SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

JEAN-PIERRE WARNER

VOM 11. JULI 1979 ( 1 )

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

Vorbemerkungen

Mit dieser von der Kommission nach Artikel 169 EWG-Vertrag gegen die Italienische Republik erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die seit 1971 in Kraft befindlichen italienischen Rechtsvorschriften über die Vertretung von Inund Exporteuren gegenüber Zollbehörden verletzten den Vertrag in zweierlei Hinsicht.

Als erstes trägt die Kommission vor, diese Rechtsvorschriften verletzten den Vertrag insofern, als sie es dem Eigentümer von Waren, der nicht in der Lage sei, persönlich mit den Zollbehörden zu verkehren, nicht erlaubten, einen Dritten, der in seinem Namen und Auftrag handeln solle, frei zu wählen, sondern ihn zwängen, zu diesem Zweck einen konzessionierten Zollagenten („spedizio niere doganale“) zu bestimmen. Dies, so führt die Kommission aus, erhöhe die Kosten der In- und Ausfuhr, so daß die Rechtsvorschriften insoweit Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen darstellten und, soweit der Handel zwischen den Mitgliedstaaten betroffen sei, gegen die Artikel 30 und 34 des Vertrages verstießen.

Offenbar hilfsweise macht die Kommission geltend, die italienischen Rechtsvorschriften verletzten Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe g der Richtlinie 70/50/EWG der Kommission vom 22. Dezember 1969, indem sie verlangten, daß ein konzessionierter Zollagent in dem Bezirk, für den seine Konzession gelte, ansässig sei. Diese Richtlinie wurde, wie Sie sich erinnern werden, von der Kommission gemäß Artikel 33 Absatz 7 des Vertrages zu dem Zweck erlassen, Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen für die Einfuhr von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu beseitigen. Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe g verbietet Maßnahmen, „die den Zugang zum Inlandsmarkt für eingeführte Waren von der Bedingung abhängig machen, daß auf dem Gebiet des Einfuhrmitgliedstaats eine verantwortliche Person oder ein Vertreter bestellt ist“. Die Kommission greift das Wohnorterfordernis jedoch nicht unter Berufung auf Artikel 59 des Vertrages an.

Der zweite Aspekt einer Verletzung des Vertrages durch die italienischen Rechtsvorschriften liegt nach Ansicht der Kommission in den Voraussetzungen, die dort für die Erteilung einer Konzession an einen Zollagenten aufgestellt sind. Zu diesen Voraussetzungen zählt eine Bestimmung über die Staatsangehörigkeit des Antragstellers, die, wie die Kommission geltend macht, gegen Artikel 52 des Vertrages verstößt.

Ich habe diesen Fall als schwierig empfunden.

Die Schwierigkeit lag, wie mir scheint, zum Teil in der Unklarheit einiger der einschlägigen italienischen Zollvorschriften und in der Tatsache, daß die Kommission und die italienische Regierung voneinander abweichende Auslegungen dieser Bestimmungen vorgetragen haben.

Die Italienischen Rechtsvorschriften

In dem Gesetz Nr. 29 vom 23. Januar 1968 wurden allgemeine Grundsätze für die Reform der italienischen Zollvorschriften niedergelegt, und die Regierung wurde ermächtigt, zu diesem Zweck Rechtsverordnungen zu erlassen. Von dieser Ermächtigung machte die Regierung mit Präsidialdekreten Nr. 62 vom 2. Februar 1970 und Nr. 18 vom 18. Februar 1971 Gebrauch. Das zuletzt genannte Dekret betraf unter anderem die Vertretung („rappresentanza“) der Eigentümer von Waren bei der Vornahme von Zollgeschäften und insbesondere die Rechte und Pflichten von Zollagenten, für die mit Gesetz Nr. 1612 vom 22. Dezember 1960 ein eigener Berufsstand geschaffen worden war.

Das Gesetz vom 23. Januar 1968 ermächtigte die Regierung auch, nach dem Abschluß der Reformen kodifizierende Maßnahmen zu erlassen. Von dieser Ermächtigung machte die Regierung mit Präsidialdekret Nr. 43 vom 23. Januar 1973 Gebrauch und billigte einen kodifizierten Text der fraglichen Rechtsvorschriften („Testo Unico delle disposizioni legislative in materia doganale“). Diesen Text werde ich im folgenden, kurz als „Gesetzbuch“ bezeichnen.

Artikel 38 des Gesetzbuches sieht vor, daß für die Entrichtung der Zollabgaben die Eigentümer der Waren, wie sie in Artikel 56 (zu dem ich gleich kommen werde) definiert sind, und jedermann, in dessen Auftrag die Waren ein- oder ausgeführt werden, gesamtschuldnerisch haften.

Das Kapitel II des Gesetzbuches trägt die Überschrift „Vertretung der Eigentümer von Waren“. Es umfaßt die Artikel 40 bis 54.

Gemäß Artikel 40 kann der Eigentümer von Waren dann, wenn er nach den Zollbestimmungen eine Erklärung abzugeben, eine Handlung vorzunehmen oder bestimmten Regelungen oder Verpflichtungen nachzukommen hat oder wenn er ihm aufgrund dieser Bestimmungen zustehende Rechte ausüben will, durch einen Vertreter („rappresentante“) handeln. In dem Artikel heißt es weiter:

„Unbeschadet der Vorschrift des Artikels 43 darf die Vertretung für die Vornahme von Zollgeschäften ausschließlich einem Zollagenten übertragen werden, der in das mit Gesetz Nr. 1612 vom 22. Dezember 1960 geschaffene Verzeichnis eingetragen ist.“

Einen solchen Zollagenten werde ich im folgenden als „gewerblichen Agenten“ bezeichnen.

Nach Artikel 41 Absatz 1 ist ein gewerblicher Agent verpflichtet, hinsichtlich jedes von ihm vorgenommenen Zollgeschäfts auf Verlangen der Zollbehörden alle zur Identifizierung seines Auftraggebers notwendigen Angaben zu machen. In Absatz 2 wird dem gewerblichen Agenten eine „subsidiäre“ Haftung für zusätzliche Abgaben auferlegt, die sich aus einer Berichtigung der Zollfestsetzung oder einer Überprüfung des gezahlten Betrages ergeben können, falls sich die Erlangung dieser zusätzlichen Abgaben von dem Eigentümer der Waren als unmöglich erweist.

Artikel 43 Absatz 1 sieht vor, daß der Eigentümer von Waren einen nicht in das Verzeichnis eingetragenen Zollagenten dann mit seiner Vertretung bei der Vornahme von Zollgeschäften beauftragen kann, wenn es sich bei diesem Agenten um einen seiner Angestellten handelt. Gemäß Absatz 3 hat der Eigentümer der Waren für die Handlungen eines solchen Agenten einzustehen.

Nach Artikel 44 müssen die Namen dieser angestellten Agenten in ein besonderes Verzeichnis eingetragen werden, das von dem zuständigen Ortsausschuß der gewerblichen Agenten anzulegen und auf dem neuesten Stand zu halten ist. Ein in dem Verzeichnis geführter angestellter Agent darf Zollgeschäfte nur auf der Grundlage und innerhalb der Grenzen der ihm von dem Eigentümer der Waren erteilten Vertretungsmacht vornehmen.

Nach Artikel 47, der sowohl für gewerbliche als auch für angestellte Agenten gilt, bedürfen beide Arten von Agenten der Konzessionierung durch den Finanzminister. In der einem Zollagenten gewährten Konzession muß ein besonderer Zollbezirk (nach Wahl des Agenten) bezeichnet sein, in dem dieser zu handeln befugt ist. Bei Zollbehörden außerhalb dieses Bezirks darf er nur ergänzende Geschäfte vornehmen. Darüber hinaus stellt Artikel 47 Absatz 4 folgendes Erfordernis auf:

„Vorbehaltlich der Ausnahmen, die die Leiter der Zollbezirke bei Vorliegen berechtigter Gründe zulassen können, muß der Zollagent in einer Gemeinde ansässig sein, die zu dem Bezirk gehört, für den er ernannt wurde.“

Aufgrund des letzten Absatzes von Artikel 47 kann es der Minister einem angestellten Agenten jedoch gestatten, bei den Zollbehörden mehrerer Bezirke tätig zu sein.

In Artikel 48 sind die Voraussetzungen genannt, die für die Gewährung einer Konzession erforderlich sind. Danach muß der Antragsteller

a)

die italienische Staatsangehörigkeit oder die eines ausländischen Staates besitzen, der italienischen Staatsangehörigen in diesem Bereich Gleichbehandlung gewährt;

b)

volljährig sein;

c)

sich durch nachweislich gute Führung auszeichnen;

d)

im Hinblick auf sein Verhalten im Zusammenhang mit der Finanzgesetzgebung sowie den Rechtsvorschriften in Wirtschafts- und Währungsangelegenheiten das Vertrauen der Behörden genießen;

e)

die in Artikel 50 des Gesetzbuches vorgesehene Prüfung bestanden haben.

Artikel 50 sieht vor, daß mindestens alle drei Jahre eine Prüfung abgehalten wird. Die italienische Regierung hat jedoch vorgetragen, daß für die Zukunft jährliche Prüfungen geplant seien.

Sie hat weiter vorgetragen, daß auf die Voraussetzung hinsichtlich der Staatsangehörigkeit bei Angehörigen anderer Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in der Praxis verzichtet werde. Sie hat hierzu ein Exemplar eines Rundschreibens des Finanzministers vom 28. Juni 1978 vorgelegt, in dem die Unterlagen aufgeführt sind, die bei der Beantragung von Konzessionen beigebracht werden müssen. Die Liste enthält „eine Bescheinigung über die italienische Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der EWG oder aber eines ausländischen Staates, der italienischen Staatsangehörigen in diesem Bereich Gleichbehandlung gewährt“.

Artikel 56 des Gesetzbuches enthält, wie Sie sich erinnern, eine Definition des Eigentümers der Waren. Ich muß die Vorschrift in voller Länge zitieren, denn sie war in dem Streit von zentraler Bedeutung. Sie trägt die Überschrift „Zollerklärung“ („Dichiarazione doganale“) und lautet wie folgt:

„Vor der Vornahme jedes Zollgeschäfts hat der Eigentümer der Waren eine Erklärung in der in Artikel 57 bestimmten Form abzugeben.

Als Eigentümer der Waren gilt derjenige, der die Waren zur Zollabfertigung gestellt oder sie zum Zeitpunkt ihrer Verbringung in das Zollgebiet oder aus diesem Gebiet in Besitz hat. Die Befugnis der Zollbehörden, für sämtliche Zwecke dieses Gesetzbuches die Identität der Eigentümer der Waren festzustellen, die Gegenstand der fraglichen Zollgeschäfte sind, bleibt in jedem Fall unberührt.“

In der mündlichen Verhandlung war es unstreitig, daß sich diese Bestimmung in vielen Fällen dahin auswirkt, daß ein Lastwagenfahrer — selbst wenn er bei einem bloßen Transportunternehmen angestellt ist — als Eigentümer der mit seinem Lastwagen beförderten Güter gilt.

Außerdem zählt zu den Angaben, die aufgrund von Artikel 57 in einer Erklärung enthalten sein müssen, unter ande-, rem folgendes:

„Vorname, Familienname und Anschrift des Erklärenden sowie des von ihm möglicherweise vertretenen Eigentümers der Waren.“

Die geltend gemachte Verletzung der Artikel 30 und 34 EWG-Vertrag

Die italienische Regierung hat behauptet, trotz des Wortlauts von Artikel 40 des Gesetzbuches führe Artikel 56 dazu, daß der Eigentümer der Waren eine Person seiner Wahl — gleichgültig, ob konzessionierter Zollagent oder nicht — mit der Vornahme von Zollgeschäften in seinem Namen betrauen dürfe. Dies soll deshalb gelten, weil Artikel 56 die Abgabe einer Zollerklärung durch denjenigen zulasse, „der die Waren zur Zollabfertigung gestellt oder sie zum Zeitpunkt ihrer Verbringung in das Zollgebiet oder aus diesem Gebiet in Besitz hat“. Die italienische Regierung hat jedoch vorgetragen, eine Person, die kein konzessionierter Zollagent sei und eine solche Erklärung abgebe, mache sich dadurch als „vermuteter“ Eigentümer der Waren zusammen mit dem tatsächlichen Eigentümer aufgrund von Artikel 38 gesamtschuldnerisch gegenüber den Zollbehörden haftbar. Die Identität des tatsächlichen Eigentümers sei natürlich in jedem Fall offenzulegen.

Der italienischen Regierung zufolge liegt somit der einzige Unterschied zwischen der Vertretung durch einen konzessionierten Agenten und der Vertretung durch einen nicht konzessionierten Agenten in dem Ausmaß der persönlichen Haftung, die den Agenten trifft. Durch Artikel 41 wird klargestellt, daß ein gewerblicher Agent nicht neben dem Eigentümer der Waren für den gesamten Betrag des zu zahlenden Zolls gesamtschuldnerisch haftbar ist. Seine Haftung ist insofern subsidiär, als sie nur in Betracht kommt, wenn es den Zollbehörden nicht gelingt, von dem primär haftenden Eigentümer Zahlung zu erlangen, und selbst dann ist sie auf den zusätzlichen Betrag beschränkt, der sich aus einer Überprüfung der Festsetzung oder Zahlung ergibt. Was den angestellten Agenten betrifft, so bestimmt Artikel 43, daß dieser überhaupt nicht persönlich haftet, solange er innerhalb seiner Vertretungsmacht handelt.

Die Kommission hat sich gegen diese Auslegung des Gesetzbuches gewendet. Sie hat vorgetragen, indem Artikel 56 denjenigen, der Waren zur Zollabfertigung gesteile oder in Besitz habe, dem Eigentümer gleichstelle, besage er, daß dieser die Waren, wenn überhaupt, in seinem eigenen Namen und Auftrag deklarieren müsse. Aufgrund von Artikel 57 sei er jedoch verpflichtet, die Identität des tatsächlichen Eigentümers offenzulegen. Aus diesem inneren Widerspruch müsse man schließen, daß Artikel 56, der nicht zu Kapitel II des Gesetzbuches gehöre, lediglich eine Haftung begründe, nicht aber die Tätigkeit als Zollagent gestatte.

Dieser Streit führte zu einer Kontroverse zwischen den Parteien über die Bedeutung bestimmter Begriffe des italienischen Rechts der Stellvertretung wie etwa „rappresentanza diretta“, „rappresentanza indiretta“ und „mandato“. Glücklicherweise wurde in der mündlichen Verhandlung jedoch Einigkeit darüber erzielt, daß diese Kontroverse unerheblich ist.

Anders als bei einem Vorabentscheidungsersuchen ist der Gerichtshof bei einer unmittelbaren Klage zweifellos dafür zuständig, eine Frage zur Auslegung des einzelstaatlichen Rechts zu entscheiden, wenn dies notwendig ist. Allerdings sollte der Gerichtshof eine solche Frage aus naheliegenden Gründen nur mit Zurückhaltung aufgreifen. Im vorliegenden Fall halte ich es aus zwei Gründen nicht für notwendig, daß der Gerichtshof in dem Streit der Parteien über die Auslegung des Gesetzbuches eine Entscheidung fällt.

Der erste Grund ist der, daß ich dem Hilfsvorbringen der Kommission zustimmen möchte, wonach das Gesetzbuch selbst nach der von der italienischen Regierung vorgenommenen Auslegung dem Importeur oder Exporteur bei der Auswahl seines eigenen Zollagenten keine völlige Freiheit beläßt. Diese Freiheit ist eindeutig beschränkt, wenn der so ausgewählte Agent nur unter der Voraussetzung tätig werden kann, daß er für die volle Abgabenschuld gesamtschuldnerisch haftet.

Der zweite und wichtigere Grund liegt meiner Ansicht nach jedoch darin, daß es nicht ausreicht, wenn die Kommission darlegt, daß die Freiheit eines Importeurs oder Exporteurs bei der Auswahl eines Zollagenten beschränkt ist. Wenn der Sachverhalt in den Anwendungsbereich der Artikel 30 und 34 des Vertrages fallen soll, müßte die Kommission auch darlegen, daß diese Beschränkung eine tatsächliche oder potentielle Behinderung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellt. Mir scheint, daß die Kommission im vorliegenden Fall nicht einmal versucht hat, dieser Darlegungslast nachzukommen. Abgesehen von vagen und unsubstantiierten Hinweisen seitens des Prozeßbevollmächtigten der Kommission in der mündlichen Verhandlung auf Fälle, in denen an der Grenze Waren zurückgehalten worden seien, weil kein konzessionierter Zollagent zur Stelle gewesen sei, beschränkte sich die Kommission auf die allgemein gehaltene Feststellung, daß das Erfordernis der Einschaltung eines konzessionierten Agenten die Kosten der Ein- und Ausfuhren erhöhe. Zur Untermauerung dieser Feststellung trat sie jedoch keinen Beweis an. Sie geht offenbar davon aus, diese Feststellung liege auf der Hand, was meiner Ansicht nach jedoch nicht zutrifft. Uns ist bekannt, daß die gewerblichen italienischen Zollagenten ihre Gebühren nach Maßgabe der gesetzlichen Tarife erheben. Das geht aus Artikel 11 des Gesetzes Nr. 1612 vom 22. Dezember 1960 hervor. Wir wissen aber nicht, wie diese Tarife aussehen; wir wissen erst recht nicht, wie sich die in ihnen vorgeschriebenen Gebühren bei einem Vergleich mit — beispielsweise — den Gebühren ausnehmen, die von Zollagenten in anderen Mitgliedstaaten ohne Konzessionserfordernis erhoben werden. Es mag sogar zutreffen, daß, wie die italienische Regierung meint, die Einschaltung eines konzessionierten Zollagenten den Handelsverkehr erleichtert, weil die Zollbeamten schneller arbeiten können, wenn sie es mit in Zollangelegenheiten erfahrenen Leuten zu tun haben, denen sie vertrauen zu können glauben.

Im Hinblick darauf meine ich, daß ich Ihnen eine Prüfung der Rechtsvorschriften der anderen Mitgliedstaaten ersparen kann, auf die sich die Kommission bezogen hat, um zu zeigen, daß die italienische Regelung der Konzessionierung von Zollagenten in der Gemeinschaft einmalig sei oder — seit der Abschaffung einer ähnlichen Regelung in Frankreich zu einem früheren Zeitpunkt in diesem Jahr — zumindest einmalig geworden sei. Einmalig mag sie zwar sein, aber das bedeutet nicht, daß sie eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung darstellt. Es bedeutet höchstens, daß nach der Erfahrung anderer Mitgliedstaaten eine solche Regelung unnötig ist. Aber auch hierzu hielt die italienische Regierung ein Argument bereit. Sie hat vorgetragen, in Italien seien die Verhältnisse anders — insbesondere weil es dort weniger Zollbeamte gebe als in anderen Mitgliedstaaten.

Die geltend gemachte Verletzung von Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe g der Richtlinie 70/50/EWG

Ich komme nun zu dem von der Kommission hilfsweise vorgetragenen Argument, das auf Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe g der Richtlinie 70/50/EWG gestützt ist. Dieses Argument betrifft, wie Sie sich erinnern werden, das Erfordernis, daß ein konzessionierter Zollagent in dem Bezirk ansässig zu sein hat, für den seine Konzession gilt.

Die Entgegnung der italienischen Regierung auf dieses Argument war, daß Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe g keine Anwendung auf Rechtsvorschriften über die Vertretung eines Importeurs oder Exporteurs in dem Hoheitsgebiet desjenigen Mitgliedstaats finde, in dem der Importeur oder Exporteur ansässig sei. Das trifft für sich gesehen zwar zweifellos zu, stellt meiner Ansicht nach jedoch keine vollständige Widerlegung des Arguments der Kommission dar, weil dabei der Fall eines Exporteurs in einem anderen Mitgliedstaat außer acht gelassen wird, der zum Zeitpunkt, zu dem die Waren in Italien zur Zollabfertigung gestellt werden, Eigentümer dieser Waren bleibt. Bei einer wörtlichen Auslegung von Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe g stellt es einen Verstoß gegen diese Bestimmung dar, wenn von diesem Exporteur verlangt wird, einen in Italien ansässigen Agenten zu bestellen.

Die wirkliche Entgegnung läßt sich meines Erachtens der Präambel der Richtlinie entnehmen. Diese enthält eine Begründungserwägung dahin, daß

„die Formalitäten, von deren Erfüllung die Einfuhr abhängig ist, … grundsätzlich keine Wirkung wie die von mengenmäßigen Beschränkungen [haben] und … daher von dieser Richtlinie nicht betroffen [sind]“.

Darauf folgt eine Begründungserwägung, die in allgemeinen Worten die unter die Richtlinie fallenden „Maßnahmen“ beschreibt, und dann heißt es, daß

„unter diese Maßnahmen … diejenigen einzuordnen [sind], die auf jeder Handelsstufe den Zugang der eingeführten Waren zum inländischen Markt von einer Bedingung abhängig machen, die für die inländischen Waren nicht gefordert wird, oder von einer unterschiedlichen und schwieriger zu erfüllenden Bedingung als die für die inländischen Waren geforderte, so daß sich hieraus eine Belastung allein für die eingeführten Waren ergibt“.

Es ist also festzuhalten, daß die Präambel „Formalitäten, von deren Erfüllung die Einfuhr abhängig ist“ und zu denen offensichtlich auch die Verzollung gehört, von dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausnimmt, während sie mit Worten, die in Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe g wiederkehren, „Maßnahmen …, die' … den Zugang der eingeführten Waren zum inländischen Markt von einer … schwieriger zu erfüllenden Bedingung [abhängig machen] als die für die inländischen Waren geforderte“ in diesen Anwendungsbereich einschließt.

Man muß daher bei der Anwendung von Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe g meiner Ansicht nach auf den Zweck abstellen, zu dem von dem betroffenen Exporteur verlangt wird, „auf dem Gebiet des Einfuhrmitgliedstaats eine verantwortliche Person oder ein[en] Vertreter“ zu bestellen. Gilt dieses Erfordernis nur für die Zwecke der Verzollung, so liegt es außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie.

Ich würde daher auch das von der Kommission hilfsweise vorgetragene Argument zurückweisen.

Die geltend gemachte Verletzung von Artikel 52 des Vertrages

Ich komme damit zum zweiten Hauptvorbringen der Kommission, mit dem ich mich ebenso wie der Prozeßbevollmächtigte nur kurz befasse.

Zweifellos ist das in Artikel 48 des Gesetzbuches enthaltene Erfordernis, daß ein Antragsteller für eine Konzession die italienische Staatsangehörigkeit oder die eines Staates besitzen muß, der italienischen Staatsangehörigen in diesem Bereich Gleichbehandlung gewährt, schon auf den ersten Blick mit Artikel 52 des Vertrages unvereinbar. Ich halte es für eine Entlastung der Italienischen Republik von dem Vorwurf, in dieser Hinsicht gegen eine Verpflichtung aus dem Vertrag verstoßen zu haben, nicht für ausreichend, daß die italienische Regierung mittels eines Verwaltungsrundschreibens Schritte unternommen hat, um die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten für die Belange dieses Erfordernisses den italienischen Staatsangehörigen gleichzustellen. Solange das Erfordernis in der offiziellen Fassung des Gesetzes enthalten bleibt, kann ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats, der von dem Rundschreiben nichts weiß, durch den Wortlaut des Gesetzes davon abgehalten werden, eine Konzession anzustreben (vgl. Rechtssache 167/73, Kommission/Französische Republik, Slg. 1974, 359). Ich sollte jedoch festhalten, daß die italienische Regierung die Zusage gemacht hat, das Gesetzbuch in dieser Hinsicht bald zu ändern.

Zusammenfassung

Im Ergebnis bin ich der Ansicht, Sie sollten

1.

die Klage der Kommission insoweit abweisen, als sie auf die Artikel 30 und 34 des Vertrages gestützt ist, und

2.

für Recht erkennen, daß die Italienische Republik dadurch gegen eine Verpflichtung aus dem Vertrag verstoßen hat, daß sie eine Bestimmung beibehalten hat, wonach derjenige, der die Konzession für Zollagenten beantragt, die italienische Staatsangehörigkeit oder die eines Staates besitzen muß, der italienischen Staatsangehörigen in diesem Bereich Gleichbehandlung gewährt.

Es bleibt die Frage der Kosten. Diese werden im Hinblick auf die unlängst ergangene Kostenentscheidung des Gerichtshofes in der Rechtssache 126/76 (Dietz/Kommission, Beschluß vom 21. Juni 1979, noch nicht veröffentlicht) geringfügig sein. Das richtige Vorgehen wäre meines Erachtens, die Kosten gemäß Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung gegeneinander aufzuheben.


( 1 ) Aus dem Englischen übersetzt.