„Solange die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht aufgehoben sind, wendet sie jeder Mitgliedstaat ohne Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsort auf alle in Artikel 59 Absatz 1 bezeichneten Erbringer von Dienstleistungen an.“

Somit waren Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder des Aufenthaltsorts schon vor der nach Artikel 59 Absatz 1 vorzunehmenden Aufhebung von Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs verboten. Daher läßt sich schwerlich die Ansicht vertreten, Artikel 59 betreffe lediglich die Beseitigung von Diskriminierung, denn dann bliebe, wenn überhaupt etwas, wenig, was nach dieser Bestimmung aufzuheben und nicht bereits durch Artikel 65 beseitigt wäre.

Artikel 66 schließlich erklärt die (in Kap. 2 enthaltenen) Bestimmungen der Artikel 55 bis 58 für anwendbar auf das in Kapitel 3 geregelte Sachgebiet. Nichts in jenen Bestimmungen legt jedoch eindeutig den Schluß nahe, daß Kapitel 3 nur die Beseitigung von Diskriminierungen betrifft.

Zwischen den Bestimmungen des Kapitels 3 und jenen des Kapitels 2 gibt es zwei bedeutsame Unterschiede.

Der erste besteht darin, daß (der am Anfang von Kap. 2 stehende) Artikel 52 in seinem Absatz 2 eine Bestimmung enthält, in der es eindeutig um Diskriminierung geht. Absatz 2 lautet:

„Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfaßt die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.“

Schon in seinem Urteil in der Rechtssache 6/74 (Costa/ENEL — Slg. 1964, 1251, 1273 und 1274) hat der Gerichtshof diese Bestimmung als Definition der Niederlassungsfreiheit ausgelegt und daraus abgeleitet, daß es in Kapitel 2 ausschließlich um Diskriminierung geht. Dagegen findet sich weder in Artikel 59 noch an anderer Stelle in Kapitel 3 eine ähnliche Bestimmung.

Der andere bedeutsame Unterschied besteht darin, daß Kapitel 2 keine Artikel 65 vergleichbare Bestimmung enthält.

Ein Grund für diese Unterschiede mag darin liegen, daß in einigen Mitgliedstaaten bestimmte Dienstleistungen verstaatlicht sind. Die Verstaatlichung einer Dienstleistung hat häufig zur natürlichen Folge, daß sich Privatpersonen in diesem Staat nicht niederlassen dürfen, um die gleiche Dienstleistung zu erbringen. Es wäre nun folgerichtig, anzunehmen, daß ein solches Verbot nach Auffassung der Verfasser des Vertrages für die Angehörigen anderer Mitgliedstaaten in gleicher Weise wie für die Angehörigen des Staates gilt, der die betreffende Dienstleistung verstaatlicht hat, daß es sich jedoch nicht auf die Erbringung dieser Dienstleistung durch eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Person erstreckt, solange es die Erbringung der Dienstleistung durch diese Person nicht mit sich bringt, daß sich der Leistungserbringer tatsächlich in den Staat begibt, in dem die Dienstleistung verstaatlicht ist. Andernfalls könnte das verstaatlichte Unternehmen seine Leistungen ungehindert für Personen erbringen, die sich in anderen Mitgliedstaaten aufhalten, während es Unternehmen in diesen Staaten verwehrt wäre, ihre Dienstleistungen für Personen zu erbringen, die sich in dem Staat mit der verstaatlichten Dienstleistung aufhalten.

Wie dem auch sei, ich halte nach einer Prüfung der einschlägigen.Vertragsbestimmungen die Ansicht, daß Kapitel 3 der Schaffung eines gemeinsamen Marktes auf dem Gebiet des Dienstleistungsverkehrs und nicht nur der Beseitigung von Diskriminierungen zwischen Dienstleistungserbringern dienen soll, unabhängig davon für zutreffend, wie die Rechtslage im Hinblick auf das Niederlassungsrecht nach Kapitel 2 sein mag.

Diese Auffassung scheint auch der Gerichtshof in seinen Urteilen in den Rechtssachen van Binsbergen und Coenen vertreten zu haben, wo er ausgeführt hat:

„Unter die Beschränkungen, deren Beseitigung der genannte Artikel vorsieht, fallen alle Anforderungen, die an den Leistenden namentlich aus Gründen seiner Staatsangehörigkeit oder wegen des Fehlens eines Wohnsitzes in dem Staat, in dem die Leistung erbracht wird, gestellt werden und nicht für im Staatsgebiet ansässige Personen gelten oder die in anderer Weise geeignet sind, die Tätigkeit des Leistenden zu unterbinden oder zu behindern.“

(Randnr. 10 der Entscheidungsgründe des Urteils in der Rechtssache van Binsbergen und Randnr. 6 der Entscheidungsgründe des Urteils in der Rechtssache Coenen; Hervorhebungen von mir)

Soweit ich sehe, stimmen, von einer Ausnahme abgesehen, alle übrigen zu den Artikeln 59 bis 66 ergangenen Urteile des Gerichtshofes mit dieser Auffassung überein oder lassen sich zumindest mit ihr in Einklang bringen. Bei der Ausnahme handelt es sich um das Urteil in der Rechtssache 15/78 (Société Générale Alsacienne de Banque/Koestler — Sig. 1978, 1971), in dem der Gerichtshof unzweifelhaft davon ausgegangen ist, daß diese Artikel nur die Beseitigung von Diskriminierungen betreffen. Die Frage scheint jedoch in dieser Rechtssache nicht umfassend erörtert worden zu sein. Insbesondere ist nicht erkennbar, daß die Aufmerksamkeit des Gerichtshofes auf Artikel 65 oder dessen Bedeutung gelenkt worden wäre. Der Gerichtshof scheint seine Schlußfolgerungen auf eine Prüfung von Artikel 60 Absatz 3 (in dem Urteil als Abs. 2 bezeichnet) gestützt zu haben, obwohl diese Bestimmung in jener Rechtssache nicht anwendbar war, da sich kein Angestellter der Société Générale im Zusammenhang mit den für Koestler erbrachten Dienstleistungen der Bank in die Bundesrepublik Deutschland begeben hatte; ferner scheint sich der Gerichtshof auf die Prüfung des vom Rat nach Artikel 63 aufgestellten Allgemeinen Programms gestützt zu haben, obwohl das Allgemeine Programm (wie ich in der Rechtssache 36/74, Walrave & Koch/UCI— Slg. 1974, 1425, dargelegt habe) den Geltungsbereich von Artikel 59 weder definieren konnte noch sollte. Das Allgemeine Programm war nicht einmal von wesentlicher Bedeutung für die Durchführung von Artikel 59 während der Übergangszeit, wie aus den Worten am Anfang von Artikel 63 Absatz 2 hervorgeht. Zudem bin ich der Ansicht, daß die Bestimmungen von Artikel 56 über die öffentliche Ordnung, wenn sie, soweit sie nach Artikel 66 auf Kapitel 3 Anwendung finden, die ihnen von mir zugeschriebene Wirkung haben (ein Punkt, dem ich mich sogleich zuwenden werde), in der Rechtssache Koestler eine Grundlage abgegeben hätten, um zum gleichen Ergebnis zu kommen. Nach alledem bin ich der Auffassung, der Gerichtshof sollte bei seiner in den Rechtssachen van Binsbergen und Coenen vertretenen Auffassung bleiben, statt an die in der Rechtssache Koestler zum Ausdruck gekommene Ansicht anzuknüpfen. Meines Erachtens würde nämlich ein anderes Vorgehen dem ausdrücklichen Wortlaut des Vertrages zuwiderlaufen.

Der Umfang der unmittelbaren Wirkung von Artikel 59

Die Formulierung der zweiten Frage des Tribunal correctionnel Lüttich jedenfalls macht es nunmehr erforderlich, den Umfang der unmittelbaren Wirkung von Artikel 59 zu prüfen. Glücklicherweise kann ich mich hierbei kürzer fassen.

Artikel 59 Absatz 2 kann eindeutig keine unmittelbare Wirkung zukommen. Das Problem betrifft somit nur Absatz 1.

In wenigstens drei Rechtssachen hat der Gerichtshof ausgeführt, daß dieser Absatz „jedenfalls“ insoweit unmittelbare Wirkung hat, als er die Beseitigung aller Diskriminierungen eines Dienstleistungserbringers aus Gründen seiner Staatsangehörigkeit oder wegen seines Aufenthaltsorts zum Gegenstand hat — eine Formulierung übrigens, die zur Bestätigung dafür beiträgt, daß der Zweck von Artikel 59 weiter geht. Ich nehme an, daß der Gerichtshof diese Formulierung in jenen Fällen gebraucht hat, um nicht weiter gehen zu müssen, als es zu ihrer Entscheidung erforderlich war. Es handelt sich um die Rechtssachen van Binsbergen, Walrave & Koch und Dona/Mantero (13/76 — Slg. 1976, 1333). Es gibt andere Urteile, die sich nur schwer mit der Auffassung in Einklang bringen lassen, daß Artikel 59 Absatz 1 unmittelbare Wirkung nur in diesem begrenzten Umfang zukommt (vgl. insbesondere das Urteil in den verbundenen Rechtssachen 110 und 111/78, Ministère Public/van Wesemael u. a. — Slg. 1979, 35).

Ich vermag keine Grundlage für die Ansicht zu erkennen, daß die unmittelbare Wirkung dieses Absatzes in dieser Weise begrenzt wäre; auch in den vor dem Gerichtshof in den vorliegenden Rechtssachen abgegebenen Erklärungen ist hierfür nichts vorgetragen worden.

Meiner Ansicht nach hat Artikel 59 Absatz 1 somit in jeder Hinsicht unmittelbare Wirkung.

Dabei übersehe ich nicht, daß der arrêté royal, um den es in der Rechtssache 52/79 geht, 1966, d. h. nach Inkrafttreten des Vertrages, erlassen wurde, so daß seine Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht nach Artikel 62 (der „stand still“-Klausel in Kap. 3) statt nach Artikel 59 selbst zu beurteilen ist. Meines Erachtens muß jedoch die unmittelbare Wirkung von Artikel 62 ihrem Umfang nach der von Artikel 59 Absatz 1 entsprechen.

Die zu beurteilenden Dienstleistungen

Somit komme ich nun zu der Frage, die ich zuvor als die entscheidende bezeichnet habe.

Ohne Zweifel würden das in Artikel 21 des arrêté royal enthaltene Verbot der Kabelübertragung von Werbung einerseits und das Recht des Inhabers des Urheberrechts an einem Film, dessen Kabelübertragung in Belgien zu untersagen, andererseits zumindest für den Fall ihrer Durchsetzung eine Beschränkung der Freiheit von CODITEL darstellen, ihre Dienstleistungen gegenüber ihren Abonnenten zu erbringen. Es kann jedoch auch keinen Zweifel daran geben, daß die von CODITEL für ihre Abonnenten erbrachte Dienstleistung für sich gesehen -eine Leistung ist, die in vollem Umfang innerhalb Belgiens erbracht wird, so daß es sich hierbei nicht um eine Dienstleistung handelt, auf die Artikel 59 anwendbar ist. Einige Verfahrensbeteiligte (insbesondere die RTBF) haben vorgetragen, daß die Angelegenheit damit beendet sei. Für so einfach halte ich es jedoch nicht, denn es bleibt die Frage, ob sich die unmittelbaren Beschränkungen, denen die Dienstleistung von CODITEL für ihre Abonnenten unterliegt, auf eine andere grenzüberschreitende Dienstleistung mittelbar als Beschränkungen auswirken.

Ich beginne mit folgendem einfachen Fall. Aufgabe der RTBF ist es, Fernsehsendungen für die französischsprachige Bevölkerung Belgiens zu veranstalten. Ihr Publikum setzt sich zusammen aus Zuschauern, die ihre Sendungen unmittelbar empfangen, und Zuschauern, die sie im Wege der Kabelübertragung empfangen. Ich halte die im Verfahren vertretene Ansicht für gekünstelt, daß die RTBF ihre Dienstleistung nur für die Personen, einschließlich der KabelfernSehgesellschaften, erbringe, die zum direkten Empfang ihrer Sendungen in der Lage seien. Der CODITEL-Abonnent ist, wenn er sich das Programm der RTBF in seinem Empfangsgerät anschaut, Empfänger zweier Dienstleistungen, nämlich der in der Sendung bestehenden Leistung der RTBF und der in der Weiterübertragung liegenden Dienstleistung von CODITEL. Die erste Dienstleistung endet nicht dort, wo die zweite beginnt.

Ist die Lage nun anders, wenn der CODITEL-Abonnent sich ein ausländisches Programmn anschaut? Zwei Gründe könnten dafür sprechen.

Den ersten haben die Regierung des Vereinigten Königreichs und, mit noch größerem Nachdruck, die deutsche Regierung betont. Er beruht auf der Verwendung des Begriffs des „Leistungsempfängers“ in Artikel 59. Es müsse unterschieden werden zwischen dem Publikum, für das eine Sendung bestimmt sei, und anderen Personen, die zufällig zu ihrem Empfang in der Lage seien. Deutsche Fernsehsendungen, so ist vorgetragen worden, seien für das deutsche Publikum und nicht für die Bewohner benachbarter Länder bestimmt. Der Umstand, daß einige der Letztgenannten diese Sendungen empfangen könnten, mache sie nicht zu Personen, für die die Sendungen bestimmt seien, und führe nicht zur Anwendbarkeit von Artikel 59.

Es wäre eine einfache Lösung, wenn man davon ausgehen könnte, daß ein Fernsehsender zumindest in der Regel nur für die Zuschauer in seinem eigenen Land sendet. Wir wissen jedoch, daß dies nicht so ist. Als Beispiele wurden uns die Programme der ORTF, in denen Werbung mit Preisangaben in belgischen Franken enthalten war, und das Programm von RTL genannt, das Werbung für Geschäfte in Lüttich enthält (Lüttich liegt nach der eingangs von mir erwähnten Karte außerhalb des natürlichen Sendegebiets von RTL).

Wie sollen im übrigen innerstaatliche Gerichte, vor die Rechtssachen wie die vorliegende gelangen, feststellen, ob sich eine bestimmte Sendung an ein bestimmtes Publikum richtet oder nicht? Sicherlich können sie dies nicht, indem sie einzelne Programmhersteller als Zeugen darüber befragen, welches Publikum sie erreichen wollten. Ich halte es auch für kaum praktikabel, daß sich diese Gerichte Aufzeichnungen der Programme in der Absicht ansehen, eine objektive Beurteilung anhand ihres Inhalts vorzunehmen. Zum einen liegt möglicherweise keine Aufzeichnung vor, zum anderen kann der Inhalt im Hinblick auf das angesprochene Publikum neutral sein.

Die vernünftige Antwort scheint mir zu sein, daß eine Fernsehsendung als an all diejenigen gerichtet anzusehen ist, die sie, ob unmittelbar oder über Kabelfernsehen, empfangen können, unabhängig davon, ob die Verantwortlichen für die Sendung sie bewußt erreichen wollten oder nicht.

Ich möchte noch folgendes hinzufügen: Da jedenfalls in Staaten, die dem Straßburger Abkommen angehören, eine Kabelfernsehgesellschaft das Programm eines Sendeunternehmens nicht ohne Zustimmung dieses Unternehmens übertragen darf, kann man wohl vernünftigerweise sagen, daß ein Fernsehunternehmen, das der Übertragung eines seiner Programme durch einen bestimmten Kabelfernsehdienst zugestimmt hat, die Abonnenten dieses Dienstes als Teil seines Publikums für dieses Programm ansehen muß.

Der zweite Grund, der für die Ansicht angeführt werden könnte, daß ein ausländischer Sender für die CODITEL-Abonnenten keine unter Artikel 59 fallende Leistung erbringt, wird auf Artikel 60 Absatz 1 gestützt, soweit es dort heißt:

„Dienstleistungen im Sinne dieses Vertrages sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden...“

Würden die Kabelfernsehgesellschaften den Sendeunternehmen für das Recht zur Weiterübertragung ihrer Programme normalerweise ein Entgelt zahlen, böte diese Bestimmung selbstverständlich kein Problem. Diese Zahlungen würden sich in dem von den Abonnenten gezahlten Preis für das Abonnement niederschlagen, und in diesem Fall wäre es offenkundig, daß die betreffende Dienstleistung gegen Entgelt erbracht wird. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß solche Zahlungen in der Praxis nicht erfolgen. Wie wir gehört haben, liegt der Grund dafür, daß die Programme der BBC in Belgien nicht übertragen werden, darin, daß die BBC die Zustimmung zu ihrer Übertragung nur gegen Zahlung eines Entgelts erteilen will.

Das Vorbringen der Kommission, man lege Artikel 60 unrichtig aus, wenn man auf das Fehlen eines von den Kabelfernsehgesellschaften an die Sendeunternehmen gezahlten Entgelts abstelle, hat mich jedoch überzeugt. Zweck der in diesem Artikel enthaltenen Definition des Begriffs „Dienstleistungen“ ist es, die Arten von Dienstleistungen zu bestimmen, auf die der Vertrag anwendbar ist, und insbesondere diejenigen auszuschließen, die in der Regel unentgeltlich erbracht werden. Die Veranstaltung von Fernsehsendungen wird in unterschiedlicher Weise finanziert. Manche Fernsehunternehmen finanzieren sich in vollem Umfang aus dem Aufkommen von Gebühren, die von den Zuschauern gezahlt werden; andere stützen sich ausschließlich auf Werbeeinnahmen; wieder andere schließlich beziehen ihre Einnahmen zum Teil aus der einen und zum Teil aus der anderen Quelle. Die Frage ist hier, ob die Veranstaltung von Fernsehsendungen als solche eine Art Dienstleistung ist, auf die der Vertrag Anwendung findet. Die Methode der Finanzierung bestimmter Fernsehunternehmen oder bestimmter Sendungen kann für die Beantwortung dieser Frage nicht ausschlaggebend sein. Entscheidend ist, daß für die Veranstaltung von Fernsehsendungen in der Regel etwas gezahlt wird, d. h., daß sie in der einen oder anderen Weise gegen Entgelt erfolgt. Daraus ist der Schluß zu ziehen, daß es sich dabei um eine Dienstleistung handelt, auf die der Vertrag Anwendung findet, und zwar unabhängig davon, durch wen die Zahlung im Einzelfall erfolgt. Eine andere Beurteilung würde meines Erachtens hinter das Erkenntnis des Gerichtshofes in der Rechtssache Sacchi zurückgehen.

Im Ergebnis ist meiner Ansicht nach davon auszugehen, daß außerhalb Belgiens gelegene Fernsehsender, soweit ihre Programme von Zuschauern in Belgien, sei es unmittelbar, sei es im Wege des Kabelfernsehens, empfangen werden können, für diese Zuschauer eine Dienstleistung erbringen, auf die Artikel 59 Anwendung findet, und daß die hier in Rede stehenden Beschränkungen als Beschränkungen sowohl dieser Dienstleistung als auch der Dienstleistung anzusehen sind, die die belgischen Kabelfernsehgesellschaften für ihre Abonnenten erbringen.

Angesichts dieser meiner Auffassung zu dem von mir als entscheidend bezeichneten Aspekt der vorliegenden Rechtssachen halte ich es nicht für erforderlich, Ihre Zeit in Anspruch zu nehmen, um das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zu der Frage zu erörtern, ob andere grenzüberschreitende Dienstleistungen von diesen Beschränkungen betroffen sein könnten, wie etwa die von Fernsehsendern außerhalb Belgiens für belgische Auftraggeber von Werbung erbrachte Dienstleistung oder die Dienstleistung dieser Sender für nichtbelgische Auftraggeber, die auf den belgischen Markt vorzudringen versuchen.

Die letzte Frage ist, ob diese Beschränkungen, obwohl sie, wenn meine Ansicht zutrifft, auf den ersten Blick durch Artikel 59 verboten sind, diesem Verbot aufgrund des in Artikel 56 EWG-Vertrag enthaltenen Vorbehalts der „öffentlichen Ordnung“ oder auf andere Weise entgehen können. Ich möchte diese Frage getrennt prüfen, und zwar zunächst im Hinblick auf die für Werbung geltende Beschränkung und sodann bezüglich der sich aus dem Urheberrecht ergebenden Beschränkung.

Die Rechtmäßigkeit der für Werbung geltenden Beschränkung

Artikel 56 Absatz 1 EWG-Vertrag (auf Dienstleistungen anwendbar gemäß Art. 66) lautet bekanntlich:

„Dieses Kapitel und die aufgrund desselben getroffenen Maßnahmen beeinträchtigen nicht die Anwendbarkeit der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind.“

Es ist vorgetragen worden, diese Bestimmung könne hier keine Anwendung finden, da keine „Sonderregelung“ für Ausländer bestehe. Das Verbot für ausländische Sender, Werbesendungen zu übertragen, sei nur eine Erstreckung des für die Sendungen belgischer Sender geltenden Verbots auf die ausländischen Sender.

Wie die deutsche Regierung jedoch ausgeführt hat, muß Artikel 56, wenn er den Mitgliedstaaten die Befugnis beläßt, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit Sonderregelungen für Ausländer zu erlassen, dahin verstanden werden, daß die Mitgliedstaaten aus diesen Gründen erst recht Maßnahmen erlassen dürfen, die unterschiedslos für Ausländer und die eigenen Staatsangehörigen gelten (aus diesem Grund habe ich oben die Auffassung vertreten, daß in der Rechtssache Koestler das gleiche Ergebnis auf der Grundlage von Artikel 56 hätte erreicht werden können).

Jedenfalls würde die Durchsetzung des Werbungsverbots tatsächlich zu einer Sonderregelung für ausländische Sender führen, da nur in ihrem Fall das Ausblenden von Programmteilen erforderlich wäre. Wenn Artikel 21 des arrêté royal außerdem dahin auszulegen wäre, daß er vorschreibt, aus ausländischen Programmen Werbematerial von einer Art auszublenden, das belgische Fernsehsender senden dürfen — ich denke hier an die Werbung von Sabena und anderen, von der wir gehört haben —, so würde dies ebenfalls eine Sonderregelung darstellen.

Ich habe keinen Zweifel, daß die Kontrolle von Fernsehwerbung klar und eindeutig in den Bereich der öffentlichen Ordnung fällt. Belgien ist nicht das einzige Land, in dem eine solche Kontrolle besteht. Wir haben von den in der Bundesrepublik Deutschland aufgestellten Beschränkungen gehört; dort muß z. B. Werbung von anderen Programmteilen eindeutig zu unterscheiden sein; sie darf nicht mehr als 20 Minuten pro Tag ausmachen; sie darf nicht nach 20 Uhr oder an Sonn- und Feiertagen ausgestrahlt werden; die Werbung für Zigaretten und freie Stellen ist verboten und die für Arzneimittel eingeschränkt; Auftraggeber und Werbeagenturen dürfen keinerlei Einfluß auf andere Programmteile nehmen. Im Vereinigten Königreich bestehen in vieler Hinsicht ähnliche Beschränkungen, und in Luxemburg ist zumindest die Werbung für Arzneimittel eingeschränkt.

CODITEL hat vorgetragen, daß die Durchsetzung von Artikel 21 des arrêté royal nicht unter Berufung auf die öffentliche Ordnung in Belgien gerechtfertigt werden könne, da mehrere aufeinanderfolgende Regierungen und die Strafverfolgungsbehörde deutlich gemacht hätten, daß sie diese Bestimmung nicht durchzusetzen gedächten. Dem haben die Vereinigungen, die das Verfahren gegen CODITEL ausgelöst haben, entgegengehalten, was in einem Land zur öffentlichen Ordnung gehöre, bestimme sich nach seinen Gesetzen und nicht nach den Ansichten der Exekutive. Was in einem Mitgliedstaat im Sinne des Vertrages unter öffentlicher Ordnung zu verstehen ist, bestimmt sich meines Erachtens nicht unbedingt ausschließlich nach seinen Gesetzen (vgl. Urteil in der Rechtssache 41/74, van Duyn/Home Office — Slg. 1974, 1337). Nach meiner Ansicht ist es jedoch Sache des zuständigen Gerichts und nicht des Gerichtshofes festzustellen, was in einem Mitgliedstaat zur öffentlichen Ordnung in diesem Sinne gehört.

Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung nach dem Urheberrecht

Es ist nicht vorgetragen worden, daß der Schutz des Urheberrechts in den Bereich der öffentlichen Ordnung falle. Die deutsche Regierung hat sich, allerdings als einzige, für eine „analoge Anwendung“ von Artikel 56 ausgesprochen.

Meiner Ansicht nach hatte die deutsche Regierung bessere Gründe, als sie die analoge Anwendung von Artikel 36 vorschlug. In diesem Sinne haben sich auch andere, einschließlich der Kommission, geäußert.

In meinen Schlußanträgen in den Rechtssachen 137 und 138/77 {Frankfurt/Neumann und Ludwig/Hamburg —Slg. 1978, 1638 und 1642) habe ich die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur analogen Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften einer Prüfung unterzogen und bin zu dem Schluß gelangt, daß eine Analogie zulässig ist, wenn Rechtsvorschriften eine offensichtliche und ausfüllungsbedürftige Lücke enthalten, die auf so etwas wie ein Versehen seitens der Urheber dieser Vorschrift und nicht auf ihre bewußte Absicht zurückzuführen ist. Ich glaube, daß das Fehlen einer Bestimmung über das gewerbliche und kommerzielle Eigentum in den Artikeln 59 bis 66 EWG-Vertrag eher auf ein Versehen als auf eine bewußte Absicht zurückzuführen ist. Es ließe sich auch die Auffassung vertreten, daß sich der Schutz dieses Eigentums nach der Absicht der Verfasser des Vertrages nach Artikel 57 Absatz 2 richten sollte, doch erscheint dies nicht sehr wahrscheinlich. Wenn meine Ansicht zum Anwendungsbereich der Artikel 59 bis 66 zutrifft, entspricht der Begriff des freien Dienstleistungsverkehrs im Vertrag genau dem des freien Warenverkehrs. Somit erscheint die analoge Anwendung von Artikel 36 angebracht.

Nach den Ausführungen von CODITEL und der Kommission entsteht mit der Heranziehung von Artikel 36 zunächst ein sprachliches Problem im Hinblick auf den Wortlaut dieses Artikels in einigen Sprachen. Der in der englischen Fassung verwendete Ausdruck „industrial and commercial property“ ist, soweit ich sehe, kein Begriff des englischen Rechts. Es handelt sich um eine allgemeine und ungenaue Wendung, die aus dem Zusammenhang, in dem sie steht, Farbe gewinnt. In einem Zusammenhang wie dem des Artikels 36 halte ich sie zweifellos für weit genug, um das Urheberrecht einzubeziehen. Anscheinend trifft dies für die anderen sprachlichen Fassungen nicht zu. Französische Juristen etwa beziehen in den Begriff „propriété industrielle et commerciale“ nicht ohne weiteres das Urheberrecht mit ein; eher würden sie das Urheberrecht in eine andere, als „propriété littéraire et artistique“ bezeichnete Kategorie einordnen. Sowohl CODITEL als auch die Kommission sind jedoch der Ansicht, daß „propriété industrielle et commerciale“ im Kontext von Artikel 36 dahin auszulegen sei, daß der Begriff das Urheberrecht einschließe. Dies entspricht der in der Wissenschaft ganz überwiegend vertretenen Ansicht, und auch ich halte diese Auffassung für richtig.

Die analoge Anwendung von Artikel 36 führt angesichts der Entscheidungen des Gerichtshofes über die Ausübung der aus dem gewerblichen und kommerziellen Eigentum an Waren fließenden Rechte zu der Frage, was den spezifischen Gegenstand des betreffenden Rechts ausmacht.

Im vorliegenden Fall ist das betreffende Recht ein Bestandteil des Urheberrechts, nämlich das Vorführungsrecht. Im Verfahren vor dem Gerichtshof bestand Einigkeit darüber, daß die Lehre von der „Erschöpfung“ des Rechts, wie sie auf dem Gebiet der Vermarktung von Gütern gilt, im Bereich des Vorführungsrechts keine Anwendung finden kann. Zum Wesen eines Vorführungsrechts gehört es, daß es seinen Inhaber in die Lage versetzt, jede einzelne Vorführung des Werks, auf das sich das Recht bezieht, zu erlauben oder zu verbieten.

Es liegt nahe, davon auszugehen, daß der Inhaber des Vorführungsrechts an einem Werk mit der Erteilung seiner Zustimmung zur Sendung des Werks auch der Kabelübertragung dieser Sendung zustimmt. In einigen Mitgliedstaaten scheint dies in begrenztem Umfang gesetzlich vorgesehen zu sein. In Section 40 (3) des britischen Copyright Act 1956 ist dies für Sendungen der BBC und der IBA vorgesehen. Section 52 (3) des irischen Copyright Act 1963 bestimmt das gleiche für Sendungen von Radio Eireann. Einem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 6. Januar 1978, bestätigt durch Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom 14. Dezember 1978, läßt sich entnehmen, daß auch das deutsche Recht dies vorsieht, soweit es um die Weiterübertragung innerhalb des natürlichen Empfangsgebiets der Sendung geht. In diesen Fällen wird der Umstand, daß die Sendung im Wege des Kabelfernsehens weiterübertragen wird, bei der Vergütung berücksichtigt, die der Inhaber des Vorführungsrechts vom Sendeunternehmen erhält.

Dies sind jedoch Ausnahmefälle. Die dem Gerichtshof von der Kommission vorgelegte umfassende und sehr hilfreiche Analyse des Rechts der Mitgliedstaaten (in einigen weniger bedeutenden Punkten bezüglich des Rechts des Vereinigten Königreichs von der britischen Regierung korrigiert) zeigt, daß das Recht, einer Sendung des Werks zuzustimmen, und das Recht der Zustimmung zur Kabelübertragung im allgemeinen als voneinander getrennt angesehen werden — wie dies auch von der Cour d'appel Brüssel angenommen wird. Aus diesem Grund wird der Gerichtshof meines Erachtens nicht dahin entscheiden können, daß der Inhaber des Vorführungsrechts an einem Werk von der Art eines Films nach dem Gemeinschaftsrecht nicht die — einen Teil des spezifischen Gegenstands dieses Rechts bildende — Befugnis hat, der Kabelübertragung einer Sendung des Werks zuzustimmen oder sie zu verbieten.

Anträge

Meines Erachtens sollten Sie, meine Herren Richter, in Beantwortung der dem Gerichtshof vom Tribunal correctionnel Lüttich in der Rechtssache 52/79 vorgelegten Fragen wie folgt für Recht erkennen:

1.

Artikel 59 EWG-Vertrag ist dahin auszulegen, daß er nationale Regelungen zur Beschränkung der Kabelübertragung von Werbesendungen in andere Mitgliedstaaten verbietet, soweit diese Regelungen nicht aus Gründen der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt sind.

2.

Artikel 59 hat unmittelbare Wirkung und kann daher vor den innerstaatlichen Gerichten geltend gemacht werden.

In Beantwortung der dem Gerichtshof von der Cour d'appel Brüssel in der Rechtssache 62/79 vorgelegten Fragen sollte meines Erachtens wie folgt für Recht erkannt werden:

1.

Artikel 59 EWG-Vertrag verbietet nur Beschränkungen für Dienstleistungen, die von in einem Mitgliedstaat ansässigen Personen für in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Empfänger erbracht werden.

2.

Wir ein Kinofilm in einem Mitgliedstaat mit Zustimmung des Inhabers des Rechts zur Vorführung in diesem Staat im Fernsehen ausgestrahlt, so hindern die Bestimmungen des Vertrages über den freien Dienstleistungsverkehr den Erwerber des Rechts zur Vorführung in einem anderen Mitgliedstaat nicht daran, sein Recht geltend zu machen, um die Kabelübertragung der Sendung im letztgenannten Staat zu verbieten.


( 1 ) Aus dem Englischen übersetzt.