SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS HENRI MAYRAS

VOM 14. JUNI 1979 ( 1 )

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

I —

Es erscheint sinnvoll, sich den Sachverhalt zu vergegenwärtigen, der zu diesem Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal de Commerce Paris geführt hat.

Am 12. Juni 1978 sandte die Union Laitiere Normande, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, eine Palette von 72 Kartons (jeder Karton enthielt 12 „Blockbehälter“ zu je einem Liter, also etwa l3/4 Pints) ultrahocherhitzter standardisierter Vollmilch im Sinne des Artikels 2 Absatz 6 der Verordnung Nr. 566/76 des Rates per Lastwagen in das Vereinigte Königreich, die für ihre Tochtergesellschaft in London, Dairy Farmers, bestimmt war. Diese Sendung wurde ihr am selben Tage mit der Begründung zurückgeschickt, sie sei nicht im Besitz einer vom Landwirtschaftsministerium des Vereinigten Königreichs ausgestellten Einfuhrlizenz.

In der Folgezeit beantragte und erhielt die Klägerin am 1. August 1978 eine derartige Einfuhrlizenz, die bis zum 31. August gültig war. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, daß dieses Dokument keine „Einfuhrlizenz“ des britischen Handels- und Industrieministeriums darstelle.

Die Union Laitiere Normande übersandte ihrer britischen Tochtergesellschaft danach einen weiteren Posten ultrahocherhitzter Milch. Diesmal wurde ihr entgegengehalten, sie benötige des weiteren eine vom Handels- und Industrieminister erteilte Vertriebsgenehmigung; eine derartige Genehmigung wird jedoch nur den im Vereinigten Königreich gelegenen und gemäß den Bestimmungen der „Milk an Dairies (General) Regulations 1959“ in der Fassung von 1977 zugelassenen Betrieben erteilt. Außerdem konnte die Milch gemäß den damals im Vereinigten Königreich geltenden Vorschriften über Maße und Gewichte nur in Einheiten fertig verpackt werden, die 1/3 Pint, 1/2 Pint oder einem Vielfachen von 1/2 Pint entsprachen.

Unter diesen Umständen hat das Tribunal de Commerce Paris, vor dem die Klägerin ihre englische Tochtergesellschaft auf Erfüllung verklagt hatte, Ihnen die fünf Fragen vorgelegt, die im wesentlichen das Problem der auf wärmebehandelte Milch anzuwendenden Gesundheitsvorschriften und dasjenige der Maßeinheiten für die Abfüllung dieser Milch aufwerfen.

Ich werde mit dieser letzten Frage beginnen.

II

A —

Es ist allgemein bekannt, daß die Verwirklichung des freien Verkehrs mit landwirtschaftlichen Produkten durch die innerstaatlichen Vorschriften auf dem Gebiet der Maßeinheiten behindert wird. In den meisten Mitgliedstaaten sind die Bedingungen, unter denen in verschlossenen Fertigpackungen abgefüllte Flüssigkeiten in den Verkehr gebracht werden müssen, durch zwingende Rechtsvorschriften geregelt, die von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden sind und daher zu Handelshemmnissen führen.

Schon am 26. Juli 1971 hatte der Rat aufgrund des Artikels 100 EWG-Vertrag die Richtlinie 71/316 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend gemeinsame Vorschriften über Meßgeräte sowie über Meß- und Prüfverfahren erlassen.

Danach erließ der Rat am 18. Oktober die ebenfalls auf Artikel 100 gestützte Richtlinie 71/354 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Einheiten im Meßwesen.

Die Lage wurde schwieriger mit dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten im Jahr 1973, in denen andere Maßeinheiten galten. Deswegen wurden diese beiden Richtlinien durch die Beitrittsakte (Anhänge I, II und XI) geändert.

Am 19. Dezember 1974 erließ der Rat auf der Grundlage des Artikels 100 die weitere Richtlinie 75/106 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfüllung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen; nach ihrem Anhang III sind die Vorschriften dieser Richtlinie unter anderem auch auf Milch „nach Füllvolumen“ anwendbar.

Schließlich wurde die anfängliche Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Einheiten im Meßwesen durch die Richtlinie 76/770 des Rates vom 27. Juli 1976 geändert.

B —

Auch im Veterinärbereich verlangt die Errichtung eines einheitlichen Marktes die Harmonisierung und Koordinierung der nationalen Maßnahmen zum Schutze der Gesundheit von Menschen und Tieren.

Wie auf dem Gebiet der Maßeinheiten kann die Harmonisierung im Veterinärbereich nur durch den Erlaß und die einheitliche Anwendung gemeinschaftlicher Maßnahmen erreicht werden. Diese Gemeinschaftsregelung muß insbesondere die stufenweise Lockerung der Veterinärkontrollen beim Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten gestatten.

Zu diesem Zweck hat der Rat schon am 12. März 1968 eine Entschließung angenommen, die vorsah, daß die Kommission „demnächst“ Vorschläge über „die Hygiene bei der Milchgewinnung in den Betrieben“ und „mit absolutem Vorrang“„viehseuchenrechtliche Maßnahmen gegen folgende ansteckende Krankheiten: Maul- und Klauenseuche, Schweinepest, Tuberkulose, Brucellose“ ausarbeiten und ihm unterbreiten solle.

Am 24. Februar 1971 hat die Kommission dem Rat den Vorschlag einer auf Artikel 43 gestützten Verordnung„über die tiergesundheitlichen und hygienischen Bedingungen, denen rohe Vollmilch als Rohstoff für die Herstellung von wärmebehandelter Milch und Erzeugnissen aus solcher Milch entsprechen muß“, sowie den Vorschlag einer ebenfalls auf Artikel 43 gestützten Verordnung„zur Regelung gesundheitlicher Fragen bei der Herstellung und dem Inverkehrbringen von wärmebehandelter Milch“ vorgelegt.

Zu diesen Vorschlägen hat die Versammlung am 13. März 1972 zustimmend Stellung genommen. Die Kommission schloß sich der Ansicht der Versammlung an und änderte ihren Text in bestimmten Punkten, bevor sie ihn am 1. August 1972 erneut dem Rat vorlegte.

Wichtig ist die Feststellung, daß nach diesen letzten Vorschlägen die Mitgliedstaaten auf ihrem Hoheitsgebiet die Anwendung der Bestimmungen der Anlage Kapitel I Absatz 1 Buchstabe a der ersten dieser Verordnungen hinsichtlich der Brucellose bis zum 31. Dezember 1978 aufschieben konnten (wobei jedoch vor ausgesetzt wurde, daß bis zu diesem Zeitpunkt, und zwar vom 1. 1. 1976 an, Tiere, die zur Milcherzeugung verwendet wurden, zu einem brucellosefreien Rinderbestand gehören mußten) und daß vom 31. Dezember 1978 an wärmebehandelte Milch, die in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates versandt wurde, während der Beförderung nach dem Bestimmungsland mit einer amtlichen Bescheinigung nach Anlage I Kapitel IX des zweiten dieser Texte versehen sein mußte.

Offenkundig konnte jedoch der im Jahr 1968 in Aussicht genommene Zeitplan nicht eingehalten werden. Deswegen hat sich der Rat in seiner Entschließung vom 22. Juli 1974 über das Veterinärwesen, den Pflanzenschutz und die Tierernährung „verpflichtet, alles in die Wege zu leiten, um [vor dem 1. Januar 1975 über die] gesundheitliche[n] und gesundheitspolizeiliche[n] Bedingungen für rohe Vollmilch und thermisch behandelte Milch [zu beschließen]“.

Man ist zu der Feststellung gezwungen, daß mehr als zehn Jahre nach der Errichtung der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (29. 7. 1968) und mehr als sechs Jahre nach dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten bestimmte nationale Regelungen noch höchst lebendig sind, selbst solche, die ein grundsätzliches Einfuhrverbot enthalten.

Nach dem augenblicklichen Stand der Prüfung der letzten Vorschläge der Kommission (1. 8. 1972) lassen sich die Fristen, die für ihre Annahme erforderlich sein werden, nicht absehen. Man kann auf alle Fälle voraussagen, daß sie, falls sie verwirklicht werden, in die Form von „Richtlinien“ gefaßt sein und daß sie sich nicht nur auf Artikel 43, sondern auch auf Artikel 100 stützen werden.

Auf dem benachbarten Gebiet der Herstellung und des Inverkehrbringens von Konservenmilch für die menschliche Ernährung hatte die Kommission anfangs die Form der Verordnung gewählt, sich danach jedoch für eine Richtlinie entschieden; in dieser Form sind dann schließlich ihre Vorschläge vom Rat angenommen worden (Richtlinie 76/118 vom 18. 12. 1975). Diese Frage nach der Form ist wichtig, weil die Durchführung von Richtlinien in den Mitgliedstaaten nicht notwendigerweise sofort erfolgen muß und Raum für Auslegungsunterschiede lassen kann. Vor allem ist im Falle einer aufgrund des Artikels 100 erlassenen Richtlinie die Einstimmigkeit des Rates zwingend vorgeschrieben, während nach Artikel 43 eine Verordnung mit qualifizierter Mehrheit erlassen werden kann.

C —

Gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 75/106 vom 19. Dezember 1974 mußten die Mitgliedstaaten die erforderlichen innerstaatlichen Vorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen, innerhalb einer Frist von 18 Monaten nach ihrer Bekanntgabe in Kraft setzen.

Jedoch gestattet Artikel 7 Absatz 2 bestimmten Mitgliedstaaten, darunter dem Vereinigten Königreich, den Beginn dieser Anwendung bis zum 31. Dezember 1979 zu verschieben und folglich vor diesem Zeitpunkt den Vertrieb der in Rede stehenden Milch insoweit zu untersagen, als diese in Verpackungen abgefüllt ist, die den innerstaatlichen Vorschriften nicht entsprechen.

Diese Frist war also im Zeitpunkt der fraglichen Ereignisse noch nicht abgelaufen und ist dies auch heute noch nicht; die Mitgliedstaaten, denen diese Ausnahmeregelung eingeräumt wurde, haben bis zum 31. Dezember 1979 Zeit, um die Vorschriften der Richtlinie in ihre inner staatliche Rechtsordnung umzusetzen. Folglich kann erst nach Ablauf der festgesetzten Frist und für den Fall, daß der Mitgliedstaat seiner Umsetzungspflicht nicht nachkommt, die Richtlinie für die Klägerin des Ausgangsverfahrens von praktischer Wirksamkeit sein.

Anders zu entscheiden hieße, sich über eine Richtlinie des Rates hinwegzusetzen, deren Rechtmäßigkeit niemand bestritten hat.

Andererseits steht fest, daß schon die Tatsache der erneuten Abfüllung der Milch nach den Einheiten des Imperialen Systems den ursprünglichen Zustand der Ware beeinträchtigt; sie ist geeignet, der menschlichen Gesundheit Schaden zuzufügen, und erfordert eine erneute Wärmebehandlung der Milch.

Schon allein diese Feststellung scheint mir zur Aufklärung des vorlegenden Gerichts auszureichen und seine übrigen Fragen gegenstandslos werden zu lassen.

III —

Ich möchte dennoch nicht dem ersten Problem ausweichen, und sei es nur, weil die Klägerin ein Interesse daran hat, ihre Situation in dieser Beziehung vom 1. Januar 1980 an klargestellt zu wissen.

Die von mir angeführten Vorschriften zeigen, daß der Verkauf von Milch mit besonderen Bezeichnungen, die unterschiedlichen Wärmebehandlungen unterzogen und über große Entfernungen hinweg transportiert worden ist, von dem Recht des Erzeugermitgliedstaats bestimmt wird, da bislang noch keine Gemeinschaftsregelung — nicht einmal eine Richtlinie — auf diesem Gebiet existiert. Insbesondere bestehen im Vereinigten Königreich bestimmte Hemmnisse aufgrund der Gesundheitsgesetzgebung, die die Einfuhr standardisierter Vollmilch aus anderen Mitgliedstaaten in diesen Staat behindern.

Sind diese Hemmnisse noch immer durch die Erfordernisse des Gesundheitsschutzes gemäß Artikel 36 gerechtfertigt?

Es steht fest, daß nach wie vor besonders hohe, auf die Brucellose zurückzuführende Infektionsraten bei großen, zur Milcherzeugung bestimmten Herden und bei dichten Viehbeständen beobachtet werden. In Frankreich zum Beispiel sind immer noch 25 % der Herden davon befallen.

Sicherlich ist es erforderlich, die Hindernisse für den freien Warenverkehr einzuschränken und die Freiheit des Handels in der übrigen Gemeinschaft aufrechtzuerhalten, indem die gesundheitspolizeilichen Maßnahmen auf den Teil des Gemeinschaftsgebietes beschränkt werden, in dem eine Infektionskrankheit auftritt. Jedoch haben die Intensivierung des Handels zugunsten einer immer weiter getriebenen Konzentration der Herstellung und des Vertriebs, bei der insbesondere die Sammlung der Milch verschiedenster Herkunft in industrieähnlichen Betrieben erfolgt, sowie das Anwachsen des Handels infolge der Errichtung eines einheitlichen Marktes eine Erhöhung der gesundheitlichen Risiken zur Folge.

Die Kommission ist jedenfalls der Ansicht, daß die Wärmebehandlung nach dem Ultrahocherhitzungsverfahren in der Lage sei, Infektionsrisiken zu verhindern, selbst wenn ein Teil aus Betrieben stamme, die möglicherweise von Viehseuchen befallen seien. Soweit die Behandlungsund Abfüllungsvorgänge der Milch im Herkunftsland mit den im Bestimmungsland geforderten identisch seien oder gleichwertige Garantien böten, so trägt sie vor, sei es nicht mehr aufgrund von Artikel 36 des Vertrages gerechtfertigt, daß der Mitgliedstaat, für den die Milch bestimmt sei, eine zweite Behandlung oder Abfüllung der Milch verlange.

Der Schwerpunkt der Frage liegt gerade darin, ob diese Identität oder diese Gleichwertigkeit gewahrt ist und wer zu entscheiden in der Lage ist, ob diese Bedingung erfüllt ist.

Nach Ansicht der Kommission sind die Behörden des Bestimmungslandes nicht mehr gehalten, ihre eigenen Rechtsvorschriften anzuwenden, wenn die Gesundheitsbehörden des Versandlandes das Vorliegen identischer oder gleichwertiger Garantien in ihrem Lande bestätigen und die Gesundheitsbehörden des Mitgliedstaates, für den die Milch bestimmt ist, „auffordern“, dies an Ort und Stelle zu überprüfen, und wenn diese Überprüfungen sich als positiv erweisen.

Es wäre also erforderlich,

1.

daß die französischen Behörden der Ansicht sind, daß die französischen Garantien identisch oder gleichwertig sind;

2.

daß die französischen Behörden zu diesem Zweck die britischen Behörden „auffordern“, Überprüfungen vorzunehmen;

3.

daß sich diese Überprüfungen als positiv erweisen.

Jedoch sagt die Kommission nichts darüber, welcher Sachverständige im Falle einer Meinungsverschiedenheit den Ausschlag geben soll noch wer die Kosten der Gutachten tragen soll.

Ein derartiges zweiseitiges Koordinierungssystem scheint mir schwierig handhabbar zu sein und zu Ungleichheiten zu führen; es erscheint mir unmöglich, sich auf den guten Willen der innerstaatlichen Behörden zu verlassen. Auf jeden Fall kann man sich nicht auf das Urteil der Gerichte des Ursprungslandes stützen, um eine Aussage über die Angemessenheit der vom Bestimmungsland erlassenen Regelungen zu treffen; diese Wertung müßte zumindest durch den Richter des letztgenannten Landes erfolgen, weil angesichts der fehlenden Verantwortlichkeit des Exporteurs die Behörden dieses Landes für den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen verantwortlich sind.

Die Festlegung der für die Kontrolle der Zusammensetzung der fraglichen Milch und ihrer Herstellungsmerkmale erforderlichen Untersuchungsmethoden sowie die Festlegung der Einzelheiten in bezug auf die Entnahme von Stichproben sind Durchführungsmaßnahmen technischer Art, deren Erlaß der Kommission übertragen werden muß, um das Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Wie Sie in Ihrem Urteil Tedeschi vom 5. Oktober 1977 (Slg. 1977, 1576) ausgeführt haben, ist der von den gemeinschaftlichen Harmonisierungsmaßnahmen gezogene Rahmen nunmehr maßgeblich für die Durchführung der geigneten Kontrollen und den Erlaß von Schutzmaßnahmen. Solange auf Gemeinschaftsebene die Harmoniesierung und Anpassung der für den menschlichen Gesundheitsschutz erforderlichen Maßnahmen und der Verfahren zur Kontrolle ihrer Einhaltung nicht verwirklicht sind, bleibt der Rückgriff auf Artikel 36 gerechtfertigt und sind die innerstaatlichen Behörden des Bestimmungsstaates gehalten, ihre eigenen Vorschriften anzuwenden.

Vor allem läuft die Ansicht der Kommission darauf hinaus, in weitem Umfang ihre eigenen Vorschläge gegenstandslos werden zu lassen, die sie selbst dem Gesetzgeber in den Jahren 1971 und 1972 unterbreitet hat. Diese Vorschläge waren von der Versammlung gebilligt worden, die in ihrer Entschließung „betont, daß die wachsenden Anforderungen auf hygienischem und tiergesundheitlichem Gebiet sowie auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes eine besonders strenge und fortschrittliche Regelung erforderlich machen“, „daß eine gesundheitliche Regelung vor allem einen vorbeugenden Zweck hat und daher auf dem Gebiet der Milchherstellung alle Zwischenstufen der Produktion vom Milchtier bis zum Verbraucher erfassen muß“. In dieser Entschließung „begrüßt [die Versammlung] daher die Annahme strenger Hygienevorschriften auf der Grundlage der fortschrittlichsten nationalen Rechtsvorschriften für den Gesundheitsschutz bezüglich aller Bedingungen der Herstellung von wärmebehandelter Milch“.

Nach diesen Vorschlägen kann die Erzeugung nur in zugelassenen und kontrollierten Betrieben durchgeführt werden; die Bedingungen für die Zulassung sind in der Anlage näher dargelegt. Eine gemeinschaftliche amtliche Bescheinigung muß die Waren während der Beförderung in einen anderen Mitgliedstaat begleiten. Die Möglichkeit eines Gutachtens ist für den Fall vorgesehen, daß eine Sendung beanstandet wird. Die Sachverständigen dürfen nicht die Staatsangehörigkeit der streitenden Mitgliedstaaten besitzen.

Auch hier ist es nicht möglich, daß der Gerichtshof an die Stelle des Gemeinschaftsgesetzgebers tritt.

Wie Sie in ihrem Urteil Ratti vom 5. April dieses Jahres erneut ausgesprochen haben, ist der Rückgriff auf Artikel 36 so lange gerechtfertigt, bis Gemeinschaftsrichtlinien aufgrund Artikel 100 des Vertrages die für den Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren erforderlichen Maßnahmen harmonisiert haben und Gemeinschaftsvrfahren zur Kontrolle der Einhaltung dieser Maßnahmen vorgesehen sind; danach haben die Durchführung der geeigneten Kontrollen und der Erlaß von Schutzmaßnahmen nach Maßgabe der Harmonisierungsrichtlinie zu erfolgen.

Im Vereinigten Königreich werden Maßnahmen aus dem Veterinärbereich (Kontrolle der Milch usw.) häufig regional auf Betreiben der Milk Marketing Boards durchgeführt, die den Erzeugern tierärztliche Dienstleistungen erbringen. Es ist folglich nicht auszuschließen, daß aufgrund der Verbindung dieser technischen Tätigkeit mit der Handelstätigkeit der Boards (ausschließliches Ankaufsrecht für Milch; Preisausgleich) — die von der Verordnung Nr. 1421/78 des Rates nach Ablauf der „Übergangspe riode“ zugelassen worden ist — die von diesen ausgeübten Vorrechte Verzerrungen im freien Verkehr mit Milchprodukten in der Gemeinschaft mit sich bringen.

Aber darum geht es hier nicht: Mangels gemeinschaftlicher Harmonisierungs-maßnahmen bleibt die Gesundheitskontrolle im Vereinigten Königreich zulässig, selbst wenn sie zu einer Abschottung der Märkte beiträgt.

Ich schlage Ihnen vor, die gestellten Fragen wie folgt zu beantworten:

Standardisierte Vollmilch aus einem anderen Mitgliedstaat, deren Fettgehalt nicht unter einem vom Rat festgelegten Richtsatz lag, konnte 1978 im Gebiet eines Mitgliedstaats, der die Formel der nichtstandardisierten Vollmilch gewählt hat, nur gemäß den im Bestimmungsstaat geltenden Vorschriften über die Abfüllung nach Volumen und über den Gesundheitsschutz abgesetzt werden.


( 1 ) Aus dem Französischen übersetzt.