SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

FRANCESCO CAPOTORTI

VOM 16. FEBRUAR 1978 ( 1 )

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1. 

Die Fragen, die zu diesem Vorabentscheidungsverfahren Anlaß geben, beziehen sich auf die Auslegung des Gemeinsamen Zolltarifs, genauer gesagt, auf dessen Kapitel 78 über Blei. Es handelt sich im wesentlichen darum, ein Kriterium zu finden, das zur Abgrenzung des Begriffs des Rohbleis gegenüber dem des Schrotts aus diesem Metall dienen kann.

Ich gebe zunächst den Sachverhalt kurz wieder. Im Mai 1974 führte die Firma Bleiindustrie, Hamburg, eine Partie durch Einschmelzen von Schriftmetallabfällen gewonnener Metallstäbe, die etwa 84 % Blei, 4 % Zinn und 12 % Antimon enthielten, aus Dänemark ein. Die neuen Stäbe dieser Legierung werden unmittelbar in den Druckereien verwendet, um damit die zur Herstellung von Lettern bestimmten Druckereimaschinen von der Art der „Linotypes“ zu speisen. Einige Male schmelzen die Druckereien selbst die gebrauchten Lettern in die Form von Stäben um, die für ihre Linotypes geeignet sind. Aber durch die wiederholte Verwendung für den Druck nehmen in dem betreffenden Material die Verunreinigungen zu, die es von einem bestimmten Grad an für das Umschmelzen in der Druckerei zwecks Herstellung neuer Drucklettern ohne eine vorherige Raffination ungeeignet machen.

Die erwähnten aus Dänemark eingeführten Stäbe waren gerade das Ergebnis aus dem Einschmelzen von Druckmaterial, das wegen des erreichten Verunreinigungsgrades von den Druckereien nicht mehr direkt wiederverwendet werden konnte.

Im nächsten Monat führte die Firma Bleiindustrie aus den Vereinigten Staaten eine Partie Bruchstücke von Stäben der gleichen Legierung ein, die jedoch, da sie durch zufälligen Bruch neuer Funditorstäbe entstanden waren, keine Verunreinigungen enthielten.

Das deutsche Zollamt wies diese Waren der Tarifstelle 78.01 A II zu, die Rohblei mit einem Gehalt an Silber von weniger als 0,02 Gewichtshundertteilen erfaßt. Nachdem die beteiligte Firma gegen diese Entscheidung beim Hauptzollamt Hamburg-Waltershof erfolglos Einspruch eingelegt hatte, verklagte sie das Hauptzollamt vor dem Finanzgericht Hamburg. Sie beantragte, die in Rede stehenden Waren in die Tarifstelle B der Tarifnummer 78.01 einzureihen, zu der Bearbeitungsabfälle und Schrott aus Blei gehören. Sie war der Ansicht, das Umschmelzen gebrauchter, für die „Fütterung“ einer Schriftgießmaschine nicht mehr geeigneter Drucklettern hindere nicht die Tarifierung des so entstandenen Stabes als Bleischrott, da sowohl dieser Stab als auch das Material, aus dem er geformt sei, ohne einen Raffinationsprozeß für typographische Zwecke unbrauchbar seien. Was die zerbrochenen neuen Stäbe angehe, so müßten auch sie, damit sie in die Gießmaschine eingegeben werden könnten, vorher einem Einschmelzverfahren unterzogen werden. In dem einen wie dem anderen Fall müsse man daher — so die Beteiligte — von „Schrott“ und nicht von „Rohmaterial“ sprechen.

Die deutsche Zollbehörde vertrat dagegen die Auffassung, das Kriterium für die Abgrenzung der Tarifstellen 78.01 A und 78.01 B liege allein in der äußeren Form der Ware. Deshalb habe der Vorgang des Umschmelzens der aus Dänemark eingeführten Druckletternreste zu Stäben genügt, um diesem Material den Charakter als „Schrott“ zu nehmen. Aus dem Vorlagebeschluß geht nicht hervor, ob die Zollbehörde in bezug auf die aus den Vereinigten Staaten eingeführten zerbrochenen neuen Schriftmetallstangen, die die äußere Form von Stäben in Stücken hatten und durch Bruch entstanden waren, anders argumentierte.

Das Finanzgericht Hamburg hat im Rahmen des bei ihm anhängigen Rechtsstreits mit Beschluß vom 25. August 1977, in das Register des Gerichtshofes eingetragen am 14. September 1977, nach Artikel 177 Absatz 2 EWG-Vertrag folgende Fragen vorgelegt:

„1.

Wird durch die Tarifnummer 78.01 A auch eingeschmolzener Schrott aus Blei erfaßt, der die Form eines — nicht mehr verwendbaren — Funditorstabes hat?

2.

Werden durch die Tarifnummer 78.01 A auch zerbrochene Funditorstäbe erfaßt, oder sind diese den Tarifnummern 78.01 B oder 78.02 zuzuweisen?“

2. 

Die einzuordnenden Erzeugnisse bestehen, wie gesagt, aus einer Legierung unedler Metalle; es ist daher auf die Vorschrift 3 b zu Abschnitt XV des GZT zu verweisen, die in bezug auf andere Legierungen als die Ferrolegierungen und Kupfervorlegierungen der Kapitel 73 und 74 bestimmt, daß „andere Legierungen unedler Metalle … wie das jedem anderen Legierungselement gewichtsmäßig vorherrschende Metall behandelt [werden]“.

In den beiden in Rede stehenden Warenpartien überwiegt Blei gewichtsmäßig eindeutig gegenüber den anderen Bestandteilen. Es besteht daher kein Zweifel, daß ihre Tarifierung im Rahmen des Kapitels 78 GZT, das sich gerade mit Blei befaßt, zu erfolgen hat. Doch ist zu prüfen, welche Tarifstellen dieses Kapitels hier in Betracht kommen können.

Die Parteien im Verfahren vor dem vorlegenden Gericht haben die Tarifierung der beiden fraglichen Warenpartien nur im Hinblick auf die Tarif nummer 78.01 erörtert. Wie wir aber gesehen haben, hat das Finanzgericht in seiner zweiten Frage auch die Tarif nummer 78.02 in Betracht gezogen, die sich auf „Stäbe, Profile und Draht, aus Blei, massiv“ bezieht.

Tatsächlich scheint der Ausdruck „Stäbe aus Blei“ auf die Erzeugnisse, mit denen wir es hier zu tun haben, zu passen. Es darf jedoch nicht die Vorschrift 1 b zu Kapitel 78 GZT übersehen werden, in der die Begriffe der Stäbe und Profile in Tarifnummer 78.02 wie folgt definiert sind: „Stäbe (Stangen) und Profile sind gewalzte, stranggepreßte, gezogene oder geschmiedete massive Waren mit einer größten Abmessung im Querschnitt von mehr als 6 mm. Flache Waren gelten als Stäbe (Stangen) und Profile nur, wenn außerdem die Dicke mehr als '/io der Breite beträgt. Stäbe (Stangen) und Profile im Sinne dieser Vorschrift sind auch gegossene oder gesinterte Waren in den gleichen Formen und Abmessungen, die nachträglich eine über grobes Abgraten (Putzen) hinausgehende Oberflächenbearbeitung erfahren haben.“ Die Kommission hat vorgetragen, die durch Einschmelzen alter Drucklettern entstandenen Stangen hätten keinerlei Oberflächenbehandlung erfahren und könnten deshalb nicht in die Tarifnummer 78.02 eingereiht werden.

Außerdem ist darauf hinzuweisen, daß das vorlegende Gericht die Tarifnummer 78.02 nur im Zusammenhang mit den zerbrochenen Funditorstangen erwähnt. Meiner Ansicht nach ist klar, daß die Stabbruchstücke keineswegs zu dieser Tarifnummer gehören können, falls, wie die Kommission meint — und was man wohl annehmen kann —, die gleichen, vollständigen und nicht verunreinigten Stäbe deshalb nicht darunter fallen, weil sie nach dem Schmelzen keinerlei Feinbearbeitung erfahren haben.

Die Frage der Tarifierung der in Rede stehenden Waren ist somit im Rahmen der Tarifnummer 78.01 zu prüfen. Es bleibt die Alternative: Rohblei oder Schrott aus Blei? Ich halte es jedoch — gemäß dem Wortlaut der vom Finanzgericht vorgelegten Fragen — für zweckmäßig, das aus dem Umschmelzen alter Drucklettern zu Stäben entstandene Erzeugnis (das im vorliegenden Fall aus Dänemark eingeführt wurde) deutlicher, als es die Beteiligten in diesem Verfahren getan haben, von dem Erzeugnis zu unterscheiden, das aus Bruchstücken neuer Funditorstangen besteht (wie die aus den Vereinigten Staaten eingeführte Warenpartie).

Die beiden Erzeugnisse weisen nämlich, obwohl sie aus den gleichen Metallegierungen bestehen, erhebliche Unterschiede auf, sowohl im Hinblick auf ihre chemische Zusammensetzung — denn nur das erste enthält Verunreinigungen infolge des langdauernden Gebrauchs der Lettern, aus denen es entstanden ist, für den Druck — als auch in bezug auf ihre Verwendungsmöglichkeiten: Zwar handelt es sich in beiden Fällen um eine für das Drucken geeignete Legierung, aber im ersten Fall ist eine solche Verwendung nicht möglich ohne einen vorherigen Raffinationsprozeß, während im zweiten Fall das bloße Umschmelzen zur Wiederherstellung vollständiger neuer Funditorstangen genügt.

Daher muß für jede dieser beiden Waren die erwähnte Tärifierungsfrage gesondert geprüft werden.

3. 

Ich beginne mit der Untersuchung der tariflichen Stellung der Stäbe, die durch Umschmelzen von Drucklettern entstanden sind, welche sich wegen der Anreicherung mit Verunreinigungen nicht mehr ohne vorherige Reinigung zur „Fütterung“ der Gießmaschinen eigneten.

Die Kommission räumt ein, daß die gebrauchten Drucklettern Bleischrott darstellten; doch seien die durch das bloße Einschmelzen dieser Lettern entstandenen Stäbe allein aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes als „Rohblei“ zu tarifieren, denn sie präsentierten sich weder als Altwaren noch als wiederzugewinnendes Material. Sobald die Lettern eingeschmolzen seien, handele es sich um bereits wiedergewonnenes Metall. Die Kommission hält es für unerheblich, daß das auf diese Weise wiedergewonnene Metall nicht unmittelbar — ohne einen vorherigen Raffinationsprozeß — zur Herstellung neuer Drucklettern mit Hilfe der Linotypes verwendet werden könne. Der Umstand, daß das betreffende Erzeugnis die Form von Stäben aufweise, genüge — so die Kommission —, um es als Rohblei und nicht als Schrott zu betrachten. Daß jene direkte Verwendung, für die die fragliche Metallegierung bestimmt sei, nicht möglich sei, habe keine Bedeutung.

Wird aber so dem Kriterium der objektiven Zweckbestimmung des Erzeugnisses jede Bedeutung abgesprochen, so wird meines Erachtens der Vorschrift 6 zu dem genannten Abschnitt XV des GZT nicht Rechnung getragen; diese bestimmt, daß „Bearbeitungsabfälle und Schrott … solche Abfälle und Gegenstände [sind], die nur noch zum Wiedergewinnen des Metalls oder bei dem Herstellen chemischer Erzeugnisse oder chemischer Verbindungen verwendet werden können“.

Daß die 'fraglichen Stäbe zum Wiedergewinnen des Metalls bestimmt sind, ist nicht zweifelhaft. Andererseits stimmt es, daß nach den Angaben in den Brüsseler Erläuterungen zu Tarifnummer 73.03 im allgemeinen gerade durch das Einschmelzverfahren die Wiedergewinnung eines Metalls erfolgt. Das bedeutet jedoch nicht, daß mit jedem Einschmelzen von Schrott der Wiedergewinnungsvorgang beendet wäre. Dies ist sicher nicht der Fall, wenn — wie hier — das sich aus dem Einschmelzen alter Drucklettern ergebende Metall ebenso wie die Lettern selbst nicht mehr für eine Verwendung in der Druckerei geeignet ist und die Wiedergewinnung noch ein chemisches Verfahren verlangt.

Darüber hinaus muß man sich vor Augen halten, daß nach den Brüsseler Erläuterungen zu Tarifnummer 78.01 die Erläuterungen zu Tarifnummer 73.03 auch für Schrott aus Blei gelten, wenn auch, mit Rücksicht auf die Unterschiede, die in Betracht kommen können, nur „sinngemäß“. Nun ist durchaus nicht sicher, daß das Einschmelzen von Bleischrott der in Rede stehenden Art dem von Schrott aus Eisen oder Stahl, auf den sich die erwähnte Erläuterung zu Tarifnummer 73.03 bezieht, schlechthin gleichgestellt werden kann. Es ist wahrscheinlich, daß eine Stange, die durch Einschmelzen von Schrott aus Blei oder Stahl entstanden ist, normalerweise Verwendungsmöglichkeiten hat, für die der Schrott, aus dem sie hervorgegangen ist, nicht geeignet gewesen wäre. Dagegen wissen wir, daß in dieser Beziehung kein Unterschied besteht zwischen den alten Drucklettern, um die es sich hier handelt, und den aus ihrer Einschmelzung gewonnenen Stäben, die als solche für die Verwendung in der Druckerei ungeeignet sind.

4. 

Hier fragt sich nun, ob ein interessanter Präzedenzfall aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes — ich beziehe mich auf das Urteil vom 16. Dezember 1976 in der Rechtssache 38/76, Luma, (Slg. 1976, 2028) — Argumente für oder gegen das Kriterium des bestimmten Verwendungszwecks der Ware liefert. In jenem Fall war der Umfang des Begriffs der Ferrolegierungen im Sinne der Tarifnummer 73.02 zu klären. Das vorlegende Gericht hatte die Frage gestellt, ob sich der Begriff „Ferrolegierungen“ nur auf Erzeugnisse bezieht, die aus neuen Metallen oder Erzen hergestellt wurden, oder auch auf Umschmelzungsmaterialien, die die Voraussetzungen der entsprechenden Vorschrift zu Kapitel 73 erfüllen. Der Gerichtshof hat ausgeführt, daß der Zolltarif im Interesse der Rechtssicherheit und leichten Nachprüfbarkeit „in der Regel vorzugsweise“ auf Einordnungskriterien zurückgreift, die auf den objektiven Beschaffenheitsmerkmalen und Eigenschaften des Erzeugnisses beruhen, deren Vorliegen im Zeitpunkt der Verzollung nachgeprüft werden kann. Der Gerichtshof hat also der Zusammensetzung der Ware den Vorrang eingeräumt und festgestellt, daß, wenn dieses Merkmal zur Einordnung eines Erzeugnisses unter eine bestimmte Tarifstelle führt, kein Raum mehr für einen Rückgriff auf andere Methoden ist, die nach den Regeln über die Auslegung des Zolltarifschemas für die Waren dienen müssen, die durch keine Tarifnummer erfaßt werden. Damit schließt der Gerichtshof die Möglichkeit nicht aus, daß das Herstellungsverfahren oder der Verwendungszweck des Erzeugnisses berücksichtigt wird (er weist im Gegenteil darauf hin, daß der Zolltarif in manchen Fällen auf das eine oder andere abstellt), er gibt aber dem Merkmal der stofflichen Zusammensetzung der Ware den Vorzug, natürlich unter der Voraussetzung, daß dieses das Tarifierungsproblem lösen kann.

Im vorliegenden Fall hat das Kriterium der stofflichen Zusammensetzung der Ware jedoch nicht diese entscheidende Wirkung. Der Metallgehalt ist der gleiche sowohl in den gebrauchten Drucklettern, die zweifellos den Charakter von Schrott haben, als auch in den durch Einschmelzen dieser Lettern entstandenen Stäben und in den noch ungebrauchten Schriftmetallstäben. Wenn man aber auch die Verunreinigungen berücksichtigte, ergäbe sich daraus, daß die fraglichen Stäbe eindeutig mit dem Schrott, aus dem sie gewonnen wurden, identisch sind und sich von den neuen Stäben klar unterscheiden.

Nach meiner Ansicht muß jedoch vor allem dem Kriterium der Zweckbestimmung der Ware, das in der genannten Vorschrift 6 zu Abschnitt XV des GZT zugrunde gelegt ist, Bedeutung beigemessen werden.

Wir wissen, daß die in Rede stehende Legierung (Blei, Antimon und Zinn zu den angegebenen Anteilen) als solche ausschließlich für den Druckgebrauch verwendbar ist. Wir wissen auch, daß Stäbe, die durch Einschmelzen von gebrauchten und wegen ihrer Anreicherung während des Gebrauchs mit Verunreinigungen für eine direkte Verwendung durch die Druckerei nicht mehr geeigneten Drucklettern gewonnen wurden, keine anderen stofflichen Merkmale aufweisen als die alten Lettern, aus denen sie hervorgegangen sind. In Wirklichkeit erfolgt das Umschmelzen dieser Lettern zu Stäben ausschließlich aus Gründen der Transporterleichterung; die Eigenschaften des Materials bleiben jedoch unverändert. Sei es, daß dieses als ein Haufen von Bleizeilen vorliegt, sei es, daß diese Stücke durch Zusammenpressen oder — wie im vorliegenden Fall — durch Verschmelzen zu Stäben miteinander verbunden werden, es handelt sich immer um gebrauchtes Material, dessen endgültiger Verwendungszweck in Anbetracht der Zusammensetzung der Legierung der Druck ist, aber erst nach einem Einschmelzverfahren — bei den ersten beiden Hypothesen — und in jedem Fall nach einer Raffination. Insgesamt handelt es sich in jedem dieser Fälle (losgelöste Drucklettern, zu Luppen zusammengepreßte Lettern sowie zu Stäben umgeschmolzene Lettern) um Materialien, die im Sinne der Definition des Schrotts in der genannten Vorschrift 6 zu Abschnitt XV „nur noch zum Wiedergewinnen des Metalls verwendet werden können“. Infolgedessen fallen die fraglichen Stäbe gemäß dem Kriterium des bestimmten Verwendungszwecks der Ware, auf dem diese Definition beruht, unter den Begriff des Schrotts.

5. 

Was setzt nun die Kommission der hier vertretenen These entgegen? Nach ihrer Auffassung wird die Tarifierung der in Rede stehenden Ware als Schrott nur dadurch verhindert, daß die Ware in Form von Stäben anstatt in der der Teile vorliegt, die zu deren Herstellung dienten. Äußerlich hat die Ware offenbar die gleiche Form wie die Stäbe, die sich zur „Fütterung“ der Gießmaschinen eignen. Kann aber die Absicht, die Arbeit der Zollbehörden zu erleichtern, es rechtfertigen, daß man jede Möglichkeit ausschließt, die Tarifierung auf die inneren, objektiv nachprüfbaren Eigenschaften und Beschaffenheitsmerkmale des Erzeugnisses zu stützen, um statt dessen nur die sichtbaren Eigenschaften gelten zu lassen?

Das äußere Erscheinungsbild hat sicher seine Bedeutung, es gibt aber keinen Grund, ihm vorrangiges Gewicht beizumessen, als handele es sich um das signifikanteste Merkmal einer Ware der in Rede stehenden Art. Die Absicht, die Tätigkeit der Zollbehörden zu erleichtern, darf nicht zur der Übertreibung führen, daß die äußere Erscheinung der Ware mehr Gewicht hat als ihre tatsächliche Beschaffenheit, auch dort, wo diese leicht nachgewiesen werden kann. Dies gilt um so mehr, als — wie der Anwalt der Klägerin in der Sitzung vorgetragen hat — es dann, wenn das entscheidende Kriterium für die Tarifierung im Aussehen der Ware liegt, für die Beteiligten nicht schwer wäre, die betreffende Ware in der äußeren Form von „Schrott“ zu belassen, mag dieser auch des bequemeren Transports wegen zusammengepreßt sein.

Das Vorhandensein von ausschließlich auf den wiederholten Gebrauch in der Druckerei zurückzuführenden Verunreinigungen in den fraglichen Stäben unterscheidet diese eindeutig von neuen Schriftmetallstäben und — allgemeiner gesagt — von dem nicht aufgearbeiteten Rohmaterial, das in keinem Fall derartige Verunreinigungen, die durch den Gebrauch des Materials in Form von Drucklettern, d. h. als Endprodukt, entstehen, aufweisen könnte. Die Kommission verkennt nicht, daß die in Rede stehenden Stäbe bei der Untersuchung aufgrund des Vorhandenseins solcher Verunreinigungen objektiv ihre Entstehung aus alten Druckmaterialien verraten; sie bestreitet auch nicht, daß der Verunreinigungsgrad, der das Material für seinen ursprünglichen Verwendungszweck ungeeignet gemacht hat, anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann. In Zweifelsfällen ließe sich das betreffende Erzeugnis durch eine einfache Untersuchung individualisieren, auch wenn es die Form von Stäben aufweist, die ähnlich sind wie die Funditorstäbe.

Es ist an das zu erinnern, was der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. Dezember 1973 in der Rechtssache 149/73, Witt, (Slg. 1973, 1587) ausgeführt hat, daß nämlich die Ähnlichkeit zwischen bestimmten . Waren eine verschiedene Behandlung aufgrund anderer objektiver Faktoren, die im Zeitpunkt der Abfertigung nachgewiesen werden können, nicht ausschließt. In jenem Fall bezog sich der Gerichtshof insbesondere auf Ursprungszeugnisse, die nachweisen konnten, daß es sich um Fleisch von wildlebenden Rentieren und nicht um das domestizierter Rentiere handelte. Um so eher könnte man sich auf Zeugnisse beziehen, die die Ergebnisse der technischen Untersuchung der Bestandteile eines Erzeugnisses bescheinigen, und unter Umständen auch auf die Rechnungen, die den Marktwert des Erzeugnisses anzeigen.

Das Abstellen auf das Erscheinungsbild im Sinne der von der Kommission vertretenen Ansicht scheint mir ein zu oberflächliches Kriterium zu sein, um es akzeptieren zu können. Höchstens könnte man zulassen, daß die Zollbehörden dieses Kriterium aus praktischen Gründen prima facie anwenden, ohne jedoch die Möglichkeit auszuschließen, daß der Importeur den Gegenbeweis erbringt, so wie es der Gerichtshof in der erwähnten Rechtssache 149/73 in bezug auf die Tarifierung von Karibufleisch ausgeführt hat.

6. 

Es bleibt zu prüfen, wie Bruchstücke von Funditorstangen wie diejenigen, die im vorliegenden Fall aus den Vereinigten Staaten eingeführt wurden, zu tarifieren sind. Die Brüsseler Erläuterungen zu Tarifnummer 78.01 zählen zu Schrott solche Erzeugnisse, die für ihren ursprünglichen Zweck durch Bruch unbrauchbar geworden sind. Es sieht also so aus, als ob auch die fragliche Ware in die Tarifstelle 78.01 B einzureihen wäre. Die Kommission ist dagegen der Ansicht, die genannte Definition gelte nur dann, wenn das vollständige Erzeugnis im Hinblick auf einen bestimmten Gebrauch bearbeitet worden sei und durch Bruch für diesen spezifischen Gebrauch nicht mehr verwendet werden könne. Im vorliegenden Fall würde aber die neue, intakte Funditorstange im Rahmen des GZT wohl lediglich als Rohblei eingeordnet (ich habe vorhin die Gründe aufgezeigt, die eine Einordnung als Stäbe aus Blei ausschließen).

Dies vorausgeschickt, könnte man meinen, daß es keinen Einfluß auf den Charakter als Rohmineral haben kann, wenn. das Metall die Form von Stabbruchstücken anstelle von vollständigen Stäben aufweist. Ich habe jedoch vorher die Bedeutung hervorgehoben, die der Faktor der Zweckbestimmung auch für die in Rede stehenden Stäbe hat, die aus einer Legierung bestehen, welche sie nur für den Gebrauch in Druckereien geeignet macht. Dieser Faktor der Zusammensetzung und des sich daraus ergebenden Verwendungszwecks ist, glaube ich, stärker als das Argument, das aus dem Fehlen einer Bearbeitung, die das Erzeugnis für einen spezifischen Zweck geeignet machen soll, hergeleitet worden ist. Andererseits habe ich vorhin auch erwähnt, daß ein Unterscheidungsmerkmal des Schrotts darin liegt, daß er einem Einschmelzverfahren unterzogen werden muß (auch wenn das Einschmelzen allein manchmal nicht genügt), damit er neu verwendet werden kann. Dies trifft zweifellos auf die Bruchstücke von Bleistäben für den Druckgebrauch zu, mit denen die Linotypes nur gespeist werden können, wenn sie zu vollständigen Stäben umgeschmolzen werden (wohlgemerkt, ohne daß sie raffiniert werden müßten). Alles in allem bestehen daher, so scheint mir, mindestens zwei Gründe dafür, um die erwähnte Angabe in den Brüsseler Erläuterungen zu Tarifnummer 78.01 zu bestätigen.

7. 

Abschließend schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Finanzgericht Hamburg mit Beschluß vom 25. August 1977 vorgelegten Auslegungsfragen wie folgt zu beantworten:

1.

Durch Einschmelzen von Schriftmetallabfällen gewonnene Stäbe sind als Bleischrott im Sinne der Tarifstelle 78.01 B anzusehen, wenn sie wegen des Grades an Verunreinigungen, mit denen sie infolge des wiederholten Gebrauchs für den Druck angereichert sind, nicht mehr unmittelbar für die Versorgung von Schriftgießmaschinen verwendbar sind.

2.

Die Bruchstücke von Funditorstangen aus Blei sind ebenfalls als Bleischrott im Sinne dieser Tarifstelle 78.01 B anzusehen.


( 1 ) Aus dem Italienischen übersetzt.